3 Angelegenheiten oder 1

  • Hallöchen liebe Kollegen,

    ich bin relativ neu in der Beratungshilfe und habe folgenden Sachverhalt,

    ein Rechtsanwalt reicht 3 Anträge ein - Widerspruch gegen Bewilliungsbescheid vom 6.10... Zeitraum vom ... bis ...
    Die Bescheide sind jeweils vom 6.10 nur die Zeiträume sind unterschiedlich.

    Der Anwalt hat auch immer dassselbe Widerspruchsschreiben genutzt.

    Bin mir unsicher, ob ich es hier um eine Angelegenheit oder drei handelt. Hat da jmd. Erfahrungen oder kann mir helfen?

    Danke:gruebel:

  • Aus dem Bauch: eine

    aber der Sachverhalt gibt leider gerade nicht viel her..

    Unabhängig davon ist die Anzahl der erteilten Scheine nicht mit den Angelegenheiten gleichzusetzen.
    Die Überprüfung der Anzahl der Angelegenheiten erfolgt im Vergütungsverfahren.

  • Habe in solchen Verfahren immer einen Schein erteilt "Widerspruch gg. die Bescheide vom 06.10.2020 (Zeitraum A, Zeitraum B, Zeitraum C)". Der Anwalt kann m.E. für alle drei Bescheide abrechnen (3 Angelegenheiten), da für jeden Bescheid ein gesonderter Widerspruch eingelegt werden musste. Das dieser sich nunmehr im Wortlaut gleicht - naja... Manche stellen sich auf den Standpunkt Beratungshilfe nur für den Widerspruch gegen einen Bescheid zu bewilligen. Die restlichen Widersprüche könnte dann der Ast. mit Hilfe des Widerspruchschreibens des RA selbst verfassen. Dieser Auffassung habe ich mich allerdings nie angeschlossen!

  • Habe in solchen Verfahren immer einen Schein erteilt "Widerspruch gg. die Bescheide vom 06.10.2020 (Zeitraum A, Zeitraum B, Zeitraum C)". Der Anwalt kann m.E. für alle drei Bescheide abrechnen (3 Angelegenheiten), da für jeden Bescheid ein gesonderter Widerspruch eingelegt werden musste. ....

    Das kann m. E. nicht das Entscheidende sei.

    Wenn wie hier jeweils ein - bis auf den Zeitraum ggf. - inhaltsgleicher Widerspruch eingelegt werden konnte, lag hinsichtlich aller Bescheide offenbar das gleiche Problem vor (z. B. nicht volle Berücksichtigung der Wohnkosten).

    Daher tendiere ich zu einer Angelegenheit.


  • Wenn wie hier jeweils ein - bis auf den Zeitraum ggf. - inhaltsgleicher Widerspruch eingelegt werden konnte, lag hinsichtlich aller Bescheide offenbar das gleiche Problem vor (z. B. nicht volle Berücksichtigung der Wohnkosten).

    Daher tendiere ich zu einer Angelegenheit.

    Sehe ich auch so. Es gibt nicht die drei Angelegenheiten "Bescheid A", Bescheid B" und "Bescheid C", sondern eine Angelegenheit, bei der es sich z.B. um die Angemessenheit der Wohnkosten handeln könnte oder um die Anrechnung von Einkommen oder was auch immer das Problem war.

  • In meinen Augen auch eine gebührenrechtliche Angelegenheit ( unter diesem Stichwort findest du einiges im Forum ), die mehrere Gegenstände umfasst.

    Eine gebührenrechtliche Angelegenheit liegt vor, wenn:
    1. Einheitlicher Auftrag ( davon ist auszugehen)
    2. Gleiche Verfahrensweise ( Ja, Widerspruch gegen jeden Bescheid)
    3. Innerer Sachzusammenhang zwischen den Verfahren ( Ja, es geht in allen Bescheiden um das gleiche Problem )

    Habe ich schon oft so entschieden. Wie gesagt, schau nochmal im Forum, da gibt es auch Textbausteine :)


  • Wenn wie hier jeweils ein - bis auf den Zeitraum ggf. - inhaltsgleicher Widerspruch eingelegt werden konnte, lag hinsichtlich aller Bescheide offenbar das gleiche Problem vor (z. B. nicht volle Berücksichtigung der Wohnkosten).

    Daher tendiere ich zu einer Angelegenheit.

    Sehe ich auch so. Es gibt nicht die drei Angelegenheiten "Bescheid A", Bescheid B" und "Bescheid C", sondern eine Angelegenheit, bei der es sich z.B. um die Angemessenheit der Wohnkosten handeln könnte oder um die Anrechnung von Einkommen oder was auch immer das Problem war.

