Eintragung TV-Vermerk oder nicht

  • Meine Kollegin vom Grundbuchamt hat folgenden Fall, bei dem wir uns nicht sicher sind, ob eine Testamentsvollstreckung angeordnet wurde:

    Es liegt ein not. Behindertentestament mit Einsetzung der beiden Töchter zu je ½ Anteil vor. Angeordnete Nacherbfolge bzgl. einer Tochter. Nunmehr ist Grundbuchberichtigung beantragt.

    Unter Vermächtnisse / Auflagen wird im not. Nachtragstestament bestimmt:
    „ Aus dem durch die xy Stiftung unverzüglich nach meinem Tod zu veranlassenden und durchzuführenden Verkauf meines Grundstücks …. erhalten:

    • Stiftung 40 % des Erlöses
    • beide Erben je 30 %


    Neben der Aufgabe der Veräußerung zu dem bestmöglich erzielbaren Kaufpreis mache ich der Stiftung zur Auflage, die Wertbestimmung des von diesem Vermächtnis betroffenen Grundstücks --- erstellen zu lassen.“

    Handelt es sich hierbei um die Anordnung einer Testamentsvollstreckung bezogen auf dieses eine Grundstück? Muss eine TV-Vermerk im Grundbuch eingetragen werden?


    Vielen Dank!!!

  • Ich denke, das könnte man so auslegen.
    Es geht aus dem Testament eindeutig hervor, dass die Veräußerung des Grundbesitzes nicht von den Erben erfolgen soll. Um dies in dinglicher Hinsicht sicherzustellen, würde ich den Vermerk ins Grundbuch eintragen.

    Man könnte auch an die Erteilung einer notariellen Vollmacht denken. Was aber, wenn die Stiftung davon keinen Gebrauch machen würde. Dann müssten die Erben selbst verkaufen, was aber vom EL offenbar nicht gewollt war. Legt man es als Testamentsvollstreckung aus, dann könnte das Gericht für den Fall, dass die Stiftung das Amt des TV nicht annimmt, einen anderen Testamentsvollstrecker benennen, der die Wertermittlung erstellen lässt und den Verkauf betreibt.

  • Frage mal andersrum. Wie sieht es denn das Nachlassgericht? Wurde die Stiftung angeschrieben um sich zur Annahme des Amtes (sofern man dazu kommt, dass eine TV vorliegt) zu erklären?

  • Aus einem notariellen Testament sollte sich eine TV ausdrücklich ergeben und nicht erst im Wege der Auslegung.

    Ja, das wäre wünschenswert. Wie könnte man das Testament denn sonst auslegen? Als notarielle Vollmacht? Wenn die Stiftung Vermächtnisnehmerin ist, ist sie ja nicht Rechtsnachfolgerin des Erblassers und damit auch nicht Miteigentümerin des Grundbesitzes, so dass sie den Grundbesitz gar nicht veräußern könnte. Selbst wenn sie Miterbin wäre, müssten alle Erben gemeinschaftlich am Verkauf mitwirken. Wenn die Stiftung in der Lage sein soll, den Grundbesitz ohne Mitwirkung der übrigen Erben zu veräußern, ginge das nur über eine notarielle Vollmacht oder über eine TV. Aber auch eine notarielle Vollmacht sollte ausdrücklich formuliert sein und sich nicht erst im Wege der Auslegung ergeben.

    Oder die Erben wären durch die letztwillige Verfügung dahingehend belastet, dass sie der Stiftung eine notarielle Vollmacht zur Veräußerung des Grundbesitzes zu erteilen hätten.

  • Gibt es denn die Stiftung derzeit schon oder handelt es sich um eine Stiftung von Todes wegen? Im letzteren Fall müsste sie ja erst gegründet werden. Der allgemein üblichen Weg zur Gründung einer Stiftung von Todes wegen besteht in der Ernennung eines Testamentsvollstreckers, was sich auch im Wege der Auslegung ergeben kann (s. OLG Braunschweig (3. Zivilsenat),Beschluss vom 08.07.2020 – 3 W 19/20 = BeckRS 2020, 15956 mwN).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Die Stiftung gibt es schon.
    Vlt. sollte man den beurkundenden Notar mal fragen, wie das Testament zu verstehen ist/was der Erbl. gewollt hat.
    Würdet ihr diese Ermittlungen als Grundbuchgericht vornehmen oder sollte die Anfrage vom Nachlassgericht erfolgen?

