Genehmigung für Ausschlagung verschuldeter Nachlass

  • Hallo Greg,
    als Pfleger würde ich dem Gericht mitteilen, dass ich keine aktuellen Nachteile fürs Kind sehe und deshalb das werthaltige Erbe nicht ausschlage. "Da dem Kind möglichweise Nachteile durch Untätigkeit der gesetzlichen Vertreterin entstehen rege ich an zu prüfen, ob eine Vermögenspflegschaft einzurichten ist."
    Soweit ich das nachverfolgen konnte, ist niemals eine entsprechende Pflegschaft eingerichtet worden.

    Die Erbin ist jetzt natürlich in einer schwachen Position: Sie hat die Kosten und Verpflichtungen am Hals und kommt mit der Haftungsbeschränkung nicht weiter, wenn sie keine Vollstreckungen zulässt. Als Mutter des Kindes würde ich ihr den Anteil des Kindes zum Kauf anbieten. Privat haben wir das vor langer Zeit schon mal gemacht.

    Jetzt aber Schluss mit Homeoffice, die Sonne scheint!

  • Dass die Schwester des Erblassers Erbin ist, ist schon ein game changing fact: In einem vergleichbaren Fall habe ich am Familiengericht darauf hingewirkt, dass die Erbin den Anteil des Kindes kauft.

    Vorteil Kind: Es erhält Cash und ist von allen Verpflichtungen befreit.

    Vorteil Schwester/Erbin: Sie kann mit dem Nachlass tun und lassen, was sie will; kein Hahn kräht dann mehr nach familiengerichtlichen Genehmigungen.

    (In meinem Fall bestand der Nachlass damals aus einem überschuldeten Rohbau, den der Erblasser als Bauhandwerker in großen Teilen mit Muskelhypotheken errichten wollte; da war eine schnelle und unbürokratische Regelung gefragt; das Testament des Erblassers war absolut unbrauchbar, erheblicher Streit war vorprogrammiert. Zunächst hat sich die Mischpoke geweigert, den Anteil des Kindes am Erbe zu erwerben. Nachdem aber die erste Grundschuldangelegenheit ins Grundbuch sollte und es in meinem Ausschlagungsgenehmigungsverfahren wegen der Verweigerungshaltung der buckligen Verwandtschaft bei Auskünften über ein Jahr nicht weiter ging und der Rohbau Schaden zu nehmen drohte, ging es dann plötzlich sehr schnell vorwärts. Grundübel war, dass die Mutter des betroffenen Kindes nicht mit dem Erblasser verheiratet war und komplett aus dem ganzen Verwandtschaftssystem herausgedrängt wurde, sie hat weder Informationen erhalten noch war sie sonst wohl gelitten. Daher wollte sie auch ausschlagen, um emotional nicht teilnehmen zu müssen)

  • ...

    Demgegenüber besteht die theoretische Möglichkeit, bei adäquater Verwertung der Immobilie, einen Überschuss von derzeit 20.000,00 EUR zu erhalten. Dies allerdings aber auch nur dann, wenn es bei der mir derzeit bekannten Erbfolge (Kind erbt 1/2 Anteil neben einem weiteren Erben zweiter Ordnung) verbleibt.

    Aufgrund des bisherigen Verhaltens der Mutter ist auch nicht davon auszugehen, dass diese sich um eine Haftungsbeschränkung o.ä. kümmern wird.

    ....

    Bei der Berechnung des Überschusses spielt die Erbquote m. E. auch hinsichtlich der Nachlassverbindlichkeiten eine Rolle.

    Bei bestehenden Verbindlichkeiten von 10.000,- € haftet das Kind im Innenverhältnis auch nur in Höhe seiner Erbquote. Das hast du in deiner Rechnung nicht berücksichtigt. Und natürlich werden sich Gläubiger zunächst an die erwachsene Miterbin halten, da diese (mutmaßlich) über Einkommen und Vermögen verfügt.

    Hinsichtlich der Haftungsbeschränkung habe ich weiter oben schon geschrieben, dass diese ohnehin das Kind nach Volljährigkeit geltend machen müsste. Zu diesem Zeitpunkt könnte die Mutter mangels gesetzlicher Vertretung nicht mehr tätig werden.

  • Dass die Schwester des Erblassers Erbin ist, ist schon ein game changing fact: In einem vergleichbaren Fall habe ich am Familiengericht darauf hingewirkt, dass die Erbin den Anteil des Kindes kauft.

