Haftbefehl wegen § 888 ZPO - Zuständigkeit

  • Hallo liebes Forum,

    ich habe gerade echte Probleme herauszufinden, ob ich zuständig bin :confused:

    Vorausgegangen ist eine Entschidung, nach der die Bekl. zur Auskunft über den Nachlassbestand verurteilt wurde. 1 Jahr später erging der Beschluss des LG nach welchem der Schuldnerin ein Zwangsgeld verhängt wurde, ersatzweise Zwangshaft, da sie der Verpflichtung nicht nachgekommen ist.

    Nun beantragt die Gläubigerin den Erlass eines Haftbefehls zwecks Vollstreckung der Ersatzzwangshaft. Die vorausgegangenen Vollstreckungsmaßnahmen liefen ins Leere.

    Nun meine Frage: Erlasse ich als Rechtspfleger den Haftbefehl oder der Richter?

    Meine Recherche hinsichtlich Entscheidungen und Kommentierung hat bisher nur ergeben, dass das Prozessgericht zuständig ist. Auf die sachliche Zuständigkeit wird nie eingegangen.
    Eine Kollegin hat eine Entscheidung aus 1978 gefunden, wo der Rechtspfleger den Haftbefehl erlässt bzw. " unterzeichnet". Ist das noch aktuell?

    Vielen Dank im Voraus!

  • Nach Rücksprache mit der Familienabteilung, werden dort in Zwangsgeldverfahren Haftbefehle (Vollstreckungshaftbefehle) vom Rechtspfleger erlassen. Allerdings nennen die das nicht Haftbefehl, sondern Vollstreckungsauftrag (auch auf rosa Papier).

    Kenne es nur aus meinen Zivil und Strafzeiten, da habe ich als Rpfl. auch Vollstreckungshaftbefehle erlassen. Die Freiheitsentziehung per se wurde ja schon durch den Richter ausgesprochen. Wir sorgen jetzt nur für die Umsetzung (Vollstreckung). Allerdings bin ich etwas stutzig geworden, da Zwangsmittel nicht explizit in § 4 Abs. 2 Nr. 2 RPflG aufgeführt werden. Ich würde eine entsprechenden Vollstreckungshaftbefehl als Rechtspfleger erlassen.

  • Bei uns am FamG hat das der Richter gemacht.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • "Für die Vollstreckung der (Ersatz-)Zwangshaft gelten nach § ZPO § 888 ZPO § 888 Absatz I 3 ZPO die in den §§ ZPO § 802 a ff. ZPO enthaltenen Vorschriften über die Haft entsprechend. Dabei ist die frühere Differenzierung zwischen der Haftanordnung nach § ZPO2001 § 901 ZPO a. F. einerseits und dem Haftbefehl nach § ZPO2001 § 909 ZPO a. F. andererseits seit dem 1. 1. 1999 entfallen: Seitdem ist einheitlich von „Haftbefehl“ als Synonym für die Haftanordnung die Rede. Gleichzeitig wurde § ZPO2001 § 908 ZPO a. F. aufgehoben, wonach das Gericht „bei Anordnung der Haft einen Haftbefehl zu erlassen“ hatte. Das bedeutet, dass jede richterliche Entscheidung, die die Ersatzzwangshaft endgültig anordnet, zur Haftvollstreckung ausreicht – unabhängig von der Überschrift dieses Beschlusses. Die Ausfertigung dieser Haftanordnung ist der Haftbefehl i. S. des § ZPO § 802 g ZPO § 802G Absatz I, ZPO § 802G Absatz II ZPO.

    Es bedarf folglich keines zusätzlichen „Haftbefehls“, wie er mitunter von Gerichtsvollziehern verlangt, in der Fachliteratur gefordert und auch von einigen Gerichten ausgestellt wird. In manchen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen wird der Haftbefehl lediglich zur Klarstellung zusätzlich zur Anordnung der (Ersatz-)Zwangshaft erlassen. Doch dies erscheint überflüssig."

