Offenbarungs- und Ausforschungsverbot gem. §1758 BGB

  • Hallo ihr Lieben,

    ich habe einen Antrag des Jugendamtes bzgl §1758 BGB erhalten und kann damit leider so rein gar nichts anfangen.

    Ich habe schon in diversen Online Kommentaren gesucht, auch hier mit verschiedenen Schlagworten, bin aber nicht fündig geworden.

    Bin ich als Rpfl wirklich für dieses Verfahren zuständig?
    Wie läuft das ab? Wen muss ich anhören? Wie hat der Beschluss auszusehen? Wem ist er bekannt zu machen???

    Bin da gerade echt ratlos und für jede Hilfe dankbar!

  • Hatte ich noch nie und kenne auch keinen, den das schon traf.
    In § 14 I Nr. 14 RPflG ist der § 1758 BGB jedenfalls nicht als von der Übertragung auf den Rechtspfleger ausgenommen verzeichnet.

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  • Such mal die Entscheidung des Amtsgerichts Siegburg (Beschluss vom 26.09.2019, AZ. 350 F 61/18). Soweit ersichtlich, ist es wohl eine Richterzuständigkeit, da es sich hier um Adoptionssachen geht. Wenn ich mich recht erinnere, ist man da als Rechtspfleger doch lediglich Kostenbeamter oder?

  • Mal abgesehen davon, daß man als Rechtspfleger niemals Kostenbeamter ist (Du weißt, was ich meine:D), geht es doch vorliegend nicht um Akteneinsicht. Vielmehr soll das Gericht Anordnungen gem. § 1758 BGB treffen.

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  • Palandt/Götz, BGB, 76. Aufl., zitiert bei § 1758 unter Rn. 6 eine Entscheidung des AG Birkenfeld mit einer Fundstelle, die mir nicht zugänglich ist (DAV 89, 1034). Vielleicht kannst Du daraus Honig saugen. :)

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Nach langer Suche habe ich etwas gefunden: (Heilmann in: Heilmann, Praxiskommentar Kindschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 1758 BGB Offenbarungs- und Ausforschungsverbot, Rn. 8). Den Kommentar findet man über juris.

    Der Kommentar schlägt vor, dass das Ausforschungsverbot, das normalerweise erst ab dem Adoptionsverfahren selbst gilt, gem. § 1758 Abs. 2 S. 2 BGB bereits dann auf das Ersetzungsverfahren vorverlegt wird, wenn der Elternteil, dessen Zustimmung ersetzt werden soll, nie Kontakt zum Kind hatte.

    Wegen der Zuständigkeit:

    Selbst wenn man in Anlehnung an die von Cromwell zitierte Kommentarstelle von einer Rechtspflegerzuständigkeit ausgeht, würde ich eine Richtervorlage gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 RpflG erwägen. Der Richter scheint ja parallel das Verfahren nach § 1748 BGB zu betreiben. Daher erscheint es in meinen Augen sinnvoll, wenn die Entscheidungen über das Ausforschungsverbot von der Person getroffen wird, die auch das restliche Verfahren bearbeitet.

  • Nach langem Suchen und hin und her, habe ich eine Antwort von einem Richter bekommen, der auf Adoption spezialisiert ist.
    Seine Antwort:

    Ich bin aber tatsächlich der Meinung, dass dies dem Richter oder der Richterin vorbehalten ist. Die Entscheidung nach § 1758 Abs. 2 S. 2 BGB ist ja gerade ein Annex der Adoptions- oder Ersetzungsentscheidung und diese Verfahren sind nach § 14 Abs. 1 Nr. 14 RPflG den RichterInnen vorbehalten. Ich treffe zumindest diese Entscheidungen daher auch immer selbst und gebe sie nicht an unsere RechtspflegerInnen weiter. Vielleicht besprechen Sie dies noch einmal mit den Kolleginnen und Kollegen bei Ihnen am AG ...

    Für die Beschlussfassung habe ich mir einen Vordruck gebastelt, welchen ich Ihnen gerne anbei zusende. Hieraus ergeben sich auch die m.E. erforderlichen Voraussetzungen und Zustellungsfolgen. Die leiblichen Eltern, deren Einwilligung ersetzt werden soll, sind m.E. nicht beteiligt i.S.v. § 7 FamFG am "Verfahren" zur Anordnung des Offenbarungs- und Ausforschungsverbots. Auch eine vorhergehende Anhörung halte ich hier nicht für geboten. Insbesondere die Kindeseltern sollen ja gerade nicht den Aufenthaltsort des Kindes oder den Namen der Annehmenden erfahren, da Sachinhalt der Entscheidung nach § 1758 BGB gerade das Adoptionsgeheimnis und der Schutz des Kindes ist.
    Anfechtbar ist diese Entscheidung ohnehin nicht, was das Ganze ja immer etwas einfacher macht.


    ..... beschlossen:

    Es wird ein Offenbarungs- und Ausforschungsverbot gemäß § 1758 Abs. 2 S. 2 BGB angeordnet.

    Gründe:
    Das Jugendamt hat im Namen des Kindes einen Antrag auf Ersetzung der Einwilligung der Kindesmutter gemäß § 1748 BGB gestellt. Es erscheint erforderlich, zum Schutz des Kindes schon für den Lauf des Ersetzungs- und Annahmeverfahrens ein Offenbarungs- und Ausforschungsverbot nach § 1758 Abs. 2 S. 2 BGB anzuordnen.
    Die Entscheidung ist unanfechtbar.

    Ich habe die Sache jetzt meiner Richterin vorgelegt und schaue mal, ob sie es dann macht.
    Ich denke, dass der Rpfl ja eigentlich schon aufgrund der Unanfechtbarkeit raus sein müsste, da bei uns ja immer die Erinnerung möglich ist.


    Ich danke euch für eure Bemühungen :)


    Update:
    Die zuständige Richterin verweigert die Bearbeitung des Antrags mit Verweis auf §14 Nr.14 RpflG.
    Dann werde ich als Rpfl mal einen unanfechtbaren Beschluss erlassen .....

    Einmal editiert, zuletzt von Beccy1984 (12. November 2020 um 08:25)

  • § 11 RpflG ist ja gut und schön, allerdings würde das dazu führen, dass man die Entscheidung dem biologischen Elternteil auch bekanntgeben müsste, oder?

    Das würde aber dem Zweck der Entscheidung zuwiderlaufen. Also müsste man fast einen anfechtbaren Beschluss machen und diesen dann nicht bekanntgeben. Das kann doch auch nicht richtig sein :gruebel:.

  • Patweazle dürfte wohl auf § 11 RpflG abgezielt haben

    Genau. Ich hätte das Wort "unanfechtbaren" noch hervorheben können, um es deutlich zu machen. Allerdings ging ich tatsächlich von einem Scherz aus.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Patweazle dürfte wohl auf § 11 RpflG abgezielt haben

    Genau. Ich hätte das Wort "unanfechtbaren" noch hervorheben können, um es deutlich zu machen. Allerdings ging ich tatsächlich von einem Scherz aus.


    Ich empfinde das auch als schlechten Scherz und mir ist durchaus bewusst, dass ein Rpfl keine unanfechtbare Entscheidung treffen kann.
    Aber in der Kommentierung steht, dass dieser Beschluss unanfechtbar ist.
    Ich habe ja versucht dies meinem Richter zu erklären, interessiert aber keinen.


    Wie gesagt, ich bin weiterhin der Meinung, dass ich das eigentlich nicht machen dürfte......

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