Teilweise Nichtberücksichtigung Kind - UH-Zahlung

  • Hallo zusammen,

    ich habe mal wieder ein Problemchen, bei dem ich noch ein bisschen Input bräuchte.

    Der Schuldner hat ein Kind, das bei der Kindesmutter lebt (also getrennt von ihm). Er zahlt für dieses Kind monatlich Unterhalt von 350,- €. Nun beantragt der IV eine teilweise Nichtberücksichtigung des Kindes nach § 850c Abs. 4 ZPO dergestalt zu beschließen, dass der unpfändbare Betrag um den gezahlten Unterhalt von 350,- € erhöht wird. Ich habe dem IV zunächst geschrieben, dass meines Erachtens kein Fall des § 850c Abs. 4 ZPO vorliegt, da es sich um die eigene UH-Leistung des Schuldners handelt, nicht um "fremdes" Einkommen. Außerdem habe ich den BGH, VII ZB 94/06 ins Feld geführt, der da ja eigentlich ziemlich eindeutig ist.
    Nun meint der IV aber, wegen der BGH-Entscheidung vom 16.04.2015, IX ZB 41/14 sei die von mir zitierte BGH-Entscheidung völlig irrelevant. Zwar lebten die Eltern nicht zusammen, so dass man die BGH-Berechnung mit anteiligen UH-Pflichten entsprechend dem jeweiligen Einkommen nicht direkt anwenden könne. Aber die Kindesmutter leiste Naturalunterhalt, was ebenfalls Einkommen des Kindes sei, entsprechend sei der Gesamtunterhaltsbedarf der Tochter reduziert. Der Vater erbringe seinen Teil nun eben in Form von Barunterhalt, daher sei es sachgerecht den unpfändbaren Betrag des Schuldners fest um den gezahlten Unterhalt zu erhöhen.
    Ich sehe ehrlich gesagt noch immer nicht, dass ich hier zu einer Entscheidung nach § 850c Abs. 4 ZPO komme. Die vom IV zitierte Entscheidung greift hier eben gerade nicht, zumindest nach meinem Dafürhalten. Wie seht ihr das? Ich bin geneigt den Antrag zurückzuweisen. Letztlich will der IV wohl darauf hinaus, dass die Kindesmutter ihren Teil des Unterhalts in Naturalleistungen erbringt und daher das Kind entsprechend eigenes "Einkommen" im Sinne des § 850c Abs. 4 ZPO hat. So soll glaub ich der Gedankengang sein :gruebel:

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Habe ich das richtig verstanden?
    Der IV beantragt die Erhöhung des unpfändbaren Betrags :eek:.

    Ich würde den Antrag mangels Rechtsschutzbedürfnis zurückweisen.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Da hab ich mich wohl ungenau ausgedrückt, er beantragt eine teilweise Nichtberücksichtigung des Kindes nach § 850c Abs. 4 ZPO.

    Sicher? :gruebel:

    "Nun beantragt der IV eine teilweise Nichtberücksichtigung des Kindes nach § 850c Abs. 4 ZPO dergestalt zu beschließen, dass der unpfändbare Betrag um den gezahlten Unterhalt von 350,- € erhöht wird."

    Für mich ist das ein eindeutiger Erhöhungsantrag.

  • Ja ganz sicher. Im Beschluss wird doch bei teilweiser Nichtberücksichtigung ausgesprochen, dass infolge der teilweisen Unterhaltspflicht des Schuldners der sich aus Spalte XY ergebende unpfändbare Betrag um weitere 350,- € erhöht wird. Im Ergebnis wäre das Kind also nicht mehr voll, sondern eben nur noch teilweise zu berücksichtigen.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Vielleicht hilft BGH IX ZB 83/18 , dessen Leitsatz lautet:

    Betreuungsleistungen eines nicht barunterhaltspflichtigen Elternteils und Kindergeld bilden keine eigenen Einkünfte eines unterhaltsberechtigten Kindes.


