Organisation von Publikumsverfahren

  • Es "droht" mir ein Verfahren, welches ich als "Publikumsverfahren" bezeichne. D.b., es ist mit einer nicht unerheblichen Teilnahme der betroffenen Gläubiger zu rechnen.
    Die Gläubigerstruktur ist homogen, und es geht nicht um ein Anlegerverfahren, die Gläubiger sind Selbständige. Betroffen sind bundesweit ca. 2.900 Unternehmen, in dem Bundesland meines Gerichtssitzes ca. 1000 (+x). (wenn ich noch mehr angaben mache, könnte ich schon meinen Klarnamen an' Ende des postings setzen :D ).
    M.a.W. es wäre mit einer nicht unerheblichen Präsenz zu rechnen (Schätzung: 350 bis500).
    Es handelt sich um rechtlich äußerst komplexes Verfahren, da es um essentielle Fragen der Aus-bzw. Absonderungsrechte im 3-stelligen Mio. Bereich geht.
    Eine schriftliche Durchführung ist keinesfalls möglich.

    Einmal unabhängig von corona:
    bisher haben der (vorläufige) Verwalter und das Insolvenzgericht sich um Anmietung und Dienstleister gekümmert, die Verwaltung war "nur" insoweit einbezogen, uns einige "Uniformierte" bereitzustellen.
    Dies war schon immer etwas heikel, da die Ordnungsfunktion nach GVG nur im Sitzungssaal gegeben ist, nicht jedoch im "Außenbereich". Hat aber immer funktioniert.
    Nun schlägt uns covid darein.
    Wie ist das bisher bei Euch gelaufen ? Wer hat bisher organisiert ? Verwaltung oder InsO-Gericht ?


    greez Def

    PS:AG Offenbach zu PIM finde ich mutig, kreativ und ganz gut (auch wenn ich mich ja zum "schriftlichen Verfahren"
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ch-m%C3%B6glich
    "etwas" kritisch geäußert hab.
    Hochachtung vor der Kollegin !

    Ich kann vorliegend diesen Weg leider nicht gehen......

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Hallo Def, falls Du mit Offenbach im verlinkten Thread mich meinst: Nee, bin noch ein bisschen weiter von Frankfurt weg als Offenbach ;) Wir sind von den schriftlichen Terminen inzwischen übrigens auch wieder weg. Hier gab es zwar keine Probleme, es haben sogar tatsächlich ein paar Gläubiger schriftlich abgestimmt, aber Präsenztermine sind doch rechtssicherer. Bei schriftlichen Sachen schwebt man dann spätestens wenns um Stimmrechte oder mal um einen Antrag nach § 78 InsO geht, doch im luftleeren Raum... Wir hatten auch diesen Sommer schon zwei Termine, wo wir bis zu 100 Gläubiger erwartet hatten, mit Corona-konformer Bestuhlung in der Stadthalle abgehalten. Die Organisation lief über die Verwaltung, denn wir sind nicht die einzigen, für die die Gerichtssäle momentan zu klein sind, auch für Zwangsversteigerungen und vereinzelte Straf- oder Zivilsachen wurden die Räumlichkeiten über die Verwaltung angemietet.

    quidquid agis prudenter agas et respice finem. (Was immer Du tust, tue klug und bedenke das Ende.) :akten

