Betreuung war nicht erforderlich, Kosten?

  • Hallo liebe Mitstreiter,

    ich habe folgenden Fall und bin unsicher:

    - einstweilige Anordnung der Betreuung am 13.03.2020 mit sofortiger Wirksamkeit auf Antrag eines Krankenhauses
    - 18.03. Erweiterung auf Vermögenssorge auf Antrag der Betreuerin
    -14.04. Eingang Beschwerde des RA der Betroffenen (Betreuung nicht erforderlich)
    - 10.07.2020 Aufhebung der Betreuung, da nicht erforderlich, keine Kostenentscheidung

    Theoretisch sind Gerichtskosten, Gutachterkosten und Vergütung der Betreuerin entstanden.

    Die Betroffene ist vermögend.

    Nach Anhörung zur Betreuervergütung teilt der RA mit, dass er dagegen Einwände erhebt, die Betreuung war nicht erforderlich. Was verständlich ist.

    Wie würdet ihr jetzt vorgehen?

  • Wenn die Betreuung zum Zeitpunkt der Anordnung nicht erforderlich gewesen wäre, wäre sie nicht angeordnet worden...

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • War die Betreuung von Anfang an nicht erforderlich oder (nur) zum Zeitpunkt der LG-Entscheidung nicht (mehr)?
    Unabhängig davon entsteht der Vergütungsanspruch mit dem Wirksamwerden der Bestellung des Betreuers. Hier war sofortige Wirksamkeit angeordnet. Das Rechtsmittel hat daran nichts geändert. Gegen wen sich der Anspruch richtet, steht im Gesetz und nicht in der Disposition des Gerichts. Hätte es nachgewiesen von Anfang an keine Betreuung geben dürfen, gäbe es wohl einen Schadensersatzanspruch des Vermögenden gegen den Staat, der die Zahlungsverpflichtung des Vermögenden gegenüber dem Betreuer jedoch nicht entfallen ließe. Die Zahlung wäre vielmehr erst der zu erstattende Schaden.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Für die Gerichtskosten könnte ja noch § 21 GNotKG in Betracht kommen, je nach Fall.

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  • das anordnende Gericht hat die Betreuung nach Beschwerde und Vorlage eines Gutachtens wieder aufgehoben. Scheinbar ist die Situation durch den Antragsteller nicht korrekt dargestellt worden.

    Danke für die beiden guten Denkanstöße

  • das anordnende Gericht hat die Betreuung nach Beschwerde und Vorlage eines Gutachtens wieder aufgehoben. Scheinbar ist die Situation durch den Antragsteller nicht korrekt dargestellt worden.

    Danke für die beiden guten Denkanstöße


    In extremen Fällen (ersichtlich mißbräuchliche Anregung einer Betreuung, z. B. durch den verstrittenen Nachbarn) käme die Auferlegung der Kosten nach § 81 Abs. 2 FamFG in Betracht.

  • das anordnende Gericht hat die Betreuung nach Beschwerde und Vorlage eines Gutachtens wieder aufgehoben. Scheinbar ist die Situation durch den Antragsteller nicht korrekt dargestellt worden.

    Danke für die beiden guten Denkanstöße


    In extremen Fällen (ersichtlich mißbräuchliche Anregung einer Betreuung, z. B. durch den verstrittenen Nachbarn) käme die Auferlegung der Kosten nach § 81 Abs. 2 FamFG in Betracht.

    Und der Nachbar wäre Beteiligter (§ 7 FamFG, § 274 FamFG) weil...?

  • das anordnende Gericht hat die Betreuung nach Beschwerde und Vorlage eines Gutachtens wieder aufgehoben. Scheinbar ist die Situation durch den Antragsteller nicht korrekt dargestellt worden.

    Danke für die beiden guten Denkanstöße


    In extremen Fällen (ersichtlich mißbräuchliche Anregung einer Betreuung, z. B. durch den verstrittenen Nachbarn) käme die Auferlegung der Kosten nach § 81 Abs. 2 FamFG in Betracht.

    Und der Nachbar wäre Beteiligter (§ 7 FamFG, § 274 FamFG) weil...?

    Ich meinte natürlich § 81 Abs. 4 FamFG, sorry.

  • Die Frage war doch:

    Wie würdet ihr jetzt vorgehen?

    Da geht es doch m. E. jetzt erstmal um den Vergütungsantrag der Betreuerin oder?

    Der Anspruch ist mit AO entstanden und muss demnach auch gegen den Betroffenen festgesetzt werden.

    Was daraus u. U. resultiert - siehe #3.

    Was die Gerichtskosten und Auslagen angeht - Richtersache, ggfs. erneute Vorlage zur Nachholung der KGE.

