vollstreckungsfähiger Inhalt

  • Huhu,

    Ich hab eine notarielle Urkunde als Vollstreckungstitel vorliegen.
    Dort ist wie folgt ausgeführt:

    Für den Fall der Sorgerechtsentscheidung des Gerichts entsprechend der vorstehend gegebenen Empfehlung treffen die Beteiligten folgende Vereinbarung bzgl. des Kindesunterhalts: ....

    Vollstreckt werden soll rückständiger Kindesunterhalt, Rechtsnachfolgeklausel für das Kind wurde vom Notar erteilt.

    Ich bin der Meinung, dass die Urkunde keinen vollstreckbaren Inhalt hat.
    Eine gerichtliche Sorgerechtsentscheidung wurde nicht vorgelegt, ob eine solche existiert wurde nicht angegeben.

    Das wäre meine Begründung:


    Der Titel ist nicht ausreichend bestimmt, womit eine Vollstreckung aus diesem nicht möglich ist.


    Ein Titel ist nur dann zur Vollstreckung geeignet, wenn er inhaltlich hinreichend bestimmt ist.


    Dazu muss er aus sich heraus verständlich sein und für jeden Dritten erkennen lassen, was und vor allen Dingen, ob der Gläubiger vom Schuldner etwas verlangen kann.


    Vorliegend wird der Anspruch davon abhängig gemacht, dass die gerichtliche Sorgerechtsentscheidung der Empfehlung folgt.


    Eine Bezugnahme auf nicht zum Bestandteil gemachte Urkunden reicht nicht aus.
    (Musielak/Voit/Lackmann, 17. Aufl. 2020, ZPO § 704 Rn. 6a)


    Trotz der grundsätzlichen Bindung des Vollstreckungsorgans an eine wirksam erteilte Klausel kann die Bestimmtheit des Titels daher Gegenstand der Prüfung im Vollstreckungsverfahren sein.
    (Musielak/Voit/Lackmann, 17. Aufl. 2020, ZPO § 704 Rn. 6aa)


    Die Feststellung dieses Anspruchs ist nicht Aufgabe des Vollstreckungsorgans (vgl BGH NJW 93, 1801, 1802).
    An der erforderlichen Bestimmtheit fehlt es, wenn bereits die Leistungspflicht selbst nur durch Hinzuziehung von Schriftstücken (zB gerichtliche Sorgerechtsentscheidung) ermittelt werden kann, die nicht Bestandteil des Vollstreckungstitels ist.
    Den Vollstreckungsorganen ist es zwar nicht verwehrt, den Vollstreckungstitel auszulegen.
    Dessen Inhalt ergibt sich in erster Linie aus der Urteilsformel; Sachverhalt u Gründe können ergänzend herangezogen werden (zB BGH NJW 93, 1801, 1802).


    Ferner ist die Berücksichtigung von gesetzlichen Vorschriften möglich; iÜ dürfen außerhalb des Urteils liegende Umstände grundsätzlich nicht beachtet werden. Die Berücksichtigung von eine etwaig getroffene gerichtlichen Sorgeentscheidung ist unzulässig, wenn diese nicht zum Bestandteil des Titels gemacht worden sind (vgl BGH NJW 06, 695, 697).
    Kann das Vollstreckungsorgan im Wege der – unter Beachtung der vorstehend dargestellten Grundsätze vorgenommenen – Auslegung des Titels keinen hinreichend bestimmten Inhalt ermitteln, ist der TItel nicht vollstreckungsfähig.
    Verbleibende Zweifel sind in einem Erkenntnisverfahren zu klären.
    Zulässig ist auch eine negative Feststellungsklage des Schuldners, der die Frage klären möchte, ob der Titel einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat (OLG Karlsruhe NJOZ 04, 3897, 3898 f).
    (Saenger, Zivilprozessordnung, ZPO § 704 Rn. 6-8, beck-online)


    Wie sieht ihr das?

  • @ Frog: Würdest du es auch so sehen, wenn eine derartige Sorgeentscheidung getroffen wurde und mir vorgelegt wird?
    Oder kann ich direkt zurückweisen? Zurücknehmen wollen sie nicht, da 2014 hier schon mal jemand mit dem Titel einen Pfüb erlassen hat.


  • Der Titel ist nicht ausreichend bestimmt, womit eine Vollstreckung aus diesem nicht möglich ist.
    Ein Titel ist nur dann zur Vollstreckung geeignet, wenn er inhaltlich hinreichend bestimmt ist.

    Selbstverständlich ist ein Titel, der auf Zahlung konkreter Beträge lautet, hinreichend bestimmt.

    Zitat


    Vorliegend wird der Anspruch davon abhängig gemacht, dass die gerichtliche Sorgerechtsentscheidung der Empfehlung folgt.

    Das ist nichts anderes als eine Bedingung, welche die titulierte Zahlungspflicht auslösen soll.

    Zitat


    Die Feststellung dieses Anspruchs ist nicht Aufgabe des Vollstreckungsorgans ...

    Alles richtig, die Lösung findet sich aber in § 726 ZPO.

