Stimmrechtsfestlegung vor oder nach Abstimmung

  • Hallo, ich habe eine Gläubigerversammlung mit einer sehr kuriosen Kosntellation:

    Ich habe echte Gläubiger nach § 38 InsO. Die wurden alle anerkannt, kein Problem. Ich habe auch viele § 39 Gläubiger, die wurden in der Rangklasse auch anerkannt. Die haben ja eh kein Stimmrecht. Dann habe ich aber auch ca. 100 Gläubiger, die trotz Nachrang in § 38 InsO angemeldet haben und vom Verwalter alle bestritten wurden. Hintergrund ist eine Nachrangklausel, die eventuell wegen Mängeln in der Anlageberatung unwirksam sein könnte, Verwalter geht aber davon aus, dass sie wirksam ist.

    Nun steht die Versammlung an und es soll über was abgestimmt werden. (Jetzt mal angenommen, alle 38ger stimmen mit ihren 10.000 Euro Forderung mit Ja: ) Ich würde jetzt gerne erst alle 38er Anmeldungen ihre Stimme abgegeben lassen, also quasi alle Simmen einsammeln, dann auszählen. Wenn die bestrittenen 38ger mit 100.000,- Euro Nein stimmen und tatsächlich eine Änderung ergeben würde, würde ich mich über das Stimmrecht unterhalten wollen. Denn wenn die bestrittenen 38ger ja auch alle Ja stimmen, dann brauchen wir ja keine Bestimmung eines Stimmrechts.

    Muss also die Stimmrechtsfestlegung vor der Anstimmung erfolgen, oder kann man sie hinten anstellen?

  • Sie sollte vorher erfolgen.
    Überleg doch mal wie das sonst aussieht: du lässt erst abstimmen und entscheidest dann kein Stimmrecht zu gewähren, als würde dir das Ergebnis nicht gefallen und du deswegen so entscheiden

  • In solchen Fällen machen wir gerne eine "Testabstimmung" ´; einfach mal grob gucken, gibt es Gegenstimmen. Sollte es die geben, steigen wir in die Stimmrechtsentscheidungen ein.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • In solchen Fällen machen wir gerne eine "Testabstimmung" ´; einfach mal grob gucken, gibt es Gegenstimmen. Sollte es die geben, steigen wir in die Stimmrechtsentscheidungen ein.

    Mein Richter hat mir von einer Testabstimmung abgeraten, und mein Vorgänger hatte den Fall, dass er eine "Testabstimmung" durchgeführt hat, aber das tatsächliche Ergebnis war dann ganz anders, und dann gab es Streit darüber nicht doch die Testabstimmung das eigentliche Ergebnis ist. Das will ich vermeiden.

  • In solchen Fällen machen wir gerne eine "Testabstimmung" ´; einfach mal grob gucken, gibt es Gegenstimmen. Sollte es die geben, steigen wir in die Stimmrechtsentscheidungen ein.

    Mein Richter hat mir von einer Testabstimmung abgeraten, und mein Vorgänger hatte den Fall, dass er eine "Testabstimmung" durchgeführt hat, aber das tatsächliche Ergebnis war dann ganz anders, und dann gab es Streit darüber nicht doch die Testabstimmung das eigentliche Ergebnis ist. Das will ich vermeiden.

    Dann verstehe ich aber die Frage nicht. Dann bleibt nur vorher die Stimmrechtsfestsetzung.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • In solchen Fällen machen wir gerne eine "Testabstimmung" ´; einfach mal grob gucken, gibt es Gegenstimmen. Sollte es die geben, steigen wir in die Stimmrechtsentscheidungen ein.

    Mein Richter hat mir von einer Testabstimmung abgeraten, und mein Vorgänger hatte den Fall, dass er eine "Testabstimmung" durchgeführt hat, aber das tatsächliche Ergebnis war dann ganz anders, und dann gab es Streit darüber nicht doch die Testabstimmung das eigentliche Ergebnis ist. Das will ich vermeiden.

    Dann verstehe ich aber die Frage nicht. Dann bleibt nur vorher die Stimmrechtsfestsetzung.

    Ja so machen wir das jetzt auch, ich kann ja meine Entscheidung schon mal vorbereiten, eine Einigung wird es wahrscheinlich nicht geben. Und nach der Abstimmung sieht man dann ob es für Beschwerden ein Bedürfnis gibt.

