Nach zwei Anspruchsbegr u. Verbindung der Verfahren 1 oder 2 Verfahrensgebühren?

  • Hallo,

    folgendes Problem habe ich bei der Erstellung eines Kostenausgleichantrages und der Richter, mit dem ich gerade gesprochen habe, weiß die Lösung auch nicht.

    Ich habe als Anwalt zwei Mandate (identische Parteien - beides Kaufleute) angenommen.

    Ca. 30 Forderungen (Gegenstandswert ca. 73.000 €) machte ich außergerichtlich geltend und da nicht gezahlt wurde, wurde ein Mahnbescheid beantragt.

    Bezüglich ca. 20 weiteren Forderungen (Gegenstandswert ca. 47.000 €) beantragte ich ein paar Wochen später sofort einen Mahnbescheid.

    Die Mandantschaft hatte Angst vor der Insolvenz ihrer Vertragspartnerin und wollte nicht warten, bis die spätere Beklagte bezüglich der weiteren Forderungen in Zahlungsverzug geraten ist.

    Gegen beide Mahnbescheidsanträge legte die Beklagte Widerspruch ein.

    So fertigte ich zwei Anspruchsbegründungen. Als beide Verfahren ein Aktenzeichen hatten beantragte ich die Verbindung.

    Mittlerweile haben sich die Parteien verglichen, ein Beschluss bezüglich des Streitwertes ist ergangen.

    Formulierung: "Der Streitwert wird für das Mahnverfahren X auf 73.000 € und für das Mahnverfahren Y auf 47.000 € für das vor dem Landgericht verbunden Streitverfahren für den Zeitraum bis 1.4.2020 auf 80.000 € und ab dem 20. September auf 20.000 € festgesetzt" (Die Beklagte hat immer mal wieder verschiedene Rechnungen beglichen, sodass der Streitwert stetig sank.)

    [FONT=&amp]Vielen Dank, der bisher mit gelesen hat, jetzt kommt die Frage.[/FONT]

    Sind durch zwei separate Anspruchsbegründungen die Verfahrensgebühren getrennt Kostenausgleichsantrag zu beantragen? Es macht einen Unterschied, ob man Verfahrensgebühren von 81.000 € (1843,40 € ) annimmt oder von 54.000 € und 27.000 € (insgesamt 2744,30 €).

    Ich gehe davon aus, dass die getrennten Verfahrensgebühren zu beantragen sind. Denn ich muss mir auch zweimal 1,0 Mahnbescheids Gebühren in Höhe von (1333 € + 1163 € = 2496 €) abziehen lassen. Bei einer verbundenen Verfahrensgebühr von 1843,40 € wäre das ein Verlustgeschäft in Höhe von 652,60 €.

    Somit wären Richter (ich erzählte ihm, dass ich das Forum um Hilfe bitten werde) und Anwalt mal wieder für Meinungen und noch besser Urteile oder Kommentarstellen dankbar.

    Vielen Dank!

  • Ich meine, dass hier zwei Verfahrensgebühren angefallen sind.

    Jetzt kommt aber die Korrektur dieses Ergebnisses:

    Sollte gegenüber dem Mandanten abgerechnet werden, müsste man sich fragen, ob diesem durch die getrennte (nicht sachgerechte) Geltendmachung in zwei getrennten Mahnverfahren dadurch ein Schaden entseht, dass die zu zahlenden Gebühren höher als bei einem einzigen Mahnverfahren sind. Da das getrennte Vorgehen hier wohl begründeter Wille des Mandanten war, muss er auch alle Verfahrensgebühren einzeln zahlen.

    Gleiches gilt bei der Frage, inwieweit die Gegenseite die angefallen Kosten zu tragen hat. Wenn aus deren Sicht nur Veranlassung eines einzigen Mahnverfahrens gab, werden die darüber hinausgehenden Gebühren nicht notwendig und damit nicht erstattungsfähig sein. Diese bleiben dann (zu Recht - wer Mahnverfahren bestellt, der bezahlt auch) bei dem Antragsteller.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Sind Gebührentatbestände jeweils sowohl vor als auch nach der Verbindung entstanden, steht dem Rechtsanwalt ein Wahlrecht zu, ob er die Gebühren aus den Einzelwerten der verschiedenen Verfahren oder die Gebühr aus dem Gesamtwert nach der Verbindung verlangt (BGH, Beschl. v. 14.04.2010 - IV ZB 6/09; BGH, Beschl. v. 10.05.2010 - II ZB 14/09).

