Zwangsweise Heimunterbringung

  • Hallo,

    ein Betreuter , der im Heim nach einem Unfall lebt, möchte unbedingt in seiner häuslichen Umgebung versorgt werden und widerspricht auch einer Wohnungskündigung.
    Das Genehmigungsverfahren befindet sich bereits in der Beschwerde.

    Nach den ärztlichen Stellungnahme ist aber eine Rückkehr in die eigene Wohnung nicht vertretbar.
    Bedarf es einer richterlichen Genehmigung, wenn jemand sozusagen "zwangsweise " in einem offenen Heim untergebracht wird ?

  • Die Frage ist doch, ob er aus dem Haus wegrennt oder sonstwie in seiner Freiheit beschränkt wird. Ansonsten wären wir bei § 1906 BGB. Entsprechend mit Richter.

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  • Bedarf es einer richterlichen Genehmigung, wenn jemand sozusagen "zwangsweise " in einem offenen Heim untergebracht wird ?

    Zwangsweise in einem offenen Heim sieht § 1906 BGB nicht vor. Deshalb kann eine solche Genehmigung auch nicht erteilt werden.

    § 1906 BGB sieht nur das „wegsperren“ des Betroffenen vor.

    Die „sanfte Unterbringung“ könnte die Genehmigung der Wohnungskündigung und die darauf folgende Kündigung durch den Betreuer sein. Mit Folgen für den Betroffenen (Zwangsräumung) und den Betreuer (wenn der Betroffene nicht freiwillig in ein Heim geht und dort auch freiwillig bleibt).

    Welcher Rechtspfleger erteilt bei solchem Sachverhalt eine Genehmigung nach § 1907 BGB? Wo soll den der Betroffene nach erfolgter Kündigung bleiben? Ich würde hier i.S. von § 1907 BGB eine Kündigung nur dann Genehmigen, wenn eine Umterbringung i.S. von § 1906 BGB bereits genehmigt und damit ggf. sichergestellt ist.

  • Hallo,

    eine Genehmigung nach § 1906 BGB wird der Richter aber nicht erteilen, da der Betroffene ja gar nicht wegläuft.... und die Wohnung kann ich doch nicht für alle Zeiten bestehen lassen...

  • Das Problem ist doch, dass der Betroffene nicht freiwillig im Heim bleiben möchte, in seine Wohnung zurückkehren möchte und deshalb einer Kündigung widerspricht.

    Hast du einen Verfahrenspfleger bestellt, oder kann der Betroffene seine Rechte im Genehmigungsverfahren selbst wahrnehmen?

    Wenn du der Meinung bist, der Betroffene könne seine Rechte selbst wahrnehmen, dann wirst du auch dem Willen des Betroffenen folgen können und -zumindest für die nächsten Monate- den Genehmigungsantrag zurückstellen. Soll der Betroffene dir beweisen, dass er in seine bisherige Wohnung zurückkehren kann.

    Wenn du einen Verfahrenspfleger bestellt hast, soll dieser den Willen des Betroffenen ins Verfahren einbringen.

    Was sagt der Betreuer zur Rückkehr des Betroffenen in seine bisherige Wohnung? Woran scheitert die Rückkehr? Am Wollen des Betreuers? Am Können des Betroffenen? An den Finanzen?

  • Hallo,

    ein Betreuter , der im Heim nach einem Unfall lebt, möchte unbedingt in seiner häuslichen Umgebung versorgt werden und widerspricht auch einer Wohnungskündigung.
    Das Genehmigungsverfahren befindet sich bereits in der Beschwerde.

    ...

    Deine Gedanken in allen Ehren, aber vielleicht solltest du den Ausgang des Beschwerdeverfahrens erst einmal abwarten? :gruebel:

    (Wie hattest du denn überhaupt entschieden?)

  • Hallo,

    ein Betreuter , der im Heim nach einem Unfall lebt, möchte unbedingt in seiner häuslichen Umgebung versorgt werden und widerspricht auch einer Wohnungskündigung.
    Das Genehmigungsverfahren befindet sich bereits in der Beschwerde.

    Nach den ärztlichen Stellungnahme ist aber eine Rückkehr in die eigene Wohnung nicht vertretbar.
    Bedarf es einer richterlichen Genehmigung, wenn jemand sozusagen "zwangsweise " in einem offenen Heim untergebracht wird ?

