Bewusste Einkommensreduzierung im Überprüfungsverfahren

  • Guten Morgen!

    Ich habe eine VKH-Überprüfung gem. § 120a ZPO. In dieser hat die Partei nun wirklich alles angesetzt, was man ansetzen kann. U.a. ganz viele Ausgaben, die nicht berücksichtigungsfähig sind.
    In der Coronazeit hat sie sehr viele Überstunden gemacht und so das Einkommen erhöht. Zudem hat sie neben der Arbeit noch eine Weiterbildung gemacht. Sie hat zwei behinderte Kinder, für die sie auch alle möglichen Ausgaben berücksichtigt haben wollte. Nun hatte ich einen Beschluss gemacht und die Ratenzahlung angeordnet (für 4 Verfahren!).
    Jetzt legt sie Beschwerde ein mit der Begründung, dass sie einen Antrag gestellt hat, die Arbeitszeit wegen der Kinderbetreuung (Kinder sind 17 und 8) um 7 Stunden wöchentlich zu reduzieren. Es wurde zudem eine Probeabrechnung eingereicht. Natürlich würde das "neue Einkommen" nunmehr keine Ratenzahlungsanordnung zur Folge haben. Es wurde gebeten, die Akte noch zwei Wochen zu verfristen, bis die Genehmigung durch den Arbeitgeber vorliegt.
    M.E. reduziert die Partei bewusst die Arbeitszeit, um die Ratenzahlung zu umgehen.
    Muss tatsächlich abgewartet werden?
    Leider läuft die Überprüfungsfrist in 7 Monaten ab...

  • Zwei behinderte Kinder, Überstunden während der Corona-Zeit und noch eine Weiterbildung absolviert? Hut ab vor der Frau....

    Zum Thema:
    Es liegt an dir, darzulegen, dass sie bewusst die Stunden reduziert, um einer Zahlungsanordnung zu entgehen. Aus meiner Sicht fast nicht möglich, sie muss ja nur sagen, sie kommt in Corona-Zeiten mit den Kindern nicht mehr richtig rum, ist nervlich am Ende und muss deswegen reduzieren.
    Insgesamt ist es sehr schwierig, eine Absicht eines Beteiligten nachzuweisen.

    In solchen Fällen habe ich die Akte(n) an den Bezirksrevisor mit der Bitte um Stellungnahme übersandt. Da mein OLG-Senat (in FamSachen) da sehr "schuldner"freundlich ist, haben wir die Sachen dann schnell beerdigt und uns Verfahren zugewandt, die erfolgsträchtiger schienen...

  • Sehe ich auch als wenig erfolgversprechend an. Wir sind ja nicht im Unterhaltsrecht, wo jemandem sozusagen ein fiktives Einkommen angerechnet wird...

    Ich würde hier wahrscheinlich eher über die Schiene Nichtmitteilung wesentlich verbesserten Einkommens über eine Aufhebung nachdenken, wenn die Umstände das hergeben.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • In sieben Monaten würden wir das hier vermutlich nicht schaffen.

    In FamSachen ist inzwischen seit Jahren fast jedes Verfahren mit VKH. Die Überprüfungen werden immer mehr...

    in den vorliegenden vier Akten wird die VKH-Partei vermutlich wieder einen Wust an Unterlagen vorlegen, den zu sichten schon seine Zeit braucht und bis dann ggf. noch weitere Unterlagen nachgefordert und durchgeackert sind, wird es schon knapp.

    An sich aber gute Idee. Vor allem könnte man so in vier Monaten, bevor man in eine reguläre Prüfung einsteigt mit allen Unterlagen, vorab einfach mal eine aktuelle Abrechnung vom Arbeitgeber anfordern.

  • Also bei zwei Kindern die auch noch Behinderungen haben, hätte ich grundsätzlich gar nicht nachgeprüft. Es sei denn aus dem Protokoll (ArbeitsG) würde sich eine sehr hohe Abfindung ergeben.
    Und worauf soll das in diesem Fall hinauslaufen? Sie ist jetzt gewarnt und wird vermeiden, dass sich erhebliche Verbesserungen ergeben. Mehr Arbeit, die nichts bringt. Ansonsten lass dieser eh schon gestraften Familie doch die Chance den Lebensstandart, durch Mehrarbeit, ein wenig zu erhöhen. Da gibt es sicher genügend andere Fälle, die das PKH-System mit weniger Not in Anspruch nehmen.

  • Ich würde auch in 3 Monaten erneut prüfen: Mal gucken, wie sich das so mit den Arbeitsstunden entwickelt.

    Und dann für die vergangen Monate die Girokontoauszüge vorlegen lassen, da kannst du ja sehen, was tatsächlich reinkam.

    Und ja, ich hatte schon solche Verfahren.

