Auslegungsvertrag - Verzicht auf Nießbrauch

  • Hallo zusammen,

    ich habe einen Fall, wonach die Ergänzungspflegerin als Vertreterin von zwei minderjährigen Kindern einen erbrechtlichen Auslegungsvertrag abschließen möchte. Diese ist m.E. nach § 1822 Nr. 12 BGB genehmigungsbedürftig.

    Die Kinder haben bezüglich des Erbfalls einen Vermächtnisanspruch auf das Depotvermögen. Hieran hat der Erblasser jedoch ein Nießbrauchsrecht der Alleinerbin bestimmt. Die Alleinerbin erklärt sich bereit auf das Nießbrauchsrecht verzichten und erhält eine Ausgleichszahlung. Die Ausgleichszahlung liege bei ca. 40 % des Kapitalwertes des Nießbrauches.

    Nun ist meine Frage, wie ich mir den Kapitalwert des Nießbrauches nachweisen lasse? Bezüglich Grundstücken lasse ich mir dies ja durch ein Sachverständigengutachten nachweisen. Die Ergänzungspflegerin hat eine Berechnung hierzu eingereicht, wonach Sie den Durchschnitt der Erträge der letzten 3 Jahre bezüglich der Wertpapiere ermittelt hat und dann den Kapitalisierungsfaktor ermittelt hat.

    Was würdet ihr euch vorlegen lassen? Genügt eine Berechnung die ich nachvollziehen kann? Oder könnte ich hier auch ein Wertgutachten anfordern. Ich würde nicht behaupten, dass ich dazu in der Lage bin, den Wert eines Nießbrauchs zu berechnen.


    Liebe Grüße

  • Nach dem mitgeteilten Sachverhalt ist das kein Auslegungsvertrag, weil der Vermächtnisanspruch und das Untervermächtnis der Alleinerbin überhaupt nicht streitig sind.

    Es handelt sich vielmehr um einen Vertrag, in welchem der Vermächtnisnehmer und die Untervermächtnisnehmerin ihre jeweils unstreitigen Ansprüche im Verhältnis untereinander abweichend von den testamentarischen Bestimmungen regeln möchten.

  • Hallo zusammen,

    ich habe einen Fall, wonach die Ergänzungspflegerin als Vertreterin von zwei minderjährigen Kindern einen erbrechtlichen Auslegungsvertrag abschließen möchte. Diese ist m.E. nach § 1822 Nr. 12 BGB genehmigungsbedürftig. Ich sehe das auch eher als Klärung von Vermächtnisanspruch und Untervermächtnisanspruch untereinander, sehe aber auch einen Genehmigungstatbestand nach § 1822 Nr. 12 BGB.

    Die Kinder haben bezüglich des Erbfalls einen Vermächtnisanspruch auf das Depotvermögen. Was ist denn in dem Depot drinnen? Sind es z. B. Immobilienfonds mit immer gleichbleibender Ausschüttung oder Aktien mit ungleichmäßiger Dividende? Vermutlich eher letzteres mit ungleichmäßigen Ausschüttungen - dann fände ich einen zurückliegenden Betrachtungszeitraum von drei Jahren eher zu kurz, besser wären fünf Jahre oder 10. Das verwahrende Institut hat üblicherweise Unterlagen zur Performance, oft auch frei zugänglich im Internet. Hieran hat der Erblasser jedoch ein Nießbrauchsrecht der Alleinerbin bestimmt. Die Alleinerbin erklärt sich bereit auf das Nießbrauchsrecht verzichten und erhält eine Ausgleichszahlung. Die Ausgleichszahlung liege bei ca. 40 % des Kapitalwertes des Nießbrauches.

    Nun ist meine Frage, wie ich mir den Kapitalwert des Nießbrauches nachweisen lasse? Bezüglich Grundstücken lasse ich mir dies ja durch ein Sachverständigengutachten nachweisen. Die Ergänzungspflegerin hat eine Berechnung hierzu eingereicht, wonach Sie den Durchschnitt der Erträge der letzten 3 Jahre bezüglich der Wertpapiere ermittelt hat und dann den Kapitalisierungsfaktor ermittelt hat. Das klingt nach einer steuerlichen Bewertung im Rahmen der Erbschaftssteuer; das wäre ein m. E. zulässiger Ansatz, weil es hier kein eindeutiges richtig oder falsch gibt. Ich würde hingegen schauen, wie hoch waren die Ausschüttungen der letzten 10 Jahre und das anhand der Restlaufzeit des Nießbrauchs für den Kapitalwert der Ausgleichszahlung hochrechnen. Ist der Nießbrauch befristet oder lebenslänglich - vermutlich letzteres, dann würde ich anhand der aktuellen Sterbetafeln des Statistischen Bundesamtes die statistische Restlebenserwartung die Alleinerbin hat und das mit der Durchschnittsrendite p. a. hochrechnen. Vielleicht kommst Du dann sogar auf einen höheren Betrag, wenn die Dauer des Nießbrauchs noch recht lang wäre oder gerade in den letzten Jahren das Depotvermögen eine sehr gute Performance hatte, dann wären die angebotenen 40 % natürlich besser...

