Tatsächlich alles durch den Gerichtsvollzieher zustellen lassen?

  • Ich habe eine vermögende Betreute. Ihr Vermögen besteht jedoch lediglich aus einem Anteil einer Erbengemeinschaft.
    Das Vermögen der Erbengemeinschaft besteht wiederum lediglich aus einem Grundstück, welches von der Betreuten bewohnt wird.

    Der Betreuten wird daher durch das Landratsamt darlehensweise Grundsicherung gewährt. Diese Darlehensverträge sind betreuungsgerichtlich zu genehmigen.
    Die Betreute ist vorab anzuhören und die Genehmigung an diese zuzustellen.

    Das Grundstück liegt sehr abgelegen. Ein richtiger Weg führt dort nicht hin. Ein Briefkasten existiert nicht.
    Die Betreuerin hat regelmäßig versucht einen Briefkasten anzubringen, welcher dann wieder von der Betreuten entfernt wurde.

    Die Poststücke kommen immer von der Post zurück, mit dem Vermerk, dass nicht zugestellt werden konnte.

    Selbiges Problem besteht bei der Betreuervergütung, welche alle drei Monate abgerechnet wird.

    Derzeit lasse ich alles durch die Gerichtsvollzieherin zustellen. Die Zustellung erfolgt dann durch Niederlegung in der Geschäftsstelle des Amtsgerichts.
    Meine Betreute kann vor Ort nämlich nicht angetroffen werden. Sobald eine fremde Person das Grundstück betritt, rennt diese wortwörtlich in den nahegelegenen Wald.


    Eine Ersatzzustellung an die Betreuerin scheidet aus, da diese Antragstellerin ist.


    Die Betreute lässt lediglich den Kontakt zu einer Mitarbeiter des Sozialdienstes zu, welche einmal die Woche bei der Betreuten vorbei schaut.


    Besteht hier die Möglichkeit, dass die Betreuerin dieser Mitarbeiter Zustellvollmacht erteilt?

    Oder gibt es andere Möglichkeiten? Oder ist tatsächlich jedes Mal die Gerichtsvollzieherin zu beauftragen?

    Für sonstige Anregungen bin ich auch sehr dankbar!

  • Die Betreute lässt lediglich den Kontakt zu einer Mitarbeiter des Sozialdienstes zu, welche einmal die Woche bei der Betreuten vorbei schaut.

    Könnte man die Mitarbeiterin des Sozialdienstes vielleicht zur Verfahrenspflegerin bestellen und entsprechend anhören? Wenn die Mitarbeiterin regelmäßig zur Betreuten Kontakt hat, könnte sie ihr das Verfahren erklären und gegenüber dem Gericht im Sinne der Betreuten Stellung nehmen.

  • Der BGH handhabt das Zustellungserfordernis sehr restriktiv, sodass selbst die Zustellung durch Aufgabe zur Post als unwirksam angesehen wird, wenn der betreffende Vermerk nicht von einem Urkundsbeamten, sondern lediglich von einem Wachtmeister unterschrieben wurde.

    Ich würde daher hier keine Experimente riskieren. Die Kosten für die Zustellung durch den Gerichtsvollzieher fallen dann eben an.

    Unter dieser Prämisse kommt es nicht mehr darauf an, ob dem Betreuer auch der Wirkungskreis der Entgegennahme und des Öffnens der Post übertragen ist und ob er dies auch zulässigerweise delegieren könnte, ganz abgesehen davon, dass man dem Mitarbeiter des Sozialdienstes damit eine Verantwortung aufbürden würde, die jener - ganz zu Recht - wohl nicht zu tragen bereit wäre.

  • Die Betreute lässt lediglich den Kontakt zu einer Mitarbeiter des Sozialdienstes zu, welche einmal die Woche bei der Betreuten vorbei schaut.

    Könnte man die Mitarbeiterin des Sozialdienstes vielleicht zur Verfahrenspflegerin bestellen und entsprechend anhören? Wenn die Mitarbeiterin regelmäßig zur Betreuten Kontakt hat, könnte sie ihr das Verfahren erklären und gegenüber dem Gericht im Sinne der Betreuten Stellung nehmen.

    Das hilft nichts. Genehmigungen müssen zwingend dem Betroffenen in persona zugestellt werden (§ 41 Abs. 3 FamFG).

