Testamentsvollstreckervermerk eintragen?

  • Hier besteht folgendes Problem:

    Ein Testamentsvollstrecker ist gemäß Annahmebescheinigung des Nachlassgerichts zuständig für

    „Ausübung der Rechte des Verstorbenen als Inhaber der Einzelfirma sowie aus dessen Beteiligung an der ggf. gegründeten Gesellschaft für die Dauer des Betriebspachtvertrags“

    Grundbuchberichtigung ist beantragt.
    Ist ein TV-Vermerk einzutragen? Hängt das davon ab, wo die Firma betrieben wird?
    Nach meiner Auffassung ist ein TV-Vermerk einzutragen. Die Firma wird auf mindestens einem Nachlassgrundstück betrieben.

    Oder liege ich damit völlig falsch?

    Für Denkanstöße wäre ich dankbar.

  • Der Erbvertrag vom Sep. 2008 (Erbfall Okt.2019) sagt dazu
    "Ich ordne TVg an. Die Aufgabe des TV beschreibe ich wie folgt: Ich betreibe in ... unter meinem Namen eine nicht im HR eingetragene Einzelfirma mit dem Gegenstand...
    Ich beabsichtige zusammen mit... eine GmbH zu gründen, deren Gegenstand der gleiche sein soll. Zwischen dieser neugegründeten GmbH und meiner Einzelfirma soll ein Betriebspachtvertrag mit einer Laufzeit von 20 Jahren abgeschlossen werden. Die Satzung der zu gründenden GmbH soll so ausgestaltet sein, dass meine Erben berechtigt sind, meine Gesellschaftsanteile im Falle meines Todes zu übernehmen. Für die Dauer des Betriebspachtvertrags obliegt dem TV die Aufgabe, meine Rechte als Inhaber der Einzelfirma sowie die Rechte aus meiner Beteiligung an der zu gründenden Gesellschaft auszuüben".

  • Was in der Annahmebescheinigung über die Befugnisse des Testamentsvollstreckers steht, ist im Rechtssinne irrelevant, weil dies die Aufgabe des TV-Zeugnisses ist und die Annahmebescheinigung kein solches darstellt (OLG Braunschweig FamRZ 2019, 1085 = FGPrax 2019, 83 m. Anm. Bestelmeyer = NLPrax 2019, 110; Bestelmeyer Rpfleger 2017, 674, 681 und Rpfleger 2019, 679, 685 f.). Angaben über den Aufgabenkreis des Testamentsvollstreckers haben in der Annahmebescheinigung somit schlichtweg nichts verloren.

    Solange kein TV-Zeugnis erteilt ist, richtet sich der Aufgabenkreis der Testamentsvollstreckung aus Sicht des Grundbuchamts somit nach den erbvertraglichen Bestimmungen.

    Der Erbvertrag liest sich so, als wenn der Erblasser die besagte GmbH noch zu Lebzeiten gegründet und auch der besagte Betriebspachtvertrag noch zu seinen Lebzeiten abgeschlossen werden sollte. Anders macht nämlich der Passus keinen Sinn, dass die Erben die (ohnehin zwingend vererblichen) GmbH-Geschäftsanteile des Erblassers im Erbfall übernehmen können sollen (also muss die GmbH im Zeitpunkt des Erbfalls bereits existieren).

    Verhält es sich wie vorstehend beschrieben (GmbH und Betriebspachtvertrag existierten bereits beim Erbfall), was nur im Hinblick auf die Gründung der GmbH mittels eines Registerauszugs in der Form des § 29 GBO belegbar ist, beschränkt sich die Testamentsvollstreckung auf die Ausübung der Rechte (des früheren Erblassers) als Inhaber der Einzelfirma und im Hinblick auf die Beteiligungsrechte an der GmbH. Da der Erblasser offenbar in persona Eigentümer des besagten Grundbesitzes war, kann ich dieser Formulierung nicht entnehmen, dass den Erben die Verfügungsbefugnis über den Grundbesitz entzogen sein soll, und war ungeachtet und unbeschadet dessen, ob der Grundbesitz in steuerlicher Hinsicht zum Betriebsvermögen gehört.

    Richtig ist aber natürlich, dass des durchaus sein kann, dass es - insbesondere wenn es sich um Betriebsvermögen handelt - durchaus der Wille des Erblassers gewesen sein kann, dass der Testamentsvollstreckung auch "die Hand" auf dem Grundstück haben soll. Gleichwohl ist es mir schleierhaft, wie man als Notar, dem die späteren Grundbuchprobleme bekannt sein müssen, einen derart schwammigen Aufgabenkreis formulieren und beurkunden kann.

    Es gibt drei Möglichkeiten:

    1. Eintragung der Erbfolge ohne TV-Vermerk. Dies würde ich keinesfalls tun.

    2. Zwischenverfügung mit dem Inhalt, dass der erbvertraglich formulierte Wirkungskreis der TV fraglich und auslegungsbedürftig ist, das Grundbuchamt mit dem ihm zu Verfügung stehenden Mitteln aber keine solche Auslegung vornehmen kann, sodass der Wirkungskreis der TV im Hinblick auf die Regelung des § 52 GBO im vorliegenden Fall nur durch ein TV-Zeugnis nachgewiesen werden kann, das sich inhaltlich auch zur Frage der Verfügungsbefugnis im Hinblick auf den vorliegenden Grundbesitz verhalten muss, weil einerseits die Erbfolge nicht ohne TV-Vermerk eingetragen werden kann, solange nicht auszuschließen ist, dass sich die TV auf den Grundbesitz bezieht, und andererseits auch die Eintragung eines TV-Vermerks nicht in Betracht kommt, solange der Wirkungskreis der TV nicht rechtssicher geklärt ist. Je nachdem, welchen Inhalt des TV-Zeugnis hat, ist der TV-Vermerk dann einzutragen oder nicht.

    3. Eintragung der Erbfolge mit TV-Vermerk. Wenn dies den Erben nicht gefällt, können sie die Löschung des TV-Vermerks beantragen und dann fällt die Katze auf dieselben Füße, weil dann das materielle Nichtbestehen der TV im Hinblick auf den Grundbesitz nach Sachlage wiederum nur durch eine TV-Zeugnis mit entsprechendem Inhalt nachgewiesen werden kann.

    Da ich die denkbare Alternative 1 in praxi ausschließe, bleiben also nur noch die Alternativen 2 und 3, wobei ich aus den zuletzt genannten Gründen auch Alternative 3 ausschließe, sodass nur noch Alternative 2 verbleibt. Bevor ein TV-Vermerk im Grundbuch eingetragen oder dessen Eintragung unterlassen wird, muss jeweils rechtssicher feststehen und nach Maßgabe der §§ 29, 35 GBO nachgewiesen werden, ob TV für den Grundbesitz besteht oder eben nicht. Ich würde mir jedenfalls nicht den Schuh anziehen wollen, aus eigener Machtvollkommenheit dasjenige zu reparieren, was der Notar mit seinen auslegungsbedürftigen Formulierungen angerichtet hat.

  • Cromwell, vielen Dank für die ausführliche Antwort.

    Mir ist nicht bekannt, ob besagte Firma überhaupt jemals gegründet wurde.


    Ich werde jedenfalls den Notar nun dementsprechend anschreiben und ein TV-Zeugnis anfordern.

  • Eddie Macken

    Beim Lesen habe ich bemerkt, dass ich mich nur bei Cromwell bedankt habe, nicht aber bei Dir. Dabei hatte Dein Hinweis ja auch schon in dieselbe Richtung gezeigt.
    Also auch an Dich : Dankeschön!

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