deutsch/amerikanischer Erblasser, Richtervorlage

  • Hallo,

    ich habe folgendes Problem:

    Ein Erblasser, deutscher/amerikanischer Staatsangehöriger, verstirbt mit letztem Wohnsitz in Deutschland.
    Geheiratet hat er in Kanada. Damals waren beide Eheleute ausschließlich deutsche Staatsangehörige. Dort hatte man auch seinen ersten Wohnsitz als Ehepaar. Der Mann wurde in den USA dann Soldat. Zu diesem Zeitpunkt haben beide Ehegatten die amerikanische Staatsangehörigkeit hinzuerworben.
    Sie lebten dann abwechselnd in Deutschland, sowie in den USA. Der Erblasser hinterlässt keine Kinder.

    2017 haben sie dann ein gemeinschaftliches Testament errichtet und sich gegenseitig als Erben eingesetzt. Das Testament wurde jedoch am PC getippt und nur unterschrieben.
    Nun habe ich einen Antrag der Ehefrau auf Erteilung eines Teilerbescheins in Höhe von 3/4. Die Akte wurde wegen Auslandsbezug dem Richter vorgelegt.
    Dieser hat das Verfahren wieder dem Rechtspfleger übertragen und mit Verweis auf das EGBGB (kein Wort zu EuErbVo :daumenrun) festgestellt, dass deutsches Erbrecht Anwendung findet und das Testament unwirksam ist.

    So, was mach ich jetzt? Ich bin jetzt an die Rechtsauffassung des Richters gebunden, auch wenn sie meiner Ansicht nach falsch ist, da keine Aussage zu Art. 83 Abs. 4 EuErbVo getroffen wurde. Meiner Ansicht nach ist kein deutsches Erbrecht anwendbar. Das Testament könnte nach amerikanischem Recht ja wirksam sein.

  • Deutsches Erbrecht ist bei letztem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland grundsätzlich schon anzuwenden. Aber ob das Testament formwirksam ist, richtet sich nach dem Haager Testamentsformübereinkommen ("Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht"). Es reicht aus, wenn das Testament nach den (a) in Deutschland oder (b) in den USA oder (c) in dem davon abweichenden Errichtungsort gültigen Vorschriften formgültig wäre:

    Zitat von Art. 1

    Eine letztwillige Verfügung ist hinsichtlich ihrer Form gültig, wenn diese dem innerstaatlichen Recht entspricht:

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Also soweit ich nun online nachgelesen habe, muss ein Testament in den USA vor zwei Zeugen errichtet werden. Das ist bei mir nicht der Fall. Das heißt, dass Art. 83 Abs. 4 EuErbVo dann auch keine Anwendung findet und folglich deutsches Recht gilt?

  • Hängt davon ab, in welchem Budesstaat es errichtet wurde. Ist es überhaut in den USA geschrieben worden?

    Das Testament wurde in Deutschland geschrieben.

    Dann musst Du dir die Regeln des Haager Übereinkommens im Hinblick auf das innerstaatliche Kollisionsrecht anschauen.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Hängt davon ab, in welchem Budesstaat es errichtet wurde. Ist es überhaut in den USA geschrieben worden?

    Das Testament wurde in Deutschland geschrieben.

    Dann musst Du dir die Regeln des Haager Übereinkommens im Hinblick auf das innerstaatliche Kollisionsrecht anschauen.

    Meiner Ansicht nach ist es nicht wirksam, da es nicht vor zwei Zeugen errichtet wurde. Allerdings habe ich im Amt kein Literatur hierzu und beziehe mich nur auf meine Online Recherche...

  • So, ich melde mich nochmal zu Wort. Das Testament ist tatsächlich unwirksam. Es gilt daher das deutsche gesetzliche Erbrecht.
    Ich hänge jetzt jedoch beim Güterstand.

    Die Ehegatten haben 1960 in Kanada geheiratet und waren zu dem Zeitpunkt ausschließlich deutsche Staatsangehörige. Sie haben dann auch einige Zeit in Kanada gelebt. Anschließend haben sie abwechselnd in den USA und in Deutschland gelebt. Seit 1986 lebten sie in Deutschland.

    Aus Sicht des kanadischen IPR wird auf den letzten gewöhnlichen Aufenthalt abgestellt.
    Beim deutschen IPR komme ich jetzt jedoch durcheinander.
    Art. 229, § 47 Abs. 2 EGBGB sagt mir, dass ich Art. 15 EGBGB weiterhin anwenden kann. Dieser verweist jedoch auf Art. 14 EGBGB. Für mich stellt sich jetzt die Frage: Art. 14 alte Fassung, oder neue Fassung? Bezüglich des Zeitpunkts wird ja auf die Eheschließung abgestellt.

  • Wenn du den Art. 15 EGBGB in der alten (also bis zum 28.01.2019 geltenden) Fassung anwendest, dann auch den Art. 14 in der alten Fassung.

    Zuerst prüfst du, ob eine gemeinsame Staatsangehörigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung bestanden hat.
    Dabei ist völlig egal, wo die Eheschließung stattgefunden hat. Sonst würde für alle im Urlaub auf Mauritius geschlossenen Ehen ja ein anderer Güterstand als der deutsche gelten, und das ist wohl nicht gewollt.
    Hier bist du dann schon am Ende deiner Prüfung, weil in deinem Fall die Eheleute beide zu dem Zeitpunkt die deutsche Staatsangehörigkeit hatten.
    Gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt kommt erst zum Zuge, wenn unterschiedliche Staatsangehörigkeiten vorlagen ("sonst"). Und die gemeinsame Verbundenheit ist nur ein Hilfskonstrukt ("hilfsweise").

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