Buchführungskosten trotz eingestelltem Geschäftsbetrieb

  • Hallo Ihr Lieben, ich habe einen Fall, in dem der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin bei Eröffnung bereits eingestellt war (2015). Der Verwalter hat aber im laufenden Verfahren weiterhin Buchhaltungsarbeiten und Jahresabschlüsse durch einen Steuerberater machen lassen, so dass Masseverbindlichkeiten bis 2018 entstanden und auch beglichen worden sind. Die MUZ konnte zwischenzeitlich aufgehoben werden. Der Verwalter ist jetzt der Meinung, dass diese Delegation zu seiner sachgerechten Amtsführung gehört hätte und die Betriebseinstellung insoweit keine Rolle spielen würde. Ist das richtig? Gibt es hierzu Rechtsprechung?

  • Die insolvenzrechtliche Buchhaltung ist Sache des IV, die handels- und steuerrechtliche BuHa ist delegationsfähig, vergl. Haarmeyer/Mock: InsVV § 3, Rn. 100. Hierzu auch BGH vom 13.07.2006, IX ZB 198/05, Rn. 11:

    Im Allgemeinen kann, wenn in dem Betrieb des Schuldners keine ordnungsgemäßeBuchhaltung vorhanden ist, von dem Insolvenzverwalter nichtverlangt werden, diese für die Zeit vor Insolvenzverwaltung auf eigene Kostenzu erstellen (vgl. BGHZ 160, 176, 183; Kübler/Prütting/Eickmann, InsO § 4InsVV § 4 Rn. 40; MünchKomm-InsO/Hefermehl, § 54 Rn. 75; MünchKomm11- 6 -InsO/Nowak, § 4 InsVV Rn. 10; Wienberg/Voigt ZIP 1999, 1662, 1664; fernerHaarmeyer/Wutzke/Förster, Insolvenzrechtliche Vergütung 3. Aufl. § 2 InsVVRn. 12, § 4 InsVV Rn. 24). Er ist bei zureichender Masse berechtigt, mit dieserAufgabe einen externen Steuerberater zu betrauen und die dadurch entstandenenAuslagen aus der Masse zu entnehmen (§ 5 Abs. 2 InsVV). Ist die Masseunzureichend, ist dieser Weg nicht gangbar (vgl. § 61 InsO); statt dessen ist,sofern die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe nicht unterbleiben kann, der Insolvenzverwalterbefugt, Ersatz der durch die Beauftragung des Steuerberatersentstehenden Auslagen - und auch einen entsprechenden Vorschuss - von derStaatskasse zu verlangen (BGHZ 160, 176, 183 f).

    Das ist auch sachgerecht, den ein Insolvenzverwalter ist kein Steuerberater. Und wäre er es, könnte er die Kosten für die Jahresabschlüsse und die handelsrechtliche/steuerrechtliche BuHa als Kosten gem. § 4 InsVV geltend machen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ja, es ist der zulasen der Insolvenzgläubiger sehr häufig festzustellende "Unsinn", das Geld der Gläubiger dafür zu verwenden, dass das Finanzamt auch schön gerecht, seine Forderung auch bis zum cent nach dem Komma bestimmen kann. Da gehen teilweise 30% der Insolvenzmasse einfach drauf.
    Wirtschaftlich ist dies nicht nachvollziehbar. Aber hier wäre der Gesetzgeber gefragt. Die Konkursvorrechte wurden mit der InsO abgeschafft, aber die Kosten, die der Insolvenzverwalter als Büttel der Finanzverwaltung zum Fenster rauswerfen muss, sind ja fast schlimmer, als die Konkursvorrechte. Da hat es diesen Unfung jedenfalls nicht in diesem Umfange gegeben.

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    :daumenrau

  • Um letztlich effektiv prüfen zu können, ob es Ansprüche gibt, die er verfolgen muss, ist ein IV doch auf eine halbwegs ordnungsgemäße Buchführung angewiesen.
    Bei manchen Schuldnern lässt sich ja einiges finden, wenn der IV nur tief genug wühlt und das Chaos sortiert.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Ja, es ist der zulasen der Insolvenzgläubiger sehr häufig festzustellende "Unsinn", das Geld der Gläubiger dafür zu verwenden, dass das Finanzamt auch schön gerecht, seine Forderung auch bis zum cent nach dem Komma bestimmen kann. Da gehen teilweise 30% der Insolvenzmasse einfach drauf.
    Wirtschaftlich ist dies nicht nachvollziehbar. Aber hier wäre der Gesetzgeber gefragt. Die Konkursvorrechte wurden mit der InsO abgeschafft, aber die Kosten, die der Insolvenzverwalter als Büttel der Finanzverwaltung zum Fenster rauswerfen muss, sind ja fast schlimmer, als die Konkursvorrechte. Da hat es diesen Unfung jedenfalls nicht in diesem Umfange gegeben.

