Anfechtung; Ermittlung durch professionellen Dienstleister

  • Hallo, ich will mal hören/lesen, wie das hier die versammelte Gemeinde sieht. Habe das schon des häufigeren vernommen, aber noch nie konkret in eigener Akte gehabt. Jetzt ist es aber so:

    Schlussrechnung wird vorgelegt. Dort legt der Insolvenzverwalter dar, dass er ein professionelles und spezialisiertes Unternehmen damit beauftragt hat, die Buchhaltung nach Anfechtungsansprüchen durchzuforsten. Dabei wurden so und so viele Anfechtungen aufgedeckt, die ein normaler Verwalter nicht sehen kann. Bezahlt wird dieses Unternehmen mit einer Art Erfolgsprämie, eben einen gewissen Prozentsatz der aufgedeckten und erfolgreich durchgesetzten Ansprüche (bei mir ca. 20% der erfolgreich geltend gemachten Anfechtungssumme). Ich habe da leichte Bauchschmerzen mit, wie seht Ihr das?

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Hallo, ich will mal hören/lesen, wie das hier die versammelte Gemeinde sieht. Habe das schon des häufigeren vernommen, aber noch nie konkret in eigener Akte gehabt. Jetzt ist es aber so:

    Schlussrechnung wird vorgelegt. Dort legt der Insolvenzverwalter dar, dass er ein professionelles und spezialisiertes Unternehmen damit beauftragt hat, die Buchhaltung nach Anfechtungsansprüchen durchzuforsten. Dabei wurden so und so viele Anfechtungen aufgedeckt, die ein normaler Verwalter nicht sehen kann. Bezahlt wird dieses Unternehmen mit einer Art Erfolgsprämie, eben einen gewissen Prozentsatz der aufgedeckten und erfolgreich durchgesetzten Ansprüche (bei mir ca. 20% der erfolgreich geltend gemachten Anfechtungssumme). Ich habe da leichte Bauchschmerzen mit, wie seht Ihr das?

    Also das 'Durchforsten' und Abklopfen von Buchhaltungsunterlagen nach Anfechtungsansrpüchen würde ich als verwaltereigene Aufgabe ansehen, die ich nicht delegieren und getrennt abrechnen kann.

  • Sehe ich auch als Regelaufgabe des Verwalters; eine Ausnahme kann man vielleicht machen, wenn aufgrund des Zustands der Buchhaltung sehr umfangreiche bzw. sehr spezielle Auswertungen (Stichwort: Kriminalinsolvenz) notwendig sind.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Wenn Du eine umfangreiche oder ungeordnete Buchhaltung hast, kann die Ermittlung der Anfechtungsansprüche besondere Aufgabe sein, sodass Du die Kosten für den Dienstleister nicht von der Vergütung in Abzug bringen kannst.

    Allerdings kann ein Abschlag gerechtfertigt sein. Das kann man der Entscheidung des BGH vom 11.10.2007, Az.: IX ZB 234/06 (betraf die Beauftragung eines Verwerters bei Mobiliarvermögen) in Verbindung mit Ganter (ZInsO 2016, 677) entnehmen, der die BGH-Entscheidung auf die Ermittlung der Anfechtungsansprüche anwenden möchte. Ganter sagt das in dem Aufsatz an einer Stelle ziemlich klar.

    Darüber hinaus kann es so sein, dass aus der Tätigkeit des Dienstleisters eine Insolvenzmasse und damit eine Regelvergütung resultiert, der keine oder nur wenig Tätigkeit des Verwalters gegenübersteht. So entsteht ein erkennbares Missverhältnis zwischen Vergütung und Tätigkeit, was auch immer zu einem Abschlag führen kann (BGH, Beschluss vom 22.06.2017 (Az.: IX ZB 65/15).

  • Tja, der Verwalter erläutert, dass diese Firma spezialisiert auf das Auffinden von Anfechtungsansprüchen ist. Von "wenigen und einfachen" Anfechtungen wird man da wohl nicht sprechen können. Oder doch?

