Kann X alleine erwerben?

  • Es liegen vor Kaufvertrag und Grundschuldbestellung.

    Im Kaufvertrag erscheinen neben dem Verkäufer, X und Y. X erwirbt zu Alleineigentum! Für X soll eine Auflassungsvormerkung eingetragen werden. In der Grundschuldbestellung erscheinen ebenfalls X und Y, Y als weiterer Darlehensnehmer.

    X und Y sind beide kroatische Staatsangehörige. Geheiratet haben Sie in Deutschland, einen Ehevertrag haben sie nicht geschlossen.

    Im Kaufvertrag erklärt Y, dass sie damit einverstanden ist, dass X alleine erwirbt, sie sind sich einig, dass der Erwerb Eigengut des X wird.

    Eine Rechtswahl wird im Kaufvertrag nicht getroffen.

    Kann X alleine Erwerben und die Auflassungsvormerkung für X und die Grundschuld eingetragen werden?

  • Wann war denn die Eheschließung ?
    Wie hier ausgeführt
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1202126
    unterliegen dann, wenn die Eheschließung ab dem 29.1.2019 stattgefunden hat, die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe gem. Art. 26 Abs. 1 lit. a EuGüVO dem Recht des Staates, in dem die Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung ihren „ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt“ i. S. d. EuGüVO gehabt haben. Nur wenn es keinen ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt gibt, verweist Art. 26 Abs. 1 lit. b EuGüVO auf das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung besitzen. Eine Rück- oder Weiterverweisung im ausländischen IPR spielt nach Art. 32 EuGüVO keine Rolle.

    Sollte die Eheschließung vor dem 29.1.2019 stattgefunden, haben, so gilt für die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe gem. Art. 15 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Ziff. 1 EGBGB 1986 das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit beide Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung gehabt haben (s. das Gutachten des DNotI vom 18. Juli 2019, Abruf-Nr. 170221
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…07e8afc4c4445ef
    und Kappler/Kappler, „Beteiligung von Ausländern an Immobilienkaufverträgen“, ZfIR 2019, 296 ff.
    https://www.juris.de/perma?d=jzs-ZFIR-2019-09-0296-01-A-02

    Allerdings kann nach dem Beschluss des OLG Nürnberg vom 02.07.2020 – 15 W 985/20,
    https://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…N-15424?hl=true
    eine Auflassungsvormerkung für einen erwerbenden Ehegatten allein auch dann in das Grundbuch eingetragen werden, wenn das Grundbuchamt weiß, dass das Grundstück in eheliches Gesamtgut fällt

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Die Eheschließung war vor dem 29.01.2019.

    Dann würde kroatisches Güterrecht gelten, obwohl die Ehe

    in Deutschland geschlossen wurde?

    Kann X denn alleine erwerben, wenn Y damit einverstanden ist, dass der Erwerb Eigengut des X wird?

    Wenn ich es richtig verstehe, kann ich die Auflassungsvormerkung aber auf jeden Fall für X alleine eintragen. Der Erwerb wird aber trotzdem Gesamtgut!?

    Muss ich die Beteiligten darüber informieren, dass der Erwerb trotzdem Gesamtgut ist?

    Kann ich die Grundschuld auch eintragen?

  • Da die Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung die gemeinsame kroatische Staatsangehörigkeit hatten, kommt es auf den Umstand, dass sie in Deutschland die Ehe geschlossen haben, nicht an.

    Wie das DNotI im Gutachten vom 21.10.2008, Abruf-Nr. 14320
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…d4334e370d9870a
    ausführt, gilt auch aus kroatischer Sicht für die Ehewirkungen in erster Linie das gemeinsame Heimatrecht der Ehegatten und nur bei gemischt-nationalen Ehen gilt das jeweilige Wohnsitzrecht.