  • Also bei zwei Kindern die auch noch Behinderungen haben, hätte ich grundsätzlich gar nicht nachgeprüft. Es sei denn aus dem Protokoll (ArbeitsG) würde sich eine sehr hohe Abfindung ergeben.
    Und worauf soll das in diesem Fall hinauslaufen? Sie ist jetzt gewarnt und wird vermeiden, dass sich erhebliche Verbesserungen ergeben. Mehr Arbeit, die nichts bringt. Ansonsten lass dieser eh schon gestraften Familie doch die Chance den Lebensstandart, durch Mehrarbeit, ein wenig zu erhöhen. Da gibt es sicher genügend andere Fälle, die das PKH-System mit weniger Not in Anspruch nehmen.

    Tut mir leid, aber das sind in meinen Augen sachfremde Erwägungen. Es wurde VKH in Anspruch genommen, die Rückzahlung wurde geprüft und es hätte sich bei unveränderter Einkommenslage eine Zahlungsverpflichtung ergeben. Das sind die Fakten.

    Die Partei hat nun beschlossen, lieber ihren Arbeitszeitanteil zu reduzieren, als bei unveränderter Stundenzahl Raten zu zahlen. Wirtschaftlich zunächst mal eine nachvollziehbare Entscheidung, sie mag uns gefallen, oder nicht. Wenn die Partei bei dieser Entscheidung bleibt, war es das für die Staatskasse. Sollte sie allerdings dumme Dussel mit uns spielen wollen und ihren Arbeitszeitanteil in Kürze wieder erhöhen, spricht - wie in jedem anderen vergleichbaren Fall auch - m. E. nichts dagegen, dem einen Riegel vorzuschieben.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Wie omawetterwax.

    Ich persönlich habe echt Respekt vor jemanden, der zwei behinderte Kinder großzieht, in Corona-Zeiten noch Überstunden schiebt und eine Weiterbildung macht. Aber wie oft haben wir mit Beteiligten zu tun, mit denen man aus irgendwelchen Gründen Mitleid haben kann. Justitia ist blind und wendet die Gesetze für alle an. Bei allem andren begibt man sich auf rechtliches Glatteis.

  • So sehe ich es letztlich auch, aber das grundsätzliche Problem ist das man so geht es mir zumindest, immer davon ausgeht angelogen zu werden. Die Frau ist aus meiner Sicht wohl eher überfordert mit der Situation und hat daher alle möglichen Belege vorgelegt in der Hoffnung diese Baustelle nicht auch noch öffnen zu müssen. Das sie reduziert ist aus meiner Sicht eher der Überlastung im allgemeinen und der derzeitigen Situation im besonderen geschuldet. Von daher würde ich wie schon geschrieben in kurzer Frist nochmal nachfragen und dann gegebenenfalls weglegen.

  • Wenn sie in der Vergangenheit (deutlich?) mehr Einkommen hatte als zur Bewilligung, hätte sie das denn nicht angeben müssen und sie hätte damit, gerade weil nun Raten rauskommen, eine Pflicht verletzt - was wiederum zur Aufhebung führen kann?

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Wenn sie in der Vergangenheit (deutlich?) mehr Einkommen hatte als zur Bewilligung, hätte sie das denn nicht angeben müssen und sie hätte damit, gerade weil nun Raten rauskommen, eine Pflicht verletzt - was wiederum zur Aufhebung führen kann?

    Aus meiner Sicht nicht.

    Laut Sachverhalt wurden coronabedingt "nur" Überstunden geleistet, also vorübergehend. Von einer mitteilungspflichtigen Erhöhung des Einkommens würde ich nur ausgehen, wenn der Arbeitgeber das Gehalt oder den Stundenlohn dauerhaft wesentlich erhöht hat.

  • Wenn sie in der Vergangenheit (deutlich?) mehr Einkommen hatte als zur Bewilligung, hätte sie das denn nicht angeben müssen und sie hätte damit, gerade weil nun Raten rauskommen, eine Pflicht verletzt - was wiederum zur Aufhebung führen kann?

    Aus meiner Sicht nicht.

    Laut Sachverhalt wurden coronabedingt "nur" Überstunden geleistet, also vorübergehend. Von einer mitteilungspflichtigen Erhöhung des Einkommens würde ich nur ausgehen, wenn der Arbeitgeber das Gehalt oder den Stundenlohn dauerhaft wesentlich erhöht hat.

    Sehe ich wie frog.Außerdem verlangt mein Beschwerdesenat, dass ich Täuschungsabsicht nachweise - steht bei den Aufhebungsgründen zwar nicht im Gesetz, soll ich aber auch berücksichtigen. Damit ist das in meinem Bezirk ein stumpfes Schwert.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!