  • Wir hatten bisher einen Termin, den wir außer Haus abhalten mussten. Das lief in enger Abstimmung mit der Verwaltung, will heißen, die Verwaltung hat mir Kontaktdaten vermittelt und ich hab dann rumtelefoniert, wo ein passender Raum frei ist. Vertragsabschluss lief dann wieder über die Verwaltung, Bezahlung aus der Staatskasse über meine Akte.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Wir haben jetzt auch schon des Öfteren Gläubigerversammlungen in einem größeren angemieteten Raum durchgeführt. Früher habe ich das auch so gehalten, dass sich der Verwalter mehr oder weniger um die Anmietung gekümmert hat. Ich sehe das aber auch so, wie Du/ihr jetzt: die Organisation rund um die Gläubigerversammlung ist originäre Gerichtstätigkeit. Somit muss das über Gerichtsverwaltung laufen. Wir sind für die Durchführung verantwortlich und das Gericht muss den Saal stellen. Und unsere Vertretung nach außen ist die Gerichtsverwaltung. Die Kosten sind m.E. auch mit der Gerichtsgebühr abgegolten und können nicht als Auslagen von der Masse gefordert werden. 350 bis 500 ist natürlich unter Corona-Bedingungen eine stattliche Zahl. Zumal das Problem natürlich jetzt zusätzlich die Einschränkungen sind. Unser Saal ist eine eigentlich riesige Halle und unter Corona passen da gerade mal 95 Personen rein. Mit Deiner Zahl muss das ja schon ein Theater oder Konzerthalle sein. Ich weiß ja, dass Ihr nicht Winsolvenz habt. Schade. Die (STP) bieten einen professionellen Service mit Checkpoints und elektronischer Abstimmung an (Ich sage nur Hammelsprung ;)). Und man hat alles gleich im Programm. Ich habe von einer Kollegin gehört, dass die jetzt größere Versammlung halb-virtuell durchführen wollen. Sprich mehrere kleiner Säle und die werden per Skype o.ä. miteinander verbunden. Das fand ich eine richtig klasse Idee. Bringt aber bei 500 Leuten nicht sooo viel, denn dann braucht man wohl 50 Säle;)

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • @ Mosser: Hab ich dich richtig verstanden, dass du die Kosten der Anmietung mit der Verfahrens- bzw. Durchführungsgebühr als abgegolten ansiehst? Für mich sind das Auslagen nach KV-Nr. 9006 zum GKG:gruebel:
    Wer bezahlt die Räumlichkeiten denn dann bei euch? Eure Behörde, das OLG...? Wenn ich grundsätzlich einen Raum anmiete als Staat, da sehe ich das auch so wie du, denn dann kann ich das ja keinem konkreten Verfahren zuordnen. Wenn ich aber gezielt nur für mein Verfahren anmiete, warum sollten das dann keine Auslagen des Verfahrens sein?

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • @ Mosser: Hab ich dich richtig verstanden, dass du die Kosten der Anmietung mit der Verfahrens- bzw. Durchführungsgebühr als abgegolten ansiehst? Für mich sind das Auslagen nach KV-Nr. 9006 zum GKG:gruebel:
    Wer bezahlt die Räumlichkeiten denn dann bei euch? Eure Behörde, das OLG...? Wenn ich grundsätzlich einen Raum anmiete als Staat, da sehe ich das auch so wie du, denn dann kann ich das ja keinem konkreten Verfahren zuordnen. Wenn ich aber gezielt nur für mein Verfahren anmiete, warum sollten das dann keine Auslagen des Verfahrens sein?

    Wir haben das hier in unserem Bundesland auch mit mehreren Kollegen schon hin und her diskutiert und hatten da auch unterschiedliche Auffassungen. Ich meine aber, die Durchführung einer Gläubigerversammlung und damit Gestellung eines Raumes ist eine ureigene staatliche Aufgabe. Und die sind meines Erachtens eben mit der Durchführungsgebühr abgegolten. Sprich, bei uns muss das Gericht einen Saal anmieten.
    Warum sollte das darauf ankommen, ob ich einen Saal einem konkreten Verfahren zuordnen kann ?

    Unsere Verwaltung sieht das ebenfalls so. Eure ist der Ansicht, es sind Auslagen? Eine Klärung kriegt man vielleicht hin, wenn man das als Auslagen ansetzen würde und der Verwalter mal dagegen Beschwerde einlegen würde.

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  • Tja, vielleicht habt Ihr doch recht; jedenfalls habt Ihr KV 9006 des GKG auf Eurer Seite :unschuldi....

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  • Dies war schon immer etwas heikel, da die Ordnungsfunktion nach GVG nur im Sitzungssaal gegeben ist, nicht jedoch im "Außenbereich". Hat aber immer funktioniert.

