Altgesellschaft nach 164 EGBGB? Anteile vererblich und veräußerlich?

  • Hallo zusammen,

    ich hoffe mir kann jemand auf die Sprünge helfen.

    In einem ganz tollen Grundbuch in Hessen sind die Personen a bis z als Mitglieder der Backgesellschaft "Tralala" in Miteigentum der gesamten Hand eingetragen.
    Das Grundbuch wurde über die Jahrzehnte hinsichtlich vieler Mitglieder aufgrund Erbfolge (dabei wurden die Miterben zum Teil mit Bruchteilen eingetragen :gruebel:) berichtigt. Auch wurden einige Anteile aufgelassen.
    Ich will gar nicht wissen, wie viele von den Mitgliedern und deren Erben mittlerweile noch verstorben sind...

    Ich habe mir die Grundakte aus dem Archiv angefordert, was mir leider nicht viel weiter geholfen hat, weil die zuständigen Beamten nicht an ihre Nachwelt gedacht haben und alles in einer fürchterlichen Sauklaue in die Akte geschmiert haben...

    Folgendes schließe ich aber aus der Akte:
    Die Gesellschaft wurde bereits vor 1900 im Grundbuch eingetragen, es ist deshalb wohl eine Gesellschaft im Sinne des § 164 EGBGB.

    Wenn das tatsächlich so ist, können Anteile an der Gesamthandsgemeinschaft dann einfach veräußert werden? Oder müsste da jemand (die übrigen Mitglieder oder der Vorstand) zustimmen? :confused:
    Wann kann ich von einem radizierten Anteil und wann von einem Bruchteil ausgehen?

    Wenn mir jemand diese Fragen beantworten könnte und mir noch sagen könnte woraus sich das ergibt, wäre ich ewig dankbar! :D
    Ich schließe aber nicht aus, dass ich danach noch weitere Fragen habe! :strecker

    Hoffnungsvoll, eine leicht verzweifelte Rpfl'in

  • Ich denke nicht, daß "Gesellschaft" im heutigen registerrechtlichen Sinne zu lesen ist. Es scheint mir eher eine Zweckgemeinschaft zur Nutzung des Dorfbackofens oder etwas in der Art zu sein. Du wirst den Charakter und Zweck der Gemeinschaft aufklären müssen. Wichtig scheint mir schon die Klärung, ob die Mitgliedschaft an der Gemeinschaft ein Grundeigentum geknüpft ist oder nicht, da sich da ja schon ggf. die Nachfolge völlig abweichend von einer Erbfolge gestalten könnte (weil zwar der Grundbesitz veräußert und umgeschrieben, die Mitgliedschaft bei der Umschreibung aber vergessen wurde).
    Nur so erste Gedanken von einem, der da ganz weit weg ist.;)

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • [quote='Sternchen*','Altgesellschaft nach 164 EGBGB? Anteile vererblich und veräußerlich? habe mir die Grundakte aus dem Archiv angefordert, was mir leider nicht viel weiter geholfen hat, weil die zuständigen Beamten nicht an ihre Nachwelt gedacht haben und alles in einer fürchterlichen Sauklaue in die Akte geschmiert haben...Wenn das tatsächlich so ist, können Anteile an der Gesamthandsgemeinschaft dann einfach veräußert werden? .../QUOTE]

    Vermutlich handelt es sich um eine altrechtliche Genossenschaft (s. dazu Mittelstädt im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018, EGBGB Art 164 RN 8 ff). Bei dem von ihr genutzten Grundstück konnte bzw. kann das Eigentum auch den Mitgliedern als Gesamthandseigentum zustehen (Staudinger/Mittelstädt EGBGB Art 164 RN 17). Ein solcher altrechtlicher Verband oder eine altrechtliche Genossenschaft müsste eigentlich eine Satzung haben (s. zur altrechtlichen Markgenossenschaft OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 19. Januar 1999, 25 U 80/98 und Beschluss vom 27. Juni 2013, 20 W 213/12). Daraus müsste sich dann auch die Vertretungsbefugnis nach außen hin ergeben. Ich würde daher zunächst einmal anhand der Grundakte prüfen wollen, ob es eine Satzung gibt.

    Die von Dir genannte „Sauklaue“ dürfte darauf zurückzuführen sein, dass die Eintragungen seinerzeit in deutscher Kurrentschrift vorgenommen wurden. Diese galt vor der Einführung der Sütterlinschrift im Jahr 1911. Dort sah das „c“ im Übrigen nicht viel anders aus als das „n“; siehe:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_…rentschrift.svg

    Es würde mich also nicht wundern, wenn es statt Backgesellschaft Bankgesellschaft heißen sollte. Dann würde evtl. Art. 167 EGBGB Anwendung finden, der für landschaftliche oder ritterschaftliche Kreditanstalten gilt. Er ließ in Preußen die für diese Kreditanstalten bestehenden Vorschriften fortbestehen und hat nach Staudinger/Mittelstädt, EGBGB Art 167 RN 2 allein im ehemaligen Preußen Bedeutung. Zum ehemaligen Preußen gehörten aber seit den Annexionen vom Oktober 1866 auch das Kurfürstentum Hessen-Kassel, das Herzogtum Nassau und die Freie Stadt Frankfurt; siehe hier:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Preu%C3%9…ssia_(1871).svg

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!