Pro-Bono-Tätigkeit und Antragsfrist

  • Hallo in die Runde!

    Ich habe hier einen BerH-Antrag, in dem die Antragsfrist nach § 6 Absatz 2 BerHG zunächst überschritten schien. Auf meinen Hinweis teilte die beratende Rechtsanwältin mit, dass sie die Mandantin in der Sache zunächst pro bono beraten hätte. Erst etwas später habe sie sie wieder aufgesucht mit der Bitte, nun auch die anwaltliche Vertretung in der Sache zu übernehmen. Auf meinem Hinweis, dass es für die Berechnung der Antragsfrist auf den Zeitpunkt der ersten anwaltlichen Beratung ankomme und die Frist deshalb bereits abgelaufen sei, erwiderte die Anwältin, dass es hier auf den Beginn der neuen anwaltlichen Tätigkeit ankomme, da sie die seinerzeitige Beratung gerade nicht als Beratungshilfemandat geführt habe, sondern eben pro bono. Da § 6 Absatz 2 BerHG in der Tat auf den Beginn der BeratungsHILFEtätigkeit abstellt, könnte es tatsächlich sein, dass - auch wenn die gleiche Sache nun fortgeführt wird - die Antragsfrist nicht versäumt wurde. Diese wäre dann, abgestellt auf den Wiederbeginn der anwaltlichenTätigkeit, eingehalten.

    Ich bin mir nun etwas unsicher, ob das so tatsächlich gewollt ist und sein kann. Spitz formuliert könnten dann Fristversäumnisse mit Hinweisen auf frühere pro-bono-Beratungen beseitigt werden; das könnte einem Missbrauch Tür und Tor öffnen. Müsste mit Blick auf § 15 Absatz 5 RVG nicht auch überlegt werden, wie mit pro-bono- Tätigkeiten umzugehen ist? Für Anregungen und Meinungen wäre ich dankbar.

  • Ich habe mir zu der Fragestellung noch keine abschließende Meinung gebildet, werfe aber mal Folgendes als Anregung in die Runde:

    AG Winsen, Beschl. v. 03.01.2017 – 18 II 210/16, juris:

    "Eine einmal in einer Angelegenheit begonnene Beratung außerhalb des Beratungshilfesystems schließt die spätere Gewährung von Beratungshilfe für die selbe Angelegenheit aus. Das Beratungshilfesystem soll auch dann nicht die Einholung einer zweiten Meinung oder Fortsetzung der Beratung in der selben Angelegenheit ermöglichen, wenn für die erste Beratung dem Beratungshilfesystem keine Kosten entstanden sind."

  • Ich habe im Hinblick auf Paragraf 49b BRAO ebenfalls Zweifel, dass das so geht, wie die Anwältin sich das vorstellt. Eine andere Angelegenheit i.S.d. 15 RVG ist der Übergang von der Beratung zur Vertretung nicht.

  • "Bullshit", entschuldigt den Ausspruch.

    1. glaube ich kaum, dass Anwälte hier tatsächlich pro bono arbeiten- das haben die nur in Serien gehört.
    2. Hat eine Beratung stattgefunden, damit eine zweite Beratung nicht notwendig. Denn die erste war -selbst, wenn "pro bono" eine anwaltliche Beratung und hätte alle Punkte klären müssen- die Notwendigkeit einer zweiten erschließt sich nicht- schon gar nicht bei derselben Anwältin.
    3. Auch eine kostenlose Dienstleistung ist eine Dienstleistung- hier wegen ja anzunehmender Schlechtberatung in pro bono eine bezahlte nachzuschieben, die dann besser ist als die erste erscheint mehr als unglaubwürdig. Und auch pro bono Mandate wären bis zum Ende der Angelegenheit abzuwickeln und ggf. nachträglich zu vervollständigen.


    Fazit: Zurückweisen, da bereits -wie vorgetragen- eine kostenlose anwaltliche Beratung stattgefunden hat. Damit ist hier die erneute anwaltliche Beratung mutwillig- Beratungshilfe ist vom Gesetzgeber für die Erstberatung gedacht, auch anderen Rechtssuchenden würde eine weitere Beratungshilfe für dieselbe Angelegenheit nicht erteilt- dementsprechend darf der Antragsteller hier nicht besser gestellt werden.


    und ggf. dem Beschwerdegericht etwas zum Lachen/Grübeln geben...

    Erstaunlich wie phantasiereich manche Anwältinnen sind...

  • Mit solchen pauschalen Behauptungen wäre ich vorsichtig.

    Gerade in Niedersachsen gibt es in einigen Städten eine für den Bürger kostenlose Rechtsberatung, organisiert durch den Anwaltsverein, teilweise sogar in den Amtsgerichten selbst.
    Dabei handelt es sich ausschließlich um eine Erstberatung, ausdrücklich nicht im Rahmen der BerHi.
    Es ist daher für mich durchaus plausibel, dass nachfolgend, wenn die Erstberatung nicht zum Erfolg geführt hat, sich eine Vertretung im Rahmen der BerHi anschließen kann, wenn alle weiteren Voraussetzungen vorliegen.

  • Ich würde aus der späteren Erforderlichkeit einer weiteren Tätigkeit nicht auf eine fehlerhafte Erstberatung schließen.

    Denkbar ist, dass der Antragsteller nach Beratung den Gegner angeschrieben hat, um eine Forderung geltendzumachen oder abzuwehren, dann aber eine Antwort erhielt, durch die die Sache komplexer wurde als zunächst angenommen.

  • Also ich bleibe dabei: Es gab eine anwaltliche Beratung und damit ist kein Weg zu einer weiteren anwaltlichen Beratung offen.

    Dafür bräuchte ich um einiges mehr an Sachverhalt, um daran überhaupt nur zu denken- schließe die Möglichkeit aber nicht vollkommen aus.

  • Ich würde aus der späteren Erforderlichkeit einer weiteren Tätigkeit nicht auf eine fehlerhafte Erstberatung schließen.

    Denkbar ist, dass der Antragsteller nach Beratung den Gegner angeschrieben hat, um eine Forderung geltendzumachen oder abzuwehren, dann aber eine Antwort erhielt, durch die die Sache komplexer wurde als zunächst angenommen.

    Sehe ich auch so.

    Wenn ich es richtig verstanden habe, dann will er der A'st auch keine weitere Beratung, also keine 2. Meinung einholen, sondern Vertretung nach der kostenlosen Beratung die dann dort wohl nicht mehr kostenfrei wäre.

  • Im Ergebnis kann es gar keinen Unterschied zu den Fällen geben, bei denen zuvor eine normale (kostenpflichtige) anwaltliche Beratung stattgefunden hat. Die Gesetzesmaterialien, mit denen eine pro bono-Regelung in D eingeführt wurden (http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2012/0516-12.pdf) deuten jedenfalls darauf hin, dass bloß der Verzicht auf ein angemessenes Honorar nicht zum Nachteil gereichen darf. Mehr aber auch nicht.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

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