§ 1010 BGB und Sanierungsgenehmigung

  • Hallo!

    Folgender Fall: 2 Miteigentümer erwerben ein Grundstück, das in einem förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet liegt. Genehmigung gemäß § 144 BauGB liegt vor.

    Ein paar Wochen später vereinbaren die Erwerber, dass der Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft ausgeschlossen wird. Desweiteren werden Verwaltungs- und Benutzungsregelungen vereinbart. Dies soll am jeweiligen Miteigentumsanteil zugunsten des jeweiligen Eigentümers des anderen Anteils eingetragen werden.

    Benötige ich für die Eintragung gemäß § 1010 BGB eine Sanierungsgenehmigung?
    M.E. nein.

    In Betracht kommen wohl nur § 144 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 BauGB.
    - Abs. 1 Nr. 2: Das schuldrechtliche Vertragsverhältnis über die Nutzung betrifft wohl nur Verträge mit Dritten, nicht
    schuldrechtliche Vereinbarungen der Eigentümer untereinander. Die Durchführung des Sanierungsverfahrens
    wird dadurch wohl kaum erschwert, da die Eigentümer das Grundstück ja ohnehin nutzen dürfen.
    - Abs. 2 Nr. 2: Es liegt kein dingliches Recht vor, nur eine schulrechtliche Vereinbarung, die zur Wirkung gegen
    Rechtsnachfolger quasi verdinglicht wird.

    In den Kommentaren habe ich leider nix dazu gefunden. Hat das schon mal wer gehabt oder weiß mehr dazu? Ich bin für jede Meinung dazu dankbar.

  • Zur Eintragung: Ja, siehe hier:
    http://rechtspflegerforum.de/showthread.php…689#post1108689

    Die Bestimmung des § 2 Absatz 2 GrEStG lautet jetzt:

    (2) Den Grundstücken stehen gleich
    1.Erbbaurechte,
    2.Gebäude auf fremdem Boden,
    3.dinglich gesicherte Sondernutzungsrechte nach den Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes und des § 1010 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

    Weggefallen ist in der Nr. 3 lediglich der Bezug auf § 15 WEG, weil diese Bestimmung jetzt einen anderen Inhalt hat.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Habe es jetzt nachgelesen.

    Mag durchaus so sein, aber wenn ich ehrlich bin, erschließt sich mir nicht der Sinn.

    Der Sinn dürfte der gleiche sein, wie derjenige, der hinter dem Verlangen der steuerlichen UB bei der Begründung von Wohnungseigentum nach § 3 WEG steht. Die Steuerbehörde wird zu prüfen haben, ob die flächenmäßige Aufteilung der wertmäßigen Beteiligung der Miteigentümer entspricht (s. Bezugsthread). Im Extremfall könnte es z. B. zwei Miteigentümer mit 1/100 MEA und 99/100 MEA geben und über die Benutzungsregelung nach § 1010 BGB erhält derjenige mit dem geringsten Anteil die größte Fläche zur Benutzung.

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  • Es wird doch aber auf "Sondernutzungsrechte" nach 1010 BGB abgestellt und nicht auf "Vereinbarungen"? In der Kommentierung wird die Vereinbarung nur in Zusammenhang mit bestehendem Wohnungseigentum gesehen?

  • Die Regelung des § 2 Absatz 2 Nr. 3 GrEStG ist auf Initiative des Bundesrats hin eingefügt worden. Die Begründung in der BT-Drs. 12/402 vom 22.04.91 auf Seite 14
    http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/12/004/1200402.pdf
    lautet

    Der Bundesrat bittet zu prüfen, ob nach Artikel 20 folgende Vorschrift zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes eingefügt werden sollte:

    In § 2 Abs. 2 Nr. 2 wird der Punkt durch ein Komma ersetzt und folgende Nummer 3 angefügt:

    „3. dinglich gesicherte Sondernutzungsrechte im Sinne des § 15 des Wohnungseigentumsgesetzes und des § 1010 des Bürgerlichen Gesetzbuchs."

    Begründung:
    Durch die Änderung wird klargestellt, dass dinglich gesicherte Sondernutzungsrechte im Sinne des § 15 des Wohnungseigentumsgesetzes und des § 1010 BGB den Grundstücken gleichstehen. Solche Sondernutzungsrechte werden in jüngster Zeit zunehmend aus bauordnungsrechtlichen Gründen an nicht Wohnzwecken dienenden Räumen gebildet und mit dem Sondernutzungsrecht an einer Wohnung verbunden. Es ist gerechtfertigt, den Erwerb dieser besonderen Sondernutzungsrechte der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen, da er einem Rechtsträgerwechsel gleichkommt. Nicht dinglich