    Kann aber Probleme geben, wenn es mal nicht funktioniert. ;) Meiner Ansicht nach ist das darüber lösbar, dass im Mietvertrag das Hausrecht übertragen wird
    - für die Zeit vom Beginn der Einlasskontrolle (die ggf. räumlich vor dem Saal erfolgt) bis zu dem Zeitpunkt, an dem nach dem Schluss der Sitzung alle Besucher die Örtlichkeit verlassen haben
    - für einen zu definierenden Bereich vor dem Saal
    - beschränkt auf die Durchsetzung der Verweigerung des Zutritts zur Sitzung und der Verweisung aus dem Saal

    Ich weiß ja, dass Ihr nicht Winsolvenz habt. Schade. Die (STP) bieten einen professionellen Service mit Checkpoints und elektronischer Abstimmung an (Ich sage nur Hammelsprung ;)). Und man hat alles gleich im Programm.

    Ich habe gegen Ende meiner Inso-Zeit von der IT-Seite her einen solchen Termin, bei uns der erste dieser Art, mit vorbereitet und war auch in dem Termin zugegen. Bitte korrigiere mich, wenn ich falsch liege, aber nach meiner Erinnerung ist die Voraussetzung (natürlich ;)), dass der Verwalter Winsolvenz nutzt, aber nicht, dass das Gericht Eureka Winsolvenz verwendet. In dem erwähnten Termin wurden nach den Abstimmungen die Ergebnisse ausgedruckt, aber ich kann mich bezüglich "Und man hat alles gleich im Programm." nicht erinnern, dass an Ort und Stelle Tabellendaten nach Eureka Winsolvenz übertragen wurden. Das schließt natürlich nicht aus, dass der Ablauf inzwischen weiterentwickelt wurde. Selbst wenn das der Fall sein sollte, wäre es bei Übergabe eines XJustiz-Datensatzes aber unerheblich, ob Eureka Winsolvenz oder eine andere Anwendung zum Einsatz kommt.

  • Dies war schon immer etwas heikel, da die Ordnungsfunktion nach GVG nur im Sitzungssaal gegeben ist, nicht jedoch im "Außenbereich". Hat aber immer funktioniert.

    Kann aber Probleme geben, wenn es mal nicht funktioniert. ;) Meiner Ansicht nach ist das darüber lösbar, dass im Mietvertrag das Hausrecht übertragen wird
    - für die Zeit vom Beginn der Einlasskontrolle (die ggf. räumlich vor dem Saal erfolgt) bis zu dem Zeitpunkt, an dem nach dem Schluss der Sitzung alle Besucher die Örtlichkeit verlassen haben
    - für einen zu definierenden Bereich vor dem Saal
    - beschränkt auf die Durchsetzung der Verweigerung des Zutritts zur Sitzung und der Verweisung aus dem Saal

    Ich weiß ja, dass Ihr nicht Winsolvenz habt. Schade. Die (STP) bieten einen professionellen Service mit Checkpoints und elektronischer Abstimmung an (Ich sage nur Hammelsprung ;)). Und man hat alles gleich im Programm.

    Ich habe gegen Ende meiner Inso-Zeit von der IT-Seite her einen solchen Termin, bei uns der erste dieser Art, mit vorbereitet und war auch in dem Termin zugegen. Bitte korrigiere mich, wenn ich falsch liege, aber nach meiner Erinnerung ist die Voraussetzung (natürlich ;)), dass der Verwalter Winsolvenz nutzt, aber nicht, dass das Gericht Eureka Winsolvenz verwendet. In dem erwähnten Termin wurden nach den Abstimmungen die Ergebnisse ausgedruckt, aber ich kann mich bezüglich "Und man hat alles gleich im Programm." nicht erinnern, dass an Ort und Stelle Tabellendaten nach Eureka Winsolvenz übertragen wurden. Das schließt natürlich nicht aus, dass der Ablauf inzwischen weiterentwickelt wurde. Selbst wenn das der Fall sein sollte, wäre es bei Übergabe eines XJustiz-Datensatzes aber unerheblich, ob Eureka Winsolvenz oder eine andere Anwendung zum Einsatz kommt.

    Nee, meine ich auch, Voraussetzung hinsichtlich der gerichtlichen Seite ist das nicht. Vielleicht machen die das auch, wenn "nur" der Verwalter STP nutzt.

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