    Was würdet ihr euch vorlegen lassen? Wichtig wäre das Geburtsdatum der Alleinerbin; vermutlich hast Du da bereits eine offizielle Quelle, ansonsten hierüber einen Nachweis. Zusätzlich brauchst Du noch Unterlagen über die Höhe der Ausschüttungen der letzten Jahre betreffend das Depot. Genügt eine Berechnung die ich nachvollziehen kann? Nicht jede nachvollziehbare Rechnung liegt auch im Kindesinteresse. Da aber die Ergänzungspflegerin vermutlich eine aktuelle erbschaftssteuerrechtlichen Bewertungsmodus verwendet und seit 2006 die erbschaftssteuerrechtliche Bewertung grundsätzlich nach dem Verkehrswert zu erfolgen hat, wäre dies m. E. zulässig. Oder könnte ich hier auch ein Wertgutachten anfordern. Ich würde nicht behaupten, dass ich dazu in der Lage bin, den Wert eines Nießbrauchs zu berechnen. So schwer ist das nicht: Grundsätzlich gilt: Dauer x Jahresbetrag, s. meinen Berechnungsvorschlag oben; allerdings sind alle Berechnungen zum Kapitalwert des Nießbrauchs lediglich Prognosen, wenn das Depotvermögen aus Werten besteht, die ungleichmäßige Renditen abwerfen, d. h. nur weil die letzten drei Jahre vielleicht sehr gut waren, heißt das ja noch nicht, dass die nächsten 20 Jahre auch so sein müssen... Daher besteht m. E. ein ziemlich großer Ermessenspielraum, was den Begriff der Wertgerechtigkeit hat.

    Anmerkungen dazu:
    Wichtig wäre für mich die Qualifikation der Ergänzungspflegerin: Hat diese Ahnung, ist sie vielleicht erfahrene Rechtsanwältin und/oder Steuerberaterin oder Bankerin? Oder kommt sie aus dem Dunstkreis der Verwandtschaft? Ich vermute, dass sie vom Fach ist, wenn sie bereits eine vernünftige Berechnung vorgeschlagen hat.

    Grundsätzlich handelt die Ergänzungspflegerin, d. h. diese muss sich vorrangig Gedanken machen, ob der Auszahlungsbetrag wertgerecht ist und diese haftet auch vorrangig, falls den Kindern Schaden entsteht. Deine Genehmigung komplettiert lediglich das Handeln der Ergänzungspflegerin. Damit will ich nicht sagen, dass Du im Genehmigungsverfahren alles durchwinken kannst. Aber wenn eine qualifizierte Ergänzungspflegerin eine vernünftige Berechnung aufstellt und diese in der Nähe meiner o. g. Berechnung wäre oder sich vielleicht sogar ein niedriger Auszahlungsbetrag ergäbe, würde ich das vorliegend ohne Wertgutachten genehmigen.
    Interessant wäre vielleicht noch der Aspekt, wovon die Kinder den Ausgleichsbetrag zahlen. Sind sie ausreichend liquide oder kann ggf. ein Teil des Depotvermögens dazu herangezogen werden (manchmal liegen im Depot Fondsanteile, die erst spät oder gar nicht kündbar sind und ggf. lange Laufzeiten haben, z. B. bei Unternehmensanleihen oder geschlossenen Immobilienfonds).

    Nicht zuletzt: Wie alt sind denn die Kinder? Ggf. Anhörung nicht vergessen - nicht, dass sie mit 14 vielleicht Bewertungsexperten für Nießbrauchsberechnungen an Depotvermögen wären, aber trotzdem geht es ja um ihre Angelegenheiten. Da sollen sie erstens Kenntnis bekommen und zweitens ihre Meinung kund tun können.

  • Vielen Dank erstmal für die beiden Antworten.

    Die Kinder sind 13 Jahre alt und werden im Dezmber 14 Jahre alt. Würdet ihr dennoch anhören? Schriftlich oder mündlich?

    Als Ergänzungspflegerin habe ich eine Volljuristin mit Schwerpunkt Steuerrecht ausgewählt. Würde daher behaupten, dass die Ahnung hat bzw. haben sollte.

    Dann lasse ich mir am Besten die Ausschüttungen der letzten 10 Jahre nachweisen und werde den Durchschnitt dann mit der Restlaufzeit des Nießbrauchs multiplizieren. Das Geburtsdatum von dieser habe ich.
    Wie gesagt, habe ich von all dem natürlich wenig Ahnung. Aber so müsste ich den Wert ja in etwa ausrechnen können und nachvollziehen können, ob der Ausgleichsanspruch dem Kindeswohl entspricht.

    Vielen Dank auch für den Hinweis, wovon der Ausgleichsanspruch bezahlt werden soll. Dies werde ich noch nachfragen.

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