Schweizer Recht bezüglich Minderjährigen

  • Zum Vollzug liegt ein Kaufvertrag vor. Einer der Beteiligten auf Veräußererseite ist minderjährig. Für diesen ist schweizer Recht anzuwenden.

    Laut dem Kaufvertrag wurde gemäß Art. 306 Abs. 2 ZGB für den minderjährigen eine Beistandschaft angeordnet, zur Wirksamkeit des Vertrages sei die Genehmigung des Beistandes erforderlich.

    Die Genehmigung liegt formlos vor. (Zumindest nicht in der Form des § 29 GBO (Unterschrift und Siegel beziehungsweise Unterschriftsbeglaubigung))

    Ich habe jetzt die Entgegennahme der Genehmigung für die Beteiligten und Bekanntgabe an die Beteiligten durch den Notar (Vollmacht hierzu liegt vor) angefordert. (Wie

    Jetzt teilt der Notar mit, dass dies nach Schweizer Recht nicht erforderlich ist.

    Ist die Entgegennahme und Bekanntmachung tatsächlich nicht erforderlich? Kann ich die formlose Genehmigung anerkennen?

    Hatte jemand schon mal so einen Fall?

  • Wie das Kind vertreten wird, richtet sich nach Schweizer Recht.
    Wie eine nach fremden Recht erklärte Genehmigung zu einem Vertrag, der deutschem Recht unterliegt, den anderen Vertragsbeteiligten gegenüber wirksam wird, richtet sich nach deutschem Recht.
    Wie Eintragungsvoraussetzungen in ein deutsches Grundbuch nachzuweisen sind, richtet sich nach deutschem Recht.

    Wäre der Beistand also z.B. bei der Beurkundung mit anwesend gewesen, hätte der Notar möglicherweise Recht. War er aber nicht, laut Sachverhalt hat er nachträglich genehmigt. Daher:

    • Nachweis, dass ein Beistand ernannt wurde, wer das ist und dass er die Genehmigungserklärung abgegeben hat, in der Form des § 29 GBO (wenn es sich um schweizerische Urkunden handelt: mit Apostille).
    • Wirksamkeit der Genehmigung mit Zugang bei den anderen Vertragsbeteiligten (§ 182 BGB), auch das ist in der Form des § 29 GBO nachzuweisen -> bei Doppelvollmacht durch Eigenurkunde des Notars.

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  • Danke!

    Kannst du mir noch sagen, wo etwas dazu steht, dass für die Wirksamkeit der Genehmigung deutsches Recht anzuwenden ist!? Also, dass ich die Entgegennahme und die Bekanntgabe durch den Notar brauche!?

  • Wenn ich es richtig sehe, ist die Schweiz dem KSÜ beigetreten; siehe hier:
    https://www.justiz.nrw.de/Bibliothek/ir_…taaten_ksue.htm
    und hier:
    https://www.hcch.net/index_de.php?a…s.status&cid=70
    sowie die Staatenliste hier (unten, anklicken)
    https://www.bundesjustizamt.de/DE/Themen/Buer…liste_node.html

    Wenn also das nach dem KSÜ berufene Recht bestimmt, wann die Eltern einer familiengerichtlichen Genehmigung bedürfen (Art 17 KSÜ) und die elterliche Verantwortung dem Schweizer Recht unterliegt, dann dürften die Vorschriften des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs zur familiengerichtlichen Genehmigung (nebst Zugangs- und Mitteilungsnachweis) nicht greifen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Die greifen nicht, wie ich ja auch geschrieben habe ("Wie das Kind vertreten wird, richtet sich nach Schweizer Recht."). Aber dem Vertragspartner muß die Genehmigung schon zugehen, und das muss auch nachgewiesen werden - unabhängig davon, dass der Vertretene minderjährig ist.

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  • Angefordert wurde aber der „Nachweis der Entgegennahme der Genehmigung für die Beteiligten und Bekanntgabe an die Beteiligten durch den Notar (Vollmacht hierzu liegt vor) angefordert. (Wie § 1829 Abs. 1 Satz 2 BGB)“

    Und das kommt offenbar nicht in Frage. Wie Schäuble in der Abhandlung „Die gesetzliche Vertretung Minderjähriger in der notariellen Praxis in Fällen mit Auslandsbezug“, BWNotZ 1/2016, 5/12
    http://www.notare-wuerttemberg.de/downloads/bwnotz_01_2016.pdf
    unter 7 unter Zitat von Hausmann, in Reithmann/Martiny RN 7.984 ausführt, befindet das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes auch darüber, ob die Genehmigung bereits vor Abschluss des Rechtsgeschäfts erteilt sein muss (wie dies etwa nach italienischem und portugiesischem Recht der Fall sein soll) oder, ob wie im Rahmen von § 1829 BGB eine nachträgliche Genehmigung genügt und auf welche Art und Weise die Genehmigung wirksam wird.
    Das Statut der Ausübung der elterlichen Verantwortung bestimmt daher auch, auf welche Art und Weise die familiengerichtliche Genehmigung wirksam wird (s. Hausmann in Hausmann/Odersky, Internationales Privatrecht in der Notar- und Gestaltungspraxis, 3. Auflage 2017, § 5. Gesetzliche Vertretung natürlicher Personen, Teil 4. Familiengerichtliche Genehmigung, RN 58). Hausmann geht davon aus, dass es dabei auf das Wirkungsstatut des abzuschließenden Geschäfts nicht ankommt. In Fußnote 155 verweist er auf Staudinger/Hausmann EGBGB Art. 7 Rn. 98; Staudinger/Henrich EGBGB Art. 21 Rn. 131 und RGZ 170, 198 (österreichischer Vater verkaufte ein im Eigentum seines minderjährigen Sohnes stehendes Hotelgrundstück in Deutschland mit Genehmigung des deutschen Vormundschaftsgerichts. Der Vertrag wurde als wirksam behandelt, da es nach dem auf die gesetzliche Vertretung anwendbaren österreichischem Recht einer Mitteilung der Genehmigung an den Geschäftsgegner iSv § 1829 BGB nicht bedurft habe).