  • Nun, "Testabstimmung" i.S. einer Stimmabgabe mache ich auch nicht, aber ! vorfühlen, ob denn überhaupt eine Kampfabstimmung erfolgt.
    Bei den Abstimmungspunkten in denen "Einigkeit" herrscht, problematisiere ich dies nicht.
    Aber bei Deinem Verfahren ist es offenbar ein "Anlegerverfahren", da könnte es immer heikel werden.
    Ich würde zunächst "vorfühlen" ob überhaupt über etwas streitig abgestimmt werden soll (je nach Abstmmungspunkt). Erweist sich, dass streitig abzustimmen ist, geht es zunächst in die Stimmrechtseinigung - oki hier: kannste Dir möglicherweise knicken !
    Bei der Frage nach wirksamen Vereinbrungen von Nachrangklausen (ist ein altes Anleihebedingugen bzw. AGB-Thema) gibt es m.E. nur 0 oder 1, also kein 50% Unfug !
    Lass Dich nicht in den Widerspruch verwickeln, ja dann hätten die - vermeintlichen - 39'er zurückgewiesen müssen, weil das Gericht nicht zu deren Anmeldungen aufgefordert hat (ups, jetzt fällt mir auf: das muss ja hier so gewesen sein, aber ist ein anderes Thema).
    Würde mich wg. 18 III Rpflg schon mal mit dem Abteilungsrichter bzgl. der Nachrangklauseln unterhalten.
    greez
    Def

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Von La Flor de Cano in der Rechtsprechungsübersicht eingestellt und vielleicht passend:

    BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2020 - IX ZB 38/18

    a) Die Festsetzung der Stimmrechte der Gläubiger durch das Insolvenzgericht muss vor dem Beginn der Abstimmung über den Insolvenzplan abgeschlossen sein.

    b) Eine ohne Klärung der Stimmrechte vorgenommene Abstimmung ist zu wiederholen.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Jo, gelesen. Hält man sich and en BGH, wird man wohl formal jetzt bei Abstimmungen für jeden anwesenden Gläubiger das Stimmrecht bestimmen müssen, egal ob dieses Stimmrecht völlig irrelevant ist.

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  • Jo, gelesen. Hält man sich and en BGH, wird man wohl formal jetzt bei Abstimmungen für jeden anwesenden Gläubiger das Stimmrecht bestimmen müssen, egal ob dieses Stimmrecht völlig irrelevant ist.

    Bei unproblematischen BPT (also Abstimmung vor dem 1. Prüfungstermin) erläutere ich immer kurz die anstehende Abstimmung nach Stimmrechten. Und sage dann - wenn es keine Einwände gibt, stelle ich fest, dass sich alle Anwesenden auf ein Stimmrecht nach Höhe der angemeldeten Forderungen einigen - es folgt ein allgemeines Nicken und ich nehme das als Einigung aufs Stimmrecht zu Protokoll. Funktioniert gut.
    Wenn ich im Vorfeld merke, dass da Gläubiger dabei sind, deren Berechtigung fraglicher ist oder eine nicht einstimmige Abstimmung zu erwarten ist, muss man das Ganze natürlich ausführlicher machen.

  • Jo, gelesen. Hält man sich and en BGH, wird man wohl formal jetzt bei Abstimmungen für jeden anwesenden Gläubiger das Stimmrecht bestimmen müssen, egal ob dieses Stimmrecht völlig irrelevant ist.

    Bei unproblematischen BPT (also Abstimmung vor dem 1. Prüfungstermin) erläutere ich immer kurz die anstehende Abstimmung nach Stimmrechten. Und sage dann - wenn es keine Einwände gibt, stelle ich fest, dass sich alle Anwesenden auf ein Stimmrecht nach Höhe der angemeldeten Forderungen einigen - es folgt ein allgemeines Nicken und ich nehme das als Einigung aufs Stimmrecht zu Protokoll. Funktioniert gut.
    Wenn ich im Vorfeld merke, dass da Gläubiger dabei sind, deren Berechtigung fraglicher ist oder eine nicht einstimmige Abstimmung zu erwarten ist, muss man das Ganze natürlich ausführlicher machen.