    Ja, bedarf es. Aber das ist sehr schwierig. Wenn er die Eigengefahr realistisch beurteilen kann, also in diesem Punkt noch entscheidungsfähig ist, dürfte ein Richter keinen Beschluss erlassen, welcher seine Freiheit beschränkt,bzw. entzieht. Das ist in der Praxis ein häufiges Problem. Manchmal geben die Richter Gutachten in Auftrag. Der Gesetzgeber erlaubt die Eigengefährdung, wenn die Person die Gefahr für sich selbst realistisch einschätzen kann.

    Ich hatte kürzlich gerade wieder solch einen Fall. Habe in diesem Fall die häusliche Versorgung durch einen ambulanten Pflegedienst und den rollenden Mittagstisch sichergestellt. Habe auch Kontakt mit dem behandelten Arzt. Mehr konnte ich dann nicht tun. Klappt aber allerdings gerade noch grenzwertig.

  • Manchmal geben die Richter Gutachten in Auftrag.

    Immer! Unterbringung ohne vorliegendes medizinisches Gutachten ist nicht zulässig.

    und ja: man hat ein Recht sich selbst zu schädigen. Man muss es nur willentlich tun.

    Ich darf Zigaretten und Alkohol kaufen.

    ich darf in Risikogebieten Urlaub machen.

    ich darf sogar Drogen einnehmen - sie nur nicht besitzen.

    Das OLG Rostock hat entschieden:
    ich darf mich zu Tode saufen, muss es aber nur willentlich tun. Und der Staat darf mich hiervon nicht abhalten (verkürzt wiedergegeben). Deshalb wurde die angeordnete Betreuung für einen sog. „Trinker“ aufgehoben.

    Und wer sich in seinen vier Wänden bewusst einer Gefahr hingibt und nicht freiwillig ins Heim geht, wird nicht untergebracht -und schon gar nicht in einem offenen Heim- und braucht evtl. sogar nicht einmal einen Betreuer. Zumindest nicht, wenn er an keiner Erkrankung i.S. des § 1896 Abs. 1 BGB leidet oder einen freien Willen hat.

    Wenn das neue Betreuungsgesetz Gesetz werden sollte, wird es zu keiner Unterbringung des Betreuten und auch zu keiner Genehmigung der Wohnungskündigung im Fall des Themenstarters mehr kommen, da dem Gericht künftig engere Grenzen gezogen werden. Wir nähern uns mit unserem Betreuungsrecht den Leitzielen der UN-Menschenrechtskonvention.

    Dem Betroffen helfen, ihm Unterstützung zukommen lassen - und ihn nicht bevormunden.

    Wit haben die Vormundschaft bisher nicht abgeschafft, sondern ihr nur einen anderen Namen gegeben.

  • Aber auf welcher Vorschrift könnte der Richter denn die "Unterbringung " genehmigen, da ja keine geschlossene Unterbringung vorliegt ? Ist § 1906 BGB analog anwendbar ?
    Mein Richter sagt, der Betreuer habe ja schließlich die Aufenthaltsbestimmung und der Betroffene sei ja nicht eingesperrt; also keine Genehmigungserfordernis.

  • Wit haben die Vormundschaft bisher nicht abgeschafft, sondern ihr nur einen anderen Namen gegeben.


    Ich finde Deine stete stringente und praktikable Auslegung und Anwendung des Betreuungsrecht für sehr gut, hier muss ich Dir aber widersprechen.

    Mit der Einführung der Rechtlichen Betreuung 1992 wurde alles zur Beendigung der Vormundschaft im Erwachsenenrecht gesetzlich geregelt. Dieses ganze Gezeter der Behindertenverbände, hier sogar vertreten durch den BdB und der VN-Behinderten Konvention bräuchte es nicht, wenn das Gesetz, in welchem alles drinsteht, einfach nur konsequent angewendet würde. Kosmetische Änderungen aus der Praxis heraus sind dabei natürlich ausgenommen.

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  • Dieses ganze Gezeter der Behindertenverbände, hier sogar vertreten durch den BdB und der VN-Behinderten Konvention bräuchte es nicht, wenn das Gesetz, in welchem alles drinsteht, einfach nur konsequent angewendet würde. Kosmetische Änderungen aus der Praxis heraus sind dabei natürlich ausgenommen.

    Wir sind aber diejenigen, die das -bisher geltende Gesetz- nicht stringent anwenden, weil wir -Gericht und Betreuer- die Rechtsstellung des Betroffenen im Betreuungsverfahren immer noch eher in Richtung ehemaligem Vormundschaftsverfahren sehen.

    Wenn ein Berufsbetreuer einem Betroffenen schreibt, der Betroffene könne bei angeordneter Betreuung selbst nicht handeln, obwohl kein Einwilligungsvorbehalt angeordnet ist, ...

