Doppelinsolvenz von Gesellschaft und Gesellschafter - aml wieder.

  • Eine Krankenkasse hat in meinem OHG-Verfahren eine Forderung aus rückständigen Gesamtsozialversicherungsbeiträgen angemeldet. Ich habe diese gemäß § 93 InsO später auch in dem Insolvenzverfahren des Gesellschafters angemeldet.

    Nunmehr hat die Krankenkasse die rückständigen Arbeitnehmer-Anteile mit der Maßgabe, dass es sich hierbei um eine andere Rechtsgrundlage (nämlich § 823 BGB i.V.m. § 266a StGB) handelt, ebenfalls im Insolvenzverfahren des Gesellschafters angemeldet. Nach meiner Recherche ist die Zulässigkeit wohl streitig. Außerhalb des Insolvenzverfahrens geht die Tendenz (BGH, Urteil vom 04.07.2012 - IX ZR 265/01) aber eindeutig dahin, dass § 93 InsO die Geltendmachung von deliktischen Ansprüchen gegen den Gesellschafter nicht "sperrt". Damit wäre die Forderungsanmeldung durch die Krankenkasse zulässig.

    Unklar ist, wie auf Ebene des OHG-Insolvenzverwalters damit umgegangen werden muss. Als einzige Lösung habe ich gefunden, dass die Forderungsanmeldung des Insolvenzverwalters, so tatsächlich eine Doppelanmeldung vorliegt, gemäß § 44 InsO analog unzulässig ist/wird. Ich erwäge den Verzicht auf die angemeldeten Forderungen insoweit, wie die Krankenkasse die gleiche Forderung (nur eben aus einem anderen Rechtsgrund) gleichfalls angemeldet hat.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • ...ich habe so etwas bisher immer als "Problem" einer als Anspruchsgrundlagen- oder Anspruchsnormenkonkurrenz wahrgenommen und denke daher, dass die Situation mit 44 InsO nicht auf den ersten Blick vergleichbar íst und eine Lösung über 44 InsO analog daher etwas Mut von Dir bedarf.

    Ich meine, dass die Situation eher vergleichbar ist mit Darlehensanspruch und eigenem Sicherungsrecht - da gibt es doch nur was "für den Ausfall" mit der anderen Anspruchsgrundlage und nicht einen Ausschluss mit der Forderung....

    Oder macht Dich 93 doch zu einer bürgenähnlichen Person -- ich würde da als IV nicht auf die Rechte aus der Anmeldung einer (gesellschaftsrechtlich begründeten) persönlichen Haftung verzichten wollen - wie der Schuldner und der IV des Schuldners sicherstellen, dass die Forderung - wenn es zur Nachhaftung kommt - nur einmal durchgesetzt werden kann - da finde ich nicht in meinen Unterlagen...

  • Eines meiner Lieblingsthemen (ich lerne da immer noch :D )

    Zu Gegs:
    "Unklar ist, wie auf Ebene des OHG-Insolvenzverwalters damit umgegangen werden muss. Als einzige Lösung habe ich gefunden, dass die Forderungsanmeldung des Insolvenzverwalters, so tatsächlich eine Doppelanmeldung vorliegt, gemäß § 44 InsO analog unzulässig ist/wird. Ich erwäge den Verzicht auf die angemeldeten Forderungen insoweit, wie die Krankenkasse die gleiche Forderung (nur eben aus einem anderen Rechtsgrund) gleichfalls angemeldet hat."

    Die Forderungsrücknahme/der Forderungsverzicht wäre ein Haftungsfall !

    Zu Imker:
    ja schon auf dem richtigen Weg unterwegs. Die Scheidung nach Anspruchsgrundlagen und deren Konkurrenz geht in die richtige Richtung !

    Und "Ich meine, dass die Situation eher vergleichbar ist mit Darlehensanspruch und eigenem Sicherungsrecht - da gibt es doch nur was "für den Ausfall" mit der anderen Anspruchsgrundlage und nicht einen Ausschluss mit der Forderung...."
    weist die Richtung.
    M.E. wurzelt das "Geheimnis" nicht im 44 InsO, sondern im 43 InsO. Ja jetzt wird es schräg :D
    Es werden 2 unterschiedlliche Ansätze - bezogen auf Gesellschaftersicherheiten - vertreten:
    1. der Grundsatz der Doppelberücksichtigung
    2. der Ausfallgrundsatz.

