Nachlasspflegschaft wegen Grundbesitz

  • Guten Morgen,

    ich habe zwar eigentlich ein Grundbuch Problem aber ich denke es ist im Nachlassbereich besser aufgehoben.

    Seitens des Ordnungsamt wurde die Grundbuchberichtigung angeregt, da auf dem Grundstück ein verwahrlostes Haus steht.

    Die eingetragene Eigentümerin ist bereits 1975 verstorben und hat 8 Kinder hinterlassen, die nach meinen Ermittlungen, bereits alle nachverstorben sind.
    Es gibt, außer bei einer Tochter, nach allen Nachkömmlingen keine Nachlassvorgänge!
    Bezüglich der einen Tochter, die das o.g. Haus bis zu ihrem Tode 2011 bewohnte liegen mittlerweile 3 Ausschlagungserklärungen vor und bei einen Abkömmling kann die Anschrift nicht ermittelt werden.Die Erben der anderen nachverstorbenen Erben kann ich nicht wirklich ermitteln.
    Hat jemand eine Idee wie ich weiter Verfahren könnte?

    Eine Nachlasspflegschaft für die eingetragene Eigentümerin anregen?
    Oder besser für die Tochter? Dann könnte der Nachlasspfleger evtl. einen Erbschein nach der Eigentümerin beantragen? Allerdings hätte der Nachlasspfleger kein einzusetzendes Geld. Es gibt evtl. einen Kaufinteressenten aber verkaufen darf der Nachlasspfleger wahrscheinlich nicht.


    Vielen Dank!



  • Viele Denkfehler!

    Ein Nachlasspfleger kann keinen Erbschein beantragen.
    Ein Nachlasspfleger kann ein Nachlassgrundstück verkaufen.
    Ein Nachlasspfleger kann auch ohne liquiden Nachlass bestellt werden.

    Hat die Gemeinde offene Forderungen? Sicher ja. Offene Grundsteuern z.B.

    Dann soll sie doch Nachlasspflegschaft -nach der eingetragenen Eigentümerin- beantragen. Deren Erben sind ja unbekannt.

    Ob ein Sicherungsbedürfnis vorliegt -seit 2011 sah man offensichtlich keines- spielt ja keine Rolle.

    Ob der Nachlasspfleger die Erben ermittelt oder die Immobile verkauft oder man zum Fiskalerbrecht kommt wird man dann schon sehen.

    Ohne Nachlasspflegschaft das Fiskalerbrecht festzustellen erscheint fragwürdig.

  • Die Veräußerung von Grundbesitz durch den Nachlasspfleger ist möglich und es muss eben im Einzelfall entschieden werden, ob er auch opportun ist. Im Erbrechtsübersichtsaufsatz Rpfleger 2020, 626, 639 habe ich dazu folgendes ausgeführt:

    Obwohl bei der Verwaltung des Nachlasses der Erhalt des Nachlassbestandes im Vordergrund steht, kann eine vom Pfleger beabsichtigte Immobilienveräußerung interessengerecht sein, wenn diese bei objektiver Betrachtungsweise vernünftig und für den Nachlass wirtschaftlich vorteilhaft ist.[167] Die nachlassgerichtliche Genehmigung einer solchen Veräußerung kann aber verweigert werden, wenn dem Wert der zu veräußernden Immobilie (700.000 €) Geldmittel des Nachlasses in mehr als 3-facher Höhe (2,3 Mio. €) gegenüber stehen und nach der Lage des Objekts für die Zukunft zudem auch nicht mit einer eintretenden Wertminderung zu rechnen ist.[168]


    [167] OLG Hamm NLPrax 2019, 30; OLG München Rpfleger 2014, 601 = FamRZ 2014, 1813; Bestelmeyer FGPrax 2018, 85.
    [168] OLG Frankfurt FGPrax 2020, 85 = ZEV 2020, 351.

  • Wenn der Erbfall im Jahr 1975 eingetreten ist und die acht Kinder der Erblasserin sämtlich nachverstorben sind, ist im Übrigen zweifelhaft, ob die Erben unbekannt sind, weil die Ausschlagungsfristen zu Lebzeiten der besagten Kinder längst abgelaufen sein dürften.

