Vorstrecken von Bargeld durch den Betreuer

  • Ist das Vorstrecken von Bargeld durch den Betreuer (aus eigenen Mitteln) -landläuflich "Leihe" genannt- unter dem Gesichtspunkt der §§ 1908i, 1795 BGB (Insichgeschäft) bzw. unter der Genehmigungspflicht §§ 1908i, 1822 BGB (Darlehensgewährung) im Rahmen der Prüfung einer Rechnungslegung zu beachten bzw. ggf. zu beanstanden?

    Kurzer Sachverhalt:
    Der bestellte Betreuer gewährt der Betroffenen immer wieder aus eigenen Mitteln (da Konto überzogen, weil Sozialleistungen noch nicht gutgeschrieben, aber Heim schon abgebucht hat) aus eigenen Mitteln Geldbeträge (mal EUR 50,00, mal EUR 100,00, mal auch mehr) und überweist sie dann später (manchmal in einem Betrag, manchmal auch in Raten) vom Konto der Betroffenen an sich. Im Rahmen der Rechnungslegung hat er ein "Forderungskonto Betreuer" angelegt, auf das es die Bargeldauszahlungen sowie die späteren Überweisungen an sich verbucht.

    Ein Fall des §§ 1908i, 1795 BGB dürfte vermutlich nicht vorliegen, da die Betroffene den Empfang des Geldes bescheinigt. Somit könnte ein Darlehensvertrag Betroffene - Betreuer (als Privatperson) vorliegen, der in der Folge auch keiner Genehmigung nach §§ 1908i, 1822 BGB unterliegen dürfte.

    Bin ich auf der richtigen Spur?

  • Bei vereinzelten Kleinbeträgen habe ich das als praktische Handhabung früher einfach durchgewunken und mir echt keine Gedanken weiter gemacht.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

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  • Wenn der Darlehensvertrag mit dem Betroffenen abgesprochen war, ist das okay. Dann hat der Betreuer nur im eigenen Namen, nicht aber als Vertreter Betroffenen gehandelt.

    Sofern der Betreuer aber einfach Geld zum Betroffenen überweist und es sich bei Gelegenheit zurückholt (ohne dies mit dem Betroffenen zu besprechen) hätten wir einen Fall von §§ 1908i, 1795 Abs. 2, 181 BGB. Außerdem dürfte es sich dann wohl auch um ein genehmigungspflichtigen Darlehensvertrag handeln.

    Daher sehe ich das wie du.

    Aber mal die Theorie beiseite:

    Ich sehe in den Rechnungslegungen häufig, dass der Betreuer im Discounter z.B. zwei Fläschchen Shampoo, einen Rasierer und ähnlichen Kleinkram bar aus dem eigenen Geldbeutel bezahlt und sich das Geld dann vom Konto des Betroffenen erstattet. Rechtlich dürfte es dasselbe wie deine Konstellation sein (Darlehensvertrag mit 181er Vertretungsausschluss).
    Ich habe da aber nie ein Problem darin gesehen. Es ist ja Sinn und Zweck der Vorschriften § 1795 BGB und § 1822 BGB den Betroffenen vor nachteiligen Geschäften und Interessenskollisionen zu schützen. Wenn 40 € für Dinge des alltäglichen Bedarfs vorgestreckt werden, liegt da offensichtlich weder eine Interessenskollision noch ein prüfungswürdiges Rechtsgeschäft vor.

  • :

    Ich sehe in den Rechnungslegungen häufig, dass der Betreuer im Discounter z.B. zwei Fläschchen Shampoo, einen Rasierer und ähnlichen Kleinkram bar aus dem eigenen Geldbeutel bezahlt und sich das Geld dann vom Konto des Betroffenen erstattet.

    Alles andere wäre völlig unpraktisch. Im neuen Gesetzentwurf soll aber allgemein der Bargeldumgang noch weiter beschränkt werden, weil ja alle Rechtlichen Betreuer "schwarze Schafe" sind.
    Aber gerade für die Pflegemittelbeschaffung, für welche ein Rechtlicher Betreuer überhaupt nicht zuständig ist, gibt es aber auch die Möglichkeit der Online Bestellung mit Lieferung direkt ins Pflegeheim und direkte Bezahlung vom Betreutenkonto. Hat sich bewährt, gerade um Diskussionen mit den Pflegeheimen zu beenden, wer für die Pflegemittel besorgung zuständig ist.

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  • Wenn der Darlehensvertrag mit dem Betroffenen abgesprochen war, ist das okay. Dann hat der Betreuer nur im eigenen Namen, nicht aber als Vertreter Betroffenen gehandelt.

