Säumniszuschläge des FA trotz MU, nachtrgl. Berücksichtigung bei Verteilung

  • Hallo liebe Insolvenzler,
    ich habe folgenden Fall:

    Es besteht Masseunzulänglichkeit, die bis zum Ende nicht überwunden wurde.
    Einstellungstermin nach § 211 wurde (schriftl.) anberaumt und mittlerweile auch abgehalten, die Höhe der Masseverbindlichkeiten sowie der zur Vfg. stehende Betrag wurden veröffentlicht.
    Der IV hat bereits an die Massegläubiger verteilt. Nun meldet sich das Finanzamt bei ihmund gibt an, halt die Höhe meiner Masseforderung stimmt so nicht, da ja noch Säumniszuschläge angefallen sind. Die Höhe der Säumniszuschläge waren dem IV vorher nicht bekannt gemacht, daher auch nicht ins Verzeichnis der Massegläubiger aufgenommen.

    Der BFH hat geklärt, dass Säumniszuschläge auch trotz Anzeige der MU kraft Gesetzes entstehen (VII R 31/18)

    Bedeutet das nun, dass die bereits erfolgte Verteilung an die Massegläubiger vom IV rückabzuwickeln ist und unter Berücksichtigung der Säumniszuschläge neu verteilt werden muss?

    Das fände ich schon merkwürdig. Kann man es nicht so sehen, dass das Verzeichnis der Massegläubiger als verbindliches Verzeichnis anzusehen ist, wie das Schlussverzeichnis? Trotzdem es nicht niedergelegt werden muss? Aber schließlich basieren darauf meine Angaben hinsichtl. der Höhe der Masseverbindlichkeiten, welche veröffentlicht werden.

    Und wäre es nicht auch Aufgabe des IV gewesen eine Stundung beim FA zu beantragen, da er ja auf Grund der MU wusste dass die Steuerschuld nicht beglichen werden konnte?

    Ich bin für eure Meinungen sehr dankbar.

  • Also den Fall hatte ich so noch nicht, aber was mich erst mal völlig irritiert, ist, dass ihr die Höhe der Masseverbindlichkeiten öffentlich bekannt macht. Seit wann das denn? Ich veröffentliche wegen BGH und seiner Entscheidung zu § 207 InsO die Summe der festgestellten Forderungen, also 188 ganz normal, aber ich hab noch nie die Summe der Masseverbindlichkeiten veröffentlicht.

    Und zu den Säumniszuschlägen: Da hätte vermutlich der Verwalter aktiv werden müssen, aber da sind ja genug hier im Forum aktiv, die das sicher besser beantworten können.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Ich bin ja hier bei einer Einstellung nach § 211, nicht § 207.

    Bei uns heisst es da im Text, der veröffentlicht wird:


    "Die Masseverbindlichkeiten werden nach Maßgabe des § 209 InsO berichtigt werden. Verfügbar sind ca. XX € Verteilungsmasse, zu berücksichtigen sind ca. XX € Masseverbindlichkeiten.
    An die Insolvenzgläubiger erfolgt keine Zahlung.
    Das Schlussverzeichnis ist in der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts zur Einsicht für die Beteiligten niedergelegt."

    Bei einer Einstellung nach § 207 erfolgt auch bei uns keine solche Veröffentlichung.

  • Wir veröffentlichen auch die festgestellten 38iger Forderungen bei Einstellung nach § 211 , nicht die Masseverbindlichkeiten.
    Liegt eventuell bei euch da ein Mißverständnis vor? Denn der Satz lautet bei uns auch so. :oops:

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Warum sollte man denn die Verteilungssumme und die zu berücksichtigenden Masseverbindlichkeiten veröffentlichen? Es gibt doch kein Verweis diesbezüglich auf §§ 188 ff. InsO. Wenn man das aber so sieht, dann ist doch die Frage auch ganz einfach zu beantworten: dann sind die nachträgliche eingeforderten Masseverbindlichkeiten raus ;).

    Aber m.E. haben wir als InsoGericht letztlich mit der Massegläubigerverteilung gar nichts zu tun. Die Haftung für nichtbezahlte Masseverbindlichkeiten regelt sich über § 61 InsO. Wenn das FA der Ansicht ist, es bekommt noch Säumniszuschläge, hat diese aber vor Verteilung der Restsumme nie geltend gemacht, dann ist das doch ne einfache Haftungsfrage. Dann muss das FA halt klagen (wenn es meint, der InsoVerwalter hätte sie berücksichtigen müssen).
    Ob der Verwalter die Säumniszuschläge hätte verhindern können, wäre doch dann wiederum höchsten eine Frage im Rahmen der Schlussrechnung gewesen, wenn er die tatsächlich bezahlt hätte. Wären das notwendige Masseverbindlichkeiten gewesen.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Die Haftung für nicht bezahlte Masseverbindlichkeiten regelt sich über § 61 InsO. Wenn das FA der Ansicht ist, es bekommt noch Säumniszuschläge, hat diese aber vor Verteilung der Restsumme nie geltend gemacht, dann ist das doch ne einfache Haftungsfrage.

