Erzwingungshaft gegen unter Betreuung stehende Betroffene

  • Mir liegt eine Akte vor, in der Erzwingungshaft zu vollstrecken ist.

    Aus dieser ist ersichtlich, dass der Betroffene wohl unter Betreuung steht. Zahlungsaufforderung und Mahnung wurden durch die Bußgeldstelle an einen Berufsbetreuer zugestellt. Den Bußgeldbescheid selbst stellte man lediglich dem Betroffenen zu.

    Den Antrag auf Erzwingungshaft und die Anordnung der Erzwingungshaft wurde durch das Gericht lediglich dem Betroffenen selbst zugestellt.

    Würdet ihr das im Hinblick auf die Vollstreckung der Erzwingungshaft problematisch sehen?

  • Das kommt m.E. auf den Aufgabenbereich des Betreuers an. Grundsätzlich halte ich eine Zustellung an den Betreuten selber aber für zulässig.

    Und wenn es der Betroffene tatsächlich nicht blickt? :gruebel: Dann dürfte ihm die Einlegung von Rechtsmitteln usw. kaum möglich sein. (Wenn er nicht gerade zufällig die Schriftstücke seinem Betreuer gibt.)

    Mal unterstellt, der Betreuer hat u. a. auch Vertretung gegenüber Ämtern, Behörden als Aufgabenkreis. Ist die Zustellung an ihn dennoch nicht zwingend? :gruebel:

  • Der Betreuer verdrängt doch den geschäftsfähigen Betroffenen nicht als Adressaten.
    Zudem hatte es der Betreuer nach Zahlungsaufforderung und Mahnung in der Hand, diesen Zustand zu vermeiden.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Stimmt, danke, habs korrigiert.

    Der Gedanke dahinter ist doch, bei Minderjährigen oder sonstig bekannten gesetzlichen Vertretern die zu nutzen - wenn man die aber als Behörde nicht kennt, muss nix wiederholt werden weil unschädlich.

    Was in den Hallen des Gerichts den Informationsfluss angeht, steht auf einem anderen Blatt.

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    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Stimmt, danke, habs korrigiert.

    Der Gedanke dahinter ist doch, bei Minderjährigen oder sonstig bekannten gesetzlichen Vertretern die zu nutzen - wenn man die aber als Behörde nicht kennt, muss nix wiederholt werden weil unschädlich.

    ....

    Grundsätzlich schon richtig.

    Aber wenn sich schon aus der Bußgeldakte ergibt, dass ein Betreuer für den Deliquenten bestellt wurde, wie in meinem Fall. Mir wäre es zumindest lieber gewesen, der Richter hätte den Betreuer am Verfahren beteiligt.
    (Vielleicht wäre es in diesem Fall - unter dem Druck der drohenden Erzwingungshaft - dank Betreuer doch noch zu einer Zahlungsvereinbarung mit der Bußgeldbehörde gekommen.)

  • Darüber, daß es besser gewesen wäre, den Betreuer zu beteiligen, dürfte Einigkeit bestehen.

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  • Ja, das ist ungünstig gelaufen. In so einem Fall würde ich zunächst beim Betreuungsgericht eine Abschrift der Bestallungsurkunde anfordern. Ergibt sich, dass der Betreuer auch für den entsprechenden Aufgabenkreis bestellt ist, dann würde ich die Ladung des Betreuten zur Erzwingungshaft auch in Abschrift dem Betreuer übermitteln.

  • Darüber, daß es besser gewesen wäre, den Betreuer zu beteiligen, dürfte Einigkeit bestehen.

    Ich rede von dem Betreuer der kein RA ist. Seine Beteiligung im Strafverfahren ist nicht ganz so unproblematisch wie es auf den ersten Blick aussieht.
    Das Strafverfahrensrecht legt die Wahrnehmung der Interessen des betreuten Beschuldigten in die Hände des (notwendigen) Verteidigers und nicht in die Hände des Betreuers (StraFo 2008, 296).
    Die Zulassung des Betreuers gem. § 149 Abs. 2 StPO ist ein Recht. Es folgt auf Antrag des gesetzlichen Vertreters, in diesem Fall des Betreuers. Außer in diesem Fall:
    Ist ein Betreuer für alle Angelegenheiten oder ausnahmsweise ausdrücklich für den Aufgabenkreis "Vertretung in Strafverfahren" bestellt worden, ist er als gesetzlicher Vertreter des von ihm Betreuten im Sinne von § 149 StPO anzusehen Seine gesetzliche Vertretungsmacht auch im Strafverfahren folgt in diesem Falle unmittelbar aus § 1902 BGB. Einer besonderen Zuweisung der Prozessvertretung bedarf es nicht.4

    Oder er wird als Zeuge geladen. Aber nur wenn er konkret etwas zur Sache aussagen kann. Das wäre hier evtl. die Frage?
    Eine andere Beteiligung des Betreuers sehe ich in der StPO nicht.

    https://www.reguvis.de/xaver/btrecht/…__1608621900559
    Ich habe gerade wieder einen solchen Fall. Es geht um Erschleichen von Leistungen. Mein Betreuter ist BtMK (Heroin). Er ist im letzten Abschnitt seines Lebens und für einen Heroinkonsumenten in einem sehr hohen Alter.

    Ich habe die rechtliche Betreuung gegenüber dem Strafgericht bekannt gegeben. Mein Aufgabenkreis umfasst auch „Vertretung in Strafverfahren“. Nun warte ich wie immer die Reaktion des Strafgerichtes ab. Diese ist erfahrungsgemäß nicht immer einheitlich.
    Des Weiteren versuche ich die notwendige Verteidigung gem. § 140 Abs. 2 StPO zu organisieren.

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