    Deswegen werden die Betreutenrechte vermutlich im neuen Betreuungsrecht -massiv- gestärkt, indem es z.B. viel mehr Anhörungen geben soll.

    Wir -Gericht und Betreuer- sind diejenigen, die mit dem neuen Betreuungsrecht vor allem angesprochen werden.

  • Aber auf welcher Vorschrift könnte der Richter denn die "Unterbringung " genehmigen, da ja keine geschlossene Unterbringung vorliegt ? Ist § 1906 BGB analog anwendbar ? Mein Richter sagt, der Betreuer habe ja schließlich die Aufenthaltsbestimmung und der Betroffene sei ja nicht eingesperrt; also keine Genehmigungserfordernis.

    Auf keine. In diesem Bereich gibt es keine Analogie. Geschlossene Unterbringung in einer offenen Einrichtung gibt es nicht. Der Richter hat Recht. Ohne Unterbringung keine Genehmigung.

  • Ich hänge mich hier mal ran. Die Betreuerin teilt mit, dass der Betroffene nicht mehr im Heim bleiben, sondern in sein unbewohnbares Haus zurück kehren möchte. Sie bittet um Stellungnahme. Aus dem ärztlichen Gutachten von August 2021 geht hervor, dass der Betroffene in dem Haus nicht wohnfähig ist. Der Gesundheitszustand des Betroffenen hat sich mittlerweile etwas verbessert. Dementielle Einschränkungen sind vorhanden. Das Haus ist unbewohnbar und der Betroffene verkennt seine Situation. Ein Pflegedienst kann auf Grund der mangelnden Mitarbeit des Betroffenen nicht organisiert werden. Das Haus soll verkauft werden, um die Heimkosten zu decken.
    Der Betreuerin wurde empfohlen, weiter auf den Betroffenen einzuwirken, damit er in der Einrichtung bleibt. Welche Hinweise könnte man der Betreuerin noch geben?

  • Ich hänge mich hier mal ran. Die Betreuerin teilt mit, dass der Betroffene nicht mehr im Heim bleiben, sondern in sein unbewohnbares Haus zurück kehren möchte. Sie bittet um Stellungnahme. Aus dem ärztlichen Gutachten von August 2021 geht hervor, dass der Betroffene in dem Haus nicht wohnfähig ist. Der Gesundheitszustand des Betroffenen hat sich mittlerweile etwas verbessert. Dementielle Einschränkungen sind vorhanden. Das Haus ist unbewohnbar und der Betroffene verkennt seine Situation. Ein Pflegedienst kann auf Grund der mangelnden Mitarbeit des Betroffenen nicht organisiert werden. Das Haus soll verkauft werden, um die Heimkosten zu decken.
    Der Betreuerin wurde empfohlen, weiter auf den Betroffenen einzuwirken, damit er in der Einrichtung bleibt. Welche Hinweise könnte man der Betreuerin noch geben?

    M.E. sollte die Betroffene einen Unterbringungsantrag stellen. Erhält sie die Genehmigung kann sie ggf. ein Heim suchen, in dem der Betroffene untergebracht werden kann.

    Das mit der Einwirkung auf den Betroffenen, dass er in der Einrichtung bleibt, ist so eine Sache. Wenn er einfach geht, hat die Betreuerin ein tatsächliches Problem. Und die Einrichtung wird den Betroffenen nicht gegen seinen Willen zurückhalten.

    Lehnt der Richter die Unterbringung ab, dann sind der Betreuerin die Hände gebunden. Wenn der Betroffene dann die Einrichtung verlässt, dann muss er ggf. selbst die Konsequenzen aus seinem Handeln tragen. Die Betreuerin hat mit dem Antrag auf Genehmigung der Unterbringung alles getan, was sie tun kann.

    Was heißt eigentlich: "Sie bittet um Stellungnahme". Zu was soll das Gericht Stellung nehmen? Oder will die Betreuerin, dass ihr das Gericht den Weg zeigt? Ich halte hier Weisungen/Stellungnahmen des Gerichts für etwas problematisch. Es sieht so aus, als ob die Betreuerin ihr Leid dem Gericht vorträgt und erwartet, dass ihr das Gericht die Lösung vorschlägt.

  • Einen konkreten Lösungsvorschlag wird es in so einer Situation nicht geben, da das Betreuungsgericht hierzu nicht befugt ist. Es wird hier nicht viel weitergehen dürfen als das wohl bereits erfolgte Aufzeigen der Rechtslage und allgemein gehaltene Aussagen.

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