    Cirullies: Zwangsmittel und Haftbefehl – Die Anordnung von Ersatzzwangshaft
    NJW 2013, 203

  • "Für die Vollstreckung der (Ersatz-)Zwangshaft gelten nach § ZPO § 888 ZPO § 888 Absatz I 3 ZPO die in den §§ ZPO § 802 a ff. ZPO enthaltenen Vorschriften über die Haft entsprechend. Dabei ist die frühere Differenzierung zwischen der Haftanordnung nach § ZPO2001 § 901 ZPO a. F. einerseits und dem Haftbefehl nach § ZPO2001 § 909 ZPO a. F. andererseits seit dem 1. 1. 1999 entfallen: Seitdem ist einheitlich von „Haftbefehl“ als Synonym für die Haftanordnung die Rede. Gleichzeitig wurde § ZPO2001 § 908 ZPO a. F. aufgehoben, wonach das Gericht „bei Anordnung der Haft einen Haftbefehl zu erlassen“ hatte. Das bedeutet, dass jede richterliche Entscheidung, die die Ersatzzwangshaft endgültig anordnet, zur Haftvollstreckung ausreicht – unabhängig von der Überschrift dieses Beschlusses. Die Ausfertigung dieser Haftanordnung ist der Haftbefehl i. S. des § ZPO § 802 g ZPO § 802G Absatz I, ZPO § 802G Absatz II ZPO.

    Es bedarf folglich keines zusätzlichen „Haftbefehls“, wie er mitunter von Gerichtsvollziehern verlangt, in der Fachliteratur gefordert und auch von einigen Gerichten ausgestellt wird. In manchen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen wird der Haftbefehl lediglich zur Klarstellung zusätzlich zur Anordnung der (Ersatz-)Zwangshaft erlassen. Doch dies erscheint überflüssig."

    Cirullies: Zwangsmittel und Haftbefehl – Die Anordnung von Ersatzzwangshaft
    NJW 2013, 203

    Die hiesigen Richter haben den Erlass eines HB auch ursprünglich unter Berufung auf den vorgenannten Aufsatz abgelehnt.

    Aber ich ändere mal die Hervorhebung in deinem Zitat ein wenig: "Das bedeutet, dass jede richterliche Entscheidung, die die Ersatzzwangshaft endgültig anordnet, zur Haftvollstreckung ausreicht – unabhängig von der Überschrift dieses Beschlusses. Die Ausfertigung dieser Haftanordnung ist der Haftbefehl i. S. des § ZPO § 802 g ZPO § 802G Absatz I, ZPO § 802G Absatz II ZPO." Nach meinem Hinweis, dass ich dann eine entsprechende endgültige Anordnung brauche, haben sie entschieden, diese doch im der Form eines HB zu erlassen.

  • Also erlässt die Richterschaft in einem Zwangsgeldverfahren den Haftbefehl bei euch? Durchaus vertretbar, da es ja nicht explizit in § 4 RPflG dem Rpfl. erlaubt ist...

    Hier scheitert es an der Endgültigkeit aufgrund der Möglichkeit der Erfüllung durch den Schuldner, oder? :gruebel:

  • "Für die Vollstreckung der (Ersatz-)Zwangshaft gelten nach § ZPO § 888 ZPO § 888 Absatz I 3 ZPO die in den §§ ZPO § 802 a ff. ZPO enthaltenen Vorschriften über die Haft entsprechend. Dabei ist die frühere Differenzierung zwischen der Haftanordnung nach § ZPO2001 § 901 ZPO a. F. einerseits und dem Haftbefehl nach § ZPO2001 § 909 ZPO a. F. andererseits seit dem 1. 1. 1999 entfallen: Seitdem ist einheitlich von „Haftbefehl“ als Synonym für die Haftanordnung die Rede. Gleichzeitig wurde § ZPO2001 § 908 ZPO a. F. aufgehoben, wonach das Gericht „bei Anordnung der Haft einen Haftbefehl zu erlassen“ hatte. Das bedeutet, dass jede richterliche Entscheidung, die die Ersatzzwangshaft endgültig anordnet, zur Haftvollstreckung ausreicht – unabhängig von der Überschrift dieses Beschlusses. Die Ausfertigung dieser Haftanordnung ist der Haftbefehl i. S. des § ZPO § 802 g ZPO § 802G Absatz I, ZPO § 802G Absatz II ZPO.

    Es bedarf folglich keines zusätzlichen „Haftbefehls“, wie er mitunter von Gerichtsvollziehern verlangt, in der Fachliteratur gefordert und auch von einigen Gerichten ausgestellt wird. In manchen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen wird der Haftbefehl lediglich zur Klarstellung zusätzlich zur Anordnung der (Ersatz-)Zwangshaft erlassen. Doch dies erscheint überflüssig."

