Heimstätte, § 17 II Fortgeltungsvermerk, Abtretung einer Grundschuld mögl.?

  • Im GB ist Anfang 1998 (also noch zur Geltungszeit des Reichsheimstättengesetzes) auf einer Reichsheimstätte lastend eine Grundschuld ohne eine ersichtliche Behördenzustimmung eingetragen worden, bei der laut Bestellungsurkunde Zahlungen an die Gläubigerin nicht zur Tilgung der Grundschuld oder Befreiung von der Haftung, sondern nur zur Begleichung der persönlichen Forderung erfolgen. Es ist im GB auch der Vermerk angebracht, dass auf dieses Recht § 17 II Reichsheimstättengesetz weiterhin Anwendung findet.

    Da keine Behördenzustimmung ersichtlich ist und der Fortgeltungs-Vermerk angebracht ist, erlischt doch die Grundschuld in Höhe getätigter Zahlungen trotz der Bestimmung der Belastungsurkunde oder?

    Jetzt liegt mir der Antrag auf Eintragung der Abtretung der Grundschuld vor. Laut DNotI können nur mit Behördenzustimmung eingetragene, vom § 17 II abweichende Grundschulden neu valutiert werden.
    Habe ich dies zu beachten oder kann ich die Abtretung trotzdem eintragen? laut DNotI gilt: "Unter praktischen Gesichtspunkten dürfte der Grundbuchvermerk einer Neuvalutierung jedoch entgegen stehen.Denn der Grundbuchvermerk erfolgt ohne materielle Prüfung durch das Grundbuchamt. Der Eigentümer müsste im Rahmen einer Beschwerde (§ 71 GBO) mit dem Ziel der Löschung des Vermerkes nachweisen, dass es sich hierbei um eine Sicherungsgrundschuld handelt, auf die § 17Abs. 2 S. 2 RHeimStG nicht anwendbar ist (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 13. Aufl. 2004, Rn. 3908, 3910; a. A. Knees, Rpfleger 1995, 502)."

    Alle Angaben ohne Gewähr.

    Einmal editiert, zuletzt von Ryker (20. Oktober 2020 um 09:52)

  • Das Reichsheimstättengesetz ist nach Artikel 7 des Gesetzes zur Aufhebung des Reichsheimstättengesetzes vom 17.06.1993 (BGBl. I 1993, 912) zum 1.10.1993 aufgehoben worden. Anfang 1998 kann daher keine Grundschuld „zur Geltungszeit des Reichsheimstättengesetzes“ eingetragen worden sein.

    Die Übergangsvorschrift in § Artikel 6 § 1 Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes vom 17.06.1993 lautet (Hervorhebung durch mich):

    „Auf die zum Zeitpunkt des Inkrafttreten dieses Gesetzes im Grundbuch eingetragenen Hypotheken und Grundschulden findet § 17 Absatz 2 Satz 2 des früheren Reichsheimstättengesetzes weiterhin Anwendung“.

    Da das Gesetz nach Artikel 7 zum 1.10.1993 in Kraft getreten ist, kann diese Bestimmung mithin auf Grundschulden, die 1998 eingetragen wurden, keine Anwendung finden.

    Ansonsten geht es in Artikel 6 § 2 des Gesetzes um die Löschung des Reichsheimstättenvermerks Der „Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Reichsheimstättengesetzes“, BT-Drucksache 12/3977,
    http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/12/039/1203977.pdf
    hatte ursprünglich zu Art 6 § 2 lediglich eine Frist bis zum 31. Dezember 1997 vorgesehen. Das Gesetz selbst sieht dazu jedoch vor, dass der Vermerk nach dem 31. Dezember 1998 von Amts wegen gelöscht werden kann.

    Auch die Verordnung zur Ausführung des Reichsheimstättengesetzes, mit der in § 22 geregelt wurde, was unter Tilgungsschulden im Sinne des § 17 Abs. 2 des Reichsheimstättengesetzes zu verstehen ist
    https://www.juris.de/perma?j=RHeimstGAV_!_22
    war nur bis zum 30.09.1993 gültig (s. dazu Hornung: Finis Reichsheimstätte - auch im Konkurs, NJW 1994, 235 ff.)

    Ansonsten siehe diesen Thread:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1072160

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  • Da das Gesetz nach Artikel 7 zum 1.10.1993 in Kraft getreten ist, kann diese Bestimmung mithin auf Grundschulden, die 1998 eingetragen wurden, keine Anwendung finden.

    Danke, du hast Recht. Der Fortgeltungsvermerk ist bezüglich dieses Rechts falsch und ich bin bezüglich der Daten auch hereingefallen. Ist mein erster derartiger Vorgang und nun weiß ich Bescheid.

