Wer ist zuerst verstorben - wer beerbt wen? Ein kurioser Fall ....

  • …. Zumindest für mich, und ich hoffe auf Eure Hilfe!


    Schönen guten Morgen!


    Mein Fall:


    Ein Geschwisterpaar, Bruder und Schwester.
    Beide Elternteile vorverstorben.
    Beide Geschwister ohne Abkömmlinge.

    Die Schwester ist verheiratet.
    Keine weiteren gesetzlichen Erben bekannt.


    Die Schwester verstirbt am 23.08.2020 um 22.45 Uhr im Krankenhaus.
    Der Bruder verstirbt am 23.08.2020 zwischen 20.00 Uhr und 24.00 Uhr zu Hause (wird von seinem Schwager tot aufgefunden, der ihm vom plötzlichen Tode der Schwester berichten wollte).


    Mal von der Tragik abgesehen.
    Wie könnte ich die Erbfolge feststellen? Grundvermögen ist bei Beiden vorhanden.


    Danke schon Mal für Eure Hilfe!
    LG Schoko

  • Guten Morgen,

    meiner Kenntnis nach gilt bei einem Todeszeitraum zwischen x und y im Zweifel das Ende des Zeitraums, weil da war die Person ja definitiv tot.
    Somit gilt in deinem Fall die Schwester als zuerst verstorben.
    Quellen aus Literatur oder Rechtsprechung habe ich leider nicht. Habe das nur so mal in einer Fortbildung gehört und auch so angewendet, da es mir sinnvoll erschien.

    Im Erbscheinsverfahren (im Grunde egal nach wem von beiden) könntest du es aber vermutlich auch im Rahmen der Amtsermittlung durch ein Gutachten überprüfen lassen, wann der Bruder genau verstorben ist.
    Kann aber etwas zeitaufwendig sein.

  • Schau dazu mal in Palandt BGB § 1923 Rn. 5. Der Ablauf ist da sehr genau geschildert. :)
    Du musst versuchen, es festzustellen bzw. ein Erbe muss es darlegen. Ist das absolut nicht möglich, kann von einem gleichzeitigen Versterben ausgegangen werden.

  • Im Erbscheinsverfahren (im Grunde egal nach wem von beiden) könntest du es aber vermutlich auch im Rahmen der Amtsermittlung durch ein Gutachten überprüfen lassen, wann der Bruder genau verstorben ist.
    Kann aber etwas zeitaufwendig sein.

    Wie soll das denn überprüft werden?
    Die Einäscherung von Beiden ist ja bereits Monate her?

    Einen Urkundsbeweis werde ich nicht erhalten. Ich mache mir halt Gedanken, was als Freibeweis herangezogen werden könnte.

    In einem ähnlichen Fall ist der Ehemann zu Hause nach langer Krebserkrankung verstorben.
    Er wurde ca. eine Woche später aufgefunden. Also Todeszeitraum zwischen dem 05. und 12.03.2020.
    Die Ehefrau hat mehrfach eine vielbefahrene Autobahn (A3) überquert, bis ein LKW sie erfasst hat. Todeszeit 06.03.2020. Die Autobahnkamera hat das festgehalten.
    Die Identität mußte mittels DNA Test ermittelt werden, daher wurde der verstorbene Ehemann so viel später gefunden.

    Das OLG Frankfurt sagt zu dieser Konstellation, dass man nicht davon ausgehen darf, dass der Partner aufgrund des Todes Suizid begangen hat, da es ihm nicht möglich ist, den Hirntot festzustellen. Nur aufgrund des erwarteten Todes.

    Ich hatte mir damals die Ermittlungsakten der STA beigezogen als Freibeweis.
    Wobei es bzgl der Erbfolge egal war. Es gab nur einen gemeinsamen Sohn.

    Hier könnte aber entweder der Ehemann der Schwester oder der Fiskus erben.

  • Wer hat denn bisher einen Erbschein beantragt und was dargelegt?

    Der Ehemann de Schwester wurde telefonisch vorstellig. Bislang wurde kein Antrag o.ä. gestellt, aber das ist ja bei Grundbesitz nur ne Frage der Zeit. Zudem müßte ich ggfls für den Bruder ein Nachlass-Pflegschaft einleiten.

  • Ich verweise mal auf den Münchener Kommentar zu § 1923 BGB. Dort wird auf § 11 VerschG verwiesen. Wenn nicht (mehr) festgestellt werden kann, wer wen überlebt hat, gelten die Erblasser als gleichzeitig verstorben.

    Wenn ein Beteiligter etwas anderes geltend macht, trägt er auch die Beweislast.

    Ich hatte vor vielen Jahren mal einen Fall, wo Ehegatten zeitnah zu Hause verstorben waren. Damals wurde mir ein Gutachten eingereicht, das direkt nach den Todesfällen erstellt worden war.

  • Da ich jetzt fast den gleichen Fall habe und es bei der Erbfolge darauf ankommt: Wer weiß, wo es steht, welcher Todeszeitpunkt bei einer Zeitspanne gilt: Der früheste oder der letzte Zeitpunkt? (Wahrscheinlich eine saublöde Frage, denn wenn es klar wäre, hätte es der Arzt ja genau bezeichnet.) § 1923 BGB und §11VerschG helfen mir da nicht weiter, auch nicht die Kommentarstellen.

  • Dabei handelt es sich doch gerade um den von § 11 VerschG (und Art. 32 EuErbVO) erfassten Fall, dass ein genauer Zeitpunkt nicht festgestellt werden kann, sondern eben nur eine Zeitspanne.

    "Von gleichzeitigem Tod ist auszugehen, wenn die genauen Todeszeitpunkte nicht feststellbar sind, sondern nur Zeiträume festgestellt werden können, innerhalb derer der Tod eingetreten sein muß und sich diese Zeiträume überlappen." (OLG Köln, Beschl. v. 24.02.1992 - 2 Wx 41/91).

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Ich gehe davon aus, dass jemand der laut Sterbeurkunde "zwischen 13 und 15 Uhr" verstorben sein soll, um 15 Uhr noch gelebt hat (und damit geerbt) haben kann und (noch) nicht tot war. Will sagen: der letzte Zeitpunkt ist für mich der maßgebliche. Bei mehreren Tagen beginnt auch die Ausschlagungsfrist am letzten Tag zu laufen.

    Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ihre Justizbehörde

  • Wenn sich weder der genaue Todeszeitpunkt, noch auch nur die Reihenfolge des Versterbens aufklären läßt (Berufung auf Sterbeurkunden reicht nicht aus, das Gericht muss ggf. selbst ermitteln), gelten die betreffenden Personen als "gleichzeitig verstorben", BayObLG, 15.01.1999 - 1Z BR 110/98.

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