Schriftliche Vorsorgevollmacht der Erblasserin für Herausgabe ausreichend?

  • Hallo, ich brauche ein wenig Denk-Unterstützung, ob die vorliegenden Unterlagen für die Herausgabe/Auszahlung ausreichen. Mache noch nicht so lange HL-Sachen und habe nur wenige Verfahren, bin daher hier sehr unsicher.

    Hinterlegt wurden monatliche Unterhaltszahlungen (Sicherheitsleistung zur Abwendung der Vollstreckung) bis zum Tod der Unterhaltsberechtigten '"F".
    Als Nachweis der Empfangsberechtigung wurde mir ein vor dem OLG geschlossener Vergleich übersandt.
    Übersandt wurde vom RA des Hinterlegers (per EGVP mit qualifizierter Signatur) der vom OLG an den RA per Telefax übermittelte Vergleich.
    Der Vergleich wurde geschlossen zwischen dem Hinterleger als Antragsteller und den 3 Antragsgegnerinnen - im Rubrum bezeichnet als Erben der "F".
    Vergleich:
    Der Antragsteller stimmt in Höhe einer Summe von 3.000,- € der Auszahlung der hinterlegten Beträge an die Antragsgegnerinnen zu. Im Übrigen erklären die Antragsgegnerinnen die Freigabe des hinterlegten Betrages zur Rückzahlung an den Antragsteller.

    Meine Gedanken:
    Herausgabe kann erfolgen, wenn alle Beteiligten die Herausgabe bewilligt haben. Diese Bewilligung wurde im Rahmen des Vergleichs von allen Beteiligten erklärt. Da Schriftform grundsätzlich ausreicht, ist der per Fax und anschließend per EGVP übermittelte Vergleich formgerecht.
    Als Nachweis, dass die Antragsgegnerinnen zum einen für die Bewilligung der Herausgabe und zum anderen zum Empfang des Betrages berechtigt sind, hatte ich einen Erbschein verlangt.

    Die RAin der 3 Antragsgegnerinnen teilt mir daraufhin mit:
    Ein Erbschein wurde nicht beantragt (Testamente gibt es im Übrigen auch nicht), dieser sei auch nicht erforderlich, da "F" ihrer Tochter "M" (=eine der 3 Antragsgegnerinnen) eine Vollmacht erteilt hatte, die über den Tod hinaus gilt. Aufgrund dieser Vollmacht war "M" auch berechtigt, das Verfahren vor dem OLG für die Unterhaltsberechtigte '"F" fortzuführen und den Vergleich beim OLG zu schließen. Eine Kopie dieser Vollmacht wurde übersandt.

    Fakt ist: Auch wenn die Antragsgegnerinnen im Vergleich als Erben der "F" bezeichnet werden, existiert kein Erbnachweis. Aus dem Vergleich ergibt sich kein Hinweis auf die Vollmacht der "M", vielmehr wurden die 3 Antragsgegnerinnen durch die RAin vertreten.

    Bei der erteilten Vorsorgevollmacht handelt es sich um einen Vordruck des HVD (Humanistischer Verband Deutschland), der eine DIN A4-Seite umfasst. Handschriftlich wurden Vollmachtgeber und Vollmachtnehmer und Ort/Datum eingesetzt, beide haben unterschrieben. Optisch besteht der Eindruck, dass Vollmachtgeber und Vollmachtnehmer nur ihre Unterschrift geleistet haben, die übrigen Eintragungen von einer anderen/dritten Person vorgenommen wurden. Die Unterschrift der Vollmachtgeberin erscheint ein wenig krakelig, die Vollmacht wurde 2 Monate vor dem Tod erteilt (eine Betreuung war nicht anhängig).

    Inhalt der Vollmacht (u.a.): Sie gilt über den Tod hinaus und berechtigt insbesondere dazu, ... meine Geldangelegenheiten zu verwalten und Zahlungen vorzunehmen.

    Inhalt der Vollmacht würde mir als Geldempfangsvollmacht wohl reichen, bei der Form habe ich Bedenken.

    Muss/sollte mir das reichen?

    Nach § 16 NHintG kann die Hinterlegungsstelle eine öffentliche Beglaubigung der Erklärung oder der Unterschrift verlangen.
    Wann und unter welchen Umständen ist leider nicht definiert. In einem alten Kommentar zu § 14 HO wird erläutert, dass es auch darauf ankommt, wofür die Vollmacht vorgelegt wird, "bei einer Vollmacht zur Entgegennahme der Hinterlegungsmasse wird die Unterschriftsbeglaubigung meist erforderlich sein."

    Gibt es dazu irgendwelche Rechtsprechung? Da die Haftungsträchtigkeit von HL-Sachen ja immer betont wird, habe ich kein gutes Gefühl. Weder kann ich die Echtheit der Unterschrift prüfen, noch die Geschäftsfähigkeit der Vollmachtgeberin. Hinweise auf Zweifel an der Echtheit der Unterschrift oder an der Geschäftsfähigkeit liegen allerdings nicht vor. Mache ich mir zuviele Gedanken?
    Falls die schriftliche Vollmacht nicht reicht, wäre die Beantragung eines Erbscheins ja die einzige Alternative.

    Tut mir leid, dass es ziemlich lang geworden ist, danke für alle Hilfe.

