§ 850f ZPO - Berücksichtigung von Betriebsausgaben

  • Hallo!

    Kurze Frage an die Profis der ordentlichen Gerichtsbarkeit:

    Angenommen, es werden die Ansprüche eines Arztes gg. die Kassenärtzliche Vereinigung gepfändet. Der Arzt stellt einen Antrag, seine Betriebsausgaben nach § 850f Abs. 1 b) ZPO von der Pfändung frei zu stellen. Wie sieht es aus, wenn der Arzt aber noch privat mit Patienten abrechnet (nicht gepfändet). Sind dann die Betriebsausgaben anteilig zu kürzen und nur der Teil bei der Pfändung zu berücksichtigen, der auf die kassenärztlichen Leistungen anteilig entfällt, oder sind die Betriebsausgaben trotzdem voll von der Pfändung freizustellen oder kann man gar den von der Pfändung freizustellenden Teil voll um die Privathonorare kürzen, weil er die Privathonorare ja weiterhin voll vereinnahmt und daraus zunächst die Betriebsausgaben tätigen soll?

    Wie seht Ihr das?

    VG
    Exec:confused:

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • m.E. wäre nicht § 850f ZPO sondern § 850i ZPO die Grundlage, da der Arzt vom Drittschuldner kein Einkommen im Sinne von § 850 ZPO ff. erhält.

    Im Rahmen von § 850i ZPO sind die sonstigen Einkünfte zu berücksichtigen.
    Bei mir hätte er aber keine wirkliche Aussicht, die Betriebsausgaben frei zu bekommen. Auch im Rahmen von § 850i ZPO ist nicht ersichtlich, warum andere Gläubiger (Betriebsausgaben) gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger bevorrechtigt sein sollten (vereinzelte Entscheidung sehen das durchaus anders).

    Du hast den Vorteil, die Rolle des Gläubigers und Entscheiders in einer Person zu vereinen, so dass du mit deiner Entscheidung die Praxis am Leben halten kannst und trotzdem Zahlungen auf deine Forderung erhälst.
    Ist aber mehr "Basar" als rechtliche Anwendung.

  • Vielen Dank schonmal soweit. Wenn ich das richtig verstanden habe, bist du Queen für eine volle Gegenrechnung.

    WinterM: Aber § 850f ZPO ist doch ausdrücklich auch bei § 850i ZPO anzuwenden, siehe § 850i Abs. 1 Satz 1 ZPO. :gruebel: Oder bringe ich hier was durcheinander... M. E. sind die Betriebsausgaben doch mit den beruflichen Ausgaben des Arbeitnehmers gleichzusetzen, oder?

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Die Beträge, die der Arzt von der K(z)V als Vertragsarzt bekommen sind Einkommen i.S.d. § 850 II ZPO, so auch schon der BGH vom 05.12.1985, IX ZR 9/85.

    Die Entscheidung, die sich auch mit der Frage vom Ansprüchen gegen die K(z)V, Ansprüchen aus Privatliquidation und Betriebskosten (§ 850f ZPO !) beschäftigt, könnte ein wenig weiterhelfen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Die Beträge, die der Arzt von der K(z)V als Vertragsarzt bekommen sind Einkommen i.S.d. § 850 II ZPO, so auch schon der BGH vom 05.12.1985, IX ZR 9/85.

    Die Entscheidung, die sich auch mit der Frage vom Ansprüchen gegen die K(z)V, Ansprüchen aus Privatliquidation und Betriebskosten (§ 850f ZPO !) beschäftigt, könnte ein wenig weiterhelfen.

    wieder was gelernt...

  • Also in der Rz. 22 der Entscheidung steht:

    "Vielmehr greift § 850 f Abs. 1 lit a ZPO (heute: lit b) ein. Diese Vorschrift trägt den Interessen der Kassenzahnärzte ausreichend Rechnung, die den zur Sicherstellung der kassenzahnärztlichen Versorgung erforderlichen Aufwand aus einer Gesamtvergütung bestreiten müssen; auf ihren Antrag hat das Vollstreckungsgericht die pfändungsfreien Beträge dieser undifferenzierten Vergütung festzusetzen und dabei den gesamten, den Verdienst (Gewinn) schmälernden Aufwand zu berücksichtigen."

    Das ist schon mal gut, lässt aber auch die Argumentation in alle Richtungen offen:

    Entweder man sagt, dass alle BA voll abzuziehen sind, ist ja nunmal Pech, dass eine Zusammenrechnung der Einkünfte nicht erfolgen kann.
    Oder man sagt, es sind nur der mit der Vergütung der KAV zusammenhängenden BA zu berücksichtigen, also anteilig.
    Oder man stellt sich auf den Standpunkt, dass BA grundsätzlich ja. In der Entscheidung des Gerichts tauchen Privathonorare gar nicht auf. In diesem Fall kann man aber - wie Queen - verlangen, dass nur die um die Privathonorare gekürzten BA berücksichtigt werden.

    Kann man den Standpunkt vertreten, dass alle Auffassung grundsätzlich möglich wären und man im Einzelfall halt schauen muss?

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  • Die Beträge, die der Arzt von der K(z)V als Vertragsarzt bekommen sind Einkommen i.S.d. § 850 II ZPO, so auch schon der BGH vom 05.12.1985, IX ZR 9/85.

    Die Entscheidung, die sich auch mit der Frage vom Ansprüchen gegen die K(z)V, Ansprüchen aus Privatliquidation und Betriebskosten (§ 850f ZPO !) beschäftigt, könnte ein wenig weiterhelfen.

    wieder was gelernt...

    Diese Entscheidung war mir auch komplett neu - und ich habe im Vorfeld echt gesucht... :daumenrau

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  • Die Beträge, die der Arzt von der K(z)V als Vertragsarzt bekommen sind Einkommen i.S.d. § 850 II ZPO, so auch schon der BGH vom 05.12.1985, IX ZR 9/85. Die Entscheidung, die sich auch mit der Frage vom Ansprüchen gegen die K(z)V, Ansprüchen aus Privatliquidation und Betriebskosten (§ 850f ZPO !) beschäftigt, könnte ein wenig weiterhelfen.

    wieder was gelernt...

    WinterM

    Bei einer Privatliquidation sieht es, wie Du schon vermutet hast, anders aus. Diese Ansprüche können (§ 851 ZPO) pfändbar sein, dann aber vollständig. Der Schuldner kann jedoch einen Antrag nach § 850i ZPO stellen, vergl. BGH vom 31.10.2007, XII ZB 112/05. Siehe Niclas Lauf: "Die Arztpraxis in der Insolvenz".

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