§ 1640 bei Pflegschaft nach § 1630?

  • Die Vermögenssorge wurde nicht übertragen. Somit bleibt es meiner Meinung nach eine elterliche Pflicht. Meiner Erinnerung nach haben wir hier schon diskutiert, was nach einem Entzug der Vermögenssorge und Übertragung auf die Pflegeeltern zu tun ist.

    Es mag daran liegen, dass unser Pflegekinderdienst dazu rät, die Gesundheitsfürsorge und die schulischen Angelegenheit auf Dauerpflegeeltern zu übertragen. Dazu sind Eltern eher bereit als zur Übertragung der gesamten Personensorge.

  • Eben, die elterliche Sorge setzt sich ja grundsätzlich aus Angelegenheiten der Personen- und der Vermögenssorge zusammen.

    Wenn also die elterliche Sorge komplett entzogen ist, dann müsste ein Vormund eingesetzt sein, der dann auch die Aufgabe hat, das Inventarverzeichnis zu erstellen.

    Bedenklich finde ich nur die Aussage

    Die richterliche Entscheidung lautete: Die elterliche Sorge wird gemäß § 1630 BGB Frau X übertragen (habe es auch noch nie anders bei unseren Richtern gesehen).

    Entziehen die Richter tatsächlich immer pauschal die komplette elterliche Sorge? Ich hoffe, das habe ich nur falsch verstanden, denn das wäre sonst krass unverhältnismäßig.

  • Entziehen die Richter tatsächlich immer pauschal die komplette elterliche Sorge? Ich hoffe, das habe ich nur falsch verstanden, denn das wäre sonst krass unverhältnismäßig.

    Warum? Bei 1630 passiert das nur mit Einverständnis der Eltern bzw. auf deren Antrag. Wenn die es so wollen, was ist daran unverhältnismäßig?

  • Ja, unsere Richter entscheiden immer so. Eine Vormundschaft ist damit trotzdem sicherlich nicht gewollt. Jetzt stellt sich mir die Frage, ob ein Pfleger nach § 1630 das Vermögensverzeichnis nach § 1640 erstellen muss. Wie wäre denn der Fall, wenn der Pfleger z.B. nur die Vermögenssorge hätte?

  • S.H.: Die Vorredner haben schon recht. Nach der Kommentierung (Palandt) zu § 1630 ist eine vollständige Übertragung der elterl. Sorge nicht möglich, da dies nicht zu einer Pflegschaft, sonern zu einer Vormundschaft führen würde.

  • Entziehen die Richter tatsächlich immer pauschal die komplette elterliche Sorge? Ich hoffe, das habe ich nur falsch verstanden, denn das wäre sonst krass unverhältnismäßig.

    Warum? Bei 1630 passiert das nur mit Einverständnis der Eltern bzw. auf deren Antrag. Wenn die es so wollen, was ist daran unverhältnismäßig?

    Das verstehe ich auch nicht.

  • S.H.: Die Vorredner haben schon recht. Nach der Kommentierung (Palandt) zu § 1630 ist eine vollständige Übertragung der elterl. Sorge nicht möglich, da dies nicht zu einer Pflegschaft, sonern zu einer Vormundschaft führen würde.

    Ich habe mich mit 1630 nur oberflächlich befasst (ist ja auch Richtersache), aber diese Auffassung geht m.E. an Wortlaut und Sinn der Vorschrift vorbei:


    1. Die Übertragung führt weder zu einer Pflegschaft noch zu einer Vormundschaft, die Pflegepersonen haben lediglich Rechte und Pflichten eines Pflegers.

    2. Wenn es im Sinne aller Beteiligten ist, was spricht dagegen?

    Im Übrigen sind "unverhältnismäßig" und "nicht von der Vorschrift gedeckt" zwei Paar Schuhe.

  • S.H.: Die Vorredner haben schon recht. Nach der Kommentierung (Palandt) zu § 1630 ist eine vollständige Übertragung der elterl. Sorge nicht möglich, da dies nicht zu einer Pflegschaft, sonern zu einer Vormundschaft führen würde.

    Man sollte auch mal in anderen Kommentaren als dem Palandt lesen. ;)

    Die für die Möglichkeit der Übertragung der gesamten elterlichen Sorge sprechende Ansicht ist m. E. wenigstens als gleichwertig zur gegenteiligen Ansicht anzusehen, vgl. z. B. BeckOK BGB/Veit, 56. Ed. 1.11.2019, BGB § 1630 Rn. 13:

    "Er deckt auch die Übertragung aller Angelegenheiten der elterlichen Sorge (OLG Celle FamRZ 2017, 450 [451 f.]; KG FamRZ 2006, 1291 [1293]; AG Weilburg FamRZ 2002, 118; Wesche Rpfleger 2014, 349 [351]; Eisele Anm. zu OLG Celle FamRZ 2003, 954 [955]; Groß FPR 2004, 411 [414]; aA OLG Jena FamRZ 2009, 992 [993]; Hoppenz/van Els Rn. 5; Palandt/Götz Rn. 11; Erman/Döll Rn. 12; Staudinger/Peschel-Gutzeit, 2015, Rn. 53; NK-BGB/Rakete-Dombek Rn. 19; zum Fehlen der Personensorgeberechtigung iSv § 86 Abs. 2 S. 1 SGB VIII im Falle einer Übertragung sämtlicher Personensorgeangelegenheiten auf einen Pfleger BVerwG ZKJ 2017, 322 [323 f.])."

    (weitere Begründung folgt unter 13.1)

  • Im Ergebnis dürfte also festzuhalten sein: Die Ergänzungspflegerin muss das Verzeichnis einreichen.

    Meine Überlegungen zum Sorgerecht, evtl. Vormundschaft und mögliche Unverhältnismäßigkeit folgen zugegebenermaßen auch nur aus sehr oberflächlicher Befassung. Zum Einen ist es Richtersache und zum Anderen stützen sich unsere Richter selten auf § 1630 BGB. Hier wird eher mit Vollmachten der Eltern für das Jugendamt oder seltener für Naturalpfleger in Einzelfragen gearbeitet oder mit Entziehungen nach § 1666 BGB. Deswegen war ich mental so auf die Entziehung festgelegt und überrascht, dass so oft pauschal alles an eSo übertragen wird. Aber bei § 1630 BGB ist das natürlich eine andere Baustelle. Sorry für die Verwirrung.

  • § 1640 BGB gilt nur für Eltern, nicht für Pfleger usw. Diese müssen den Vermögenserwerb aber im Rrahmen der ohnehin bestehenden allg. Berichtspflicht anzeigen, entweder sofort oder beim nächsten Jahresbericht.

    Nach BeckOK BGB/Veit, 56. Ed. 1.11.2019, BGB § 1640 Rn. 3-5, hat der Pfleger oder Vormund das Verzeichnis einzureichen. Ich meine, dass auch der Palandt das so sieht, habe aber keinen zur Hand. Ich habe es auch immer angefordert, was wenn der Vermögenserwerb kurz nach dem letzten Bericht erfolgt ist? Ein knappes Jahr zu warten fände ich zu heikel.

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