Streitwert Gesellschaftsrecht

  • Hallo, ich weiß nicht, ob ich als ReFa hier überhaupt Fragen stellen darf. Falls ja, wäre ich für eine Antwort zu folgendem Problem sehr dankbar.

    Ich habe ein Problem mit einer Streitwertfestsetzung, gegen die ich vorgehen soll. Hintergrund ist, dass eine deutsche oHG die einzige Gesellschafterin einer österreichischen GmbH ist, die auf einem der österreichischen GmbH gehörenden Grundstück in Österreich baut. Geht leider, auch wegen Corona, ziemlich schief, weshalb es Auseinandersetzungen über den Verkauf des Grundstücks zu einem Preis in Höhe von 5.750.000 € an die Gläubigerin, die den Bau finanziert hat, gibt. Das Grundstück ist wohl doch mindestens 8 bis 9 Mio. € wert. Der eine Gesellschafter der oHG wollte hinter dem Rücken des anderen Gesellschafters das Grundstück verkaufen (der hat das tatsächlich nur zufällig mitgekriegt, der Hammer!), weshalb es jetzt natürlich extreme Auseinandersetzungen gibt. Beide Gesellschafter halten jeweils 50% der Gesellschaftsanteile der oHG.

    Wir haben für den Gesellschafter, der über den geplanten und fast durchgeführten Verkauf an die Gläubigerin nicht informiert wurde, einen Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt, dass dem anderen Gesellschafter der oHG unteragt wird, nach außen nur dann aufzutreten, wenn ein entsprechender Gesellschafterbeschluss vorliegt. Hilfsweise haben wir beantragt, dem Antragsgegner zu untersagen, irgendwelche Verfügungen betreffend das Grundstück in Österreich zu treffen, ohne dass hierzu ein entsprechender Gesellschafterbeschluss vorliegt.

    Das Gericht hat den Antrag mit Hinweis auf europäisches Recht zurückgewiesen und den Streitwert auf 1,9 Mio. € festgesetzt, was Gerichtskosten in Höhe von 13.134,00 € ausmacht. Unser Mandant kann diese, da er aus der Gesellschaft keine Einnahmen erzielt, nicht zahlen.

    Sieht irgendjemand eine Möglichkeit, den Streitwert runterzukriegen, evtl. auf den Gesellschaftsanteil, der hier in Deutschland sehr gering ist, ich suche verzweifelt, finde aber nichts richtiges. Wäre für jede auch noch so kleine Hilfe zur Begründung der Beschwerde dankbar.

  • Maßgeblich ist das Interesse des Antragstellers an der vorläufigen Regelung. In der Regel wird hier ein Bruchteil des Hauptsachewerts angenommen (MüKoZPO/Wöstmann, 6. Aufl. 2020, ZPO § 3 ). In meinem Bezirk nimmt der Richter in der Regel 1/3 des Hauptsachewerts (so z.B. auch OLG Schleswig, Beschluss vom 3.2.2014 – 5 W 4/14).

    Das wird hier wohl auch passiert sein. 1/3 von 5,75 Mio. € ergibt ungefähr deinen Streitwert.

    Ich halte die Entscheidung daher für gut vertretbar.

    P.S.: Hier darf jeder Fragen stellen, wenn es einen beruflichen / dienstlichen Hintergrund hat. ;)

  • Vielen Dank für die Antwort. Was ich nicht geschrieben hatte, war, dass die österreichische Gesellschaft komplett überschuldet und in Liquidation ist. Die österreichische Gesellschaft hat eine Stammeinlage in Höhe von 35.000,00 € und hat das Grundstück nur über eine Finanzierung kaufen können. Sie wollte Apartments bauen, was aber nicht nur wegen Corona, gründlich schief ging, und sie mit mindestens 6 Mio. € überschuldet ist. Unser Mandant hatte - jetzt leider auch nicht mehr - potenzielle Käufer, die mehr zahlen wollten, als der Finanzierer der Immobilie. Der Gegner hat, obwohl er das wusste, versucht, den Kaufvertrag mit der Finanziererin abzuschließen, ohne einen Gesellschafterbeschluss. Der Wert der österreichischen Gesellschaft ist meines Erachtens lediglich die Stammeinlage wert, oder?

  • Ich fürchte der Verweis auf die schlechte wirtschaftliche Lage der Gesellschaft und deren Stammkapital ist nicht zielführend.

    Die Parteien haben ja keinen Rechtsstreit um Gesellschaftsanteile o.ä. geführt. Verfahrensgegenständlich war leider das Grundstück und dieses ist (wenigstens) 5,75 Mio. € wert.

    Übrigens dürfte es wohl egal sein, ob das Grundstück finanziert und ggf. mit Grundschulden belastet ist. Die dinglichen Belastungen werden grundsätzlich nicht vom Grundstückswert abgezogen (MüKoZPO/Wöstmann, 6. Aufl. 2020, ZPO § 3 Rn. 37)

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