    :daumenrau:daumenrau
    Ich liebe § 155 InsO. Da weiß man später ganz genau, dass das Finanzamt auf seine 345.678,90 EUR an festgestellten Forderungen eine Quote von 0% bekommt. Und auch die statistischen Ämter können ganz genau festhalten, in welcher Höhe Steuerforderungen in der Insolvenz ausgefallen sind.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Um Anfechtungsansprüche zu prüfen, muss ich in der Regel keine geordnete Buchführung vorfinden (aus der sich die subj. Anknüpfungspunkte ohnehin oft nicht ergeben), sondern notfalls den Wäschekorb voller Belege screenen.

    Ich muss für den betroffenen Insolvenzverwalter und die anderen Kollegen aber dennoch mal eine Lanze brechen. Die von LdFC geäußerte Meinung ist nicht unumstritten. Die kaufmännischen und steuerlichen Pflichten des Schuldners gehen mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Verwalter über. Dies betrifft auch vor Eröffnung liegende Veranlagungszeiträume. Der Bundesfinanzhof hat dazu entschieden, dass es nur von einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung abhängt, ob diese Pflichten seitens des Finanzamtes notfalls per Zwangsgeld durchgesetzt werden. Der Bundesfinanzhof stellt insoweit exemplarischfest: "Die Festsetzung von Zwangsgeld zur Durchsetzung steuerlicher Erklärungspflichten des Insolvenzverwaltrs istweder unverhältnismäßig, noch ermessensfehlerhaft, auch wenn voraussichtlich nicht mit steuerlichen Auswirkungen zu rechnen ist. (BFH; Urteil vom 06.11.2012 - VII R 72/11). Diese Entscheidung ist kein Einzelfall. Zum Glück kann man mit den meisten Finanzämtern gut zusammen arbeiten und außerhalb formeller Erklärungspflichten Lösungen finden, aber die wenigen Extrembeispiele sollte man nie aus den Augen verlieren.

    Darüber hinaus kann es auch sinnvoll sein, rückwirkende Steuererklärungen abzugeben. Dies gilt, wenn frühere Verluste eine Rolle spielen, der Schuldner auf die eigene Einkommenssteuer mittelprächtige Vorauszahlungen geleistet hat etc. Dann können sich durchaus auch mal fünfstellige Erstattungsbeträge ergeben. Mittels eines einfachen Zurufs an das Finanzamt ist dann aber nicht getan. Hier wollen fast alle Finanzämter eine formelle Steuererklärung sehen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Der "Vorteil" kann auch sein, dass man dann nahtlos auch Steuererklärungen für die Zeit nach IE fertigen kann und man die Einnahmen aus der Verwertung ggfls. nicht versteuern muss.

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  • Halten wir im Ergebnis fest, dass es durchaus Konstellationen gibt, die auch bei einem eingestellten Geschäftsbetrieb die Beauftragung eines Steuerberaters und Abgabe formeller Steuererklärungen rechtfertigen. Hierzu sollte der Insolvenzverwalter dem Gericht jedeenfalls eine kurze Begründung, die dann hoffentlich wohlwollend akzeptiert wird, geben können.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Halten wir im Ergebnis fest, dass es durchaus Konstellationen gibt, die auch bei einem eingestellten Geschäftsbetrieb die Beauftragung eines Steuerberaters und Abgabe formeller Steuererklärungen rechtfertigen. Hierzu sollte der Insolvenzverwalter dem Gericht jedenfalls eine kurze Begründung, die dann hoffentlich wohlwollend akzeptiert wird, geben können.


    Im Zweifel wird das Gericht immer wohlwollend akzeptieren, da zumindest mir persönlich der Einblick in tiefere steuerliche Gefilde fehlt und ich daher einen Teufel tun werde, dem IV zu sagen, das hätte er nicht gemusst, gedurft oder was auch immer. Obwohl man natürlich hin und wieder stirnrunzelnd zur Kenntnis nimmt, dass bei dem einem Verwalter scheinbar immer hohe Steuerberaterkosten entstehen, während bei einem anderen in vergleichbaren Fällen (ja, da höre ich den Aufschrei schon...) keine derartigen Kosten entstehen. Nun ja, dann also wohlwollend...

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Halten wir im Ergebnis fest, dass es durchaus Konstellationen gibt, die auch bei einem eingestellten Geschäftsbetrieb die Beauftragung eines Steuerberaters und Abgabe formeller Steuererklärungen rechtfertigen. Hierzu sollte der Insolvenzverwalter dem Gericht jedenfalls eine kurze Begründung, die dann hoffentlich wohlwollend akzeptiert wird, geben können.


