Sachen gibts: Verweisung nach Verfahrensabgabe

  • Heute bekomme ich folgende Akte auf den Tisch:

    Das Betreuungsgericht beim Amtsgericht A gibt ein Betreuungsverfahren an das Betreuungsgericht beim Amtsgericht B ab (Abgabebeschluss: Gericht A gibt Verfahren an Gericht B ab), nachdem der Betroffene sich obdachlos im dortigen Bezirk aufhalten soll.

    Das Betreuungsgericht beim Amtsgericht B ermittelt und stellt nach Wochen fest, dass sich der Betroffene nunmehr in Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts C (tatsächlich) aufhält.

    Nunmehr stellt das Betreuungsgericht beim Amtsgericht B seine Unzuständigkeit fest und verweist das Verfahren an das Amtsgericht C, ohne -formell- die Übernahme des Verfahrens gegenüber dem Amtsgericht A erklärt zu haben.

    Hat das Amtsgericht B durch die Erklärung der Unzuständigkeit/Verweisung das Verfahren übernommen? Eines -formellen- Übernahmebeschlusses bedarf es ja nach den Kommentierungen nicht? Hätte nicht vielmehr das Betreuungsgericht beim Amtsgericht B die Verfahrensübernahme gegenüber dem Amtsgericht A ablehnen müssen und dann das Amtsgericht A das Verfahren an das Amtsgericht C abgeben müssen?

    Die Problematik liegt darin, dass sich die Akte in einen Verfahrensstand befindet, in dem eine Akte nicht abgegeben werden kann. Hätte das Amtsgericht B die Verfahrensübernahme wegen örtlicher Unzuständigkeit abgelehnt und das Verfahren an das Betreuungsgericht beim Amtsgericht A "zurückgegeben" könnte nunmehr die Verfahrensübernahme wegen des Aktenstand abgelehnt werden.

    Eine Verweisung ist aber für das Gericht, an das verwiesen wurde, binden (§ 3 FamFG).

    Deshalb die Frage:
    Kann das Verfahren durch das Betreuungsgericht beim Amtsgericht B an das Amtsgericht C "verwiesen" werden? Ich bin eigentlich der Meinung nein.

    Verfahrensabgabe vom Amtsgericht B an das Amtsgericht C:
    Es besteht Einvernehmen, dass Verfahren vom Amtsgericht B an das Amtsgericht C (Bezirke grenzen aneinander und liegen beide innerhalb einer politischen Gemeinde) nicht abgegeben werden.

  • Bei Euch können zwei Gerichte eine von der gesetzlichen Regel abweichende Zuständigkeit "vereinbaren"? Durch Vertrag, der von den Direktoren unterzeichnet wurde? Oder wie darf ich mir das vorstellen?

    In der Sache selbst gehe ich ohne Kommentarstudium derzeit davon aus, daß Gericht B das Verfahren übernommen haben muß, da es andernfalls seine Unzuständigkeit nicht hätte feststellen können. Nur bei Verfahren, die mir als Gericht zugefallen sind, prüfe ich doch meine Zuständigkeit.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Bei Euch können zwei Gerichte eine von der gesetzlichen Regel abweichende Zuständigkeit "vereinbaren"? Durch Vertrag, der von den Direktoren unterzeichnet wurde? Oder wie darf ich mir das vorstellen?

    Aus Zeiten der sog. „Wohnsitzzuständigkeit“ gibt es eine Uraltentscheidung, dass Wohnsitz die politische Gemeinde ist und somit bei zwei Gerichten in einer Gemeinde keine Verfahrensabgabe zulässig ist.

    Und jetzt, wo der gewöhnliche Aufenthalt der Anknüpfungspunkt für eine evtl. Abgabe ist, geben wir nicht ab, wenn der Betroffene vom Stadtteil 1 in den Stadtteil 2 und später in den Stadtteil 3 umzieht.

    Hätte somit das AG B übernommen könnte es nicht mehr an AG C abgeben. Hätte AG B nicht übernommen, könnte es nicht mehr verweisen.

    Muss die Abgabe direkt vom AG A an das AG C erfolgen. Hier könnte dann ich die Einwendung des Bearbeitungsstands erheben.

  • Tut mir leid, aber ich komme immer noch nicht mit. Es gibt doch klar umrissene örtliche Zuständigkeiten der Gerichte, egal was Anknüpfungspunkt ist. Mir erscheint es selbst für B-W unmöglich, daß eine alternative Zuständigkeit zweier Gerichte für denselben Ort existiert.

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  • Bei Euch können zwei Gerichte eine von der gesetzlichen Regel abweichende Zuständigkeit "vereinbaren"? Durch Vertrag, der von den Direktoren unterzeichnet wurde? Oder wie darf ich mir das vorstellen?

    In der Sache selbst gehe ich ohne Kommentarstudium derzeit davon aus, daß Gericht B das Verfahren übernommen haben muß, da es andernfalls seine Unzuständigkeit nicht hätte feststellen können. Nur bei Verfahren, die mir als Gericht zugefallen sind, prüfe ich doch meine Zuständigkeit.

    Es wird sich nicht um eine "Vereinbarung" handeln, sondern eine Absprache, dass man das Verfahren nicht abgibt, wenn der Betreute aus dem Bezirk des Gerichts B in den vom Gericht C umzieht. § 4 FamFG "Das Gericht kann ... abgeben..." schafft m. E. nur eine Möglichkeit der Abgabe, aber keine Pflicht des Gerichts.

    Gericht B muss das Verfahren nicht übernommen haben, um seine Unzuständigkeit festzustellen. Das wäre eher (sehr) ungewöhnlich, ein Verfahren zu übernehmen, wenn das eigene BG nicht zuständig ist, z. B. weil der Wohnsitz des Betroffenen ganz woanders liegt.

    Üblicherweise kommt die Akte mit der Übernahmeanfrage zum Gericht. Man schaut sich den aktuellen Wohnsitz des Betroffenen und den sonstigen Aktenstand an und teilt dem anfragenden Gericht dann mit, ob man übernahmebereit ist bzw. welche Sachen in der Akte zuvor noch erledigt werden müssen. Mit dieser Mitteilung geht die Akte zunächst an das zuständige Gericht zurück.

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