  • Hier geht es um eine vom Antragsteller hinterlegte Sicherheitsleistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung. Es ist hier also das Hauptinteresse des Hinterlegers (meines Erachtens) zu berücksichtigen- dieser hat beim Vergleich sowohl die Erbfolge sowie die Vollmachten akzeptiert und daher den Vergleich geschlossen. Auch das OLG hat im Vergleich nichts moniert, auch nichts an der Erbfolge oder Berechtigung der Vertretung.


    Daher würde ich hier nichts beanstanden und das Geld freigeben, Befürchtungen hätte ich hier keine. Hauptsache der Vergleich ist rechtskräftig. Bei Zweifeln würde ich ggf. den Hinterleger anhören-halte ich hier aber nicht für angebracht.

  • Danke für deine Einschätzung.
    Muss aber doch doof nachfragen: Kann ein Vergleich rechtskräftig werden? Aus der vorliegenden Kopie ergibt sich keine Rechtskraft (Vergleich vom 20.11.2020 vor dem Güterichter des OLG). Es ist aber kein Widerrufsvergleich, die Parten hatten als 2. Punkt des Vergleichs erklärt, dass Einigkeit besteht, dass mit diesem Vergleich alle Ansprüche geklärt und das Verfahren erledigt ist, ein Widerrufsrecht wurde nicht vorbehalten.

  • Gehe ich recht in der Annahme, dass der Vergleich im selben Verfahren (nur in höherer Instanz) geschlossen wurde, dass auch der hinterlegten Sicherheitsleistung zugrunde liegt?
    Dann würde mir der Vergleich wohl ausreichen.

  • Ja, das stimmt.
    Der Hinterleger hatte 2019 die Änderung/Aufhebung eines Unterhaltstitels aus dem Jahr 2003 beantragt und im Zuge dieses Änderungsverfahrens war ihm die Abwendung der Vollstreckung durch Sicherheitsleistung gewährt worden. Das Änderungsverfahren wurde jetzt durch den Vergleich vor dem OLG beendet.
    Danke:)

  • Ich würde mir die Vollmacht im Original vorlegen lassen, damit ich einen höheren Grad an Sicherheit habe, dass diese nicht widerrufen wurde. Ansonsten würde ich eine Auszahlung vornehmen.

    Ich würde die Vorlage des Originals nur verlangen, wenn an die Bevollmächtigte ausgezahlt werden soll.
    Anderenfalls erhöht sich der Erkenntnisgewinn nicht wesentlich. Die Vollmacht muss jetzt nicht mehr bestehen. Maßgeblich ist bloß, ob der mandatierte RA der den Vergleich geschlossen hat wirksam bevollmächtigt wurde. Daran bestehen m.E. vorliegend keine Zweifel.


    Ach ja und:


    Kann ein Vergleich rechtskräftig werden?

    nein. Die Wirksamkeit ist maßgeblich. Erhebliche Zweifel an dieser ergeben sich m.E. nicht.

  • Ich würde mir die Vollmacht im Original vorlegen lassen, damit ich einen höheren Grad an Sicherheit habe, dass diese nicht widerrufen wurde. Ansonsten würde ich eine Auszahlung vornehmen.

    Ich würde die Vorlage des Originals nur verlangen, wenn an die Bevollmächtigte ausgezahlt werden soll.
    Anderenfalls erhöht sich der Erkenntnisgewinn nicht wesentlich. Die Vollmacht muss jetzt nicht mehr bestehen. Maßgeblich ist bloß, ob der mandatierte RA der den Vergleich geschlossen hat wirksam bevollmächtigt wurde. Daran bestehen m.E. vorliegend keine Zweifel.

    Sehe ich etwas anders. Ich habe hier eine Freigabeerklärung einer Bevollmächtigten. Da ist es mMn schon interessant, ob die Vollmacht noch besteht. Zwar nicht mehr jetzt, aber zum Zeitpunkt des Vergleichs auf jeden Fall.

  • Danke für alle Antworten, haben mir schon sehr geholfen. Muss jetzt aber den SV nachbessern, da war mir ein peinlicher Fehler unterlaufen:oops::

    Im Vergleichstermin anwesend waren auf Antragsgegnerseite die bevollmächtigte Tochter "M" und die RAin nur für die anderen beiden Antragsgegnerinnen. Auszahlung des den 3 Antragsgegnerinnen zustehenden Gesamtbetrages wurde jetzt von der RAin auf eines ihrer Geschäftskonten beantragt.

    Werde daher jetzt Geldempfangsvollmachten aller 3 Antragsgegnerinnen für die Auszahlung an die RAin und die Vorlage der von der Erblasserin erteilten Originalvollmacht anfordern.
    Zusätzlich werde ich eine Erklärung von "M" verlangen, dass es sich auf der Vollmacht um die eigenhändige Unterschrift der Erblasserin handelt, die sie im Zustand uneingeschränkter Geschäftsfähigkeit geleistet hat.

    Und unter Hinweis auf § 16 Abs. 3 S. 1 und 2 NHintG (= Hinterlegungsstelle kann öffentliche Beglaubigung der Unterschrift auf Erklärung und/oder Vollmacht verlangen) vorsorglich die Anforderung weiterer Nachweise vorbehalten.

    Wenn ich das alles habe und sich dadurch keine weiteren Zweifel/Bedenken ergeben, würde ich auszahlen wollen.
    (bin bei Formalien vielleicht vorbelastet, weil ich u.a. auch GB bearbeite, habe aber bei der Vollmacht einfach kein gutes Gefühl)

    Nochmal Danke an alle:blumen:

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