    Wer dem Thema extensiver nachgehen mag: Schmidt/Bitter, ZIP 2000, 1077-1089.
    Aber ich denke, diesem Hochreck ist sich - unabhängig ob mensch nun Schmidt (= Ausfallprinzip) oder Bitter (Vollanmeldungsmodell) folgen mag, nur sind diese Ansätze für den vorliegenden Fall nicht sonderlich von Relevanz (aber der Aufsatz ist sehr leseneswert, zumal er ein Musterbeispiel wissenschaftlicher Auseinandersetzung ist, da beide Autoren zu unterschiedlichen Lösungsansätzen finden.

    Oki, bevor ich mal wieder anfange, zu langweilen:
    Im Gesellschaftsverfahren ist die Sozialversicherugsforderung - soweit bestehend - unwidersprochen zu lassen. Im Gesellschafterverfahren ist die Deliktsforderung unter Ausfallbeschränkung unwidersprochen zu lassen. Ja dies klingt jetzt doch nicht mehr nach 43 und auch nicht mehr nach 44, ist mir klar.
    ABER: der betreffende Gesellschafter ist bezüglich des deliktischen Anspruchs in der Außenhaftung, der 93'er betrifft die Innenhaftung !. Soweit aber der Innenhaftungsanspruch eine Deckungsgleicheit aufweist (= Quote) bleibt der entsprechende Außenhaftungsanspruch, den natürlich der betreffende Gläubiger geltend machen darf. Tabellentechnisch - nicht juristisch- wäre die Deliktsforderung als Ausfallforderung zu behandeln.
    Soviel mal meine vlt auch nicht treffenden Überlegungen dazu .....

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • :dankescho für die Meinungsäußerungen.

    Wir werden die Forderung der Krankenkassen in der Gesellschafterinsolvenz nunmehr als Ausfallforderung behandeln. Die Frage, wie damit im Rahmen der Verteilung umzugehen ist, betrifft dann eher die Insolvenzverwalterin des Gesellschafters.

    Die Kollegin meint nun, dass sie im Rahmen der Gesellschafterinsolvenz nur diejenigen Forderungen feststellen kann, die im Insolvenzverfahren der Gesellschaft durch das Insolvenzgericht bereits formell geprüft wurden. Ich meine aber, dass sie insoweit eine eigene Prüfung vornehmen muss.

    Gibt es hierzu Meinungen?

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  • Ich habe meine Forderung unbedingt anmeldet und so wurde sie durch die Kollegin auch festgestellt.

    Für den Ausfall festzustellen, sind meines Erachtens die Forderungen der Krankenkasse, welche diese aus vorsätzlich unerlaubter Handlung in der Gesellschafterinsolvenz angemeldet haben.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ich habe meine Forderung unbedingt anmeldet und so wurde sie durch die Kollegin auch festgestellt.

    Für den Ausfall festzustellen, sind meines Erachtens die Forderungen der Krankenkasse, welche diese aus vorsätzlich unerlaubter Handlung in der Gesellschafterinsolvenz angemeldet haben.

    Ja ! genau dieser Auffassung bin ich - unabhängig von der Frage des Vollhaftungsmodells oder Ausfallmodells eben auch.
    Das Ganze wird ein Ausschüttunsprob (so oder so !). Wg. der 93'er Haftung ist i.d.R. das Gesellschäfter!Verfahren vor dem Gesellschaftsverfahren abzuschließen. Abschließen meint aber nicht "aufheben", da die FA sonst stress machen könnten, wg. des Umsatzsteuerrückvergütungsanspruchs aus der Verwaltervergütung machen können (oki, hier keine GmbH & Co KG, daher unproblematisch).
    Im Gesellschaft!er - Verfahren würde ausgeschüttet auf die 93'er in das KG-Verfahren, auf die sonstigen originären Gl. und hier auf den Deliktsgläubiger (da uneingeschränkt festgestellt).
    Und nun kann ich nur noch aus der Hüfte schießen, aber eine überlegung vorab: die aus dem 93 folgende Masse ist eine Sondermasse, die nur ! den Gl. aus dem Haftungsverband zusteht.
    Der Sozialversicherungsträger gehört allerdings hierzu.

    Es musst zu einer Quotenanrechnung kommen.
    Bsp. 1
    Gesamtforderung des Sozialversicherungsträgers: 10.000,--
    Es gibt eine Quote im OHG-Verfahren von 60% => 6.000,--
    Aus dem phg-verfahrenhat der Sozialversicherungsträger 4.000,-- erhalten.
    M.E. Quotensaldierung: 6 TUER ./. 2 TEUR = 4 TEUR.
    Grund: die Überlappung zwischen dem Gesamthaftungsanspruch und dem deliktischen Individualanspruch.

    Sorry, aber besseres fällt mir dazu nicht ein

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