  • Bei der Vergütung des Betreuers wäre es mir egal. Kommt dann irgendwann eine Beschwerde läuft ggf. eben die Beschwerdefrist nicht. Was soll’s.

    Aber bei Genehmigungen kommt es eben auf den Zugang an, wenn es um die Rechtskraft geht. Da kann es auf die Auslagen für die Zustellugskosten nicht ankommen. Es kostet halt was es kostet. Man kann das Kostenargument fast schon nicht mehr hören. Es kostet halt was es kostet.

    Wenn die Betroffene in Gerichtsnähe wohnt oder auf dem Weg zur Arbeit des Rechtspflegers wohnt, könnte dieser ja die Zustellung bewirken (Scherz), damit die Zustellungskosten des Gerichtsvollziehers gespart werden können (hat ein Kollege früher so in Pflegeheimen gehandhabt -Brief unter das Kopfkissen gesteckt/Zustellung war bewirkt).

  • lieben Dank für eure Antworten :)

    Tatsächlich ging es nicht einmal um die Kosten..

    Ich dachte mirauch schon, dass man da nicht drum kommt.

    In dem Fall bleibt einem Wohl nichts, als ständig die Gerichtsvollzieherin hinzu schicken, dafür, dass diese es am Ende doch im Amtsgericht hinterlegt.

  • Vom Wachtmeister an die Haustür pinnen lassen kommt nicht in Betracht?

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • lieben Dank für eure Antworten :) Tatsächlich ging es nicht einmal um die Kosten.. Ich dachte mirauch schon, dass man da nicht drum kommt. In dem Fall bleibt einem Wohl nichts, als ständig die Gerichtsvollzieherin hinzu schicken, dafür, dass diese es am Ende doch im Amtsgericht hinterlegt.


    Von Amts wegen vorzunehmende Zustellungen lässt man eigentlich durch den Justizwachtmeister vornehmen, wenn es per Post nicht funktioniert. Die Beauftragung des GVZ sollte die absolzute Ausnahme sein.

    Entsprechend fallen beim Wachtmeister auch wesentlich niedrigere Kosten an.

  • Ein Amtsgericht ohne Wachtmeister ist hier auch unbekannt.

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  • [...]
    Die Poststücke kommen immer von der Post zurück, mit dem Vermerk, dass nicht zugestellt werden konnte.
    [...]

    Warum scheidet Niederlegung durch die Post aus?

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti


  • Die Betreuerin hat regelmäßig versucht einen Briefkasten anzubringen, welcher dann wieder von der Betreuten entfernt wurde.


    Meine Betreute kann vor Ort nämlich nicht angetroffen werden. Sobald eine fremde Person das Grundstück betritt, rennt diese wortwörtlich in den nahegelegenen Wald.


    Könnte es sein, dass die Betreute derart gesundheitlich eingeschränkt ist, dass sie nicht in der Lage ist, ihre Post entgegenzunehmen? Ich stelle mir das gerade praktisch vor, dass, wenn regelmäßig der Gerichtsvollzieher oder wer auch immer einen Zustellungsversuch machen will, die Betreute (aus Angst, Panik?) jedes mal in den nächstgelegenen Wald rennt und sich dadurch eine bestehende gesundheitliche Einschränkung vielleicht noch verschlimmert.

    Cromwell hat recht, dass eine Verfahrenspflegschaft ausscheidet.

    Ich frage mal in die Runde, ob die Betreute hinsichtlich der Zustellung der Beschlüsse möglicherweise gar nicht verfahrensfähig im Sinne von § 9 FamFG ist, und falls dies so sein sollte, ob dann für die Zustellung ein Ergänzungspfleger gemäß § 1909 BGB zu bestellen ist, an den dann die Bekanntgabe der Beschlüsse im Sinne von § 41 FamFG zu erfolgen hat (so habe ich es im Kommentar gefunden). Oder evtl. einen Ergänzungsbetreuer?

  • [...]
    Die Poststücke kommen immer von der Post zurück, mit dem Vermerk, dass nicht zugestellt werden konnte.
    [...]

    Warum scheidet Niederlegung durch die Post aus?


    Es gibt weder eine Zufahrt auf das Grundstück, noch einen Briefkasten.

    Um Das Grundstück gelegen sind Wald und Wiesenflächen. Ein Weg, eine Straße oder eine Zufahrt existiert dort nicht.