    :meinung:

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Gebührenrechtlich sind es drei Angelegenheiten. Drei Bescheide, drei Widersprüche, drei Widerspruchsentscheidungen, drei Klagen. Die können vom Gericht verbunden werden zur gemeinsamen Entscheidung. Aber es sind drei gebührenrechtliche Angelegenheiten.

    Nur in der Beratungshilfe wird es als eine Angelegenheit behandelt.

  • Manche stellen sich auf den Standpunkt Beratungshilfe nur für den Widerspruch gegen einen Bescheid zu bewilligen. Die restlichen Widersprüche könnte dann der Ast. mit Hilfe des Widerspruchschreibens des RA selbst verfassen. Dieser Auffassung habe ich mich allerdings nie angeschlossen!

    BTW: Die Frage sei aber schon erlaubt, was der Selbstzahler machen würde, wenn er drei inhaltsgleiche Bescheide bekäme. Einen Anwalt aufsuchen und für jeden Bescheid extra Widerspruch einlegen lassen und auch drei Gebühren bezahlen???

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Habe auch mal die gleiche Auffassung wie die Kollegen vertreten. Wurde dann regelmäßig von der Richterschaft aufgehoben, von daher mache ich mir da keine all zu großen Gedanken mehr. Dessen ungeachtet ist es nicht Aufgabe des Rechtspflegers zum Zeitpunkt der Bewilligung zu entscheiden wie viele Angelegenheiten vorliegen. Unabhängig davon ob 1 oder 3 Scheine erteilt werden, obliegt es dem Kostenbeamten bei der Abrechnung festzustellen, wie viele Angelegenheiten vorliegen. :daumenrau Das es in einer solchen Konstellation dann zu Rückfragen beim Rechtspfleger kommt, ist natürlich auch klar.

    Wie Adora Belle bereits geschrieben hat - es liegen drei verschiedene Angelegenheiten vor. OB für alle drei Angelegenheiten Beratungshilfe zu bewilligen ist - darüber mag man vortrefflich streiten können. :)

  • Ich finde schon, dass es in diesem Fall auch im Bewilligungsverfahren zu prüfen wäre, ob eine oder mehrere Angelegenheiten vorliegen.

    Geht man von einer Angelegenheit aus, bewilligt man einmal für "Angemessenheit der Wohnkosten" (oder was auch immer das Problem der drei Bescheide sein mag) und hat fertig.
    Geht man von drei Angelegenheiten aus, wäre zu prüfen, ob man nicht für 2 der 3 Angelegenheiten entgegen der Auffassung von Matze (aber nach der Auffassung von Patweazle) im Rahmen der Mutwilligkeitsprüfung darauf kommt, dass ja ein "unechtes Musterverfahren" vorliegt.

    Matze würde für drei Angelegenheiten bewilligen, wenn es drei Angelegenheiten sind - ich nicht. Und in diesem Fall finde ich es wegen der Frage der Mutwilligkeit, die bewilligungsentscheidend wäre, nicht richtig, die Prüfung der Anzahl der Angelegenheiten auf das Verfahren über die Gebührenfestsetzung zu verlagern. Damit erspart man sich die Rückfragen des KB (und erleichtert ihm damit die Arbeit) und kann schon im Bewilligungsverfahren Klarheit für Antragsteller und Anwalt schaffen.

    (Natürlich stellt sich dann die Frage, welche Angelegenheit man als "das Muster" ansieht und welche dann nicht mehr, da bereits Widerspruch in allen drei Angelegenheiten erhoben wurde. Aber das ist eine andere Baustelle.)

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Habe auch mal die gleiche Auffassung wie die Kollegen vertreten. Wurde dann regelmäßig von der Richterschaft aufgehoben, von daher mache ich mir da keine all zu großen Gedanken mehr. Dessen ungeachtet ist es nicht Aufgabe des Rechtspflegers zum Zeitpunkt der Bewilligung zu entscheiden wie viele Angelegenheiten vorliegen. Unabhängig davon ob 1 oder 3 Scheine erteilt werden, obliegt es dem Kostenbeamten bei der Abrechnung festzustellen, wie viele Angelegenheiten vorliegen. :daumenrau Das es in einer solchen Konstellation dann zu Rückfragen beim Rechtspfleger kommt, ist natürlich auch klar.

    Das finde ich immer schade, wenn die Richter einen immer wieder trotz guten Gründen aufheben. Da kann man schon einmal den gefühlten Kampf gegen Windmühlen aufgeben.