    Wie wäre es denn, wenn das Recht tatsächlich Anfang 1993 eingetragen worden wäre und jetzt abgetreten werden soll? Dann wäre doch folgender Standpunkt richtig oder?:
    Theoretisch könnten ungetilgte Forderung und Grundschuld parallel abgetreten worden sein. Und deshalb würde ich die Abtretung eintragen auch wenn es eher wahrscheinlich ist, dass im Hintergrund eine nicht mögliche Neuvalutierung steht.
    (Der verlinkte thread hat mir bei der Frage nicht geholfen. Denn dass der Vermerk nur deklaratorisch ist, und die Frage, ob es sich bei den vor 01.10.1993 eingetragenen Rechten um "Tilgungsrechte" oder ausnahmsweise um "normale" Grundpfandrechte handelt, bei Eintragung des Vermerks nicht zu prüfen war, hat ja nichts damit zu tun, ob dies bei einer Abtretung zu prüfen ist.)

  • Mit ungelegten Eiern befasse ich mich eigentlich grundsätzlich nicht.

    Soweit ich es sehe, konnte seinerzeit eine Heimstätte nur dann mit einer Grundschuld in der Form einer kündbaren Tilgungsschuld belastet werden, wenn sie in einer Musterschuldurkunde des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes bestellt wurde oder wenn eine besondere Ausnahmegenehmigung der zuständigen Behörde erteilt wurde (LG Mönchen-Gladbach v. 5. 11. 70 4 T 159/70 = DNotZ 1971,99).

    Eine solche Ausnahmegenehmigung gab es für Baden-Württemberg mit der gemeinsamen Bekanntmachung der Regierungspräsidien Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg und Tübingen über die Zulassung von Abweichungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz des Reichsheimstättengesetzes vom 29. März 1976, GABl. 1976, 673.
    https://www.juris.de/perma?d=VB-BW-GABl1976629-G

    Diese lautete:
    „Die Regierungspräsidien Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg und Tübingen lassen hiermit nach § 17 Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz des Reichsheimstättengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. November 1937 (RGBl. IS. 1291) eine allgemeine Abweichung von Satz 1 a. a. O. für Hypotheken und Grundschulden, die keine unkündbaren Tilgungsschulden sind, insoweit zu, als sie je Heimstätte insgesamt den Betrag von 50000 DM nicht übersteigen. Diese Regelung tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft.“

    Also konnten auch Grundschulden, die keine unkündbaren Tilgungsschulden waren, bis 50.000,-- DM eingetragen werden. Daher dürften solche Grundschulden auch abgetreten werden können.

    Das DNotI führt dazu in dem von Dir genannten Gutachten im DNotI-Report 17/2005, 140 aus (Hervorhebung durch mich):

    „Begründet wurde diese Auffassung im Wesentlichen mit dem Wortlaut des § 17 Abs. 2 S. 1 Hs. 2, wonach „Abweichungen“ möglich waren (OLG Hamm, Rpfleger 1995, 501 = MittRhNotK 1996, 52, 53; Knees, Rpfleger 1995, 502). Nach Wormit/Ehrenforth (§ 17 Anm. 7) kommt es allein auf die behördliche Zustimmung nach § 17 Abs. 1 RHeimStG an. Liege eine solche Zustimmung vor, so beständen nach Auffassung der vorgenannten Kommentatoren (§ 17 Anm. 7) keine Bedenken dagegen, „dass mit Zustimmung der genannten Stelle dem Heimstätter von einem Dritten (Kreditinstitut usw.) ein laufender Kredit, der nicht als unkündbare Tilgungsschuld anzusehen ist, eingeräumt und zu dessen Sicherung eine Sicherungsgrundschuld eingetragen wird“. Ebenso könne (§ 17 Anm. 7) „auch zunächst ein bestimmter Festkredit (Festdarlehen) gewährt werden, der durch die Sicherungsgrundschuld gesichert wird und nach dessen Rückzahlung ein neues Darlehen von dem Grundschuldgläubiger gegeben werden, zu dessen Sicherung die gleiche Grundschuld dient, die also nicht neu bestellt zu werden braucht, da es sich um eine Sicherungsgrundschuld handelt, die für alle Forderungen des Grundschuldgläubigers gegen den Grundschuldschuldner haftet.“

    Und wenn die gleiche Grundschuld nicht neu bestellt zu werden braucht, dann kann sie wohl auch abgetreten werden.

    Allerdings bezeichnet das DNotI die Rechtslage als offen.

    Es wird also in Deinem hypothetischen Fall wohl darauf ankommen, bis zu welchem Betrag eine Ausnahmegenehmigung vorliegt.

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