    Anmerkung RA Henning: “Der 9. Zivilsenat des BGH klärt hier zwei offene Fragen zur sehr praxisrelevanten Vorschrift des § 850c Abs. 4 ZPO, der über § 36 Abs. 1 S. 2 InsO auch in den Verfahren der natürlichen Personen Anwendung findet. Die von einem Elternteil gegenüber dem Kind erbrachten Betreuungsleistungen und ausgezahltes Kindergeld sind keine eigenen Einkünfte der unterhaltsberechtigten Kinder. Offen lässt der BGH die Frage, ob Bafög-Leistungen eigene Einkünfte des Kindes sind, da sich der betroffene Schuldner nicht mit einer eigenen Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts gewandt hat. Der BGH gibt aber die Mehrheitsmeinung, die in diesen Leistungen keine eigenen Einkünfte sieht, ausführlich wieder.

  • Vielleicht hilft BGH IX ZB 83/18 , dessen Leitsatz lautet:

    Betreuungsleistungen eines nicht barunterhaltspflichtigen Elternteils und Kindergeld bilden keine eigenen Einkünfte eines unterhaltsberechtigten Kindes.


    Anmerkung RA Henning: “Der 9. Zivilsenat des BGH klärt hier zwei offene Fragen zur sehr praxisrelevanten Vorschrift des § 850c Abs. 4 ZPO, der über § 36 Abs. 1 S. 2 InsO auch in den Verfahren der natürlichen Personen Anwendung findet. Die von einem Elternteil gegenüber dem Kind erbrachten Betreuungsleistungen und ausgezahltes Kindergeld sind keine eigenen Einkünfte der unterhaltsberechtigten Kinder. Offen lässt der BGH die Frage, ob Bafög-Leistungen eigene Einkünfte des Kindes sind, da sich der betroffene Schuldner nicht mit einer eigenen Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts gewandt hat. Der BGH gibt aber die Mehrheitsmeinung, die in diesen Leistungen keine eigenen Einkünfte sieht, ausführlich wieder.

    großes ABER, wie auch schon in der o.g. Entscheidung ausgeführt:

    Zu den eigenen Einkünften des Unterhaltsberechtigten, die dessen Berücksichtigungbei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens des Schuldnerseinschränken oder ausschließen können, gehört auch der von anderen Unterhaltsverpflichtetengewährte Naturalunterhalt.BGH, Beschluss vom 16. April 2015 - IX ZB 41/14

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • im Ergebnis kann aber die von der Mutter dem Kind erbrachte Leistung aus Betreuung und Naturalunterhalt nicht zu 100% aus der Differenz von gezahltem Barunterhalt und Freibetrag für die unterhaltsberechtigte Person ermittelt werden - irgendwas entfällt auf den nicht "abziehbaren" Betreuungsunterhalt - und unklar blieb mir bisher auch immer, ob es zu einer Anpassung des "Mehr-%-Satzes" kommen muss oder kann...

  • Dafür wäre aber vom IV vorzutragen, über welches Einkommen die Kindesmutter verfügt, damit gegenüber dem Gericht dargelegt ist (eine entsprechende Höhe des Einkommens unterstellt), dass das Kind tatsächlich über den Betreuungsunterhalt hinaus Natuaralunterhalt erhält.

  • Dafür wäre aber vom IV vorzutragen, über welches Einkommen die Kindesmutter verfügt, damit gegenüber dem Gericht dargelegt ist (eine entsprechende Höhe des Einkommens unterstellt), dass das Kind tatsächlich über den Betreuungsunterhalt hinaus Natuaralunterhalt erhält.


    Ja, so habe ich in einer anderen Sache auch argumentiert und die Insolvenzverwalterin konnte nicht angeben, welches Einkommen die Kindesmutter hat. Damit war der Antrag erledigt.

    Aber auch ganz grundsätzlich finde ich das hier der Gedanke des einfachen Vollstreckungsverfahrens so allmählich völlig auf der Strecke bleibt. Der Schuldner zahlt Unterhalt, also wird eine unterhaltsberechtigte Person berücksichtigt. Punkt. Mag sein, dass das bei zusammenlebenden Eltern mit annähernd gleichem Einkommen unbefriedigend ist und der BGH daher eine Lösung für erforderlich gehalten hat. Aber das wird ja nun auf sämtliche mögliche und unmögliche Konstellationen erstreckt, die womöglich nicht mit der BGH-Entscheidung gemeint waren.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Dafür wäre aber vom IV vorzutragen, über welches Einkommen die Kindesmutter verfügt, damit gegenüber dem Gericht dargelegt ist (eine entsprechende Höhe des Einkommens unterstellt), dass das Kind tatsächlich über den Betreuungsunterhalt hinaus Natuaralunterhalt erhält.


