Kostennachfestsetzung möglich oder Anspruch verwirkt?

  • Hallo, folgender Fall:
    Das Verfahren ist von 1998, abgeschlossen 2001
    In der I. Instanz hatte der Kläger gewonnen und einen Kostenfestsetzungsbeschluss gegen den Beklagten erwirkt. In der II. Instanz wurde die Klage abgewiesen und dem Kläger die Kosten auferlegt. Es ergingen entsprechende Kostenfestsetzungsbeschlüsse zugunsten des Beklagten.
    Jetzt kommt dieser nach gut 18 Jahren und will weitere Kosten haben.
    Die Gegenseite legt mehrere Schriftsatze vor, in denen der Beklagte Anfang 2019 mitteilt, dass sämtliche Forderungen aus diesem Prozess „bezahlt und für immer erledigt“ seien. Dies hat der Beklagte mehrfach wiederholt.
    Dazu erklärt der Beklagte, dass er sich ziemlich unter Druck gefühlt habe und Äußerungen gemacht hätte, die er später korrigieren musste. Zudem hätte er inzwischen neue Erkenntnisse und der Rechtsfindungsprozess ginge weiter.
    Interessiert mich das? Mal abgesehen davon, dass ich nicht genau weiß, was da genau festgesetzt wurde, halte ich eine nachträgliche Festsetzung weiterer Kosten aufgrund der Erledigungserklärung, die der Beklagte ja nicht bestritten hat, für nicht möglich.
    Mal ganz abgesehen davon, dass die beantragten Kosten nicht wirklich nachzuvollziehen sind und die Kläger behaupten, die Originaltitel (Kostenfestsetzungsbeschlüsse), auf die sie gezahlt haben, bis heute nicht erhalten zu haben.
    Wie seht ihr das?

  • Mit Rücksicht auf die Erledigungserklärung würde ich aus dem Bauch heraus auch sagen: Recht auf Nachfestsetzung verwirkt. Natürlich kann „Ich fühlte mich unter Druck“ eine Anfechtung der Erledigungserklärung sein, aber überzeugend fände ich diese Ansicht nicht.

    Irgendwo habe ich auch noch Rechtsprechung, die sich mit Verwirkung beschäftigt. Soll ich mal suchen?

    "Multiple exclamation marks", he went on, shaking his head, "are a sure sign of a diseased mind." (Sir Terry Pratchett, "Eric")

  • Ganz ehrlich? Ich denke, du würdest hier beide Auffassungen gut begründen können, sowohl pro Verwirkung, als auch dagegen (materiell-rechtliche Einwendungen, die nicht ins Kostenfestsetzungsverfahren gehören). Ich tendiere hier zu letzterer Auffassung, würde aber an deiner Stelle einfach die Entscheidung treffen, mit der ich am besten leben kann und diese vernünftig begründen.
    Das Rechtsmittel kommt ohnehin.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -


  • Irgendwo habe ich auch noch Rechtsprechung, die sich mit Verwirkung beschäftigt. Soll ich mal suchen?

    Von mir aus gerne J
    Das OLG Frankfurt vertritt die Auffassung, dass es sich beim Einwand der Verwirkung um einen materiell-rechtlichen Einwand handelt, der grundsätzlich nicht zu prüfen ist – allerdings mit Ausnahmen, die dann vorliegen, wenn der Einwand unstreitig ist oder sich problemlos aus den Akten entnehmen lässt.
    Und so liegt der Fall ist. Der Beklagte bestreitet die Mails, in denen er erklärt hat, dass alle Ansprüche erledigt seien, gar nicht,sondern erklärt lediglich, seine Meinung inzwischen aufgrund angeblich neuer Sachverhalte geändert zu haben. In wieweit eine wirksame Anfechtung vorliegt, prüfe ich aber nicht.
    Ich werde daher den Kostenfestsetzungsantrag zurückweisen, zumal die zusätzlich beantragten Gebühren und Kosten nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden sind.
    Ob ich eine Beschwerde bekomme, werde ich sehen, da beide Seiten anwaltlich nicht vertreten sind.
    Vielen Dank nochmal.

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