Wiederverheiratungsklausel, Trennungsprinzip

  • Hallo,

    ich habe eine Verständnisfrage. Folgender Fall:

    Es liegt ein gemeinschaftliches Testament vor, in welchem sich die Ehegatten x und y gegenseitig zu befreiten Vorerben einsetzen. Nacherben des x sind seine Kinder s und t, Ersatznacherben sind die jeweiligen Abkömmlinge. Nacherben der y sind ihre Brüder u und v. Der Nacherbfall tritt ein beim Tod des Vorerben. Heiratet der Vorerbe wieder, so soll er mit den Nacherben des Verstorbenen gesetzliche Teilung halten. X ist jetzt verstorben.

    Wie lautet der Erbschein?

    X ist beerbt worden von y allein. Nacherbfolge ist angeordnet. Sie tritt ein beim Tod der Vorerbin hinsichtlich des gesamten Nachlasses oder bei der Wiederheirat der Vorerbin hinsichtlich 1 / 2 des Nachlasses. Die Vorerbin ist befreit nach §2136 BGB. Nacherben sind s und t. Ersatznacherben sind die Abkömmlinge der Nacherben.

    Abwandlung:

    s und t schlagen die Nacherbschaft aus um den Pflichtteil geltend zu machen. Wie ist dann die Erbfolge? Liegt ein Ausschluss der Ersatznacherben vor? Eine Doppelbegünstigung eines Stammes liegt ja nicht direkt vor, da beide den Pflichtteil geltend gemacht haben


    Für Meinungen wäre ich sehr dankbar!


  • s und t schlagen die Nacherbschaft aus um den Pflichtteil geltend zu machen. Wie ist dann die Erbfolge? Liegt ein Ausschluss der Ersatznacherben vor? Eine Doppelbegünstigung eines Stammes liegt ja nicht direkt vor, da beide den Pflichtteil geltend gemacht haben


    § 2142 Abs. 2 BGB: "Schlägt der Nacherbe die Erbschaft aus, so verbleibt sie dem Vorerben, soweit nicht der Erblasser ein anderes bestimmt hat." -> wenn nichts anderes bestimmt ist, lautet der Erbschein dann:
    "X wurde beerbt von Y -allein-."

    Ob etwas anderes bestimmt ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. In der ausdrücklichen Bestimmung von Ersatznacherben kann eine solche abweichende Bestimmung liegen, aber wenn diese Ersatznacherben die Abkömmlinge der Nacherben sind, ist in der Regel nicht anzunehmen, dass eine abweichende Bestimmung getroffen wurde (st. Rspr. seit BGHZ 33,60). Nach der allgemeinen Lebenserfahrung kann in der Regel nicht angenommen werden, dass es dem Willen des Erblassers entspricht, den Stamm des Abkömmlings, der die Erbschaft ausschlägt und den Pflichtteil verlangt, doppelt zu berücksichtigen und ebenso wenig, den überlebenden Ehegatten als Vorerben durch die Auszahlung des Pflichtteils im uneingeschränkten Genuss des Nachlasses zu beeinträchtigen (BayObLGZ 1962, 239 (244), OLG München FamRZ 2007, 767 (768) = OLG München, 31 Wx 39/06, 31 Wx 40/06).

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  • Danke für die Antwort. Die Rechtsprechung kenne ich auch. In meinem Fall ist die Vorerbin genauso alt wie die Nacherben. Würdet ihr dann trotzdem die Abkömmlinge des jeweiligen Nacherben als eingesetzte Ersatznacherben als ausgeschlossen ansehen?

  • Das ändert alles m.E. nichts daran, dass es dem Willen des Erblassers kaum entsprechen dürfte, den Vorerben doppelt zu belasten (Pflichtteil und Nacherbschaft). Das OLG München, 31 Wx 39/06, führt hierzu aus: "Dem steht nicht entgegen, dass der Erblasser der Beteiligten zu 1 [der Vorerbin] abgesehen von seinem Hälfteanteil an dem gemeinsamen Haus auch erhebliche Geldbeträge als Vorausvermächtnis hinterlassen hat, die die Pflichtteilsforderungen überstiegen haben. Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass der Erblasser seiner Ehefrau das Geld- und Wertpapiervermögen gerade für diesen Zweck zugewendet hat."

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  • Ich sehe es auch so, dass die Abkömmlinge von S und T aufgrund der Ausschlagung ihrer jeweiligen Elternteile erbrechtlich aus dem Spiel sind. Gleichwohl sind sie natürlich anzuhören.

    Der überlebende Ehegatte ist demzufolge Vollerbe.

    Und dann hoffen wir mal, dass das Testament auch eine ausdrückliche Schlusserbeneinsetzung enthält, damit man beim Ableben des überlebenden Ehegatten nicht auf die Norm des § 2102 Abs. 1 BGB angewiesen ist.

  • Nach dem mitgeteilten Sachverhalt sehe nur eine gegenseitige Vorerbeneinsetzung ohne ausdrückliche Schlusserbeneinsetzung. Und ein Nacherbfall kann begrifflich nur für den erstverstorbenen Ehegatten eintreten, weil der zum Vorerben eingesetzte Ehegatte im Zeitpunkt des Ablebens des überlebenden Ehegatten bereits vorverstorben ist. Es geht bezüglich des überlebenden Ehegatten also nicht um den Eintritt eines Nacherbfalls, sondern um die Frage, wer ihn unmittelbar als Vollerbe beerbt.

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