    Ich kenne das selbst gerade bei der Frage der Angelegenheiten. Ich wurde auch immer wieder von einem neuen Erinnerungsrichter aufgehoben, habe aber an meiner Linie festgehalten, weil ich das Motto "alles für alle" nicht gutheißen konnte - der Richter hat ja hinterher auch nicht die Arbeit mit der Festsetzung. Ich habe es trotzdem eher sportlich genommen, weil ich meine Argumente rechtlich für sicherer gehalten habe als die laxe Einstellung meines Richters. Dann haben die Erinnerungsführer halt Glück gehabt. Manche Anwälte haben das natürlich mitbekommen und immer Erinnerung eingelegt (selbst wenn ich mangels Bedürftigkeit abgelehnt habe). Dann hatte der Richter plötzlich sehr viel Arbeit und hat zugesehen, dass er ein anderes Referat erhält. Der nächste hat dann meine Argumente übernommen.

    Allerdings finde ich schon, dass bei der Scheinerteilung darauf zu achten ist, dass anhand der Anzahl der Berechtigungsscheine und der Bezeichnung der Angelegenheiten klar ist, wofür es was und wieviel gibt. Das Ergebnis, dass für drei Angelegenheiten Scheine erteilt werden und dann in der Vergütungsfestsetzung aber weniger Angelegenheiten erkannt werden, finde ich etwas schräg. Das ist wenig bürger- und anwaltsfreundlich. Der Rechtsverkehr sollte sich schon darauf verlassen können, dass Beratung und Abrechnung aufgrund der erteilten Scheine erfolgen können.
    Lediglich in wenigen Ausnahmefällen sollte es so sein, dass sich der Sachverhalt bei der Festsetzung anders darstellt, als bei Antragstellung. Das ist doch die Aufgabe des Rechtspflegers bei Entscheidung über den Antrag auf Beratungshilfe, den Sachverhalt herauszufinden und zu bewerten. Wenn ich die "Kundschaft" vor mir sitzen habe, ist es doch auch leichter, den Sachverhalt aufzuklären als hinterher schriftlich in der Festsetzung....
    Aber gut, jeder wie er mag.

  • Ich denke auch, dass die Anzahl der Angelegenheiten schon im Bewilligungsverfahren zu prüfen ist. Wenn ich 3 Scheine erteile, geht meine Kostenbeamtin doch davon aus, dass ich 3 Angelegenheiten meine und zahlt dementsprechend aus. Wer käme da auf die Idee, dass ich für 1x Gebühren abrechnen 3 Scheine erstellen würde?

  • Ein Kostenbeamter für die BerH-Festsetzung? *träum* :habenw

    Das macht dann jemand vom mD oder gD?

    Bei uns ist das alles aus einer Hand: Wer den Schein erteilt, der setzt auch fest.

    Hier ist die Festsetzung der Gebühren Sache meiner Serviceeinheit (ehem. mittlerer Dienst). Sie ist Angestellte und bekommt dafür irgendeine besondere Zulage.

  • An hiesigen Gerichten setzt die Vergütung derjenige fest, der auch bewilligt hat, also jemand vom gD.

    Wie die Vorposter bin ich auch der Meinung, dass die Anzahl der erteilten Scheine grundsätzlich die Anzahl der späteren Vergütungsanträge vorgibt bzw. vorgeben sollte.
    Ich finde es schwer zu begründen, im Beispielfall drei Scheine zu erteilen, um dann bei der Vergütung zu sagen, dass es ja doch alles eine Angelegenheit sei und Anspruch auf Vergütung nur ein Mal bestehe.

  • Wenn aufgrund eines einheitlichen Problems BerH beantragt wird, erteile ich auch nur einen Schein (z.B. rechtliche Folgen der Trennung und Scheidung oder Bewilligung von Leistungen nach dem SGB ..."genaues Problem"... insbesondere Bescheid(e) vom).

    Um wie viele Angelegenheiten es sich gebührenrechtlich handelt, entscheidet die für die Vergütung zuständige Kollegin.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • An hiesigen Gerichten setzt die Vergütung derjenige fest, der auch bewilligt hat, also jemand vom gD.

    Wie die Vorposter bin ich auch der Meinung, dass die Anzahl der erteilten Scheine grundsätzlich die Anzahl der späteren Vergütungsanträge vorgibt bzw. vorgeben sollte.
    Ich finde es schwer zu begründen, im Beispielfall drei Scheine zu erteilen, um dann bei der Vergütung zu sagen, dass es ja doch alles eine Angelegenheit sei und Anspruch auf Vergütung nur ein Mal bestehe.


    Dass die so sein sollte, ja.

    Wenn ich alle Anträge alleine bearbeite, versuche ich es auch so zu handhaben.

    Es gab aber auch Zeiten, da haben zwei Kollegen Beratungshilfe bearbeitet und für (im Nachhinein) eine Angelegenheit zwei Scheine erteilt - jeder eben einen.

    Im Vergütungsverfahren ist es mir dann aufgefallen und die "Absetzung" wurde auch durch den RA nicht moniert.

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