    Zur Erstattung durch die Gegenseite: BGH, Beschl. v. 10.05.2010 - II ZB 14/09, Rn. 26f.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Sind Gebührentatbestände jeweils sowohl vor als auch nach der Verbindung entstanden, steht dem Rechtsanwalt ein Wahlrecht zu, ob er die Gebühren aus den Einzelwerten der verschiedenen Verfahren oder die Gebühr aus dem Gesamtwert nach der Verbindung verlangt (BGH, Beschl. v. 14.04.2010 - IV ZB 6/09; BGH, Beschl. v. 10.05.2010 - II ZB 14/09).

    Zur Erstattung durch die Gegenseite: BGH, Beschl. v. 10.05.2010 - II ZB 14/09, Rn. 26f.

    Absolut richtig :D

    JanausL: So eine Frage sollte man eher dem Rechtspfleger des Gerichts stellen. Richter haben damit eigentlich kaum Berührungspunkte, da es eine Kostenfestsetzungsproblematik ist. ;)

  • Wie die Vorredner. Das hier allerdings


    Ich gehe davon aus, dass die getrennten Verfahrensgebühren zu beantragen sind. Denn ich muss mir auch zweimal 1,0 Mahnbescheids Gebühren in Höhe von (1333 € + 1163 € = 2496 €) abziehen lassen. Bei einer verbundenen Verfahrensgebühr von 1843,40 € wäre das ein Verlustgeschäft in Höhe von 652,60 €.
    Vielen Dank!

    hast Du laut BGH, Beschluss vom 28.02.2017, I ZB 55/16 (nicht in Deinem Fall, aber bei Anrechnung mehrerer GG auf nur eine nachfolgende Verfahrensgebühr) hinzunehmen, und zwar auch bis zum völligen Wegfall der nachfolgenden Gebühr.

    Btw: So eine Frage kann man auch gut im Nachbarforum stellen. :cool: Womit ich Dich nicht abwerben will, aber dort sind die ReFAs die tagtäglich solche Abrechnungen fertigen.

    https://www.foreno.de/viewtopic.php?t=83996

  • Sind Gebührentatbestände jeweils sowohl vor als auch nach der Verbindung entstanden, steht dem Rechtsanwalt ein Wahlrecht zu, ob er die Gebühren aus den Einzelwerten der verschiedenen Verfahren oder die Gebühr aus dem Gesamtwert nach der Verbindung verlangt (BGH, Beschl. v. 14.04.2010 - IV ZB 6/09; BGH, Beschl. v. 10.05.2010 - II ZB 14/09).

    Zur Erstattung durch die Gegenseite: BGH, Beschl. v. 10.05.2010 - II ZB 14/09, Rn. 26f.

    Vielen Dank. Dann müsste ich konsequenterweise auch die Termins- und Einigungsgebühr aus den getrennten Verfahren festsetzen lassen? So lese ich es. Oder getrennte Verfahrensgebühr und verbundene Termins- und Einigungsgebühr? Das wäre dann sowohl, als auch. So hätte ich es gemacht.

  • Nee, das steht schon genau so da. "Gebühren" meint in diesem Fall auch noch mal "Gebührentatbestände". Wenn die einzelne Gebühr vor Verbindung noch gar nicht angefallen ist, dann kann sie auch nicht in dem Verfahren vor Verbindung geltend gemacht werden.

  • Nee, das steht schon genau so da. "Gebühren" meint in diesem Fall auch noch mal "Gebührentatbestände". Wenn die einzelne Gebühr vor Verbindung noch gar nicht angefallen ist, dann kann sie auch nicht in dem Verfahren vor Verbindung geltend gemacht werden.

    "jeweils sowohl vor als auch nach der Verbindung entstanden. Dann bräuchte man das "nach" gar nicht erwähnen.

  • Dochdoch. Wenn der Gebührentatbestand nicht vor und nach Verbindung angefallen ist, hat man kein Wahlrecht. Dann muss man ihn halt da abrechnen, wo er angefallen ist.

    Außerdem ist das ein Leitsatz, der nur genau den streitigen Fall entscheidet. Hier war das Gebührenanfall vor und nach Verbindung.

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