Nachträgliche Aufhebung § 6a Abs. BerhG

  • Hallo zusammen!

    Im Jahr 2017 ist dem Antragsteller BerH bewilligt worden. Jetzt teilt der Rechtsanwalt mit, dass der Antragsteller aus einem in der Sache geschlossenen Vergleich die Summe von 2.500,00 Euro erhalten hat und beantragt die nachträgliche Aufhebung. Bei dem Betrag dürfte es sich nicht um Einkommen, sondern um Vermögen handeln. Soweit bin ich schon gekommen. Die Frage ist jetzt, ob es dem Schonvermögen unterliegt oder nicht.

    Leider ergibt sich aus der Akte nicht hinreichend, welches Vermögen auf Seite des Antragsteller 2017 vorhanden war, da hier bei persönlicher Antragstellung nicht immer alle Unterlagen in Kopie gefertigt werden bzw. wurden. Der Antragsteller wurde angehört und äußert sich zu der beantragten Aufhebung nicht. Eine Überprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung vor drei Jahren dürfte ja ausscheiden.

    Ich tendiere dazu die Bewilligung nicht aufzuheben. Der Anwalt argumentiert natürlich damit, dass die bedürftige Partei am Ende nicht besser als jede vermögende Partei gestellt sein dürfte und verweist darauf, der Antragsteller hätte sich ja im Rahmen der Anhörung äußern können, was auch nicht von der Hand zu weisen ist.

    Habt ihr eine Idee dazu?

    EDIT: Ein Vergütungsantrag wurde bisher nicht gestellt und auf die Möglichkeit der Aufhebung wurde hingewiesen.

  • Ich würde es auch nicht nachträglich aufheben.

    Bei der Bewilligung von BerH kommt es auf die Einkommensverhältnisse zum Zeitpunkt der Bewilligung an, und damals waren die ja offenbar gegeben.
    Eine nachträgliche Überprüfung wie bei PKH/VKH sieht das BerHG nicht vor.
    Und das Schonvermögen liegt bei 5.000,- €, da ist er ja auch noch drunter, also ist er immer noch "bedürftig".


  • Und das Schonvermögen liegt bei 5.000,- €, da ist er ja auch noch drunter, also ist er immer noch "bedürftig".

    Ich weiß halt nur eben nicht, ob er damals evtl. doch noch 3.000 Euro auf seinem Sparbuch etc. hatte. Dann wäre zurückblickend das Schonvermögen mit der Summe aus dem Vergleich ja überschritten :confused:.

  • Aber die 2.500,- aus dem Vergleich stehen ihm doch erst jetzt zur Verfügung. Und wenn ein Vergleich geschlossen wurde, war der Anspruch ja wohl auch streitig.
    Ob der Antragsteller im Jahre 2017 Vermögen oberhalb des Schonbetrages hatte, war damals zu prüfen und nicht jetzt.
    Ich würde daher nicht aufheben.

  • Ich verstehe § 6a Abs. 2 BerHG so, dass man nur dann die Bewilligung aufheben kann, wenn feststeht, dass durch das Erlangte die Voraussetzungen für BERH jetzt nicht mehr vorliegen.
    Rein auf Verdacht darf man das m.E. nicht machen.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Ich verstehe § 6a Abs. 2 BerHG so, dass man nur dann die Bewilligung aufheben kann, wenn feststeht, dass durch das Erlangte die Voraussetzungen für BERH jetzt nicht mehr vorliegen.
    Rein auf Verdacht darf man das m.E. nicht machen.

    Richtig, so auch der Wortlaut des Gesetzes: "auf Grund des Erlangten die Voraussetzungen hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für die Bewilligung von Beratungshilfe nicht mehr erfüllt."

    Zu prüfen sind also die aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse.

  • Und dann kommt es eben darauf an, ob aufgrund des durch die BerH erlangten Werte zu einer Überschreitung des Schonvermögens kommt.

    Um es mal übertrieben darzustellen: Der Antragsteller kann zwei Tage nach der Bewilligung der BerH im Lotto gewonnen haben. Dann wäre er nicht wegen der erlangten 2.500 € nicht mehr bedürftig.
    Das wäre allerdings nicht sonderlich fair gegenüber demjenigen, der die genannten 3.000,- € angespart hatte und durch die 2.500,- € jetzt in den Bereich gekommen wäre, nicht mehr beratungshilfeberechtigt zu sein.

