Genehmigung für Ausschlagung verschuldeter Nachlass

  • Die Ausschlagung einer Erbschaft von der Mutter für einen Minderjährigen ist zu genemigen.

    Der Nachlass besteht lediglich aus einem Hausgrundstück, welches ca. 300 KM vom Wohnort des Miderjährigen entfernt liegt. Das Haus ist seit mehreren Jahren unbewohnt und teilweise zerfallen. Es besteht erheblicher Instandsetzungs- bzw. Instandhaltungsbedarf. Das Grundstück ist in einem stark verwilderten Zustand. Der Wert der Immobilie beläuft sich nach einer Schätzung aus dem Jahr 2017 auf ca. 50.000,00 EUR.

    Demgegenüber stehen Forderungen gegen die Erben von ca. 10.000,00 EUR, die entsprechend belegt sind.

    Wenn man lediglich die Werte betrachtet, ist der Nachlass zwar verschuldet aber nicht überschuldet. Man könnte aber auch zu Ergebnis kommen, dass das Haus eigentlich abrissreif ist. Dann wäre der Wert der Immobilie der Grundstückswert nach dem Bodenrichtwert (ca. 60.000,00 EUR) abzüglich der Abrissskosten vermutlich 0,00 EUR.

    Problematisch ist in jedem Fall, dass sich die Immobilie weit entfernt vom Wohnort des Minderjährigen befindet. Weiter sind die vorgenannten offenen Forderungen ein Problem, da sich im Nachlass keine Barmittel befinden und die Immobilie zumindest kurzfristig nicht adäquat verwertbar ist. Bei einem Großteil der Forderungen ist auch bereits ein Rechtsanwalt tätig. Bei Versagung der Genehmigung wäre der Minderjährige Erbe und wäre sofort mit offeneren Forderungen konfrontiert.

    Nachdem in diesem Fall umfangreich ermittelt wurde, und m.E. keine weiteren Erkenntnisse mehr hinzugewonnen werden können, tendiere ich dazu, die Genehmigung zu erteilen.

    Was meint Ihr?

  • Schwierig.

    Die Entfernung des Grundstücks zum Wohnort des Minderjährigen ist nicht das Ausschlaggebende. M. E. müsste man noch näher ergründen, welche Kosten ein Abriss des Hauses tatsächlich etwa verursachen würde. Erst dann weiß man, mit welchem Grundstücks-(rest)wert man rechnen sollte. Kann ja sein, dass dieser höher liegt als die 10.000,- € Verbindlichkeiten.

    Möglich ist auch, dass durch die Mutter bei den Gläubigern ein Teilerlass erreicht werden könnte, wenn man diese auf die nicht vorhandenen Geldmittel des Erben hinweist.

    Letztlich dürfte auch noch die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung bei Erreichen der Volljährigkeit bleiben.

  • Schwierig.

    Die Entfernung des Grundstücks zum Wohnort des Minderjährigen ist nicht das Ausschlaggebende. M. E. müsste man noch näher ergründen, welche Kosten ein Abriss des Hauses tatsächlich etwa verursachen würde. Erst dann weiß man, mit welchem Grundstücks-(rest)wert man rechnen sollte. Kann ja sein, dass dieser höher liegt als die 10.000,- € Verbindlichkeiten.

    Möglich ist auch, dass durch die Mutter bei den Gläubigern ein Teilerlass erreicht werden könnte, wenn man diese auf die nicht vorhandenen Geldmittel des Erben hinweist.

    Letztlich dürfte auch noch die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung bei Erreichen der Volljährigkeit bleiben.

    Ich hatte vergessen zu erwähnen, dass mehrere nahe volljährige Angehörige des Erblassers bereits ausgeschlagen haben. Das ist doch eigentlich ein Indiz für die mangelnde Werthaltigkeit bzw. die Verschuldung des Nachlasses.

    Im vorliegenden Fall hat die Mutter des ausschlagenden Minderjährigen sich bisher nicht ausreichend um die Sache gekümmert. So hat Sie z.B. auch die Ausschlagungsfrist versäumt und dies angefochten. Auch dem Wunsch, nach einem persönlichen Gespräch mit dem Familiengericht ist sie ohne Begründung nicht nachgekommen. Es ist daher zu befürchten, dass sie sich auch um den von dir genannten Teilerlass oder die Haftungsbeschränkung nicht ausreichend kümmert, was dem Kindeswohl schaden würde.

    Bei Betrachtung der Gesamtumstände tendiere ich eher dazu, die Ausschlagung zu genehmigen.

    Ich finde aber keine passende oder annähernd passende Rechtsprechung, auf die ich mich stützen könnte.

    Habt Ihr eine Idee?