    Vorteil Kind: Es erhält Cash und ist von allen Verpflichtungen befreit.

    Vorteil Schwester/Erbin: Sie kann mit dem Nachlass tun und lassen, was sie will; kein Hahn kräht dann mehr nach familiengerichtlichen Genehmigungen.

    ....

    Dafür bedarf es aber einer familiengerichtlichen Genehmigung nach § 1822 Abs. 1 Ziff. 1 BGB (i. V. m. § 1643 Abs. 1 BGB).

  • Klar, die ging dann auch sehr schnell über die Bühne :D.

    Aber das Gezerre bei einer Grundstücksverwaltung, bei der (in meinem Fall damals) immer wieder Rechte im Grundbuch eingetragen oder verändert werden sollten (insbesondere wegen der testamentarischen Regelungen) haben dann doch zur Einsicht geführt, das Kind mit einer Einmalaktion hinauszubringen. Und im Vergleich zur Erbausschlagung hat es sogar noch etwas Cash gesehen.

  • [h=2]Der Nachlass besteht lediglich aus einem Hausgrundstück, welches ca. 300 KM vom Wohnort des Minderjährigen entfernt liegt. =vollkommen egal, wo das Vermögen ist, es bleibt ein Vermögen, dies ist nur für eine Eigennutzung interessant. Das Haus ist seit mehreren Jahren unbewohnt und teilweise zerfallen. Es besteht erheblicher Instandsetzungs- bzw. Instandhaltungsbedarf. Das Grundstück ist in einem stark verwilderten Zustand. Der Wert der Immobilie beläuft sich nach einer Schätzung aus dem Jahr 2017 auf ca. 50.000,00 EUR= Vermögender Nachlass und bedenke: auch Grundstückspreise sind seit 2017 je nach Lage gestiegen, nicht nur die Wertabnahme des Grundstückes.[/h]

    Demgegenüber stehen Forderungen gegen die Erben von ca. 10.000,00 EUR, die entsprechend belegt sind. = aufgrund mangelnder anderer Fakten immer noch 40.000,00 € 


    Wenn man lediglich die Werte betrachtet, ist der Nachlass zwar verschuldet aber nicht überschuldet. =genau Man könnte aber auch zu Ergebnis kommen, dass das Haus eigentlich abrissreif ist. Dann wäre der Wert der Immobilie der Grundstückswert nach dem Bodenrichtwert (ca. 60.000,00 EUR) abzüglich der Abrissskosten vermutlich 0,00 EUR.=Ja, man könnte zu diesem Ergebnis kommen, wenn es gesicherte Erkentnisse dazu gäbe, gibt es die nicht, dann ist das: reine Spekulation, auf die du keine Genehmigung stützen kannst.


    Problematisch ist in jedem Fall, dass sich die Immobilie weit entfernt vom Wohnort des Minderjährigen befindet.= Nein, da der Mdj das Haus nicht selbst nutzen will oder selbst verwalten würde ist das egal. Für so etwas gibt es Vermietungsgesellschaften und für den Verkaufsfall Makler.


    Weiter sind die vorgenannten offenen Forderungen ein Problem, da sich im Nachlass keine Barmittel befinden und die Immobilie zumindest kurzfristig nicht adäquat verwertbar ist=ändert aber leider nichts an der Werthaltigkeit. Bei einem Großteil der Forderungen ist auch bereits ein Rechtsanwalt tätig. Bei Versagung der Genehmigung wäre der Minderjährige Erbe und wäre sofort mit offeneren Forderungen konfrontiert. =ändert aber leider nichts an der Werthaltigkeit, ein RA dem mitgeteilt wird, dass er bsi zum Verkauf des Hauses warten muss, da der mdj. Erbe keine Einkünfte hat wird wohl auch kaum Probleme machen, da Vollstreckungsversuche aussichtslos sind- außer einer Zwangsversteigerung, aber dann hast du das Problem des Hausverkaufes ggf. nicht mehr.


    Nachdem in diesem Fall umfangreich ermittelt wurde, und m.E. keine weiteren Erkenntnisse mehr hinzugewonnen werden können, tendiere ich dazu, die Genehmigung zu erteilen.
    = du hast also jetzt gesichert herausgefunden, dass es einen ca 40.000,00 € Nachlass gibt.
    Außerdem hat die Schwester des Erblassers nicht ausgeschlagen! Da diese auch wissen will, ob das Kind nun Erbe geworden ist, bedeutet: Sie hat wahrscheinlich mit voller Absicht nicht ausgeschlagen und braucht diese Information für die Beantragung eines Erbscheines. Und jetzt willst du allen ernstes genehmigen?????