    Den Aufsatz von Ganther hatte ich schon mal am Wickel. Aber letztlich habe ich diese Ansicht nicht übernommen. Denn wenn es eine Sonderaufgabe ist, dürfte ein Abschlag auf die Regelvergütung nicht möglich sein. Letztlich kann er wählen, ob RVG-Gebühren oder Zuschlag (BGH, - IX ZB 162/11-). Das würde ich analog auf Dienstleistungen anwenden. In meinem Fall hätte er wahrscheinlich wegen des Aufwandes einen Zuschlag beantragt (der dann in der erhöhten Berechnungsgrundlage aufgegangen wäre; aber das ist halt seine legale Wahlmöglichkeit).

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  • das Auffinden von normalen Anfechtungssachverhalten dürfte zur Regelvergütung gehören. Umfangreiche Recherchen, rechtlich komplizierte Anfechtungen oder tatsächlich unsortierte Unterlagen die zu durchforsten sind, sind m.E. Grund für eine Delegation oder einen Zuschlag

    Wenn hier pauschal alles im Bereich Anfechtung delegiert wurde - einschließlich der einfachen - würde ich einen Abschlag vornehmen

  • ...Wenn hier pauschal alles im Bereich Anfechtung delegiert wurde - einschließlich der einfachen - würde ich einen Abschlag vornehmen

    So habe ich mir das eigentlich auch gedacht. Nun ist nur noch die Frage, wie der Verwalter mir das aufarbeitet und berichtet.

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  • Etwas anderes sagt halt BGH vom 11.10.2007, Az.: IX ZB 234/06. Da war die Verwertung des Mobiliarvermögens auch aufgrund des Umfangs Sondertätigkeit, ein Abschlag sollte trotzdem in Betracht zu ziehen sein.

    Hm, letztlich wohl in die Richtung Queen: Ansprüche aufteilen in die einfachen und in die komplexen und dann weitersehen. Wobei es bei den Regelaufgaben nicht nur einfache, sondern ja auch noch wenige sein müssen. Ich glaube, da gehe ich mal wieder in das Gewühle des persischen Marktes ;)...

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  • Meine persönliche Meinung zu dem Thema:

    Die Ermittlung aller Anfechtungsansprüche ist Regelaufgabe des Insolvenzverwalters (vgl. bereits BGH 08.03.2012 − IX ZB 162/11). Eine Differenzierung zwischen einfachen und komplizierten Fällen ist weder geboten, noch in der Praxis möglich. Unterlässt der Verwalter eine solche Ermittlung von Anfechtungsansprüchen oder beschränkt er sich auf die ganz offensichtlichen Ansprüche, macht er sich ggf. ersatzpflichtig nach § 60 Abs. 1 InsO.

    Ermittelt der Insolvenzverwalter Anfechtungsansprüche, wirkt sich das üblicherweise positiv auf die Teilungsmasse aus, so dass sich auch seine Vergütung entsprechend erhöht. Darüber hinaus halte ich - je nach Einzelfall - auch die Gewährung von Zuschlägen für die Ermittlung von Anfechtungsansprüchen für geboten. Dies kommt insbesondere bei einer komplizierten Aktenlage, bei einer Vielzahl von ermittelten Anfechtungsansprüchen, bei Zahlungen im Konzern oder in den Fällen, in denen sich die Durchsetzung der Anfechtungsansprüche nicht sonderlich auf die Vergütung auswirkt (bei einer insgesamt sehr hohen Teilungsmasse oder bei vielen relativ geringfügigen Ansprüchen) in Betracht.

    Die Ermittlung von Anfechtungsansprüchen fremd zu vergeben, ist völlig legitim. Diese Tätigkeit zu Lasten der Masse zu vergüten, dagegen nicht. Der Insolvenzverwalter muss sich überlegen, ob sich eine Fremdvergabe auf seine Kosten für ihn rechnet oder nicht. Davon unabhängig ist natürlich die gerichtliche Durchsetzung von Anfechtungsansprüchen. Diese kann natürlich auf RVG-Basis fremd vergeben werden.