    Und die Post schickt es als unzustellbar zurück oder mit dem Vermerk, keine Zufahrt zum Grundstück..

  • Das Problem musste ich damals auch mit der Gerichtsvollzieherin erörtern. Diese meinte nämlich eine wirksame Zustellung nur bei Geschäftsfähigkeit vornehmen zu können.
    Und hatte mir damit die ersten Zustellungen abgelehnt

    Aber ja, im FamFG geht es nun mal nach der Verfahrensfähigkeit und die Betreuten sind nun mal immer verfahrensfähig.

  • Danke!

    Da steht's dann offenkundig falsch im Kommentar:

    "Muss die Bekanntgabe gegenüber einem (...) Betreuten erfolgen, ist - sind diese nicht i.S.v. § 9 verfahrensfähig - gem. §§ 1909, 1796 BGB ein Ergänzungspfleger zu bestellen, an den nach § 41 Abs. 1, Abs.2 bekannt zu geben ist" (Bork/Jacoby/Schwab-/Elzer, FamFG 2. Aufl. § 41, Rn 20, Hervorhebung von mir).

    Vielleicht ist es ja in der 3. Auflage geändert. :gruebel:

    In der 2. Auflage steht unter § 275 Rn 3 richtigerweise, dass die Zustellung stets auch an den Betroffenen erfolgen muss. Unter Rn 4 wird allerdings auch problematisiert, dass sich die Verfahrensfähigkeit nicht zulasten des Betroffenen auswirken dürfe: "Zugleich aber gebieten es die allgemeinen Verfahrensgrundsätze, Rücksicht zu nehmen. Durch die (wiewohl erforderliche) Zustellung an einen Betroffenen, der sich gar nicht aktiv am Verfahren beteiligt, können keine Fristen ausgelöst werden".

    Wenn die Betroffene wiederholt den Briefkasten abschraubt und in den Wald rennt, wenn der Gerichtsvollzieher zustellen will, könnte man es vielleicht so sehen, dass sich die Betroffene nicht aktiv am Verfahren beteiligt, sondern vielmehr aktiv vor dem Verfahren wegläuft. Werden dann trotz Zustellung tatsächlich keine Fristen ausgelöst? :gruebel:

  • Also entweder soll die eingangs von dir genannte Zitierung einen ganz anderen Fall betreffen oder sie ist vollkommen "neben der Spur".
    Wie Cromwell schon schrieb, wird in Betreuungsverfahren der § 9 FamFG durch die speziellere Regelung des § 275 FamFG verdrängt.
    Hinzu kommt noch, dass man in Betreuungsverfahren keinen Ergänzungspfleger bestellen kann, allenfalls einen Ergänzungsbetreuer.

    Aber auch die weitere Kommentierung ("Durch die (wiewohl erforderliche) Zustellung an einen Betroffenen, der sich gar nicht aktiv am Verfahren beteiligt, können keine Fristen ausgelöst werden.") ist wenigstens vollkommen missverständlich.
    Natürlich beginnt bei Vergütungsfestsetzungsbeschlüssen, die sich gegen den Betroffenen richten, mit der Zustellung an diesen auch seine Rechtsmittelfrist. Und eine aktive Beteiligung der Betroffenen in den Festsetzungsverfahren erlebt man nahezu nie, allenfalls in nicht sachlicher Weise. Sollten dann nie Fristen beginnen? Wann sollen die Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse dann rechtskräftig werden? :gruebel:


  • [...] Die Poststücke kommen immer von der Post zurück, mit dem Vermerk, dass nicht zugestellt werden konnte. [...]

    Warum scheidet Niederlegung durch die Post aus?

    Es gibt weder eine Zufahrt auf das Grundstück, noch einen Briefkasten.
    Um Das Grundstück gelegen sind Wald und Wiesenflächen. Ein Weg, eine Straße oder eine Zufahrt existiert dort nicht.
    Und die Post schickt es als unzustellbar zurück oder mit dem Vermerk, keine Zufahrt zum Grundstück..

    Dann würde ich die Post mal an Ihre eigenen Regelungen erinnern bzw. auf § 180 ZPO hinweisen. Da wird halt bei der Postfiliale hinterlegt und eine entsprechende Mitteilung an die Tür gepeppt.
    Man kann es sich in Dividende-maßgeblichen Zeiten aber auch einfach machen (wollen).

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