  • Um die Haftungsbeschränkung müsste sich ohnehin der dann Volljährige selbst kümmern.

    Ist eben auch die Frage, wo man die Grenze bei der Genehmigungsfähigkeit zieht. Wenn das Grundstück einen Bodenrichtwert von 150.000 € hätte, würdest du dann auch noch genehmigen aufgrund der 10.000 € Verbindlichkeiten?

  • Gibt es hier vergleichbare Entscheidungen von Obergerichten?

  • Ist mir leider nichts bekannt. Ich stand auch noch nicht vor deinem Problem.

    Ab und an kam es in hiesigen Genehmigungsverfahren allerdings in vergleichbaren Konstellationen schon vor, dass der gesetzliche Vertreter von der gewünschten Genehmigung der EAS Abstand genommen hat bzw. von dieser nicht Gebrauch machte. Im Anhörungstermin hatte ich das Ergebnis der Ermittlungen mitgeteilt und die Genehmigungsfähigkeit mangels Überschuldung in Frage gestellt.

    Der Minderjährige wurde (Mit-)Erbe und das entsprechende Grundstück zeitnah veräußert. Darunter waren auch welche mit stark sanierungsbedürftigen Häusern. Ist diese Möglichkeit in deinem Fall ausgeschlossen?

  • Mir wurde in ähnlichem Fall die Genehmigung verweigert mit überraschendem Ergebnis: Ich konnte die Gläubiger nur auf die Vollstreckung in das Grundstück verweisen, da die Erbin kein weiteres Einkommen und Vermögen hatte. In Hinblick auf die erheblichen Kosten für die Vollstreckung fand sich kein Gläubiger, der das Geld investieren wollte. Nach angemessener Wartezeit habe ich die Gläubiger zu einem Vollstreckungsverzicht aufgefordert und die Erklärung dann auch erhalten. Was später daraus wurde weiß ich nicht, da die Pflegschaft sodann beendet wurde.

  • Abrisskosten von 50.000 € müssten auch hinterfragt werden. Bauschutt loszuwerden ist inzwischen ziemlich teuer geworden. Damit kann man sehr gestraft sein.
    Auch wenn einen Verkehrssicherungspflichten, kann das mitunter erhebliche laufende Kosten verursachen, besonders schmerzlich, wenn keine Einnahmen aus der Erbschaft verfügbar sind.

  • Wenn bisher kein Abriss erforderlich war, kann das warten bis zur Volljährigkeit und in Zusammenhang mit der Haftungsbeschränkung kalkuliert werden. Soweit ich mich erinnere, war die Eigentümer Haftpflicht sehr niedrig und wurde von der Mutter getragen, die Grundsteuer A war schon seit Jahren gestundet und blieb meiner Erinnerung nach gestundet.

  • Die Erforderlichkeit eines Abrisses ist natürlich eine subjektive Einschätzung. Zunächst muss man vom Stand der Schulden und dem Wert des Grundbesitzes ausgehen. Hinzu kommen die weiteren Nachteile wie z.B. die Verkehrssicherungspflicht und die Entfernung zum Objekt.


    Daher frage ich mich, ob in der Gesamtbetrachtung eine Genehmigung der Ausschlagung vertretbar wäre oder ob man eher auf die Werte abstellen sollte und die Genehmigung zu versagen ist.

  • Das ist immer eine Individualabwägung. Aus der Ferne lässt sich da schwer etwas raten, weil man nicht alle bekannten Fakten kennt.

    In ähnlichen Fällen habe ich aber schon Genehmigungen erteilt, weil mir das Risiko unterm Strich für das betroffene Kind zu hoch schien.

  • Wie alt ist das Kind? Ist es im Teenageralter und kann dir klar sagen, das es mit dem ganzen nichts zu tun haben will, würde ich genehmigen.

    Wie ist die Erbfolge? Wäre das Kind Alleinerbe oder nur Miterbe in einer noch ungeklärten Erbfolge der II. oder III. Ordnung.

    Die Schätzung von 50.000,00 € ist aus dem Jahr 2017, der Zustand des Hauses ist in der Zwischenzeit nicht besser geworden.

    Ich denke in solchen Konstellationen auch immer daran, ob ich meinem eigenen Kind ein solches unklares und mit vielen Verpflichtungen verbundenes Erbe antun möchte. Die Antwort ist definitiv nein.

    Ich hätte daher in bestimmten Fällen unter Abwägung des Für und Wider auch kein Problem, die Genehmigung zur Ausschlagung eines rein rechnerisch nicht überschuldeten Nachlasses zu erteilen.

  • Wie alt ist das Kind? Ist es im Teenageralter und kann dir klar sagen, das es mit dem ganzen nichts zu tun haben will, würde ich genehmigen.

