BGB AT - Übungsfall - Abstraktionsprinzip

  • Hi, leider findet sich niemand, der Sachverhalte zum BGB AT üben möchte. Ich bin auch enttäuscht von den Dozenten, man könne nicht jeden Fall einzeln korrigieren, vor allem wenn er aus externen Quellen stammt - das es Schwierigkeiten im BGB AT gibt, wird ignoriert. Wie bereits in WhatsApp geteilt, schreibe ich hier, damit jemand etwas dazu sagen kann.

    Sachverhalt: Käufer K möchte Pkw des Verkäufers V kaufen, den V in Zeitung für 8.888€ inseriert hat.
    K bietet dem V nach Begutachtung und Probefahrt 8.000€.
    V möchte 8.500€, K ist damit einverstanden.
    Beide vereinbaren das K am nächsten Tag das Geld bringt, den Pkw direkt mitnimmt und – auf verlangen des K – einen schriftlichen Kaufvertrag unterschreiben, den K ebenfalls mitbringen wird.
    Am nächsten Tag erscheint K mit der vereinbarten Summe und einem Kaufvertrag, den er bereits unterschrieben hat. Inzwischen sind V bedenken gekommen, denn sein Nachbar N sagte ihm, er hätte den Pkw viel zu günstig verkauft. Er solle den Kaufvertrag nicht unterschreiben.
    V verweigert die Unterschrift und sagt, er verkaufe den Pkw nicht. Es sei Schriftform vereinbart und ohne seine Unterschrift sei der Kaufvertrag nicht gültig.
    K behauptet, das Auto sei sein Eigentum und verlangt die Herausgabe.
    V seinerseits verlangt die Herausgabe seines Eigentums.

    Kann V tatsächlich die Herausgabe des Pkw verlangen? Schreiben Sie dazu ein Gutachten!


    Fraglich ist, ob Verkäufer (V) gegen Käufer (K) einen Anspruch auf Herausgabe des Pkw nach § 985 BGB hat.
    Danach kann der Eigentümer vom Besitzer die Herausgabe einer Sache verlangen, wenn ein Kaufvertrag besteht.

    Zunächst ist V Eigentümer des Pkw; besitzt das umfassende Besitz-, Verfügungs- und Nutzungsrecht.
    Jedoch könnte das Eigentum nach § 929 BGB auf den K übergegangen ist.

    Nach § 929 BGB ist zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind,
    dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.

    Beide sind sich darüber einig, dass das Eigentum übergehen soll, denn sie haben sich auf einen Kaufpreis von 8.500€ geeinigt und das K am nächsten Tag das Geld bringt und den Pkw direkt mitnimmt.
    Dazu haben beide auch einen Kaufvertrag nach § 433 BGB geschlossen.

    V hat gem. § 929 BGB das Eigentum am Pkw an K zu übertragen. Damit hat V keinen Anspruch auf Herausgabe gem. § 985 BGB, da V nicht mehr Eigentümer des Fahrzeuges ist.

    Richtig?

  • Dein "Gutachtenstil" erscheint mir für jemanden, der nach dem Sachverhalt noch am Anfang seines Studiums steht, aus der Hubschrauberperspektive, gerade am Anfang sollte man aber die Perspektive eines Wanderers, besser noch eines Pilzsuchers einnehmen.
    Drösel es mehr auf.

    V könnte gegen K einen Anspruch auf Herausgabe nach § 985 BGB haben,
    hiefür müsste
    1. V Eigentümer des Sache sein,
    2. K Besitzer und
    3. K kein Recht zum Besitz haben.

    zu 1.: Ursprünglich war V Eigentümer der Sache, er könnte aber sein Eingetum an dem Pkw an K verloren haben, durch eine wirksame Übereignung und Übergabe.
    Ein Einigungsvertrag kommt zustande durch 2 übereinstimmende Willenserklärungen (Angebot und Annahme, Zugang der Erklärungen, Rechtzeitigkeit der Annahme des Angebots....).

    Das musst du anhand deines Sachverhalts prüfen, ob die Willenserklärungen ggfls.konkludent erfolgt sind.
    Deine Aufgabe ist es, zu würdigen, ob durch die Vereinbarung nach der Probefahrt tatsächlich ein Vertrag nach § 929 BGB zustandegekommen ist und eine Besitzeinräumung zugunsten K erfolgt ist.

    zu 2.: Hat K die tatsächliche Sachherrschaft über den Pkw.

    zu 3..: Hat K ein Recht zum Besitz. Dieses könnte sich aus einem wirksamen Kaufvertrag herleiten. Ein Kaufvertrag kommt zustande durch 2 übereinstimmende Willenserklärungen......


    Daneben wäre in einem Gutachten der Sachverhalt nicht lediglich nach § 985, 986 BGB zu prüfen, sodern ebenfalls nach § 812 BGB, da sich hieraus auch ein Herausgabeanspruch herleiten könnte.

  • Der Fall scheint unzutreffend bzw. unvollständig wiedergegeben zu sein oder Fehler zu enthalten. Ein Besitzübergang an K wird im Fall nicht erwähnt, dann macht es auch keinen Sinn, dass V Herausgabe verlangt, da der Pkw ja noch bei ihm ist! Darüber hinaus gibt es so etwas wie "Herausgabe des Eigentums" nicht. Eigentümer ist man entweder oder man ist es nicht. Der Begriff der Herausgabe kann sich nur auf den Besitz (die tatsächliche Dachherrschaft) beziehen. Deshalb ist auch komisch, dass sowohl K als auch V Herausgabe verlangen.

    Deshalb ist es auch wichtig, einen Fall vor der rechtlichen Lösung tatsächlich zu dringen, da man ansonsten einen falschen Fall löst.

    Im Übrigen sollte man bei der Prüfung von 929 im Rahmen von 985 die dingliche Einigung und den Kaufvertrag strikt trennen. Beide haben nichts miteinander zu tun und ein strenger Korrektor könnte dir bei deiner Lösung schon einen Verstoß gegen das Trennungs- und Abstraktionsprinzip vorwerfen.

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



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