    Hintergrund war also das sog. Kellermodell, bei dem Teileigentum an einem Kellerraum mit dem Sondernutzungsrecht an einer Wohnung verbunden wurde (s. Rapp im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018, § 5 WEG RNern 17, 18; Armbrüster im Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz
    14. Auflage 2018, § 1 RNern. 47 ff). Alternativ wurde eine Benutzungsregelung nach § 1010 BGB erwogen (Reithmann NJW 1992, 649 ff, 651: „Näher liegt die Aufteilung in Bruchteilseigentum. Danach erwerben mehrere Personen ein Grundstück mit Gebäude als Miteigentümer zu ideellen Bruchteilen. Das Grundbuchamt kann für jeden Miteigentumsbruchteil ein eigenes Grundbuchblatt bilden, so dass dem äußeren Anschein nach eine ähnliche Situation wie bei der Aufteilung in Wohnungseigentum vorliegt. Im Grundbuch kann auch eingetragen werden, dass Verwaltung und Benützung geregelt sind…“

    Nach der Kommentierung von Viskorf in Boruttau, GrEStG, 19. Auflage 2018, § 2 RN 261, soll sich die Bestimmung jedoch nicht auf Regelungen hinsichtlich der Aufteilung des Gebäudes beschränken, sondern insgesamt das alleinige und ausschließliche Gebrauchs- bzw. Nutzungsrechte an Teilen des Gemeinschaftseigentums (zB Keller- und Bodenräume, Garten, Kfz-Stellplatz) erfassen, wodurch zugleich die anderen vom Mitgebrauch ausgeschlossen werden. Ebenso Krumm in Leingärtner, Werkstand: 39. EL September 2020, Kapitel 110. Grunderwerbsteuer, RN. 62. Visdorf fährt fort. „Vergleichbare Vereinbarungen können mit dinglicher Wirkung auch zwischen Miteigentümern eines Grundstücks geschlossen werden (§ 1010 BGB).“

    Wenn also für eine solche Regelung ein Entgelt zu entrichten ist (Boruttau/Viskorf, RN 262), dürfte die steuerliche UB anzufordern sein.

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  • Visdorf fährt fort. „Vergleichbare Vereinbarungen können mit dinglicher Wirkung auch zwischen Miteigentümern eines Grundstücks geschlossen werden (§ 1010 BGB). ...“

    "... Derartige Vereinbarungen werden grestrechtlich relevant, wenn sie zusammen mit dem Erwerb von Teil- bzw. Wohneigentum oder – entgeltlich – zu einem späteren Zeitpunkt getroffen werden." (Boruttau/Viskorf a.a.O.). Unmittelbar an obiges Zitat anschließend.

    Die Vorschrift stellt auf Sondernutzungsrechte ab. Die Kommentierung dazu definiert das Sondernutzungsrecht auch ausnahmslos in der Weise, wie wir das im Grundbuchamt kennen. Und eine Miteigentümervereinbarung beim Wohnungseigentum wird nach der Vorschrift unter diesen Begriff des Sondernutzungsrechts subsumiert. Pahlke GrEStG § 2 Rn. 127: „Einzelne Wohnungs- bzw. Teileigentümer können ferner auch untereinander Gebrauchsregelungen treffen, die nur für sie und nicht auch für die anderen Raumeigentümer gelten (§ 1010 BGB)“. Eine analoge Anwendung im Sinne einer Vereinbarung bei normalem Bruchteilseigentum finde ich nicht.

  • ...

    "... Derartige Vereinbarungen werden grestrechtlich relevant, wenn sie zusammen mit dem Erwerb von Teil- bzw. Wohneigentum oder – entgeltlich – zu einem späteren Zeitpunkt getroffen werden." (Boruttau/Viskorf a.a.O.). Unmittelbar an obiges Zitat anschließend........

    Na und? Viskorf stellt auf die Vereinbaungen zwischen Miteigentümern eines Grundstücks und nicht auf Vereinbarungen von Wohnungseigentümern ab. Das entspricht der anstelle der Begründung von Wohnungseigentum vorschlagenen, o.a. Regelung von Reithmann in NJW 1992, 649 ff, 651, die von der Änderung des § 2 Absatz 2 Nr. 3 GrEStG erfasst sein soll. Es wäre auch unverständlich, wenn für die nachträgliche entgeltliche Begründung eines Sondernutzungsrechts die steuerliche UB vorzulegen ist, für die den gleichen Sachverhalt regelnde nachträgliche entgeltliche Benutzungsregelung nach § 1010 BGB hingegen nicht.

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  • Okay. Ich rudere zurück. Nach der o. a. Begründung („Es ist gerechtfertigt, den Erwerb dieser besonderen Sondernutzungsrechte der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen“), geht es nicht um die Begründung, sondern um den Erwerb der Sondernutzungsrechte, der einem Rechtsträgerwechsel gleichkommen soll. Eine Regelung nach § 1010 BGB lässt sich aber nicht -wie ein SNR- übertragen. Und die Übertragung des MEA würde eh schon die Grunderwerbsteuer auslösen.

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