Zinsbeginn vor Grundschuldeintragung

  • Es ist durchaus üblich, dass der Anfangszeitpunkt der dinglichen Grundschuldzinsen vor dem Datum der Eintragung der Grundschuld liegt. Der häufigste Fall ist wohl derjenige, dass die Grundschuld "ab heute", also ab dem Datum der Eintragungsbewilligung verzinslich ist.

    Ich frage mich nun (und würde dies verneinen), ob es insoweit eine zeitliche "Rückwirkungsbegrenzung" gibt. Falls dies nicht der Fall ist, könnte man die Grundschuld nämlich z. B. auch schon zwei oder drei Jahre früher (im Verhältnis zum Tag der Eintragungsbewilligung oder auch im Verhältnis zum Tag der Eintragung der Grundschuld) verzinslich stellen. Dann hätte der Gläubiger von Anfang an gleich eine wesentlich höhere Sicherheit als den Nominalbetrag der Grundschuld und man könnte sich zum Zweck der Kostenersparnis mit einem wesentlich geringeren Nominalbetrag begnügen, obwohl der Kreditbetrag viel höher ist und sich aus aus dem Grundschuldnominalbetrag und den betreffenden dinglichen "früheren" Zinsen zusammensetzt. Wenn man diese "früheren" Zinsen entsprechend fällig stellt (etwa wie üblich in der Weise, dass diese Zinsen zusammen mit den ab Eintragung entstehenden dinglichen Zinsen erst am ersten Tag des auf die Eintragung der Grundschuld folgenden Jahres fällig sind), würde auch § 1159 BGB nicht gegen diese Lösung sprechen, weil es sich dann im Rechtssinne nicht um "rückständige" Zinsen handelt.

    Ich sehe eigentlich nichts, was diesem "Trick" materiellrechtlich entgegen stünde.

    Auch im Versteigerungsverfahren sollte dies keine Rolle spielen, weil es sich aufgrund der besagten Fälligkeitsregelung zunächst um laufende und nicht um rückständige Zinsen handelt. Diese früheren Zinsen fallen dann zwar nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG irgendwann aus der betreffenden Rangklasse heraus, aber dann sind sie schon durch die "späteren" Zinsen in der besagten Rangklasse ersetzt worden, die dann ihrerseits entweder laufende Zinsen oder rückständige Zinsen in der besagten Rangklasse sind.

    Oder übersehe ich etwas?

  • Ich sehe da auch kein Hindernis. Für die Fremdgrundschuld "ist anerkannt, daß sie mit Zinsen für die Vergangenheit vereinbart und eingetragen werden kann." (BGH, Beschl. v. 03.10.1985 - V ZB 18/84)

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Das denke ich eben auch.

    "Akzessorisch" sind die dinglichen Zinsen nur im Verhältnis zur Grundschuld selbst, nicht aber im Verhältnis zu den Zinsen der durch die Grundschuld gesicherten Forderung.

    Ja schon. Aber es geht ja gerade um die Erweiterung der dinglichen Haftung. Die genannten Entscheidungen verhalten sich alle nur zu Zinsen vor Entstehung der Grundschuld (Eintragung), nicht zu Zinsen vor Bestellung.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist bezüglich der Grundschuldzinsen beginnt erst, wenn diese fällig sind. Wird die Grundschuld im Jahr 2020 bestellt und werden die "früheren" Zinsen und die laufenden Zinsen des Jahres 2020 vereinbarungsgemäß erst am 01.01.2021 fällig, beginnt deren Verjährung erst mit Ablauf des Jahres 2021, sodass sie erst mit Ablauf des Jahres 2024 verjährt sind.

    Vgl. BGHZ 93, 287 (zur früheren vierjährigen Verjährungfrist) sowie Weis/Klassen BKR 2003, 51.

  • Braucht er gar nicht.

    Denn bis dahin (Ende 2024) hat er schon wieder zusätzlich

    - die Grundschuldzinsen des Jahres 2021, die Anfang 2022 fällig werden und erst Ende 2025 verjähren,
    - die Grundschuldzinsen des Jahres 2022, die Anfang 2023 fällig werden und erst Ende 2026 verjähren,
    - die Grundschuldzinsen des Jahres 2023, die Anfang 2024 fällig werden und erst Ende 2027 verjähren und
    - die Grundschuldzinsen des Jahres 2024, die Anfang 2025 fällig werden und erst Ende 2028 verjähren.

    Was von früher (2017-2020 + Restzinsen 2020) herausfällt, kommt somit später wieder hinzu (2021-2024).

    Und damit wäre letztlich der Zweck der Übung erreicht, dem Gläubiger bei niedrigerem Nominalbetrag der Grundschuld gleichwohl eine viel höhere dingliche Sicherung in Form der zusätzlichen dinglichen "früheren" Grundschuldzinsen in Höhe von 3 x 18 % des Nominalbetrages (bei 3 Jahren "früheren" Zinsen) zukommen zu lassen.

    Ein neues gebührenrechtliches Sparmodell? Hat jedenfalls - soweit ersichtlich - noch niemand zur Diskussion gestellt.

  • Gute Frage.

    Wenn man die Dinge aus der Warte im Zeitpunkt der Grundschuldbestellung betrachtet, genügt es, den Nominalbetrag so zu beziffern, dass er zusammen mit den "früheren" Zinsen (üblicherweise 18 % p. a.) die Höhe des gewährten Darlehens ergibt, je nachdem, wie weit man mit dem Verzinsungsbeginn in die Vergangenheit zurückgeht. Wird z. B. ein Kredit über 460.000 € gewährt, genügt bei 18 % "früheren" Zinsen für drei Jahre (54.000 x 3 = 162.000) ein Grundschuldnominalbetrag von 300.000 €, um den gesamten Kredit abzusichern (300.000 + 162.000 = 462.000). Richtig ist natürlich, dass es dann künftig nur 56.000 € an jährlichen Grundschuldzinsen gibt (statt 82.800 = 18 % aus 460.000, wenn man die Grundschuld gleich zum Nominalbetrag von 460.000 bestellt). Aber das spielt aus Sicht des Gläubigers keine Rolle, weil er die "Weniger-Zinsen" in Form der "früheren" Zinsen bereits "verdient" hat. Der positive Nebeneffekt aus Eigentümersicht ist, dass sich durch die Grundschuldzinsen aus dem höheren Nominalbetrag mit der Zeit keine exorbitante Übersicherung des Gläubigers aufschaukelt, was bei der üblichen Bestellungspraxis regelmäßig der Fall ist, weil die Zinsen, die man später verdient, zwar nicht vollständig, aber doch zu einem wesentlichen Teil als frühere Zinsen infolge Verjährung wieder verloren gehen, sodass sich die entstehende Übersicherung dadurch in Grenzen hält.

    Natürlich muss man das im Einzelfall immer durchrechnen. Aber das ist wohl das geringste Problem.

    Zudem denke ich, dass dieses Konstrukt nicht nur bei der Neuaufnahme eines Kredits, sondern auch bei der Hergabe einer Grundschuld als zusätzliche Sicherheit für bereits bestehende Kredite in Betracht kommt (etwa, weil jene durch den Werteverfall verpfändeter Geld- oder Wertpapiersicherheiten in beleihungsrechtlicher Hinsicht notleidend zu werden drohen).

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