    Fazit: Wer Haftungsrisiken liebt möge hier eine Genehmigung erteilen, alle anderen: Bitte nicht.


    Ich verstehe deine Bedenken gegs- aber da denkst du viel viel weiter als bis zu dem Teil bis zu dem du bei einer Genehmigung prüfen sollst- nämlich: entgeht da Vermögen, wenn ich genehmige? Und hier ist diese Antwort ja, eine Genehmigung nicht zu erteilen.


    Verwertungsprobleme, Liquiditätisängste (denn du weißt ja auch nicht wie hoch der Grundbesitz kurzfristig zu beleihen wäre), Entfernungen und damit evtl. Verwaltungsprobleme, evtl. Abrisskosten (aus deinem SV geht nicht heraus, dass ein Abriss erforderlich ist oder wie du die Kosten dazu ermittelt hast und inwieweit dies im 2017er Gutachten bereits erfasst war). Du hast festgestellt, dass es hier keine offensichtliche Überschuldung gibt, du hast sogar eine Zweitmeinung (die Schwester) die diese durch Ihre Erbschaftsannahme stützt- was möchtest du mehr? Du kannst dich voll und ganz auf den Standpunkts stellen, dass eine Überschuldung hier nicht nachgewiesen ist und damit die Genehmigung versagen.





  • Zwar kann ich zum Verfahren wenig beitragen, aber als gelegentlich mit Bewertungen Befaßter möchte ich doch anmerken, daß sich die beiden folgenden Aussagen:


    Der Wert der Immobilie beläuft sich nach einer Schätzung aus dem Jahr 2017 auf ca. 50.000,00 EUR. ...

    Man könnte aber auch zu Ergebnis kommen, dass das Haus eigentlich abrissreif ist. Dann wäre der Wert der Immobilie der Grundstückswert nach dem Bodenrichtwert (ca. 60.000,00 EUR) abzüglich der Abrissskosten vermutlich 0,00 EUR.

    nicht auf dieselbe Immobilie beziehen können (wenn die Gründe für den Abriß nicht erst nach 2017 entstanden sind).

    Im Rahmen der Bewertung (gewöhnlicher Geschäftsverkehr) ist entweder davon auszugehen, daß ein etwaiger Erwerber saniert, dann haben wir den Bodenwert und eventuell einen Gebäuderestwert, oder davon, daß ein Erwerber um Abriß und Neubau wirtschaftlich nicht herumkommt, dann ist vom Bodenwert abzüglich der Abrißkosten unter Beachtung eines möglichen substantiellen Restwerts auszugehen.

  • Zwar kann ich zum Verfahren wenig beitragen, aber als gelegentlich mit Bewertungen Befaßter möchte ich doch anmerken, daß sich die beiden folgenden Aussagen:


    Der Wert der Immobilie beläuft sich nach einer Schätzung aus dem Jahr 2017 auf ca. 50.000,00 EUR. ...

    Man könnte aber auch zu Ergebnis kommen, dass das Haus eigentlich abrissreif ist. Dann wäre der Wert der Immobilie der Grundstückswert nach dem Bodenrichtwert (ca. 60.000,00 EUR) abzüglich der Abrissskosten vermutlich 0,00 EUR.

    nicht auf dieselbe Immobilie beziehen können (wenn die Gründe für den Abriß nicht erst nach 2017 entstanden sind).

    Im Rahmen der Bewertung (gewöhnlicher Geschäftsverkehr) ist entweder davon auszugehen, daß ein etwaiger Erwerber saniert, dann haben wir den Bodenwert und eventuell einen Gebäuderestwert, oder davon, daß ein Erwerber um Abriß und Neubau wirtschaftlich nicht herumkommt, dann ist vom Bodenwert abzüglich der Abrißkosten unter Beachtung eines möglichen substantiellen Restwerts auszugehen.


    Der Wert von ca. 50.000,00 EUR stammt aus einem Vermögensverzeichnis aus dem Jahr 2017 in einem für den Erblasser anhängigen Betreuungsverfahren. Der Bodenrichtwert von ca. 60.000,00 EUR wurde vom Familiengericht bei der Gemeinde erfragt.

