Erbschein erforderlich oder e.V. ausreichend?

  • Hallo,

    ich habe folgendes Problem:

    Gemeinschaftliches notarielles Testament. Eheleute setzen sich zu Alleinerben ein. Schlusserben sind die Nichten und Neffen, alle namentlich aufgeführt, der Eheleute und zwar zu gleichen Teilen.
    Sollte eine Nichte/Neffe vor dem Erbfall versterben , so treten seine Abkömmlinge entsprechend der Regeln der gesetzlichen Erbfolge an seine Stelle. Sind solche nicht vorhanden, soll der Erbteil des Weggefallenen den anderen eingesetzten Erben im Verhältnis ihrer Erbteile anwachsen.
    Nunmehr, nach dem Todes des Längstlebenden, ist die Grundbuchberichtigung und die Eintragung einer AV beantragt.
    Eine Miterbin „A“ (verheiratet) ist kinderlos vorverstoben, eine weitere Mitterbin „B“ ist unter Hinterlassung von zwei Abkömmlingen vorverstorben. Sowohl die vorverstorbene Miterbin als auch deren Kinder sind britische Staatsbürger.
    Ist es ausreichend, wenn die Kinder der vorverstorbenen Miterbin „B“ eine eidesstattliche Versicherung abgeben, aus welcher hervorgeht, dass „B“ verstorben es keine weiteren Kinder außer den Beiden gibt?
    Und wie handhabe ich es mit der vorverstorbenen „A“? Kann einer der Miterben eine entsprechende e.V. abgeben?

    Vielen Dank

  • Ich würde einen Erbschein verlangen, zumal offensichtlich ein Verkauf im Raume steht. Aufgrund der geschilderten Umstände sehe ich mich als Grundbuchamt nicht in der Lage eine entsprechende Auslegung vorzunehmen.

  • Ich würde auch einen Erbschein verlangen. Die notwendigen Ermittlungen können nur im Erbscheinsverfahren erfolgen. Sie gehören nicht zu den Aufgaben des Grundbuchamts.

  • Wenn Negativtatsachen nur durch EV ggü. dem Nachlassgericht "nachweisbar sind, das Nachlassgericht also quasi nur auf Grund von den EVen einen Erbschein erteilen würde, musst auch du dich damit begnügen. Nichtvorhandensein weiterer Abkömmlinge ist so ein Fall!

    Ausführlich Böhringer ZEV 2017, 68

    Warum sprichst du von Auslegung? Was soll hier auslegungsbedürftig sein?


  • ... so treten seine Abkömmlinge entsprechend der Regeln der gesetzlichen Erbfolge an seine Stelle.

    Hier geht es nicht nur um eine e.V., sondern auch um Nachweis der Verwandtschaftsverhältnisse durch Personenstandsurkunden. Für diesen Anteil also quasi gesetzliche Erbfolge. Würde daher einen Erbschein verlangen.


  • ... so treten seine Abkömmlinge entsprechend der Regeln der gesetzlichen Erbfolge an seine Stelle.

    Hier geht es nicht nur um eine e.V., sondern auch um Nachweis der Verwandtschaftsverhältnisse durch Personenstandsurkunden. Für diesen Anteil also quasi gesetzliche Erbfolge. Würde daher einen Erbschein verlangen.