    Wie ist die Erbfolge? Wäre das Kind Alleinerbe oder nur Miterbe in einer noch ungeklärten Erbfolge der II. oder III. Ordnung.

    Die Schätzung von 50.000,00 € ist aus dem Jahr 2017, der Zustand des Hauses ist in der Zwischenzeit nicht besser geworden.

    Ich denke in solchen Konstellationen auch immer daran, ob ich meinem eigenen Kind ein solches unklares und mit vielen Verpflichtungen verbundenes Erbe antun möchte. Die Antwort ist definitiv nein.

    Ich hätte daher in bestimmten Fällen unter Abwägung des Für und Wider auch kein Problem, die Genehmigung zur Ausschlagung eines rein rechnerisch nicht überschuldeten Nachlasses zu erteilen.

    Das Kind ist 12 Jahre alt. Könnte man es schon anhören und seinen Willen in die Entscheidung mit einbeziehen?

    Das Problem ist aber, dass sich die Mutter nicht kümmert. So hat Sie ja schon das Versäumen der Ausschlagungsfrist angefochten und auf die Bitte der telefonischen Kontaktaufnahme des Familiengerichts überhaupt nicht reagiert.

    Das Kind ist Miterbe zweiter Ordnung in einer Erbengemeinschaft mit einem oder weiteren Miterben zweiter Ordnung. Ob die Erbfolge abschließend geklärt ist, ist mir nicht bekannt.


  • ...
    Das Problem ist aber, dass sich die Mutter nicht kümmert. So hat Sie ja schon das Versäumen der Ausschlagungsfrist angefochten und auf die Bitte der telefonischen Kontaktaufnahme des Familiengerichts überhaupt nicht reagiert.

    Das Kind ist Miterbe zweiter Ordnung in einer Erbengemeinschaft mit einem oder weiteren Miterben zweiter Ordnung. Ob die Erbfolge abschließend geklärt ist, ist mir nicht bekannt.

    Wer ist denn der Kümmerer? Um ein Erbe anzunehmen braucht die Mutter doch keine Genehmigung.

    Eine Antwort auf cui bonoi gehört meiner Meinung nach in jeden Antrag, bei dem es um Nachlass mit Vermögen geht. Eine Genehmigung ohne Einsichtnahme in die Nachlassakte würde hier kein Rechtspfleger erteilen.


  • ...
    Das Problem ist aber, dass sich die Mutter nicht kümmert. So hat Sie ja schon das Versäumen der Ausschlagungsfrist angefochten und auf die Bitte der telefonischen Kontaktaufnahme des Familiengerichts überhaupt nicht reagiert.

    Das Kind ist Miterbe zweiter Ordnung in einer Erbengemeinschaft mit einem oder weiteren Miterben zweiter Ordnung. Ob die Erbfolge abschließend geklärt ist, ist mir nicht bekannt.

    Wer ist denn der Kümmerer? Um ein Erbe anzunehmen braucht die Mutter doch keine Genehmigung.

    Eine Antwort auf cui bonoi gehört meiner Meinung nach in jeden Antrag, bei dem es um Nachlass mit Vermögen geht. Eine Genehmigung ohne Einsichtnahme in die Nachlassakte würde hier kein Rechtspfleger erteilen.

    Der Kümmerer ist eine Erbin zweiten Grades, die Schwester des Erblassers. Das Kind, für das die Genehmigung beantragt wurde, ist die Enkelin eines Bruders des Erblassers, also eine Großnichte des Erblassers und somit ebenso Erbin zweiten Grades.

    Die Nachlassakte wurde vom Familiengericht eingesehen. Die abschließende Erbfolge hat sich hieraus aber noch nicht ergeben.

  • Hallo Greg

    Den Ausschlag sollte geben, ob dem Kind konkret ein Schaden entsteht, wenn es das Erbe antritt. Das Nicht-Kümmern der gesetzlichen Vertreterin bedarf keiner familiengerichtlichen Mitwirkung.

    Hat die Schwester des Erblassers das Erbe ausgeschlagen?
    Wäre die Erbfolge abgeschlossen, wenn das Kind das Erbe antritt?
    Hat das Kind weiteres Vermögen, welches vor den Gläubigern zu schützen wäre?

  • [quote='Moosi','RE: Genehmigung für Ausschlagung verschuldeter Nachlass Greg

    Den Ausschlag sollte geben, ob dem Kind konkret ein Schaden entsteht, wenn es das Erbe antritt. Das Nicht-Kümmern der gesetzlichen Vertreterin bedarf keiner familiengerichtlichen Mitwirkung.