    Dass das Gebäude eventuell abrissreif sein könnte, ist nur meine eigene Einschätzung nachdem mir Bilder der Immobilie vorgelegt wurden, aus denen der teils zerfallene Zustand ersichtlich ist. Wie gesagt, ist dies aber nur eine subjektive Einschätzung meinerseits. Ich bin hierfür sicher nicht ausreichend sachkundig. Von der Schwester des Erblassers, also der anderen Erbin neben dem Minderjährigen, wurde ein erforderlicher Abriss z.B. nie mitgeteilt. Im Gegenteil: von ihr wurde mitgeteilt, dass die Immobilie stark renovierungsbedürftig sei und z.B. das Dach neu eingedeckt werden müsse.

    Für mich ergeben sich zur abschließenden Beurteilung zwei Fragen:

    1) wie weit muss ich bei meinen Ermittlungen bzgl. dem Wert des Grundbesitzes gehen? Ein Gutachten z.B. vom amtlichen Gutachterausschuss kostet regelmäßig mehrere tausend Euro. das wäre sicher nicht verhältnismäßig.

    2) Für den Fall, dass ich die Genehmigung versage und der Minderjährige Erbe bleibt: Muss ich im Hinblick auf die Vermögenssorge irgendetwas veranlassen oder bleibt das einzig und alleine Aufgabe der Mutter?

  • ...
    Für mich ergeben sich zur abschließenden Beurteilung zwei Fragen:

    1) wie weit muss ich bei meinen Ermittlungen bzgl. dem Wert des Grundbesitzes gehen? Ein Gutachten z.B. vom amtlichen Gutachterausschuss kostet regelmäßig mehrere tausend Euro. das wäre sicher nicht verhältnismäßig.

    2) Für den Fall, dass ich die Genehmigung versage und der Minderjährige Erbe bleibt: Muss ich im Hinblick auf die Vermögenssorge irgendetwas veranlassen oder bleibt das einzig und alleine Aufgabe der Mutter?

    zu 1) Ernsthaft? :eek: So teuer sind bei uns nicht einmal die Gutachten von amtlich bestellten und vereidigten Sachverständigen. Und es ist davon auszugehen - zumindest habe ich es im Forum schon mehrfach gelesen -, dass ein Gutachten des Gutachterausschusses wesentlich günstiger ausfällt.

    zu 2) Mit der Regelung des Nachlasses müsste sich die Mutter auseinandersetzen. Sie hätte ein Vermögensverzeichnis nach § 1640 BGB einzureichen. Das FamG kommt danach erst wieder ins Spiel, falls eine Genehmigung gewünscht wird, z. B. zur Veräußerung des Grundstücks.

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    Für mich ergeben sich zur abschließenden Beurteilung zwei Fragen:

    1) wie weit muss ich bei meinen Ermittlungen bzgl. dem Wert des Grundbesitzes gehen? Ein Gutachten z.B. vom amtlichen Gutachterausschuss kostet regelmäßig mehrere tausend Euro. das wäre sicher nicht verhältnismäßig.

    2) Für den Fall, dass ich die Genehmigung versage und der Minderjährige Erbe bleibt: Muss ich im Hinblick auf die Vermögenssorge irgendetwas veranlassen oder bleibt das einzig und alleine Aufgabe der Mutter?

    zu 1) Ernsthaft? :eek: So teuer sind bei uns nicht einmal die Gutachten von amtlich bestellten und vereidigten Sachverständigen. Und es ist davon auszugehen - zumindest habe ich es im Forum schon mehrfach gelesen -, dass ein Gutachten des Gutachterausschusses wesentlich günstiger ausfällt.

    zu 2) Mit der Regelung des Nachlasses müsste sich die Mutter auseinandersetzen. Sie hätte ein Vermögensverzeichnis nach § 1640 BGB einzureichen. Das FamG kommt danach erst wieder ins Spiel, falls eine Genehmigung gewünscht wird, z. B. zur Veräußerung des Grundstücks.

    Ist es in einem solchen Fall üblich ein Gutachten zu fordern? Wer muss dieses Gutachten bezahlen?

    Was würdest du tun?

  • Für mich ergeben sich zur abschließenden Beurteilung zwei Fragen:

    1) wie weit muss ich bei meinen Ermittlungen bzgl. dem Wert des Grundbesitzes gehen? Ein Gutachten z.B. vom amtlichen Gutachterausschuss kostet regelmäßig mehrere tausend Euro. das wäre sicher nicht verhältnismäßig.

