Räumungsschutzantrag unstatthaft

  • Hallo liebe Kollegen/-innen,

    in einer Räumungsschutzsache habe ich im Wege der einstweiligen Anordnung einstweilen eingestellt, da ich bis zum Räumungstermin nicht mehr rechtzeitig hätte entscheiden können. Dagegen wendet sich der Gläubiger mit mehreren meiner Ansicht nach unbegründeten Einwendungen. Weiter wendet der Gläubiger ein, der Räumungsschutzantrag sei nicht statthaft gewesen, da im Räumungsschutzantrag das Vollstreckungsgericht gebeten wurde, eine in das Ermessen des Gerichts zu stellende Räumungsfrist zu gewähren. Hatte das schon mal jemand? Muss in einem Räumungsschutzantrag immer ein bezifferter Antrag auf Räumungsfrist gestellt werden? Und wenn ja, ist der ganze Antrag tatsächlich um Scheitern verurteilt, wenn keine konkrete Räumungsfrist beantragt wird?

    Ich halte das bei Antragsaufnahme absichtlich immer so allgemein, um hier später je nach Sachlage entscheiden zu können.

    Vielen Dank für eure Meinungen

    das Kruemelchen

  • Aus dem Bauch heraus:

    Abwegige Einwendung. Die Statthaftigkeit des Antrages hängt nicht von der Benennung einer konkreten Räumungsfrist ab. Warum auch? Das Gericht muss allein anhand der Ausführungen des Schuldners entscheiden, welche Frist es für angemessen hält. Ob der Schuldner im Antrag 3 Monate oder 2 Jahre begehrt, ist für die Entscheidung doch vollkommen irrelevant. Entscheidend ist allein, welche Frist die vorgebrachten Gründe des Antrages rechtfertigen.

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Ich vermute Mal, der Gläubiger meint, dass eine Räumungsfrist nach 721 ZPO beantragt werden soll. Das geht im Räumungsschutzverfahren wirklich nicht mehr. Das wurde bei mir schon probiert und mein Landgericht teilt meine Meinung (außerdem steht es im Gesetz ;) )

    Wenn du annimmst, dass der Antrag begründet ist, stellst du die Zwangsvollstreckung so lange ein, bis besondere Härte entfällt. Das hat aber nichts mit 721 ZPO zu tun.

  • Andererseits kann das Gericht nicht über den Antrag hinaus gehen. Wenn der Antrag auf Räumungsfrist von 3 Monaten lautet, kann das Gericht nicht für 6 Monate einstellen. Insoweit wäre schon ein konkreter Zeitraum im Antrag anzugeben bzw. muss bei Fehlen erfragt werden.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Andererseits kann das Gericht nicht über den Antrag hinaus gehen. Wenn der Antrag auf Räumungsfrist von 3 Monaten lautet, kann das Gericht nicht für 6 Monate einstellen. Insoweit wäre schon ein konkreter Zeitraum im Antrag anzugeben bzw. muss bei Fehlen erfragt werden.

    Sinnvoll ist es jedenfalls allemal.

    Es stellt ja einen großen Unterschied dar, ob der Schuldner dauerhaften Räumungsschutz möchte oder für x Wochen/Monate, weil dann sein Mietvertrag für seine neue Wohnung beginnt.

  • ...Weiter wendet der Gläubiger ein, der Räumungsschutzantrag sei nicht statthaft gewesen, da im Räumungsschutzantrag das Vollstreckungsgericht gebeten wurde, eine in das Ermessen des Gerichts zu stellende Räumungsfrist zu gewähren. ....

    Dieser Passus/Antrag sollte in einem Räumungsschutzantrag so natürlich nicht erscheinen.

    Es handelt sich dem Wortlaut nach um die Beantragung einer Räumungsfrist (§ 721 ZPO), für die das Prozessgericht zuständig ist.

  • Vielen Dank für die zahlreichen Antworten.

    Der Anwalt meinte nicht, dass die Beantragung einerRäumungsfrist an sich unstatthaft sei, er hat sich nur darüber beschwert, dassder Antrag unstatthaft sei, da die Länge der Räumungsfrist in das Ermessen des Gerichtsgestellt wurde. Dass § 721 ZPO imRäumungsschutzverfahren nicht mehr möglich ist und hierüber ohnehin dasProzessgericht zu entscheiden hätte, ist mir klar.