    Das kroatische Recht gestattet in Art. 249 Abs. 2 FamGB, dass die Ehegatten durch Ehevertrag ,,ihre Verhältnisse hinsichtlich des ehelich Erworbenen anders" regeln können. Dazu führt das DNotI im genannten Gutachten aus (Hervorhebung durch mich)

    „Weitere Ausführungen über den Inhalt der insoweit eingeräumten Gestaltungsfreiheit in Eheverträgen enthält das FamGB nicht. Insbesondere werden auch keine alternativ wählbaren Güterstände im Einzelnen geregelt (MihaljevicSchulze/Pürner, in: Süß/Ring, Eherecht in Europa, 2006, Länderbericht Kroatien, Rn. 11). Aus dem gesetzlichen Zusammenhang wird man allerdings folgern müssen, dass die diesbezügliche Vertragsfreiheit nur hinsichtlich der Frage, was ehelich Erworbenes werden soll, besteht. Daraus wird zu schließen sein, dass den Ehegatten anheim gestellt ist, die Bildung von ehelich Erworbenem ganz oder teilweise für bestimmte Fälle auszuschließen (Mihaljevic-Schulze/Pürner, a. a. O.). Damit aber ist es nach kroatischem Recht grundsätzlich möglich, ehevertraglich zu vereinbaren, dass der von einem Ehegatten erworbene Grundbesitz nicht in das eheliche Vermögen fällt, sondern zu seinem Eigenvermögen gerechnet wird. In formaler Hinsicht ist hierzu Schriftform erforderlich und die Unterschriften der Ehegatten müssen beglaubigt werden (Art. 255 Abs. 3 FamGB).“

    Das entspricht dem, was die württembergische Notarakademie in ihrem (nicht mehr abrufbaren) Gutachten mit dem Bearbeitungsstand August 2015 ausführt: „Ehegatten können nach § 249 Abs. 2 FamG „ihre Beziehungen hinsichtlich des ehelichen Vermögens durch einen Ehevertrag anders“ regeln, wobei weitere Ausführungen zum Inhalt eingeräumten Gestaltungsfreiheit in Eheverträgen im FamG nicht enthalten sind. Es gibt der insbesondere keine Wahlgüterstände. Grundsätzlich dürfte es daher nach kroatischem Recht möglich sein, ehevertraglich zu vereinbaren, dass einzelne – möglicherweise auch alle – Vermögensgegenstände nicht in das eheliche Vermögen fallen, sondern Eigenvermögen eines Ehegatten darstellt. Eine solche Vereinbarung bedarf der Schriftform und die Unterschriften der Ehegatten müssen beglaubigt werden (§ 255 Abs. 3 FamG). Nicht vereinbaren können die Ehegatten die Anwendung ausländischen Rechts auf ihre vermögensrechtlichen Beziehungen (§ 257 FamG)“.

    Ob das noch aktuell ist, müsstest Du anhand des Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, eruieren.

    Ergänzung:

    Dass es nicht zu einer Rückverweisung auf das deutsche Recht kommt, kann auch dem Gutachten des DNotI vom 28.08.2020, Gutachten/Abruf-Nr:177309 (zum kroatischen Erbrecht mit Darstellung des Güterrechts)
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…e057b2faea48fb1
    entnommen werden.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    2 Mal editiert, zuletzt von Prinz (9. November 2020 um 12:26) aus folgendem Grund: Ergänzung eingefügt

  • OK!

    Das würde grundsätzlich bedeuten, dass ich die AV für X alleine eintragen kann und somit auch die Grundschuld.

    Die Form wäre ja gewahrt, da die Erklärungen (Erwerb wird Eigengut des X) von Y ja im notariell beurkundeten Kaufvertrag abgegeben wurde.

    Kann ich Bergmann/Ferid/Henrich irgendwo abrufen?

  • ....Kann ich Bergmann/Ferid/Henrich irgendwo abrufen?

    Der Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, steht beim Beck-Verlag wohl auch online zur Verfügung (aktuell: 137. Ergänzungslieferung vom August 2020, s. JAmt 2020, 543), allerdings ist er nicht für jedermann frei geschaltet. Ich würde mal bei Deinem Grundbuchrichter nachfragen, ob er Zugriff hat. Ansonsten müsste er eigentlich in jeder AG-Bibliothek vorhanden sein. Aus den mir online zugänglichen Kommentierungen von Zeiser im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand 01.10.2020, Sonderbereich Internationale Bezüge, RN 84.17, Kroatien,
    https://beck-online.beck.de/?vpath=bibdata…glV%2egl5%2ehtm
    und Jelic in Rieck, Ausländisches Familienrecht, Werkstand: 19. EL Mai 2020, Kroatien, RN 11
    https://beck-online.beck.de/?vpath=bibdata…n.glud3.gl4.htm
    ergibt sich das oben Gesagte nicht.

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