Funktionsnachfolge / Rechtsnachfolge

  • Ein Landeswohlfahrtsverband ist noch als Berechtigter einer Grundschuld eingetragen. Nun soll über die Grundschuld verfügt werden, was durch einen Kommunalverband bewilligt wird. Der Landeswohlfahrtverband ist bereits durch Gesetz (Gesetz zu Auflösung der Landeswohlfahrtsverbände BaWü) aufgelöst, als sog. Funktionsnachfolger ist der Kommunlaverband vorgesehen. Der Kommunalverband ist damit nicht Rechtsnachfolger. Der Begriff der Funktionsnachfolge ist bei Creifels kompakt, Wörterbuch, 3. Edition 2020 (bei Beck-online) erklärt.

    Der Kommunalverband beruft sich auf die Funktionsnachfolge und geht davon aus, damit seien auch die Forderungen aus der Grundschuld sowie die Grundschuld als dingliches Recht mit übergegangen. In dem Gesetz ist jedoch unter §5 abschließend aufgeführt, welche Vermögensgegenstände kraft Gesetzes mit übergehen. Grundschulden fallen nicht darunter und hätten m.E. im Rahmen der Abwicklung übertragen werden müssen. Da der Landeswohlfahrtsverband bereits aufgelöst ist, kann die Übertragung nicht nachgeholt werden. Aus meiner Sicht wäre der Antrag zu beanstanden, jedoch ist unklar, welche Behebungsmöglichkeiten dem Antragsteller angeboten werden können. Im Gesellschaftsrecht könnte man mit einem Nachtragsliquidator arbeiten, ob es das auch im öRecht gibt, weiß ich nicht. Hat jemand einen Rat?

  • In der Begründung der Landtagsdrucksache 13/3201, ist auf den Seiten 424 ff.
    https://www.landtag-bw.de/files/live/sit…0/13_3201_D.pdf
    zu den §§ 5 und 6, 10 und 12 des Gesetzes zur Auflösung der Landeswohlfahrtsverbände (Gesetz zur Auflösung der Landeswohlfahrtsverbände vom 1. Juli 2004, (GBl. BW 2004, 469, 570; geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 20. Dezember 2010 (GBl. BW 2010, 1066), zuletzt durch Art. 1 ÄndG vom 7.11.2017 (GBl. BW 2017, 592) ausgeführt (Hervorhebungen durch mich):

    zu § 5: …Zur Übertragung insbesondere des beweglichen Sachvermögens und Finanzvermögens bedarf es auf Grund bundesrechtlicher Vorgaben jeweils entsprechender Rechtsgeschäfte. Lediglich im Falle der Übertragung der Immobilien auf den neuen Kommunalverband für Jugend und Soziales kann eine Übertragung nach Artikel 126 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch durch Gesetz erfolgen…

    zu § 6: Der Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern betreibt seine Einrichtungen durch die LWV.Eingliederungshilfe GmbH. Die genannten Grundstücke sind an diese Gesellschaft lediglich vermietet oder verpachtet. Ein gesetzlicher Eigentumsübergang nach Artikel 126 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch ist nur möglich bei Übertragung auf einen Kommunalverband oder den Staat, nicht aber bei Übertragung auf eine Gesellschaft des privaten Rechts. Es bedarf daher rechtsgeschäftlicher Übertragung. Auch hier soll das Eigentum der Aufgabe folgen. Eine unmittelbare Zuordnung auf die 22 Stadt- und Landkreise ist nicht möglich….

    Zu § 10 : Zu § 10 Abwicklung sonstiger Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten
    Zu Absatz 1
    Alle nicht nach §§ 5 bis 9 und § 12 Abs. 3 auf die neuen Aufgabenträger übergegangenen Vermögensgegenstände verbleiben zur Verwertung bei den Landeswohlfahrtsverbänden, die auf Grund gesetzlicher Regelung (§ 3 Abs. 1) zum Zwecke der Abwicklung zeitlich begrenzt weiterbestehen werden.

    § 12 Absatz 3 soll also einen Übergang von Vermögensgegenständen auf den neuen Aufgabenträger bewirken.

    § 12 Absatz 3 des Gesetzes lautet:
    12 Übergangsregelung
    (1)….
    (2) …
    (3) 1Zum Zeitpunkt des Aufgabenübergangs bestehende Forderungen und Verbindlichkeiten der Landeswohlfahrtsverbände, die nach dem Entstehungsgrund früheren Haushaltsjahren zuzurechnen sind, werden von den Landeswohlfahrtsverbänden in Abwicklung bis zum 30. Juni 2005 abgewickelt und in ihren Haushaltsrechnungen nachgewiesen. 2Danach bestehende Forderungen und Verbindlichkeiten gehen ab dem 1. Juli 2005 auf den ab 1. Januar 2005 örtlich zuständigen Träger über.

    Die Begründung dazu lautet:
    Zu Absatz 3:
    Die Regelung in Absatz 3 soll eine zuständigkeitsbezogene Rechnungsabgrenzung für zum Zeitpunkt des Aufgabenübergangs bestehende Forderungen und Verbindlichkeiten sicherstellen.