    Wir sind erst vor kurzem mit der Versagung einer Genehmigung aufgehoben worden, weil das OLG der Meinung war, das AG hätte ein Gutachten einholen müssen. Dies obwohl die Sache viel eindeutiger war - ein saniertes, vermietetes Mehrfamilienhaus in ordentlichem Zustand.

    Wenn das Kind Vermögen erbt, dürfte es dann wohl auch ausreichend vermögend sein, um von ihm die Kosten einzuheben (Vorb. 1. 3. 1. II FamGKG).

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Für mich ergeben sich zur abschließenden Beurteilung zwei Fragen:

    1) wie weit muss ich bei meinen Ermittlungen bzgl. dem Wert des Grundbesitzes gehen? Ein Gutachten z.B. vom amtlichen Gutachterausschuss kostet regelmäßig mehrere tausend Euro. das wäre sicher nicht verhältnismäßig.

    Wir sind erst vor kurzem mit der Versagung einer Genehmigung aufgehoben worden, weil das OLG der Meinung war, das AG hätte ein Gutachten einholen müssen. Dies obwohl die Sache viel eindeutiger war - ein saniertes, vermietetes Mehrfamilienhaus in ordentlichem Zustand.

    Wenn das Kind Vermögen erbt, dürfte es dann wohl auch ausreichend vermögend sein, um von ihm die Kosten einzuheben (Vorb. 1. 3. 1. II FamGKG).

    Wenn ich dich richtig verstehe, muss das Famileingericht das Gutachten in Auftrag geben und die Kosten werden zunächst aus der Staatskasse bezahlt. Wenn z.B. der Nachlass verwertet ist und das Kind Geld erhalten hat, sind die Kosten von ihm zu fordern. Ist das so richtig?

    Wer kann ein Gutachten, das den formellen Anforderungen des Gerichts genügt, fertigen? Kann das ein beliebiger Gutachter sein, oder muss es ein verdingter Gutachter oder der Gutachterausschuss der Gemeinde sein?

  • In einer solchen Situation kann es helfen, mal eine Metaperspektive einzunehmen und sich zu fragen, wie sich wohl 100 ordentlich wirtschaftlich denkende Menschen in einer vergleichbaren Lage mehrheitlich entscheiden würden.

    Ich würde mich fragen, ob das Grundstück allein aufgrund seiner Lage in Zukunft eine Wertsteigerung erfahren könnte.

    Berücksichtigen würde ich, dass das Kind selbst in absehbarer Zeit kaum über die wirtschaftlichen oder persönlichen Mittel verfügen wird, werterhaltende oder –steigernde
    Maßnahmen auf dem Grundstück zu ergreifen.

    Als Grundstückseigentümer trägt man Verkehrssicherungspflichten: Das geht von der maroden Bausubstanz (Stichwort:Abrissverfügung) über nicht mehr standsichere Bäume bis hin zu Eis- und Schneeräumpflichten auf dem Gehweg.

    Der Eigentümer trägt Steuer- und Versicherungslasten. Evtl. muss aufgrund der räumlichen Distanzein Hausmeisterservice beauftragt werden. Was ist mit dem Bezirksschornsteinfeger und den kommunalen Abwasserverband? Aus welchen Mitteln wird das Kind all diese auch verbrauchsunabhängigen Lasten in den nächsten Jahren bestreiten?

    Außerdem derganze damit verbundene Ärger und die Zeit!

    Der gesetzliche Vertreter des Kindes ist nun mal der Ansicht, dass die Annahme der Erbschaft im Ergebnis nicht im Interesse des Kindes ist bzw. dass die Nachteile die wirtschaftlichen (und bisher nur rechnerischen) Vorteile überwiegen.

    Ich denke, damuss man als Familiengericht schon sehr gute Argumente haben, um eine Genehmigung zu versagen!

  • Hallo Steba,
    - im vorliegenden Fall wollte die Mutter zunächst nicht ausschlagen. Erst durch die Miterbin wurde die Ausschlagung betrieben.
    - Die langfristige Vermögensentwicklung und etwaiger Arbeitsaufwand sind für die Genehmigung nicht relevant.
    - Da hierzulande der Gutachterausschuss mit seinen Aufträgen um mehr als zwei Jahre in Verzug ist, ist das Gericht inzwischen zu privaten Sachverständigen gewechselt. Die Gutachten sind sehr viel kostengünstiger als die vom Ausschuss. Der Personalaufwand ist deutlich geringer.
    - Die Miterbin dürfte ebenfalls ein hohes Interesse an einem Gutachten haben.
    - Die Miterbin wird sich kümmern.
    - Der Ermittlungsstand des Gerichts ist so dürftig und im Wesentlichen auf Angaben der Miterbin gestützt, dass eine Entscheidung noch nicht getroffen werden kann.