    Oder sehe ich gerade was falsch? :gruebel:

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

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    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Ja, eine Kleinigkeit glaube ich. Für die Gerichtskosten wird sich der Richter nicht interessieren. § 21 GNotKG ist Sache des KB und damit originäre Baustelle von Abt. 50 fürchte ich (bei uns ist jedenfalls der gehobene Dienst KB).

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  • Woher nimmst du, dass die Entscheidung nach § 21 GNotKG der KB trifft?
    Im Korintenberg heißt es dazu: "Über die Nichterhebung der Kosten entscheidet das Gericht. Bezüglich der in Abs. 1 S. 2 genannten Auslagen kann allerdings der Kostenbeamte ohne gerichtliche Entscheidung den Nichtansatz verfügen. Bei rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten legt der Kostenbeamte den Vorgang mit der Anregung auf Entscheidung dem Gericht vor (§ 10a S. 2 KostVfg). Die Entscheidung des Gerichts erfolgt entweder von Amts wegen oder auf Grund einer Erinnerung nach § 81, ggf. iVm § 11 Abs. 1 RPflG. Randnummer 120 Sachlich und örtlich zuständig ist das Gericht, bei dem die Kosten festzusetzen sind. Die Zuständigkeit bezieht sich auf die gesamten niederzuschlagenden Kosten, ggf. auch der Vorinstanz. zur Fussnote 188

    Randnummer 121 Soweit der Rechtspfleger in der Hauptsache zuständig ist, obliegt ihm auch die Entscheidung gemäß § 214 Abs. 1 RPflG). zur Fussnote 189"


    Ich habe hier eine Sache, wo die Betreuung bei zwei Gerichten gelichzeitig beantragt wurde. Mein Gericht hat als zweites die Betreuung angeordnet (in Unkenntnis des ersten Beschlusses) und dann nach gut 2 Wochen wieder aufgehoben. Die andere Betreuung läuft weiter. Daher wäre es doch unbillig, dem Betreuten hier doppelte Kosten aufzuerlegen (Vermögen ist nämlich vorhanden).

  • Die Entscheidung über die Nichterhebung trifft das Gericht, richtig.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

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  • In dem Fall ja.

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  • Ich hätte mein Berfahren an das Gericht der ersten Zuständigkeit i.S. von § 272 Absatz 1 Nr. 1 FamFG nach § 3 FamFG verwiesen.

    Das Gericht der ersten Zuständigkeit hätte nur 1 Verfahren und hätte über die Kosten zu entscheiden. Die Kostenproblematik ergibt sich m.E. dann nicht.

    Der Sachverhalt ist zu dünn, um festzustellen, ob diese Möglichkeit überhaupt bestanden hätte. Vermutlich eher nicht.

    Gericht A hat ggf. als Eilgericht (für den Ort des Krankenhaus zuständig) die vorläufige Betreuung angeordnet, Gericht B ist wohl das für den Wohnsitz des Betroffene zuständige Gericht.

    Eine Verweisung wäre dann jedenfalls nicht möglich, auch keine Abgabe nach § 4 FamFG.

  • Ich hätte mein Berfahren an das Gericht der ersten Zuständigkeit i.S. von § 272 Absatz 1 Nr. 1 FamFG nach § 3 FamFG verwiesen.

    Das Gericht der ersten Zuständigkeit hätte nur 1 Verfahren und hätte über die Kosten zu entscheiden. Die Kostenproblematik ergibt sich m.E. dann nicht.

    Der Sachverhalt ist zu dünn, um festzustellen, ob diese Möglichkeit überhaupt bestanden hätte. Vermutlich eher nicht.

    Gericht A hat ggf. als Eilgericht (für den Ort des Krankenhaus zuständig) die vorläufige Betreuung angeordnet, Gericht B ist wohl das für den Wohnsitz des Betroffene zuständige Gericht.

    Eine Verweisung wäre dann jedenfalls nicht möglich, auch keine Abgabe nach § 4 FamFG.

    Aber dem Gericht nach § 272 Absatz 1 FamFG ist mitzuteilen, was veranlasst wurde. Und regelmäßig werden uns dann die Akten „zur Zusammenführung“ übersandt (analog § 4 FamFG).

  • ...


    Die Betroffene ist vermögend.

    Nach Anhörung zur Betreuervergütung teilt der RA mit, dass er dagegen Einwände erhebt, die Betreuung war nicht erforderlich. Was verständlich ist.

    Wie würdet ihr jetzt vorgehen?

    Festsetzen, vgl. LG Flensburg, 5 T 151/19; BGH, XII ZB 479/12. Weder § 307 FamFG, da Betr.Vergütung keine Auslagen sind, noch § 21 GNotKG stehen entgegen.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

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