    So einfach sehe ich die Haftungsfrage nicht, da Masseverbindlichkeiten nicht geltend gemacht werden müssen. Der IV kommt nur über § 206 InsO aus der Nummer raus. Das halte ich für schwierig, da dem IV dem Grunde nach die Säumniszuschläge bekannt sind, nur die Höhe offen steht, vergl. HamKO § 206 Rn. 3.


    Ob der Verwalter die Säumniszuschläge hätte verhindern können, wäre doch dann wiederum höchsten eine Frage im Rahmen der Schlussrechnung gewesen, wenn er die tatsächlich bezahlt hätte. Wären das notwendige Masseverbindlichkeiten gewesen.

    Die Säumniszuschläge fallen an, der IV kann ja schlecht tw pro rata bedienen, sondern muss zunächst die Höhe der Verfahrenskosten abwarten, um nicht in die Massearmut zu gelangen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Die Haftung für nicht bezahlte Masseverbindlichkeiten regelt sich über § 61 InsO. Wenn das FA der Ansicht ist, es bekommt noch Säumniszuschläge, hat diese aber vor Verteilung der Restsumme nie geltend gemacht, dann ist das doch ne einfache Haftungsfrage.

    So einfach sehe ich die Haftungsfrage nicht, da Masseverbindlichkeiten nicht geltend gemacht werden müssen. Der IV kommt nur über § 206 InsO aus der Nummer raus. Das halte ich für schwierig, da dem IV dem Grunde nach die Säumniszuschläge bekannt sind, nur die Höhe offen steht, vergl. HamKO § 206 Rn. 3.


    Ob der Verwalter die Säumniszuschläge hätte verhindern können, wäre doch dann wiederum höchsten eine Frage im Rahmen der Schlussrechnung gewesen, wenn er die tatsächlich bezahlt hätte. Wären das notwendige Masseverbindlichkeiten gewesen.

    Die Säumniszuschläge fallen an, der IV kann ja schlecht tw pro rata bedienen, sondern muss zunächst die Höhe der Verfahrenskosten abwarten, um nicht in die Massearmut zu gelangen.

    Wir sind da nicht auseinander. Das sehe ich genau so wie Du. Nur hatte ich das so verstanden, dass dem Insolvenzverwalter nicht bekannt war, dass Säumniszuschläge geltend gemacht werden. Und Massegläubiger, die dem Insolvenzverwalter nicht bekannt sind, dürften raus sein. Die ganz andere Frage ist natürlich, ob es ihm hätte bekannt sein müssen.

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  • Ein hälftiger Erlass der Säumniszuschläge erfolgt beim Finanzamt auf Antrag in der Regel dann, wenn die Hauptforderung später ausgeglichen wird.

    Im Sozialrecht ist bei erstmaliger Säumnis sogar ein vollständiger Erlass möglich.

    In Fall der Masseunzulänglichkeit stelle ich regelmäßig derartige Anträge mit sehr guter Erfolgsquote.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Dieses - vermeintliche Prob hatte ich bis heute auch nicht uaf dem Schirm (ist ja das tolle in dem Pensum, dass mensch nie auslernt). Mal abgesehen davon, wie irgendwelche VÖ aussehen (denke, dies machen die Gerichte aus wohl erwogenen Gründen jeweils wie sie es machen) würde mich interessieren, welchen Rang nun die Säumniszuschläge nun haben sollen.
    Die genannte BFH-Entscheidung verhält sich über die Entstehung und sodann ! über Verrechnungsmöglichkeiten bei wieder massezulänglichem Verfahren.
    Der Hintergrund dieeses Verfahrens, insbes. i welchem RAng die nun seitens des FA die Säumniszuschläge nun geltend gemacht werden, würden mich sehr interessieren.
    greez Def

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Vielen Dank für eure Antworten!!

    Die genauen Hintergründe, insbesondere in welchem Rang das FA die Säumniszuschläge geltend macht sind mir nicht bekannt.
    Aber so wie ich das aus euren Antworten gelesen habe, muss mich das als Insolvenzgericht auch nicht interessieren.

    Es war hier so, dass der IV von mir wissen wollte, wie nun damit umzugehen sei, da ja bereits alles verteilt ist.

    Ich bleibe bei meiner Meinung, dass die bereits erfolgte Verteilung an die Massegläubiger nicht rückabzuwickeln ist und werde den IV auf § 206 InsO hinweisen.
    Die Fragen, ob dem IV bekannt sein musste, dass Säumniszuschläge anfallen würden bzw. in welcher Höhe, ob er hätte nachfragen müssen usw. muss er dann mit dem FA klären, ebenso eine etwaige Haftung.


    Vielen Dank nochmal für eure Mühe und Gedanken!

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