    Natürlich kann man in Szenario 1 argumentieren, dass der Lottogewinner durch das Erlangte noch mehr Vermögen erlangt hat und auch dadurch nich mehr BerH-berechtigt ist. Allerdings lautet §6a II S. 3 BerHG:

    Zitat

    Das Gericht hebt den Beschluss über die Bewilligung von Beratungshilfe nach Anhörung des Rechtsuchenden auf, wenn dieser auf Grund des Erlangten die Voraussetzungen hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für die Bewilligung von Beratungshilfe nicht mehr erfüllt.

    Nach dem reinen Wortlaut dürfte dies nur meinen zweiten Fall abdecken, denn ein nachträglicher Vermögenszuwachs außerhalb der BerH führt eben nicht zur Aufhebung der BerH. Das erschwert allerdings die Prüfung gerade bei diesem Zeitablauf enorm, denn es ist auf die aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung des durch die BerH erlangten abzustellen.

    Und ich merke gerade, dass ich noch einen Kaffee brauche.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Allerdings lautet §6a II S. 3 BerHG:

    Zitat

    Das Gericht hebt den Beschluss über die Bewilligung von Beratungshilfe nach Anhörung des Rechtsuchenden auf, wenn dieser auf Grund des Erlangten die Voraussetzungen hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für die Bewilligung von Beratungshilfe nicht mehr erfüllt.

    ... Das erschwert allerdings die Prüfung gerade bei diesem Zeitablauf enorm, denn es ist auf die aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung des durch die BerH erlangten abzustellen.

    Ich überlege, ob wir damit nicht zu kompliziert denken. :gruebel: Müsste man nicht tatsächlich "zurückdenken" auf den Zeitpunkt der Antragstellung? Wenn der Antragsteller damals die Kohle gehabt hätte, die ihm sein Anwalt zwischenzeitlich erstritten hat, wären dann die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erfüllt gewesen?
    Das ist Gesetz ist - meiner bescheidenen Meinung nach - in Teilen handwerklich so schlecht gemacht, dass ich es ohne weiteres für möglich halte, dass § 6a Abs. 2 S. 3 BerHG so zu interpretieren ist. Denn auf welchem Zeitpunkt für die Beurteilung abzustellen ist, dass ein Antragsteller die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt, schweigt sich das Gesetz aus. Nur dass es "aufgrund des Erlangten" so sein soll.
    M.E. kann damit aber sowohl der Zeitpunkt der Antragstellung, als auch der Zeitpunkt des "Erlangens" als Anknüpfungspunkt gemeint sein.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Ich wäre da - nach dem zweiten Kaffee - auch eher für eine großzügige Betrachtungsweise: Erlangt der Antragsteller durch die BerH etwas, wodurch er den Vermögensschonbetrag überschreitet, kann die BerH aufgehoben werden. Dabei ist es egal, was vorher da war.

    Sprich: Jede erfolgreich realisierte Forderung von 5.000,- € oder höher, die nicht als Schonvermögen zu betrachten ist (z.B. Schmerzensgeldansprüche unter entsprechenden Voraussetzungen), kann eine Aufhebung nach § 6a II BerHG ermöglichen.

    Andernfalls hätten wir eben keine Gleichbehandlung verschiedener Vermögensstände und -entwicklungen. Derjenige, der sich 3.000,- € angespart hat, wäre gegenüber demjenigen, der nichts gespart hat, benachteiligt.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Ich bin heute leider noch nicht dazu gekommen mich erneut mit der Sache zu befassen. Der RA hatte aber schon angekündigt sich zu beschweren, wenn ich nicht aufhebe.

    Vielleicht ja auch mal eine gute Gelegenheit die Frage weiter durchzuexerzieren. Rechtsprechung und Kommentierung sind ja eher dünn.

    Aber eine andere Frage, die mich seit gestern umtreibt: Nehmt ihr bei persönlicher Antragstellung stets Unterlagen zur Akte? Ich mache das nur ausnahmsweise. Die allermeisten Akten enthalten hier nur eine Abschrift des Berechtigungsscheins, das Protokoll über die Antragsaufnahme und die Verfügung. Später kommen noch die Unterlagen zur Abrechnung der Vergütung hinzu.