    Hat die Schwester des Erblassers das Erbe ausgeschlagen? Nein.
    Wäre die Erbfolge abgeschlossen, wenn das Kind das Erbe antritt? Ist mir nicht bekannt.
    Hat das Kind weiteres Vermögen, welches vor den Gläubigern zu schützen wäre? Aufgrund der fehlenden Mitwirkung der allein sorgenberechtigten Mutter des Kindes, ist mir hierzu nichts bekannt./QUOTE]

    Aus meiner Sicht entsteht dem Kind ein konkreter Schaden dadurch, dass es durch die Ablehnung der Genehmigung Miterbe ist und sofort mit Forderungen in Höhe von insgesamt ca. 10.000,00 EUR belastet ist. Bei einem Teil der Forderungen ist bereits ein Rechtsanwalt aktiv, der auch schon seine Kosten als Forderung geltend macht. Die Forderungen lassen sich derzeit nicht begleichen, da der Nachlass über keine baren Mittel verfügt und sich die Immobilie nicht zeitnah verwerten lässt. Eine kurzfristige Vermietung der Immobilie ist aufgrund des Zustandes von dieser ausgeschlossen.

    Außerdem hat das Kind als Erbe eine (Mit-)Verkehrssicherungspflicht bezüglich der Immobilie sowie eine (Mit-)Pflicht zur Sicherung des Gebäudes gegen weiteren Verfall bzw. derzeit konkret die (Mit-)Pflicht eine Wintersicherung durchzuführen.

    Weiter besteht ein Nachteil als Erbe darin, dass die laufenden Kosten (Versicherungen, Grundsteuer, Abschlag für Wasser/Abwasser und Strom) grundsätzlich auch von dem Kind als Erbe zu tragen sind.

    Demgegenüber besteht die theoretische Möglichkeit, bei adäquater Verwertung der Immobilie, einen Überschuss von derzeit 20.000,00 EUR zu erhalten. Dies allerdings aber auch nur dann, wenn es bei der mir derzeit bekannten Erbfolge (Kind erbt 1/2 Anteil neben einem weiteren Erben zweiter Ordnung) verbleibt.

    Aufgrund des bisherigen Verhaltens der Mutter ist auch nicht davon auszugehen, dass diese sich um eine Haftungsbeschränkung o.ä. kümmern wird.

    Meines Erachtens überwiegen die Nachteile und ein konkreter Schaden könnte dem Kind durchaus entstehen.

    Was würdet ihr tun?

  • Wenn die Schwester des Erblassers das Erbe nicht ausgeschlagen hat, ist sie somit Erbin und kann sich um das Erbe kümmern. Die Gläubiger werden sich bei ihr nicht damit abfinden, dass sie kein weiteres Einkommen und Vermögen hat. Ihre Motivation, die Ausschlagung des potentiellen Miterben zu betreiben, wirkt auf mich wenig glaubwürdig. Auf die gesetzliche Vertreterin mag das ebenso wirken, sie mag es aber nicht laut sagen, weil sie mit dieser Verwandten ja zusammenarbeiten müsste. Um was hätte sie sich kümmern sollen, wenn sie das Erbe nicht ausschlagen wollte?

  • Wenn die Schwester des Erblassers das Erbe nicht ausgeschlagen hat, ist sie somit Erbin und kann sich um das Erbe kümmern. Die Gläubiger werden sich bei ihr nicht damit abfinden, dass sie kein weiteres Einkommen und Vermögen hat. Ihre Motivation, die Ausschlagung des potentiellen Miterben zu betreiben, wirkt auf mich wenig glaubwürdig. Auf die gesetzliche Vertreterin mag das ebenso wirken, sie mag es aber nicht laut sagen, weil sie mit dieser Verwandten ja zusammenarbeiten müsste. Um was hätte sie sich kümmern sollen, wenn sie das Erbe nicht ausschlagen wollte?

    Da hast du natürlich recht. Mir ist das auch schon aufgefallen. Andererseits befindet sich in der Nachlassakte auch ein Schreiben der Schwester des Erblassers an die Mutter des Minderjährigen, in dem sie die Mutter auffordert sich endlich zu erklären, ob das Erbe angenommen oder ausgeschlagen wird. Offensichtlich hat die Schwester des Erblassers auch kein Problem damit einen Miterben zu haben. Sie möchte die Erbfolge eben nur geklärt haben.

    Aus meiner Sicht habe ich aber alles ermittelt, was es zu ermitteln gab. Die Motivation der Schwester des Erblassers ist für die Beurteilung des Kindeswohls für mich nicht ausschlaggebend. Hier zählt alleine das Kindeswohl.

    In der Gesamtschau ergeben sich nach meiner Ansicht für das Kind mehr Nachteile als Vorteile.

    Was würdest du tun?

    Einmal editiert, zuletzt von greg (15. November 2020 um 13:26)

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