    Tja, wahrscheinlich muss man das jetzt so machen. Dann haben halt auch die bestrittenen Forderungen ein Stimmrecht in Höhe der bestrittenen Forderung. Ist ja eh egal, wenn der Hauptgläubiger da ist. Aber man wird jetzt in jeder Sitzung das Thema Stimmrecht ausdrücklich durchkauen müssen. und ich weiß schon genau, welche InsoVerwalter bei uns die Hand heben und Stimmrechte bestreiten (obwohl es in der Sache egal ist) ;)

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  • Die Entscheidung betrifft die Abstimmung über einen Insolvenzplan.
    Muss man sie denn nun auf jede Gläubigerversammlung übertragen?

  • Die Entscheidung betrifft die Abstimmung über einen Insolvenzplan.
    Muss man sie denn nun auf jede Gläubigerversammlung übertragen?

    Was sollte hinsichtlich der Festlegung des Stimmrechts bei anderen Gläubigerversammlungen denn anders sein?

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • äh, das kannich so nicht stehen lassen !
    hier möge mal § 256 InsO gelesen werden... eine Vorschrift bei der die Stimmrechtsentscheidung Nachwirkung hat. Aber da wir ja für Planverfahren zu blöd sind, müssen wir das auch nciht mehr auf dem Schirm haben :D

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    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
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    :daumenrau

  • äh, das kannich so nicht stehen lassen !
    hier möge mal § 256 InsO gelesen werden... eine Vorschrift bei der die Stimmrechtsentscheidung Nachwirkung hat. Aber da wir ja für Planverfahren zu blöd sind, müssen wir das auch nciht mehr auf dem Schirm haben :D

    der sagt aber nur welche Wirkungen eine gerichtliche Entscheidung zum Stimmrecht im Plan zusätzlich hat

    Das Prozedere des Stimmrechts nach 77 ist immer gleich

  • äh, das kannich so nicht stehen lassen !
    hier möge mal § 256 InsO gelesen werden... eine Vorschrift bei der die Stimmrechtsentscheidung Nachwirkung hat. Aber da wir ja für Planverfahren zu blöd sind, müssen wir das auch nciht mehr auf dem Schirm haben :D

    der sagt aber nur welche Wirkungen eine gerichtliche Entscheidung zum Stimmrecht im Plan zusätzlich hat

    Das Prozedere des Stimmrechts nach 77 ist immer gleich

    Ich sehe das auch so wie Queen. Und ganz abgesehen davon: mir wäre das jetzt auch zu heiß, keine formale Stimmrechtsentscheidung zu fällen und hinterher gilt der Beschluss deshalb als nichtig/unwirksam (gerade wenn möglicherweise einer der Gläubiger ein Schlupfloch sucht). Dann doch lieber gleich eine Entscheidung fällen, sei es jeder bestrittene ein Euro, oder wenn es eh nicht darauf ankommt, dann jeder Stimmrecht in Höhe seiner angemeldeten Forderung.

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  • äh, das kannich so nicht stehen lassen !
    hier möge mal § 256 InsO gelesen werden... eine Vorschrift bei der die Stimmrechtsentscheidung Nachwirkung hat. Aber da wir ja für Planverfahren zu blöd sind, müssen wir das auch nciht mehr auf dem Schirm haben :D

    der sagt aber nur welche Wirkungen eine gerichtliche Entscheidung zum Stimmrecht im Plan zusätzlich hat

    Das Prozedere des Stimmrechts nach 77 ist immer gleich

    Ich sehe das auch so wie Queen. Und ganz abgesehen davon: mir wäre das jetzt auch zu heiß, keine formale Stimmrechtsentscheidung zu fällen und hinterher gilt der Beschluss deshalb als nichtig/unwirksam (gerade wenn möglicherweise einer der Gläubiger ein Schlupfloch sucht). Dann doch lieber gleich eine Entscheidung fällen, sei es jeder bestrittene ein Euro, oder wenn es eh nicht darauf ankommt, dann jeder Stimmrecht in Höhe seiner angemeldeten Forderung.

    sorry, ich hab das Thema "Planverfahren" nicht in's Spiel gebracht, natürlich muss ne Stimmrechtsentscheidung her, wieso sich der BGH damit befassen musste, ist schlechterdings unerfindlich !

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
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