    Wenn also noch bestehende Forderungen und Verbindlichkeiten ab dem 1. Juli 2005 auf den ab 1. Januar 2005 örtlich zuständigen Träger übergehen sollen und § 10 Absatz 1 vom Übergang von Vermögensgegenständen spricht, dann würde ich daraus schließen wollen, dass auch das Grundpfandrecht als Vermögensgegenstand auf den örtlich zuständigen Träger übergegangen ist, obgleich es nicht im Rahmen der Abwicklung rechtsgeschäftlich übertragen wurde.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ich habe Zweifel, ob die Grundschuld aufgrund § 12 Abs. 3 übergegangen ist. Dieser spricht nur von Forderungen und Verbindlichkeiten. Gerade der Gesetzesbegründung zu § 12 Abs. 3 kann man entnehmen, dass dieser die Rechnungsabgrenzung im enstprechenden Haushaltsplan regelt. Dort sind m.W.n. dingliche Sicherungsrechte gar nicht aufgeführt (Verbot des Doppelansatzes). Wegen der fehlenden Akzessorietät folgt die Grundschuld nicht automatisch. Und § 10 Abs. 1 ordnet an, dass Vermögensgegenstände die nicht gemäß § 12 Abs. 3 u.a. übergegangen sind "...abzuwickeln sind". An dieser Abwicklung fehlt es.

  • Gut. Dann müsste die Bestellung des Abwicklers nach § 3 Absatz 3 Gesetzes zur Auflösung der Landeswohlfahrtsverbände Baden und Württemberg-Hohenzollern und Errichtung des Kommunalverbands für Jugend und Soziales Baden-Württemberg nochmals verlängert werden.

    Die ursprüngliche Fassung lautet (Hervorhebung durch mich):
    §3 Abwicklung
    (1) Die Landeswohlfahrtsverbände gelten nach ihrer Auflösung, längstens bis zur Abwicklung der Jahresrechnung 2007, als fortbestehend, soweit der Zweck der Abwicklung es erfordert. ….
    (2)……
    (3) Zum Zwecke der Abwicklung werden die Aufgaben der Verbandsdirektoren vom Verbandsvorsitzenden des Kommunalverbands für Jugend und Soziales wahrgenommen, soweit in dessen Verbandssatzung nichts anderes bestimmt ist.

    Artikel 44 des Gesetzes vom 14. Oktober 2008 (GBl. BW 2008, 313, 332) lautet:

    Das Gesetz zur Auflösung der Landeswohlfahrtsverbände vom 1. Juli 2004 (GBL S. 469,570) wird wie folgt geändert:

    In § 3 Abs.1 Satz 1 wird die Zahl »2007« durch die Zahl »2010« ersetzt.

    Artikel 2 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Kommunalen Versorgungsverband Baden-Württemberg und des Gesetzes zur Auflösung der Landeswohlfahrtsverbände vom 20. Dezember 2010, GBl. BW 2010, 1066, lautet:

    Artikel 2
    Änderung des Gesetzes zur Auflösung der Landeswohlfahrtsverbände
    Das Gesetz zur Auflösung der Landeswohlfahrtsverbände vom 1. Juli 2004 (GBl. S.469, 570), geändert durch Artikel 44 des Gesetzes vom 14. Oktober 2008 (GBl. S.313, 332), wird wie folgt geändert:

    In § 3 Abs. 1 Satz 1 wird die Zahl »2010« durch die Zahl »2017« ersetzt.


    Demnach bestand das Amt des Abwicklers nur bis Ende 2017.

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  • Ich habe Zweifel, ob die Grundschuld aufgrund § 12 Abs. 3 übergegangen ist. Dieser spricht nur von Forderungen und Verbindlichkeiten. Gerade der Gesetzesbegründung zu § 12 Abs. 3 kann man entnehmen, dass dieser die Rechnungsabgrenzung im enstprechenden Haushaltsplan regelt. Dort sind m.W.n. dingliche Sicherungsrechte gar nicht aufgeführt (Verbot des Doppelansatzes). Wegen der fehlenden Akzessorietät folgt die Grundschuld nicht automatisch. Und § 10 Abs. 1 ordnet an, dass Vermögensgegenstände die nicht gemäß § 12 Abs. 3 u.a. übergegangen sind "...abzuwickeln sind". An dieser Abwicklung fehlt es.

    Seit wann ist eine Grundschuld denn keine "Forderung" mehr? Dass sie abstrakt ist und keine schon vorher bestehende Forderung voraussetzt, ändert nichts daran, dass ihr gesetzlicher Inhalt ist, "dass an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, eine bestimmte Geldsumme aus dem Grundstück zu zahlen ist" (§ 1191 Abs. 1 BGB)

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Vielleicht sehe ich das zu dogmatisch: für mich war die Grundschuld immer eine Belastung eines Grundstücks. Die Forderung ist doch ein schuldrechtliche Anspruch eines Gläubigers, vom Schuldner eine Leistung zu verlangen. Ja, mit § 1191 hast Du natürlich Recht :oops:.

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