    Ebenfalls davon unabhängig ist die Fremdvergabe der Aufarbeitung einer katastrophalen Buchhaltung (Schuhkarton & Cie.).

    Relativ aktuell zu dieser Thematik übrigens AG Hannover ZInsO 2020, 2067 (m. Anm. Haarmeyer).

  • Ich halte die Ermittlung von Anfechtungsansprüchen ebenfalls für eine Pflichtaufgabe des Verwalters. Er kann sie nur um den Preis seiner eigenen Honorierung delegieren (BGH IX ZB 48/04).

    Tatsächlich sehe ich im Anfechtungsprozess mehr und mehr Verwalter, die die Ermittlung der Anfechtungsgrundlagen nicht im eigenen Büro vornehmen, sondern dies durch externe "Gutachter" erledigen lassen, teils als Zusatzaufgabe im Rahmen der Erstellung einer angeblich notwendigen Liquiditätsbilanz (die nach ständiger Rechtsprechung des BGH eben gerade nicht notwendig ist).

    Wenn aber ein Verwalter erklärt, der Externe könne Anfechtungsansprüche ermitteln, die er, der Verwalter, nicht selbst finden könne, dann würde ich dies als konkludenten Antrag auf Streichung von der Vorauswahlliste bewerten. Mal sehen, ob der Verwalter dies nach Hinweis auf diesen Aspekt noch aufrecht erhält.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • ...Wenn aber ein Verwalter erklärt, der Externe könne Anfechtungsansprüche ermitteln, die er, der Verwalter, nicht selbst finden könne, dann würde ich dies als konkludenten Antrag auf Streichung von der Vorauswahlliste bewerten. Mal sehen, ob der Verwalter dies nach Hinweis auf diesen Aspekt noch aufrecht erhält.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Oh ja, das schreibe ich ihm; da freut er sich bestimmt ;)

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  • ...Wenn aber ein Verwalter erklärt, der Externe könne Anfechtungsansprüche ermitteln, die er, der Verwalter, nicht selbst finden könne, dann würde ich dies als konkludenten Antrag auf Streichung von der Vorauswahlliste bewerten. Mal sehen, ob der Verwalter dies nach Hinweis auf diesen Aspekt noch aufrecht erhält.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Oh ja, das schreibe ich ihm; da freut er sich bestimmt ;)


    Das glaube ich auch 😉

  • ...Wenn aber ein Verwalter erklärt, der Externe könne Anfechtungsansprüche ermitteln, die er, der Verwalter, nicht selbst finden könne, dann würde ich dies als konkludenten Antrag auf Streichung von der Vorauswahlliste bewerten. Mal sehen, ob der Verwalter dies nach Hinweis auf diesen Aspekt noch aufrecht erhält.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Oh ja, das schreibe ich ihm; da freut er sich bestimmt ;)

    Sollte man ihn dann nicht sogar dazu anhören, dass man beabsichtigt ihn aus diesem Grund in allen aktuellen Verfahren aus seinem Amt zu entlassen?
    Wenn sich im Lauf des Verfahrens die Unfähigkeit des Verwalters herausstellt, dürfte das doch ein Grund sein, der eine Entlassung nach § 59 InsO von Amts wegen rechtfertigt.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • ...Wenn aber ein Verwalter erklärt, der Externe könne Anfechtungsansprüche ermitteln, die er, der Verwalter, nicht selbst finden könne, dann würde ich dies als konkludenten Antrag auf Streichung von der Vorauswahlliste bewerten. Mal sehen, ob der Verwalter dies nach Hinweis auf diesen Aspekt noch aufrecht erhält.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Oh ja, das schreibe ich ihm; da freut er sich bestimmt ;)

    Sollte man ihn dann nicht sogar dazu anhören, dass man beabsichtigt ihn aus diesem Grund in allen aktuellen Verfahren aus seinem Amt zu entlassen?
    Wenn sich im Lauf des Verfahrens die Unfähigkeit des Verwalters herausstellt, dürfte das doch ein Grund sein, der eine Entlassung nach § 59 InsO von Amts wegen rechtfertigt.