    Ja, so habe ich in einer anderen Sache auch argumentiert und die Insolvenzverwalterin konnte nicht angeben, welches Einkommen die Kindesmutter hat. Damit war der Antrag erledigt.

    Aber auch ganz grundsätzlich finde ich das hier der Gedanke des einfachen Vollstreckungsverfahrens so allmählich völlig auf der Strecke bleibt. Der Schuldner zahlt Unterhalt, also wird eine unterhaltsberechtigte Person berücksichtigt. Punkt. Mag sein, dass das bei zusammenlebenden Eltern mit annähernd gleichem Einkommen unbefriedigend ist und der BGH daher eine Lösung für erforderlich gehalten hat. Aber das wird ja nun auf sämtliche mögliche und unmögliche Konstellationen erstreckt, die womöglich nicht mit der BGH-Entscheidung gemeint waren.

    Das Problem ist doch filgendes: Der Gesetzgeber hat den Absatz 4 geschaffen um Ungerechtigkeiten zu vermeiden die durch eine Vollständige Berücksichtigung von Personen entstehen, wenn der Schuldner nicht in vollem Umfang Unterhalt leisten muss, weil die Person eigene Einkünfte hat.

    Also stellt sich hier doch die Frage, ob die Unterhaltspflicht durch das Einkommen des Kindes geringer ist. Vermutlich nicht. Also würde ich den Antrag zurückweisen, weil kein Einkommen vorhanden ist, das die Unterhaltspflicht einschränkt.

    Bei der Entscheidung des BGH bei den Eheleuten war das anders, weil sie beide etwa gleiche Einkommen hatten und somit diese Entscheidung hier nichts zu suchen hat.

  • Die Argumentation des IV ist folgende: Die KM erbringt Naturalunterhalt. Was der Schuldner in bar leistet, ist quasi der durch den Naturalunterhalt der Mutter nicht abgedeckte Teil des (Gesamt)Unterhaltsbedarf des Kindes. Das bedeutet, das Kind hat eigene Einkünfte in Höhe des Naturalunterhalts, diese (fiktiv) abgezogen vom Gesamtunterhaltsbedarf ergeben den restlichen vom Schuldner zu leistenden Unterhalt, der bezifferbar ist, nämlich mit 350,- €. Der Naturalunterhalt sind die eigenen Einkünfte im Sinne von § 850c Abs. 4 ZPO. Und da das Jugendamt den Unterhaltsbedarf und damit auch den vom Schuldner zu leistenden Teil ermittelt hat, ist klar, dass der Gesamtunterhaltsbedarf Naturalleistungen der Mutter plus Barunterhalt Vater sind. So ganz abwegig ist die Argumentation gerade im Lichter der BGH-Entscheidung nicht. Trotzdem kommt es mir an den Haaren herbeigezogen vor.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • das ist ingesamt ein Thema, bei dem ich - vlt. zu doof - die BGH-judikatur nicht mehr nachvollhiehen kann.

    Bsp: Mutter ist Vollstreckungsschuldnerin. erhält UH der über dem Sozialhilfesatz eines Kindes liegt, bei der Berechnung fliegt das Kind raus ! vgl. IX ZB 211/08

    Bsp: der Schuldner erbringt als Zahlvater monatliche Unterhaltsleistungen, die hinter dem gesetzlichen Unterhalt zurückbleiben, gleichwohl gilt das Kind als UHB vgl. VII ZB 94/06.

    Dieses einmal verfassungsrechtlich gewendet scheint wohl ein absolutes Missverhältnis zwischen der Naturalunterhaltsgewährung der alleinerziehenden Frau und des doch ach so schaffenden Vaters zugrundezulegen, was eigentlich seit dem Ende der 60'er Jahre als erledigt hätte gelten dürfen......

    Bei reinen Zahlvätern sehe ich nicht ein, dass diese über die Höhe des cash-UH pfändungstabellentechnisch privilegiert werden !
    Dem bezizukommen wäre über BGH nur mit der Anrechnungsrechtsprechung über den tatsächlichen Bedarf qua Naturalunterhalt, wovon ich aber nix halte.
    Reiner cash-zahler wird nicht privilegiert und basta !
    hierzu lasse ich mir in den Verfahren jedoch vortragen, ob nur cash- oder auch gemeinsame WE's und Urlaube mit dem dem Kind

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

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