    Cirullies: Zwangsmittel und Haftbefehl – Die Anordnung von Ersatzzwangshaft
    NJW 2013, 203

    Die hiesigen Richter haben den Erlass eines HB auch ursprünglich unter Berufung auf den vorgenannten Aufsatz abgelehnt.

    Aber ich ändere mal die Hervorhebung in deinem Zitat ein wenig: "Das bedeutet, dass jede richterliche Entscheidung, die die Ersatzzwangshaft endgültig anordnet, zur Haftvollstreckung ausreicht – unabhängig von der Überschrift dieses Beschlusses. Die Ausfertigung dieser Haftanordnung ist der Haftbefehl i. S. des § ZPO § 802 g ZPO § 802G Absatz I, ZPO § 802G Absatz II ZPO." Nach meinem Hinweis, dass ich dann eine entsprechende endgültige Anordnung brauche, haben sie entschieden, diese doch im der Form eines HB zu erlassen.

    Das halte ich auch für sinnvoll, weil letztlich dem Richter die Prüfung/Entscheidung obliegt, ob die Voraussetzungen der Haftvollziehung tatsächlich vorliegen (sprich ob genügend erfolglose Vollstreckungsmaßnahmen im Vorfeld betrieben wurden).

  • Ich war vor einigen Jahren zur Fortbildung Vollstreckung von Ordnungs- und Zwangsmitteln. Unser Dozent hat vorgeschlagen als Verfügung:

    1. Aktenvermerk: Vollstreckungsmöglichkeiten ausgeschöpft, Uneinbringlichkeit des Ordnungs-/Zwangsgeldes.
    2. Vorlage an Richter mit der Bitte um Mitteilung, ob nun die (ersatzweise angeordnete) Ordnungs-/Zwangshaft vollstreckt werden soll, zudem mit der Bitte um Erlass des Haftbefehls (konkrete Verweisungsnorm gemäß dem Beitrag von Matze i.V.m.) § 802g ZPO.

    Unterschrift
    Rechtspfleger

    Ich hatte aber noch keinen Praxisfall, ich weiß also nicht, ob ein Richter den Haftbefehl tatsächlich unterschreiben würde. Sofern der Richter keinen gesonderten Haftbefehl nach § 802g ZPO unterschreibt, müsste nach dem vorgenannten Aufsatz von Cirullies die Geschäftsstelle dann m.E. aus dem richterlichem Vermerk über die Anordnung der Vollstreckung der Ersatzordnungshaft/-Zwangshaft die Ausfertigung des Haftbefehls herstellen (evtl. kann man sich da an Mustern in forumSTAR zum Haftbefehl § 802g ZPO orientieren).

  • vielen Dank an alle!

    ich habe es jetzt mit dem Aktenvermerk und der Vorlage an den Richter versucht. Bei der Durchsicht der Akte ist mir dann aufgefallen, dass die Schuldnerin mittlerweile ein sehr fortgeschrittenes Alter erreicht hat und hab den Richter gebeten zu prüfen, ob ein Haftbefehl hier vorliegend wirklich noch zweckentsprechend ist. Und im gleichen Zug hab ich Ihn gebeten eine kleine "Stellungnahme" abzugeben, bei wem die Zuständigkeit in einem solchen Fall liegt.

    Ich halte euch auf dem laufenden ;)

  • Also erlässt die Richterschaft in einem Zwangsgeldverfahren den Haftbefehl bei euch? Durchaus vertretbar, da es ja nicht explizit in § 4 RPflG dem Rpfl. erlaubt ist...

    Ich halte es gerade wegen § 4 nicht nur für vertretbar, sondern für erforderlich.

    Hier scheitert es an der Endgültigkeit aufgrund der Möglichkeit der Erfüllung durch den Schuldner, oder? :gruebel:

    Dann ergibt das Wort "endgültig" in dem Aufsatz, der sich doch ausschließlich mit Ersatzzwangshaft beschäftigt, keinen Sinn. Denn die Möglichkeit hat der Schuldner ja immer. Ich verstehe unter der endgültigen Anordnung die Entscheidung, keine weitere Vollstreckung in das Vermögen zu betreiben, sondern zur Haftvollstreckung überzugehen (vorbehaltlich der Erfüllung durch den Schuldner).

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