    Ich glaube eher, dass das nicht sooo weit geht. Mittlerweile sehe ich das so, wie der große Teil des Plenums. Dann soll er das halt auf seine Vergütung anrechnen. Die Begründung war ja schon nachvollziehbar: diese Firmen finden aus der Buchhaltung Anfechtungen, die ein normaler Insolvenzverwalter möglicherweise so nicht herausfindet. Aber auf der anderen Seite ist er ja nun gerade für dieses Verfahren erwählt worden. Und wenn er dazu nicht in der Lage ist, kann man ihn halt für solche Verfahren nicht mehr auswählen. Ich bin da eher pragmatisch und ziehe ihm das von der Vergütung ab.

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  • Heh :maulhalt:, jetzt kommen hier bitte alle mal wieder runter!


    Der Kollege hat doch nirgends geschrieben, dass er zur Ermittlung der Anfechtungsansprüche nicht in der Lage ist. Wenn es so wäre, dann wäre es wirklich ein K.O.-Kriterium, aber im Moment sehe ich das nicht. Wir sind uns wohl alle einig, dass ein Insolvenzverwalter nicht alle Aufgaben selbst erledigen, sondern sich auch geeigneten Hilfspersonals bedienen kann. Ob intern oder extern, darauf kommt es nicht an. Es kann viele Gründe geben, Anfechtungsansprüche und gesellschaftsrechtliche Forderungen (hier wird oftmals eine Zwischenbilanz benötigt) unter Aufsicht des Verwalters auch mit externem Hilfspersonal zu bearbeiten. Sicher ist dabei aber auch, dass eine Bezahlung aus der Masse nur in ganz ganz engen Grenzen möglich ist.

    Freunde :abklatsch?

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Heh :maulhalt:, jetzt kommen hier bitte alle mal wieder runter!


    Der Kollege hat doch nirgends geschrieben, dass er zur Ermittlung der Anfechtungsansprüche nicht in der Lage ist. Wenn es so wäre, dann wäre es wirklich ein K.O.-Kriterium, aber im Moment sehe ich das nicht. Wir sind uns wohl alle einig, dass ein Insolvenzverwalter nicht alle Aufgaben selbst erledigen, sondern sich auch geeigneten Hilfspersonals bedienen kann. Ob intern oder extern, darauf kommt es nicht an. Es kann viele Gründe geben, Anfechtungsansprüche und gesellschaftsrechtliche Forderungen (hier wird oftmals eine Zwischenbilanz benötigt) unter Aufsicht des Verwalters auch mit externem Hilfspersonal zu bearbeiten. Sicher ist dabei aber auch, dass eine Bezahlung aus der Masse nur in ganz ganz engen Grenzen möglich ist.

    Freunde :abklatsch?

    Es wurde doch nur etwas "gefrotzelt" ;). Auch wenn das in der Gesellschaft ja derzeit der Trend ist, es ist halt alles nicht entweder schwarz oder weiß, es gibt auch Grautöne. Ich werde ihm natürlich die Chance geben, zu den Gründen vorzutragen. Ich glaube aber auch, diese aus einem Verfahren der Kollegin schon zu kennen. Und das ist letztlich nur das "spezialisierte" Auffinden der Ansprüche durch dieses Unternehmen. Und das würde mir jetzt nicht mehr reichen als Begründung.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Wenn man den Verwalter für Ungeeignet hält, dann muss das natürlich für alle Verfahren gelten. Alles andere wäre inkonsequent. Ob man das Outsourcing von Regelaufgaben als Ungeeignetheit wertet, muss jeder selbst entscheiden.

    Dass das nicht auf Kosten der Masse sondern nur zu Lasten der Vergütung gehen kann, ist ja unstreitig.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

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