    Ich habe diese unbestimmte Beantragung einer Räumungsfrist gewählt, weil der Schuldner zum Zeitpunkt derAntragstellung (er hat den Räumungsschutz wegen einer schwerwiegendenErkrankung, die ihn an der Erledigung seiner Angelegenheiten gehindert hat, beantragt)noch nicht absehen konnte, wieviel Zeit er für die Ordnung seinerAngelegenheiten benötigt. Hätte ich jetzt in dem Antrag z.B. aufgenommen, dasser den Räumungsschutz bis zum 31.12.2020 benötigt, im weiteren Verfahren hättesich aber ergeben, dass ich auch darüber hinaus Räumungsschutz gewähren müsste,dürfte ich über den gestellten Antrag nicht hinausgehen und Räumungsschutz nurbis zum 31.12.2020 gewähren. Dann hätte ich im Januar den nächsten Antrag aufdem Tisch (das ist so schon vorgekommen).

    Trotzdem vielen Dank für die Hinweise, ich werde die Formulierungmeiner Anträge überarbeiten.
    Allerdings bleibt es für mich dabei, dass das den Räumungsschutzantrag insgesamt nicht unstatthaft macht. Es gab noch weitere Gründe dafür, dass ich die einstweilige Anordnung gemäß §§ 765a i.V.m. 732 ZPO erlassen habe. Auch hiergegen wandte sich der Gläubigervertreter. Ich habe die Akte jetzt mit einem Nichtabhilfebeschluss dem Richter vorgelegt, mal sehen, ob der auch etwas zur Statthaftigkeit schreibt. Ich kann dann gern berichten.

    Viele Grüße

    Das Kruemelchen

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    Ich habe diese unbestimmte Beantragung einer Räumungsfrist gewählt, weil der Schuldner zum Zeitpunkt derAntragstellung (er hat den Räumungsschutz wegen einer schwerwiegendenErkrankung, die ihn an der Erledigung seiner Angelegenheiten gehindert hat, beantragt)noch nicht absehen konnte, wieviel Zeit er für die Ordnung seinerAngelegenheiten benötigt. Hätte ich jetzt in dem Antrag z.B. aufgenommen, dasser den Räumungsschutz bis zum 31.12.2020 benötigt, im weiteren Verfahren hättesich aber ergeben, dass ich auch darüber hinaus Räumungsschutz gewähren müsste,dürfte ich über den gestellten Antrag nicht hinausgehen und Räumungsschutz nurbis zum 31.12.2020 gewähren. Dann hätte ich im Januar den nächsten Antrag aufdem Tisch (das ist so schon vorgekommen).

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    Ja, genauso ist es auch gedacht. Räumungsschutz ist nur solange zu gewähren wie nötig. Da kann man - überspitzt gesagt - nicht Räumungsschutz bis Ende Mai gewähren, weil der Schuldner sonst ggf. im Januar wieder einen Antrag stellen könnte.

    M. E. muss der Schuldner bei Antragstellung schon eine Prognose abgeben, bis wann er Räumungsschutz voraussichtlich benötigt.

  • Und falls das nicht langt eben den Antrag ergänzen (wenn noch kein Beschluss erlassen) bzw einen neuen Stellen.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

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    Ich habe diese unbestimmte Beantragung einer Räumungsfrist gewählt, weil der Schuldner zum Zeitpunkt derAntragstellung (er hat den Räumungsschutz wegen einer schwerwiegendenErkrankung, die ihn an der Erledigung seiner Angelegenheiten gehindert hat, beantragt)noch nicht absehen konnte, wieviel Zeit er für die Ordnung seinerAngelegenheiten benötigt. Hätte ich jetzt in dem Antrag z.B. aufgenommen, dasser den Räumungsschutz bis zum 31.12.2020 benötigt, im weiteren Verfahren hättesich aber ergeben, dass ich auch darüber hinaus Räumungsschutz gewähren müsste,dürfte ich über den gestellten Antrag nicht hinausgehen und Räumungsschutz nurbis zum 31.12.2020 gewähren. Dann hätte ich im Januar den nächsten Antrag aufdem Tisch (das ist so schon vorgekommen).

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    Ja, genauso ist es auch gedacht. Räumungsschutz ist nur solange zu gewähren wie nötig. Da kann man - überspitzt gesagt - nicht Räumungsschutz bis Ende Mai gewähren, weil der Schuldner sonst ggf. im Januar wieder einen Antrag stellen könnte.