  • Das Kind vollstreckt vorliegend ja aus der notariellen Urkunde, diese wurde zwischen den Eltern aufgenommen, die sich haben scheiden lassen.

    Dort ist sodann wie oben erwähnt ausgeführt:

    Für den Fall der Sorgerechtsentscheidung des Gerichts entsprechend der vorstehend gegebenen Empfehlung treffen die Beteiligten folgende Vereinbarung bzgl. des Kindesunterhalts: ....

    Es wurde ursprünglich eine normale Klausel für die Mutter erteilt.

    M.E. wäre eine Klausel nach § 726 I ZPO erforderlich gewesen.
    Es wäre zu prüfen gewesen, ob eine entsprechende Sorgeentscheidung durch das Gericht getroffen wurde.
    In der Klausel wären die für den Beweis herangezogenen Urkunden zu bezeichnen. (Grund: Zustellungserfordernis nach § 750 II).
    Ist hier nicht erfolgt.
    Es wurde eine einfache Klausel durch den Notar erteilt.

    -> Gut darf ich nicht bemängeln, lt BGH interessiert mich eine fehlerhaft erteilte Klauselart nicht. (s. auch Beitrag Nr. 5 von Frog)

    Jetzt gehts aber weiter :alarm:

    Es steht in der Urkunde nun auch drin

    ,, Der Sch. ist mit der jederzeitigen Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung dieser Urkunde einverstanden, ohne dass es des Nachweises der Fälligkeit der Forderungen, sowie deren Fortbestand bedarf.''

    Klausel war ursprünglich gläubigerseits ja der Mutter erteilt.
    Klausel wurde jetzt auf meine Rüge hin gläubigerseits auf das Kind umgeschrieben. Auch eine einfache Klausel ohne Angabe warum umgeschrieben wurde.
    Notarunterschrift fehlt, in Zustellungsurkunde ist die Klausel nicht aufgeführt. -> Formfehler der Klausel, werde ich wohl rügen. Das mit der Zustellung.. da würde ich die Augen zu machen, da es sich aus dem zeitlich Ablauf ergibt, dass die Klausel da wohl zugestellt wurde, da man ansonsten ja nicht erneut zugestellt hätte.

    Was mich jetzt allerdings noch mehr stört:

    Es heißt:

    xy verpflichtet sich für das Kind .. ab dem Monat des Erlasses des Ehescheidungsurteils monatlich im Voraus einen Unterhaltsbetrag i.H. des jeweiligen Bedarfsbetrags der entsprechenden Altersklasse, berechnet von der jeweiligen Einkommensgruppe von xy unter Berücksichtigung der Steuerklasse I gemäß der sog. Düsseldorfer Tabelle in der jeweils angewandten Fassung dieser Tabelle zu erbringen. Der Kindesunterhalt ist zu Händen der Mutter zu zahlen, solange das Kind nicht nach Eintritt der Volljährigkeit Zahlung an sich selbst verlangt.
    Dem Kind steht nach dieser Vereinbarung ein eigener Anspruch im Sinne des § 328 BGB zu.

    Das Kindergeld ist auf vorstehende Unterhaltsverpflichtung hälftig anzurechnen.

    Die hier vereinbarte Zahlungspflicht endet mit Wegfall der gesetzlichen Unterhaltstatbestände, ist jedoch unabhängig von Eintritt oder Bestehen der Volljährigkeit des Kindes.

    Dann werden Konkretisierungen zur Situation zum Zeitpunkt der Verhandlung der Urkunde getroffen..

    Die Beteiligten gehen zum Zwecke der derzeitigen Konkretisierung der vorstehenden Vereinbarung davon aus, dass derzeit zur Berechnung des Kindesunterhalts bei Berücksichtigung der Einstufung von Herrn xy in die Steuerklasse I, Einkommensgruppe 2 der Düsseldorfer Tabelle maßgeblich ist.

    Entsprechend der vorherigen Vereinbarung ändert sich der bezeichnete Betrag mit Änderung der Einkommensverhältnissen von xy, Änderung der Düsseldorfer Tabelle und Änderung der gesetzliche Anspruchsvoraussetzungen, sowie mit der Entstehung von anrechenbaren Einkünften des Unterhaltsberechtigten.


    -> derzeit Einkommensgruppe 2 -> 105 %?!

    es geht weiter:

    Der Betrag ändert sich mit Änderung der Einkommensverhältnisse des xy, sowie mit Entstehung von anrechenbaren Einkünften des Unterhaltsberechtigten.


    Sooo vollstreckt werden soll Unterhalt ab dem Monat in dem die Urkunde aufgenommen wurde (Jahr 2003) immer mit 105 % (bis zum Jahr 2014)

    Ist das bestimmt?

    Oder ist das ganze gedeckt durch den Passus ,,Der Sch. ist mit der jederzeitigen Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung dieser Urkunde einverstanden, ohne dass es des Nachweises der Fälligkeit der Forderungen, sowie deren Fortbestand bedarf.''


    :gruebel::oops:

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