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  • Angefordert wurde aber der „Nachweis der Entgegennahme der Genehmigung für die Beteiligten und Bekanntgabe an die Beteiligten durch den Notar (Vollmacht hierzu liegt vor) angefordert. (Wie § 1829 Abs. 1 Satz 2 BGB)“

    Und das kommt offenbar nicht in Frage. Wie Schäuble in der Abhandlung „Die gesetzliche Vertretung Minderjähriger in der notariellen Praxis in Fällen mit Auslandsbezug“, BWNotZ 1/2016, 5/12
    http://www.notare-wuerttemberg.de/downloads/bwnotz_01_2016.pdf
    unter 7 unter Zitat von Hausmann, in Reithmann/Martiny RN 7.984 ausführt, befindet das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes auch darüber, ob die Genehmigung bereits vor Abschluss des Rechtsgeschäfts erteilt sein muss (wie dies etwa nach italienischem und portugiesischem Recht der Fall sein soll) oder, ob wie im Rahmen von § 1829 BGB eine nachträgliche Genehmigung genügt und auf welche Art und Weise die Genehmigung wirksam wird.
    Das Statut der Ausübung der elterlichen Verantwortung bestimmt daher auch, auf welche Art und Weise die familiengerichtliche Genehmigung wirksam wird (s. Hausmann in Hausmann/Odersky, Internationales Privatrecht in der Notar- und Gestaltungspraxis, 3. Auflage 2017, § 5. Gesetzliche Vertretung natürlicher Personen, Teil 4. Familiengerichtliche Genehmigung, RN 58). Hausmann geht davon aus, dass es dabei auf das Wirkungsstatut des abzuschließenden Geschäfts nicht ankommt. In Fußnote 155 verweist er auf Staudinger/Hausmann EGBGB Art. 7 Rn. 98; Staudinger/Henrich EGBGB Art. 21 Rn. 131 und RGZ 170, 198 (österreichischer Vater verkaufte ein im Eigentum seines minderjährigen Sohnes stehendes Hotelgrundstück in Deutschland mit Genehmigung des deutschen Vormundschaftsgerichts. Der Vertrag wurde als wirksam behandelt, da es nach dem auf die gesetzliche Vertretung anwendbaren österreichischem Recht einer Mitteilung der Genehmigung an den Geschäftsgegner iSv § 1829 BGB nicht bedurft habe).


    Abgesehen von der Zitierung des § 1829 BGB ist das auch alles erforderlich (Standard in so gut wie jeder Urkunde: "Zustimmungen aller Art werden wirksam mit Eingang beim Notar, der allseits ermächtigt wird, die hierfür erforderlichen Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen sowie entsprechende Rechtshandlungen vorzunehmen"). Und der Vertrag ist noch lange nicht deshalb wirksam, weil in der Schweiz die Genehmigungserklärung eines Beistands wirksam geworden ist (was sich, wie gesagt, ausschließlich nach Schweizer Recht richtet).

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  • Mal davon abgesehen, ob die Entgegennahme und Bekanntgabe durch den Notar erforderlich ist.

    Was ist mit der vorliegenden Genehmigung durch den Beistand?

    Diese liegt nicht in der Form des § 29 GBO vor.

    Benötige ich diese in der Form des § 29 GBO oder reicht diese eventuell (weil schweizer Recht Anwendung findet) auch formlos?

  • Mal davon abgesehen, ob die Entgegennahme und Bekanntgabe durch den Notar erforderlich ist.

    Was ist mit der vorliegenden Genehmigung durch den Beistand?

    Diese liegt nicht in der Form des § 29 GBO vor.

    Benötige ich diese in der Form des § 29 GBO oder reicht diese eventuell (weil schweizer Recht Anwendung findet) auch formlos?

    Entgegennahme und Bekanntgabe durch den Notar ist nicht "erforderlich". Zugang beim Vertragspartner (und Nachweis) ist erforderlich, und wird durch Entgegennahme und Bekanntgabe durch den Notar ersetzt.

    Genehmigung: Materiellrechtlich formlos, verfahrensrechtlich § 29 GBO. Wie immer.

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  • :confused: Also benötige ich doch eine Erklärung des Notars, dass er die Genehmigung entgegengenommen und dem anderen Vertragsteil bekannt gemacht hat. (Wie z.B. bei einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung)


    Oder wie bei einer Nachgenehmigung eines nicht persönlich erschienenen Beteiligten (wobei es da nach in der Regel verwendeten Vollmachten ausreicht, dass der Nachweis des Eingangs beim Notar geführt wird, z.B. durch Ausfertigung des Vertrags mit der Gehemigung, was ja bei nachlass- oder betreuungsgerichtlichen Genehmigungen bekanntlich nicht ausreichend ist).

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