    M. E. muss der Schuldner bei Antragstellung schon eine Prognose abgeben, bis wann er Räumungsschutz voraussichtlich benötigt.


    Ich glaube, wir reden aneinander vorbei. Natürlich gewähreich den Räumungsschutz nur, solange er notwendig ist. Das ergibt sich dann ja aber meistens erst im laufenden Verfahren. Wenn ich aber im Antragschon einen festen Zeitraum angebe, bis wann der Räumungsschutz gewährt werdensoll, nehme ich damit ja praktisch das Ergebnis, zumindest in seinerHöchstdauer, schon vorweg. Deshalb habe ich das bisher immer offen gelassen.

    Aber egal, ich danke euch trotzdem und warte nun ab, wasmein Richter sagt. Wünsche euch allen noch einen schönen Tag.
    Liebe Grüße
    Das Kruemelchen

  • Auch für Anträge auf Räumungsschutz gilt in gewisser Weise der Bestimmheitsgrundsatz (ZPO).

    Wenn da ein Schuldner bei mir zwecks Antragsaufnahme sitzt und sagt, dass er Räumungsschutz benötigt, frage ich nebem dem Grund natürlich auch für wie lange. Ob diese Zeitdauer dann auch tatsächlich gewährt werden kann (oder nur für einen kürzeren Zeitraum) ist dann wieder eine andere Baustelle. Aber der Gläubiger bekommt einen konkreten Antrag zur Stellungnahme und muss nicht rätseln, ob der Schuldner Räumungsschutz für einen Monat, drei Monate oder gar dauerhaft möchte.

  • Im Rahmen des § 765a ZPO kenne ich es auch nur so, dass ein konkreter Zeitraum zu nennen ist. Aus Gläubigersicht ist das ja schon eine essentielle Angabe. Dem Räumungsverfahren geht ja auch schon ein Erkenntnisverfahren voraus, in das der Gläubiger Geld, Zeit und Nerven investieren musste.

    Ich habe selbst - wenn überhaupt - auch nur für kurze Zeiträume eingestellt. § 765 a ZPO ist bekanntlich Ausnahmevorschrift und wenn eine dauerhafte Erkrankung vorliegt, ist vielleicht eine Betreuung anzuregen oder sonst zu prüfen, wie man mit der Erkrankung umgeht.
    Nach Ablauf der ersten Einstellungsfrist kann der Gläubiger entscheiden, ob er dann gleich neuen Räumungsauftrag stellt oder ob er sich mit Schuldner vorher noch einmal in Verbindung setzt, um abzuklären, ob der Grund für den Räumungsschutz immer noch besteht. Wenn sich der Gläubiger für ein Weiterbetreiben der Vollstreckung entscheidet, muss der Gerichtsvollzieher auch noch einen neuen Termin bestimmen (auch Gerichtsvollzieher kennen Ihre Klienten ja gut und können Gläubiger ggf. darauf hinweisen, dass Räumungsschutzgrund evtl. noch gegeben sein könnte und ob wirklich vollstreckt werden soll). Der GV muss neuen Termin bestimmen - wieder mindestens zwei Wochen vorher, damit der Schuldner ggf. erneut Antrag nach § 765 a ZPO stellen kann.

    Es gibt also genug Einflussmöglichkeiten auf Beteiligtenseite, ob und wann es zu neuem Räumungsversuch kommt. Daher favorisiere ich eher kurze Fristen und nehme dafür evtl. weitere Vollstreckungsschutzverfahren in Kauf - die kamen aber nur ganz, ganz selten.

    Tipp: Den Schuldner bei Antragsaufnahme fragen, wann denn aus seiner Sicht geräumt werden könnte. Viele haben sich innerlich noch gar nicht damit beschäftigt, dass jetzt tatsächlich Ende der Fahnenstange ist und es jetzt wirklich ernst wird. Durch die Frage merken Sie dann auch, dass sie allenfalls etwas Zeit gewinnen können, aber nicht mehr grundsätzlich am "ob" gerüttelt werden kann. Bei manchen liegt ja tatsächlich eine unzumutbare Härte vor und diese sollen auch wirklich Vollstreckungsschutz erhalten, aber viele wenden ja nur mindertriftige Gründe ein.

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