    Es stellt sich also die Frage, ob man im Ergebnis zu einer Nachlasspflegschaft nach der im Grundbuch eingetragenen Erblasserin oder nicht zu Nachlasspflegschaften nach den besagten Kindern gelangt. Im letztgenannten Fall könnte ein für die unbekannten Erben eines nachverstorbenen Miterben bestellter Nachlasspfleger selbstverständlich einen Erbschein nach der eingetragenen Erblasserin beantragen.

  • Wenn der Erbfall im Jahr 1975 eingetreten ist und die acht Kinder der Erblasserin sämtlich nachverstorben sind, ist im Übrigen zweifelhaft, ob die Erben unbekannt sind, weil die Ausschlagungsfristen zu Lebzeiten der besagten Kinder längst abgelaufen sein dürften.

    Es stellt sich also die Frage, ob man im Ergebnis zu einer Nachlasspflegschaft nach der im Grundbuch eingetragenen Erblasserin oder nicht zu Nachlasspflegschaften nach den besagten Kindern gelangt. Im letztgenannten Fall könnte ein für die unbekannten Erben eines nachverstorbenen Miterben bestellter Nachlasspfleger selbstverständlich einen Erbschein nach der eingetragenen Erblasserin beantragen.


    Genau, das waren meine Überlegungen. Eine Nachlasspflegschaft nach der eingetragenen Eigentümerin wäre natürlich am einfachsten gewesen.

    Vielen Dank an alle fürs mitdenken!

  • Hallo,
    ich habe folgendes Problem:
    Mein Erblasser ist als Alleineigentümer im Grundbuch eingetragen. Seit Anfang der 70er Jahre ist dort im Bestandsverzeichnis unter der lfd. Nr. 16 jedoch nur noch ein 4/12 Miteigentumsanteil an einem Wegegrundstück eingetragen. Weiteren Grundbesitz hatte der Erblasser nicht mehr.
    Die Übertragung von je 1/12 Miteigentumsanteilen an 4 Anwohner, die "Hauptgrundstücke" vom Erblasser erworben hatten, ist wohl in den 70er Jahren vergessen worden. In den Jahren zwischen 1973 und 1989 wurden auf der lfd. Nr. 16 (also nur dem 4/12 Anteil) mehrere Zwangssicherungshypotheken eingetragen.
    Nachlasspflegschaft wurde angeordnet, da die ermittelten Erben die Erbschaft wegen Überschuldung ausgeschlagen hatten. Geschwister sollen "irgendwo im Ausland" leben, näheres konnten die Ehefrau und die Kinder nicht mitteilen. Erbrecht Fiskus fällt somit schon einmal aus.
    Einige Gläubiger würden Löschungsbewilligungen erteilen und die 4 Anwohner würden sicherlich irgendwie zum Vertragsabschluss überredet werden können, jedoch weigert sich das Finanzamt, Löschungsbewilligungen über zu ihren Gunsten eingetragenen Sicherungshypotheken über 3.500,0 DM und 1.500,00 DM zu erteilen, solange die Begleichung der Forderungen nicht nachgewiesen ist. Dies kann die Nachlasspflegerin nicht nachweisen.
    Hat jemand eine Idee, wie weiter vorgegangen werden könnte?

  • Laufen lassen. Es bleibt wie’s ist. Ende und aus.

  • Vielleicht sollte der Nachlasspfleger noch einmal mit dem Mitarbeiter am Finanzamt reden.
    Argumentation: Derzeit bekommt niemand Geld. Ab dem Verkauf würde zumindest die Grundsteuer wieder vom Käufer gezahlt.
    Vielleicht kann man das Finanzamt auch am Verkaufspreis beteiligen.

    Kann Verjährung eingewandt werden?

    Sollte ein Verkauf nicht möglich sein, könnte die Nachlasspflegschaft eigentlich nur durch eine Erbenermittlung zu beenden sein. Der Nachlasspfleger versucht diese zu finden. Hat er keinen Erfolg, wäre ich dann doch wieder beim Fiskuserbrecht.

  • Das Finanzamt verweigert sich komplett. Es liegen auch keinerlei Unterlagen zu den Forderungen, evt. Vollstreckungsversuchen etc. vor, da der Erblasser laut Aussage der Familie alles entsorgt hatte. Einrede der Verjährung wäre aber vielleicht ein Versuch wert.
    Ein Verzicht auf das Eigentum geht bei Miteigentumsanteilen leider nicht. Eine Teilungsversteigerung wäre wegen der bestehenbleibenden Rechte auf dem gesamten Grundstück auch erfolglos. Die Stadt hat auf Grund Einstellung des Verfahrens im Jahr 2012 (Sterbejahr des Erblassers) keine offenen Forderungen mehr, so dass diese keine Versteigerung beantragen wird.
    Wir sind wirklich ratlos.