  • Das Nachlassgericht muss die Stiftung informieren über die Eröffnung des Testaments.
    Dann muss das Nachlassgericht, wenn es davon ausgeht, dass eine TV vorliegt, denjenigen anschreiben, ob das Amt des TV angenommen wird.

  • Ein Behindertentestament ohne (Dauer-)TV ist mir noch nie begegnet, deshalb kann ich nicht glauben, dass es keine gibt. Wie soll das denn bezüglich der Behinderten ablaufen ohne Dauer-TV? Ist wirklich in allen VvTw keine angeordnet?

  • Ein Behindertentestament ohne (Dauer-)TV ist mir noch nie begegnet, deshalb kann ich nicht glauben, dass es keine gibt. Wie soll das denn bezüglich der Behinderten ablaufen ohne Dauer-TV? Ist wirklich in allen VvTw keine angeordnet?

    Ich habe oben in der Sachverhaltsbeschreibung etwas von Nacherbfolge einer Tochter gelesen. Wenn die behinderte Tochter nur "nicht befreite" Vorerbin wäre, stünden ihr nur die Erträge zu. Dann dürfte sie die Substanz gar nicht für evtl. Heimkosten aufwenden und die Erträge würden vermutlich unter das Schonvermögen fallen. Vielleicht so? :gruebel:

  • Der beurkundende Notar hat nunmehr geantwortet, dass "die Aufgabenstellung der Vermächtnisnehmerin nicht als Anordnung einer Testamentsvollstreckung im eigentlichen Sinne zu sehen ist, sondern als verwaltungsmäßige Auflage. Der Vermächtnisnehmerin obliegt also lediglich die vorgegebene Wertermittlung und Verwertungsaufgabe".

    Also keine Testamentsvollstreckung?

  • Verhält es sich vielleicht so, dass die Stiftung den besagten Grundbesitz als Vermächtnisnehmerin erhält und es sodann veräußern soll, wobei sie 40 % des Erlöses behalten kann und die übrigen 60 % zu gleichen Anteilen an die beiden Miterben auskehren soll?

    Dies würde aber ohne zwischenzeitlichen Eigentumserwerb der Stiftung (und ohne TV) aber etwas schwierig.

  • Verhält es sich vielleicht so, dass die Stiftung den besagten Grundbesitz als Vermächtnisnehmerin erhält und es sodann veräußern soll, wobei sie 40 % des Erlöses behalten kann und die übrigen 60 % zu gleichen Anteilen an die beiden Miterben auskehren soll?

    Dies würde aber ohne zwischenzeitlichen Eigentumserwerb der Stiftung (und ohne TV) aber etwas schwierig.

    Sehe ich auch so. Die Stiftung als Vermächtnisnehmerin kann nur verkaufen, wenn ihr entweder das Eigentum an dem Grundbesitz seitens der Erbinnen übertragen wird oder wenn sie Testamentsvollstreckerin ist. Oder man müsste das Testament dahingehend auslegen, dass der Stiftung eine notarielle Vollmacht über den Tod hinaus erteilt wurde.

    Man könnte natürlich auch überlegen, ob die Stiftung nur den Wert ermitteln und Kaufinteressenten werben soll, wobei der notarielle Kaufvertrag dann mit dem Meistbietenden und den Erbinnen (ggf. durch den Betreuer der behinderten Erbin) beurkundet werden müsste.

    Also, wenn der Wille des Erblassers war, seine Töchter von den Verkaufsbemühungen zu entlasten, spräche meines Erachtens viel für die Testamentsvollstreckung.

  • Wenn die Stiftung Vermächtnisnehmerin für den Grundbesitz ist, dann sind die beiden Miterben ihrerseits wieder Untervermächtnisnehmer im Hinblick auf den anteiligen Verkaufserlös.

    Für eine solche Abwicklung müsste die Stiftung - wie bereits gesagt - aber erst einmal Eigentümerin werden.

    Im Übrigen vermag ich den Sinn dieser Konstruktion nicht zu erkennen. Weshalb hat man nicht gleich gesagt, dass die Erben zu veräußern haben und die Stiftung als Vermächtnisnehmerin dann 40 % vom Verkaufserlös erhält?

    Wenn man um zu viele Ecken biegt, kann es passieren, dass man an einer hängen bleibt.

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