    "Es ist in Rechtsprechung und Literatur weitgehend anerkannt, dass zum Nachweis der Erbfolge im Falle des § 35 I 2 GBO auch andere öffentliche Urkunden, insbesondere Personenstandsurkunden herangezogen werden können und müssen (KG, JFG 11, 194 [197ff.]; 20, 217 [221]; OLG Stuttgart, BWNotZ 1967, 154ff.; OLG Frankfurt a.M., OLGZ 1981, 30f. = Rpfleger 1980, 434; OLG Zweibrücken, OLGZ 1985, 408ff.; OLG Hamm, NJW-RR 1997, 646 = FGPrax 1997, 48f.; Schaub, in: Bauer/v. Oefele, GBO, § 35 Rdnr. 138; Demharter, GBO, 23. Aufl., § 35 Rdnr. 40; Herrmann, in: Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, GrundbuchR, 5. Aufl., § 35 GBO Rdnr. 75; Haegele/Schöner/Stöber, GrundbuchR, 11. Aufl., Rdnr. 790; a.A. Meikel/Roth, GrundbuchR, 8. Aufl., § 35 Rdnrn. 117 und 120). Der herrschenden Meinung hat sich der Senat (BayObLGZ 1974, 1 [6]; 1989, 8 [11]; BayObLG, ZEV 1995, 229 = DNotZ 1995, 306 [308]) und offenbar auch der BGH (vgl. BGH, Beschl.v. 9. 7. 1980 - V ZB 3/80 [Red.: in Bezug genommen durch OLG Frankfurt a.M., Rpfleger 1980, 417]) angeschlossen.
    (BayObLG, Beschluß vom 8. 6. 2000 - 2Z BR 29/00, NJW-RR 2000, 1545 Rn. , beck-online)

    Deutlich auch Schöner/Stöber:
    "Einen Erbschein kann das Grundbuchamt verlangen, wenn in der letztwilligen Verfügung die Erben nicht zweifelsfrei bezeichnet sind (zB Erben sind „meine Kinder”), [...] Kann dagegen in solchen Fällen die Erbfolge mit Hilfe anderer öffentlicher Urkunden (zB Personenstandsurkunden) nachgewiesen werden, so kann Erbschein nicht verlangt werden. Auch eine eidesstattliche Versicherung in der Form des § 29 GBO hat das Grundbuchamt in solchen Fällen immer dann zu verwerten, wenn auch das Nachlassgericht ohne weitere Ermittlungen eine solche eidesstattliche Versicherung (§ 2356 Abs. 2 BGB) der Erbscheinserteilung zugrunde legen würde.
    (Schöner/Stöber GrundbuchR, 1 Erster Teil Grundstücks- und Grundbuchrecht Rn. 790, 16. Aufl. beck-online)

    Ihr fordert nicht wirklich immer einen Erbschein oder ?

    Alle Angaben ohne Gewähr.

    Einmal editiert, zuletzt von Ryker (5. Januar 2021 um 08:48)

  • Fassen wir zunächst einmal zusammen, was an Nachweisen fehlt:

    a) Sterbeurkunde für die angeblich kinderlos verstorbene A
    b) Sterbeurkunde für die angeblich unter Hinterlassung von zwei Kindern verstorbene B
    c) Geburtsurkunden der beiden Kinder von B (Nachweis der Abstammung von B)
    d) eidesstattliche Versicherung aller (!) Miterben, wonach (1) A keine Abkömmlinge hinterlassen und wonach (2) B keine weiteren Abkömmlinge hinterlassen hat.

    Die Nachweise zu a) und d1) sind zugleich die Voraussetzungen für die erbteilsverhältnismäßige Anwachsung zugunsten der übrigen Miterben, wobei ich davon ausgehe, dass neben A und B auch noch andere Nichten und Neffen vorhanden sind.

    Die entscheidende Frage ist demnach, ob man sich mit den vorstehenden Nachweisen begnügt oder ob man einen Erbschein fordert. Hierzu gibt es bekanntlich verschiedene Ansichten, wobei die herrschende Rechtsprechung - wie bereits von meinem Vorredner ausgeführt - zu einer großzügigen Handhabung neigt (Zusammenfassung der divergierenden Ansichten bei Bestelmeyer notar 2013, 147, 149 ff.).

    Wenn man keinen Erbschein fordert (was zutreffend sein sollte), ist die nächste Frage, ob alle oder nur einzelne Miterben die erforderliche eidesstattliche Versicherung abgeben müssen. Zutreffend erscheint, dass die eidesstattliche Versicherung von allen Miterben abgegeben werden muss, weil sich auch das Nachlassgericht im Erbscheinsverfahren in aller Regel nicht mit einer eidesstattlichen Versicherung einzelner Miterben zufrieden geben würde und nur die eidesstattliche Versicherung aller Miterben die größtmögliche Richtigkeitsgewähr vermittelt (Rechtsprechungs- und Literaturnachweise bei Bestelmeyer notar 2013, 147, 150).

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