  • Reicht ein Gutachten von einem privaten Gutachter aus? Muss dieser vereidigt sein? Ist sonst noch etwas zu beachten?

  • Mit den Vollstreckern habe ich keinen Kontakt. Aber bei denen dürfte die Frage entschieden sein.

    OK, das kläre ich ab. So oder so, mit einem Gutachten erhalte ich den tatsächlichen Wert des Grundbesitzes.

    Wie bekomme ich aber einen Überblick über alle Schulden des Nachlasses. Wie bereits erwähnt, sind in der Nachlassakte und aus Mitteilungen der Schwester des Erblassers Schulden von ca. 10.000,00 EUR nachvollziehbar. Die Bank, bei der der Erblasser sein Girokonto hatte, hat mir schriftlich mitgeteilt, dass dieses Girokonto ein Guthaben ca. 150,00 EUR aufweist, sowie, dass für den Erblasser kein Darlehen läuft. Ist das für mich ausreichend oder muss ich auch hinsichtlich der Schulden weitere Ermittlungen anstellen. Und wenn ja, welche und wie?

  • Die Anfrage an die Vollstrecker beim auswärtigen AG kann man erweitern um eine Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis. Außerdem die Stadtkasse der Kommune, ob dort Forderungen vorliegen. Mehr Hinweise hat die Antragstellerin nicht gegeben, dann braucht man auch nicht mehr zu ermitteln. Den Nachlass aufzulisten ist eine Verpflichtung der Erben, auch wenn es für die gesetzlichen Vertreter lästig sein mag.

    Liegt der Nachweis vor, dass die Mutter alleine sorgeberechtigt ist?

  • Die Anfrage an die Vollstrecker beim auswärtigen AG kann man erweitern um eine Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis. Außerdem die Stadtkasse der Kommune, ob dort Forderungen vorliegen. Mehr Hinweise hat die Antragstellerin nicht gegeben, dann braucht man auch nicht mehr zu ermitteln. Den Nachlass aufzulisten ist eine Verpflichtung der Erben, auch wenn es für die gesetzlichen Vertreter lästig sein mag.

    Liegt der Nachweis vor, dass die Mutter alleine sorgeberechtigt ist?

    Nein, ein Nachweis für das alleinige Sorgerecht der Mutter habe ich nicht. Ist das nicht so, dass dies anerkannt wird, wenn sie erklärt, dass sie die alleinige Sorgeberechtigte ist? Das hat sie bei der Ausschlagung getan. Hat mich das als Familiengericht überhaupt zu interessieren? Die Mutter stellt ja nur den Antrag auf Genehmigung ihrer Ausschlagungserklärung. Ihr alleiniges Sorgerecht bzw. die Existenz eines weiteren Sorgenberechtigten ist doch dann eigentlich erst im Erbscheinsverfahren zu prüfen, oder? Als Nachlassgericht hatte ich mal den Fall, dass die beiden Sorgenberechtigten -aufgrund Verhinderung des einen- getrennt voneinander und nacheinander ausgeschlagen haben. In diesem Fall könnte doch jeder alleine einen Antrag auf familiengerichtliche Genehmigung der Ausschlagung stellen. Gegenstand des Genehmigungsverfahrens wäre hier dann auch immer nur die Genehmigung für den einen Elternteil. Demnach kann in meinem Fall nichts anderes gelten.
    Falls nicht: Wie könnte sie den Nachweis führen?

    Bezüglich des Wertes des Nachlasses wäre es dann eigentlich sinnvoll und auch erforderlich, dass die Schwester des Erblassers als sich kümmernde Erbin ein vollständiges Nachlassverzeichnis erstellt. Wäre es möglich, das zuständige Nachlassgericht im Wege der Amtshilfe um die Aufnahme dieses Verzeichnisses zu ersuchen? In einem Nachlassverzeichnis des Nachlassgerichts sind eigentlich alle erdenklichen Aktiva und Passiva aufgelistet. Hiermit und mit dem Gutachten könnte die Werthaltigkeit des Nachlasses abschließend beurteilt und eine Entscheidung über die Genehmigung der Ausschaltung getroffen werden.

    2 Mal editiert, zuletzt von greg (28. November 2020 um 14:01)

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