  • Ich bin heute leider noch nicht dazu gekommen mich erneut mit der Sache zu befassen. Der RA hatte aber schon angekündigt sich zu beschweren, wenn ich nicht aufhebe.


    Der Rechtsweg steht ihm ja offen. Vielleicht treibt er es ja bis zum BVerfG ;) Halte uns auf dem Laufenden!

    Zitat

    Aber eine andere Frage, die mich seit gestern umtreibt: Nehmt ihr bei persönlicher Antragstellung stets Unterlagen zur Akte? Ich mache das nur ausnahmsweise. Die allermeisten Akten enthalten hier nur eine Abschrift des Berechtigungsscheins, das Protokoll über die Antragsaufnahme und die Verfügung. Später kommen noch die Unterlagen zur Abrechnung der Vergütung hinzu.

    Nein, nie. Ich notiere nicht einmal den Vermögensstand zum Zeitpunkt der Antragstellung, es sei denn, dass ich irgendetwas Besonderes zu beachten habe (Beispielsweise Schonvermögen aus Schmerzensgeld über dem Freibetrag vorhanden).
    Andernfalls ist die Feststellung eben "Vermögen liegt unter dem Schonbetrag" und durch die Bewilligung in der Akte enthalten.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Von welchem Protokoll ist hier die Rede :gruebel: ?
    Hier wird lediglich der Antrag zur Akte genommen ... und vorgelegte Unterlagen zurück gegeben.

  • Wir nehmen auch keine Unterlagen zur Akte.

    Bei uns müssen die Leute zunächst den Antrag ausfüllen. Dann legt die Geschäftsstelle ein Verfahren an. Erst danach können die Leute zum Rpfl. Der macht sich evtl. handschriftliche Notizen in den Antrag, notiert welche Unterlagen vorlagen und entscheidet.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Von welchem Protokoll ist hier die Rede :gruebel: ?
    Hier wird lediglich der Antrag zur Akte genommen ... und vorgelegte Unterlagen zurück gegeben.

    Bei persönlicher Antragstellung liegt i.d.R. nicht das ausgefüllte Antragsformular vor. Der Antrag wird zu Protokoll gestellt und direkt durch Scheinerteilung beschieden.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Von welchem Protokoll ist hier die Rede :gruebel: ?
    Hier wird lediglich der Antrag zur Akte genommen ... und vorgelegte Unterlagen zurück gegeben.

    Bei persönlicher Antragstellung liegt i.d.R. nicht das ausgefüllte Antragsformular vor. Der Antrag wird zu Protokoll gestellt und direkt durch Scheinerteilung beschieden.

    An hiesigen Gerichten gibt es kein Protokoll für die Beantragung der BerH.

    Das ausgefüllte Antragsformular liegt natürlich vor. Schließlich versichert der Antragsteller dort auch einige Sachen (keine Rechtsschutzversicherung usw.). Unterlagen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Ast. behalten wir allerdings keine zurück.

  • Von welchem Protokoll ist hier die Rede :gruebel: ?
    Hier wird lediglich der Antrag zur Akte genommen ... und vorgelegte Unterlagen zurück gegeben.

    Bei persönlicher Antragstellung liegt i.d.R. nicht das ausgefüllte Antragsformular vor. Der Antrag wird zu Protokoll gestellt und direkt durch Scheinerteilung beschieden.

    An hiesigen Gerichten gibt es kein Protokoll für die Beantragung der BerH.

    Das ausgefüllte Antragsformular liegt natürlich vor. Schließlich versichert der Antragsteller dort auch einige Sachen (keine Rechtsschutzversicherung usw.). Unterlagen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Ast. behalten wir allerdings keine zurück.

    Die Erklärungen gibt der Ast. mir persönlich zu Protokoll, sofern er das Antragsformular nicht vielleicht doch schon vorher ausgefüllt und mitgebracht hat. Im Prinzip enthält das Protokoll dieselben Angaben wie das Formular. Regelmäßig nehme ich dann auch noch eine Versicherung an Eides statt ab.

    Habe meinen ablehnenden Beschluss dann heute erlassen. Bin mal auf die Erinnerung gespannt :). Obwohl, eigentlich auch nicht :D.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!