  • Da ich auch Grundbuchsachen bearbeite, gucke ich manchmal auch aus einem anderen Blickwinkel:
    Das Grundbuch ist unrichtig und das GBA muss auf die Berichtigung hinwirken, kann ggf. das Nachlassgericht um Ermittlung der Erben ersuchen. Von daher würde ich schon auf einen sinnvollen Abschluss des Verfahrens hinwirken.

    Zu der Angabe "Geschwister sollen irgendwo im Ausland leben", habe ich eine Nachfrage: Ist das so zu verstehen, dass seit langem kein Kontakt bestand, sodass auch nicht sicher ist, ob diese den Erbfall überhaupt erlebt haben? Das würde die Möglichkeit des Fiskuserbrechts u.U. eröffnen.
    Oder war es erstmal nur eine Bequemlichkeitsantwort der Beteiligten, wo bei Nachfrage doch weitere Erkenntnisse kommen könnten? Da die Geschwister als "Nachrücker" benachrichtigt werden müssen, müsste man ja zumindest versuchen, sie zu finden, wenn es denn möglich ist.

    Wenn alles andere nicht funktioniert, könnte evtl. der Nachlasspfleger das Eigentum an dem Grundstück aufgeben ? Keine Ahnung, unter welchen Voraussetzungen das möglich ist, kam mir nur so als Gedanke, im Kommentar zu § 928 BGB wird sich dazu bestimmt was finden lassen?

  • Verzicht an einem Miteigentumsanteil an einem Grundstück geht leider nicht. Da müssten alle Miteigentümer auf das gesamte Grundstück verzichten.
    Hinsichtlich der Geschwister: Der Erblasser wurde 1928 in Ostpreußen geboren, so dass ich davon ausgehe, dass die Geschwister ebenfalls dort geboren wurden. Ermittlungen werden also schwierig, da kein Geld im Nachlass für einen Erbenermittler vorhanden ist. Ehefrau und Kinder sagen, dass sie nicht mehr wüssten, als dass Geschwister (keine Anzahl, keine Namen, kein Land, kein Auswanderungsdatum) irgendwo im Ausland gelebt haben. Ob diese verstorben sind und/oder Abkömmlinge haben: keine Ahnung.

  • [quote='Mata','RE: Nachlasspflegschaft wegen Grundbesitz ich auch Grundbuchsachen bearbeite, gucke ich manchmal auch aus einem anderen Blickwinkel:
    Das Grundbuch ist unrichtig und das GBA muss auf die Berichtigung hinwirken, kann ggf. das Nachlassgericht um Ermittlung der Erben ersuchen. Von daher würde ich schon auf einen sinnvollen Abschluss des Verfahrens hinwirken. [QUOTE]

    Was hat die Berichtigung des Grundbuchs (durch Eintragung der Eigentümer) mit der Bestellung eines Nachlasspflegers und der Löschung der Hypotheken zu tun?

  • Vielen Dank für Eure Überlegungen.
    Mit dem FA ist zur Zeit leider überhaupt nicht zu reden, und ob für eine Klage PKH bewilligt werden würde?
    Wir werden es nochmal über die Stadt versuchen. Es muss doch Grundsteuer, wenn auch nur im geringen Maße, angefallen sein. Vielleicht geht doch was über eine Versteigerung.
    Feststellung Erbrecht Fiskus wäre natürlich das einfachste. Aber kann ich Erbrecht Fiskus nach öffentlicher Aufforderung feststellen, wenn ich überhaupt nichts über den Verbleib von den Geschwistern und evt. Abkömmlingen weiß?

  • Habe den SV so verstanden, dass du keine Erkenntnisse hast, ob die Geschwister (oder deren eventuelle Abkömmlinge) den Erbfall überhaupt erlebt haben, da seit langem keinerlei Kontakt bestand. Und wenn deine Ermittlungen (bzw. die des Nachlasspflegers) nicht "innerhalb einer den Umständen entsprechenden Frist" zur Ermittlung von Erben führen, sind die Voraussetzungen des § 1964 BGB doch gegeben.

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