Normverständnis

  • Guten Tag, ich befinde mich gerade im 1. Semester meines Rechtspflegerstudiums und stehe kurz vor meinen Prüfungen.
    Die HGR Prüfung bereitet mir dabei die meisten Sorgen.
    Ich möchte meine Frage anhand von einem groben Fall näher verdeutlichen.
    A und B sind PhGs in einer Gesellschaft. Der C und der D wollen zeitgleich in diese Eintreten. Nach § 107 HGB bedarf es für den Eintritt eines neuen Gesellschafters die Eintragung in das Handelsregister. Die Anmeldung soll nach § 108 HGB durch alle Gesellschafter erfolgen. Bedeutet das, dass für den Eintritt des C nur die Anmeldung durch A und B erforderlich ist, weil nur diese bisher Gesellschafter sind?
    Nehmen wir an, der D hat nicht angemeldet. Würde durch seine fehlende Anmeldung ein Eintragungshindernis für den C bestehen? Theoretisch dürfte kein Hindernis bestehen, weil der D erst durch die Eintragung in das HR zum Gesellschafter wird und unter den § 108 HGB fallen würde, oder?

    Ich hoffe, mein Problem ist nachvollziehbar.

    Einmal editiert, zuletzt von mlina (17. Februar 2021 um 13:42)

  • Du musst zwischen deklaratorischen und konstitutiven Eintragungen unterscheiden und dir die Frage stellen, ab wann C und D zu Gesellschaftern der OHG werden - mit Eintragung, mit "Beitrittserklärung" oder zu einem anderen Zeitpunkt? Frage dich auch, was die formelle "Anmeldepflicht" bedeutet, ob du hieraus wirklich materielle Rechtsfolgen herleiten solltest.

    Die Frage beantworte ich daher bewusst nicht - ich hoffe, der Tipp stößt dich in die richtige Richtung.

    Bedenke dabei auch, dass im HRA Änderungen von den Personen angemeldet werden, die sie auch herbeiführen (anders als im HRB, wo der gesetzliche Vertreter das anmeldet, was die Gesellschafter beschließen).

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Ja genau, diese Frage habe ich mir bereits gestellt und ich habe dabei an den Gesellschaftsvertrag gedacht, welcher bereits vor der Eintragung geschlossen und konkludent durch die Anmeldung nachgewiesen wird. Demnach müssten die Gesellschafter C und D doch bereits vor der Eintragung in das Handelsregister Gesellschafter werden? Oder bin ich mit meinen Überlegungen zum Gesellschafsvertrag gerade auf einem komplett falschen Weg?

    Danke für Anmerkung zu dem HRA. Dessen war ich mir bereits bewusst bzw. habe ich das in meinen Überlegungen bisher berücksichtigt. Wir haben uns derzeit auch nur mit Eintragungen in Abteilung A beschäftigt.

  • Du denkst in die richtige Richtung :) Das Entscheidende ist für dich vor allem: Ist die Eintragung konstitutiv (Gesellschafterstatus erst ab Eintragung) oder deklaratorisch (Rechtsänderung schon vor Eintragung eingetreten)?

    Und dann schau genau in den SV: Wer hat was angemeldet? Und überlege dir: Wer muss anmelden? Das baut genau auf der ersten Frage auf, denn wenn die Eintragung konstitutiv ist, müssten nur A und B anmelden - bei einer deklaratorischen Anmeldung könnte es anders aussehen.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Du denkst in die richtige Richtung :) Das Entscheidende ist für dich vor allem: Ist die Eintragung konstitutiv (Gesellschafterstatus erst ab Eintragung) oder deklaratorisch (Rechtsänderung schon vor Eintragung eingetreten)?

    Und dann schau genau in den SV: Wer hat was angemeldet? Und überlege dir: Wer muss anmelden? Das baut genau auf der ersten Frage auf, denn wenn die Eintragung konstitutiv ist, müssten nur A und B anmelden - bei einer deklaratorischen Anmeldung könnte es anders aussehen.

    Woher weiß ich denn, ob die Eintragung eine konstitutive oder deklaratorische Wirkung hat? Macht man das an der Haftung fest? Wenn nichts in der Anmeldung bestimmt wurde, muss dann von einem Gesellschafterstatus ab Eintragung ausgegangen werden beim PhG?

  • Wenn PhGs unter den § 1 HGB fallen, dann ist die Gesellschafterstellung deklaratorisch und sie sind bereits vor der Eintragung Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag? Also müsste der D auch für den C anmelden? Da keine Anmeldung von D vorliegt, liegt im Bezug auf den C ein Eintragungshindernis vor?

  • Wenn eine Eintragung konstitutive Wirkung hat, dann ergibt sich dies ausdrücklich aus dem Gesetz (z.B. §11 I GmbHG oder §54 III GmbHG).
    Anderenfalls ist sie deklaratorisch.

    Wenn PhGs unter den § 1 HGB fallen, dann ist die Gesellschafterstellung deklaratorisch und sie sind bereits vor der Eintragung Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag?

    Die phG fallen als solche überhaupt nicht unter §1 HGB. Dieser findet zwar nach §6 I HGB auch auf die Gesellschaft Anwendung, da diese aber ja schon eingetragen ist, kommt es nicht darauf an, ob sie originär nach §1 i.V.m. §6 und 105 HGB oHG ist oder ob dies nach §2 i.V.m. §6 und 105 HGB der Fall ist.


    Das spielt für die Frage m.E. keine Rolle.

  • Wenn eine Eintragung konstitutive Wirkung hat, dann ergibt sich dies ausdrücklich aus dem Gesetz (z.B. §11 I GmbHG oder §54 III GmbHG).
    Anderenfalls ist sie deklaratorisch.

    Wenn PhGs unter den § 1 HGB fallen, dann ist die Gesellschafterstellung deklaratorisch und sie sind bereits vor der Eintragung Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag?

    Die phG fallen als solche überhaupt nicht unter §1 HGB. Dieser findet zwar nach §6 I HGB auch auf die Gesellschaft Anwendung, da diese aber ja schon eingetragen ist, kommt es nicht darauf an, ob sie originär nach §1 i.V.m. §6 und 105 HGB oHG ist oder ob dies nach §2 i.V.m. §6 und 105 HGB der Fall ist.


    Das spielt für die Frage m.E. keine Rolle.

    Super, Danke für die ausdrückliche und hilfreiche Antwort!

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