    Sofern der Betreuer aber einfach Geld zum Betroffenen überweist und es sich bei Gelegenheit zurückholt (ohne dies mit dem Betroffenen zu besprechen) hätten wir einen Fall von §§ 1908i, 1795 Abs. 2, 181 BGB. Außerdem dürfte es sich dann wohl auch um ein genehmigungspflichtigen Darlehensvertrag handeln.

    Daher sehe ich das wie du.

    Aber mal die Theorie beiseite:

    Ich sehe in den Rechnungslegungen häufig, dass der Betreuer im Discounter z.B. zwei Fläschchen Shampoo, einen Rasierer und ähnlichen Kleinkram bar aus dem eigenen Geldbeutel bezahlt und sich das Geld dann vom Konto des Betroffenen erstattet. Rechtlich dürfte es dasselbe wie deine Konstellation sein (Darlehensvertrag mit 181er Vertretungsausschluss).
    Ich habe da aber nie ein Problem darin gesehen. Es ist ja Sinn und Zweck der Vorschriften § 1795 BGB und § 1822 BGB den Betroffenen vor nachteiligen Geschäften und Interessenskollisionen zu schützen. Wenn 40 € für Dinge des alltäglichen Bedarfs vorgestreckt werden, liegt da offensichtlich weder eine Interessenskollision noch ein prüfungswürdiges Rechtsgeschäft vor.

    Es geht aber um Bargeld, das die Betroffenen am Ende des Monats von den Betreuern fordern, nachdem die Bankomaten nichts mehr ausspucken und die Sucht, meistens nach Zigaretten, ihre Spuren zeigt.

    Obwohl auch das durch den Betreuer im eigenen Namen in der Drogerie gekaufte Duschgel im Rahmen des Weiterverkaufs an den Betroffenen in den Anwendungsbereich des Vertretungsausschlusses fällt, sofern der Betroffene nicht noch selbst handelt bzw. noch handeln kann.

  • Es geht aber um Bargeld, das die Betroffenen am Ende des Monats von den Betreuern fordern, nachdem die Bankomaten nichts mehr ausspucken und die Sucht, meistens nach Zigaretten, ihre Spuren zeigt.

    Na und! Der rechtliche Betreuer ist kein Erzieher des Betroffenen und dieser ist auch nicht entmündigt.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Na und! Der rechtliche Betreuer ist kein Erzieher des Betroffenen und dieser ist auch nicht entmündigt.

    Das stimmt, bedeutet aber nicht, dass der Betreuer für diese Bedürfnisse eigenes Geld vorstrecken darf/kann.

  • Kulanz hin oder her, richtig ist das nicht.
    Was ist denn, wenn der Betroffene plötzlich verstirbt und der Betreuer hatte ihm grad mal 100 oder 200 € vorgeschossen ohne Vertrag und ohne Genehmigung.
    Dann guckt er in die Röhre. Ich würde das als Betreuer schon im Eigeninteresse nicht machen.
    Bei uns haben viele Betreuer einen gewissen Bargeldbestand, der in Bargeldlisten auch ordentlich abgerechnet wird. Davon werden Artikel des täglichen Bedarfs gekauft. Da geht der Betreuer kein Risiko ein. im Todesfall überweist er das Bargeld einfach aufs Konto des Betroffenen.

  • Kulanz hin oder her, richtig ist das nicht. Was ist denn, wenn der Betroffene plötzlich verstirbt und der Betreuer hatte ihm grad mal 100 oder 200 € vorgeschossen ohne Vertrag und ohne Genehmigung. Dann guckt er in die Röhre. Ich würde das als Betreuer schon im Eigeninteresse nicht machen. Bei uns haben viele Betreuer einen gewissen Bargeldbestand, der in Bargeldlisten auch ordentlich abgerechnet wird. Davon werden Artikel des täglichen Bedarfs gekauft. Da geht der Betreuer kein Risiko ein. im Todesfall überweist er das Bargeld einfach aufs Konto des Betroffenen.

    Wenn sich Betreuer und geschäftsfähiger Betreuter einigen und einen Darlehensvertrag schließen, ist dieser wirksam. Der Betreuer handelt in diesem Moment nicht als Vertreter des Betroffenen sondern nur im eigenen Namen (als Darlehensgeber). Da der Betreuer den Betroffenen beim Rechtsgeschäft nicht vertritt, haben wir weder § 181 BGB noch § 1822 BGB. Daher muss der Vertrag rechtlich betrachtet wirksam sein.

    Ob das eine gute Idee ist, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Die Gefahr, dass man das Geld nicht mehr wiedersieht, ist bei entsprechenden Betreuten hoch. Das ist dann aber das Privatproblem des Betreuers.

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