    Im Zweifel wird das Gericht immer wohlwollend akzeptieren, da zumindest mir persönlich der Einblick in tiefere steuerliche Gefilde fehlt und ich daher einen Teufel tun werde, dem IV zu sagen, das hätte er nicht gemusst, gedurft oder was auch immer. Obwohl man natürlich hin und wieder stirnrunzelnd zur Kenntnis nimmt, dass bei dem einem Verwalter scheinbar immer hohe Steuerberaterkosten entstehen, während bei einem anderen in vergleichbaren Fällen (ja, da höre ich den Aufschrei schon...) keine derartigen Kosten entstehen. Nun ja, dann also wohlwollend...

    Genau so ist das. Bei dem einen kostet es mehr, bei dem anderen weniger, aber, es sind ja immer die gleichen, bei denen es mehr kostet.
    :gruebel:

  • Mich interessiert an den unterschiedlichen Kostenblöcken noch folgendes: Meldet Ihr Rechtspfleger solche Erfahrungen eigentlich an die Insolvenzrichter zurück, so dass diese auf Eure Erfahrungen bei der Auswahl der Verwalter zugreifen können?

    Die Frage der "Rückkoppelung" scheint mir als Außenstehendem nämlich generell eine der größeren Schwächen der zweigeteilten Verantwortung im Insolvenzverfahren zu sein.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • @ AndreasH:

    Schon Deine Frage bereitet mir ehebliche Kopf- und Bauchschmerzen, läuft sie doch darauf hinaus, dass der Verwalter bei Entscheidungen, welche nicht der Linie des Rechtspflegers entsprechen, im Endergbnis immer mit einer Entlistung rechnen muss. Das widerspricht meines Erachtens dem Grundsatz, dass das Insolvenzgericht dem Verwalter zumindest im Bereich der Sachgemäßheit keine Weisungen zu erteilen hat. Es hat seine Vorstellungen auch nicht dadurch durchzusetzen, dass es gegebenenfalls beim Insolvenzrichter petzt. Die Konsequenzen einer solchen Vorgehensweise wären für mich erschreckend.

    In der Regel wird der Insolvenzverwalter sein Bestes tun, schon um gegen ihn gerichtete Haftungsansprüche zu vermeiden. Die Haftung wird das Gericht auch dann nicht übernehmen, wenn der Verwalter die von diesem mehr oder minder subtil geäußerten Vorgaben erfüllt.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Die Mitteilungen von Erfahrungen der Rpfl mit einzelnen Verwaltern an die Richter hat doch nichts mit petzen zu tun.
    Die Richter müssen einen geeigneten IV einsetzten. Geeignet ist er nicht nur, wenn er ein gutes Gutachten schreiben kann oder ein guter vorl Verwalter ist. Ob er nach EÖ geeignet ist, kann nun mal nur der Rpfl einschätzen. Der Richter kann es nur wissen, wenn er es vom Rpfl erfährt (und auch auf das mitgeteilte hört, aber das ist eine andere Geschichte)

  • Ich sehe es wie Queen und kann da auch kein "Petzen" feststellen.

    Andreas H.: Wir haben hier einen regen Austausch zwischen Richtern und Rpfl. Und die Richter wollen eigentlich auch alles wissen, nicht nur die möglichen Masseverbindlichkeiten, sondern auch die sogenannten Soft Skills (z.B. wie verhält sich der Insolvenzverwalter in Gl.Versammlungen, wie ggü. Schuldnern und Gläubigern). Es ist aber auch beileibe nicht so, dass bei nicht "linientreuen" Entscheidungen eine Entlassung oder ähnliches droht. Wir würden hier auch immer das Gespräch suchen.

    Und wir alle bei uns in der Abteilung finden auch, nur weil man es anders macht ist es nicht gleich falsch ;)...

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • @ AndreasH:

    Schon Deine Frage bereitet mir ehebliche Kopf- und Bauchschmerzen, läuft sie doch darauf hinaus, dass der Verwalter bei Entscheidungen, welche nicht der Linie des Rechtspflegers entsprechen, im Endergbnis immer mit einer Entlistung rechnen muss. Das widerspricht meines Erachtens dem Grundsatz, dass das Insolvenzgericht dem Verwalter zumindest im Bereich der Sachgemäßheit keine Weisungen zu erteilen hat. Es hat seine Vorstellungen auch nicht dadurch durchzusetzen, dass es gegebenenfalls beim Insolvenzrichter petzt. Die Konsequenzen einer solchen Vorgehensweise wären für mich erschreckend.

    In der Regel wird der Insolvenzverwalter sein Bestes tun, schon um gegen ihn gerichtete Haftungsansprüche zu vermeiden. Die Haftung wird das Gericht auch dann nicht übernehmen, wenn der Verwalter die von diesem mehr oder minder subtil geäußerten Vorgaben erfüllt.

    Tatsächlich sehe ich Dein Problem nicht mal 😉: Die Richter sollen Verwalter auswählen, die möglichst gut sind. Ob die Verwalter tatsächlich gut sind und ihre tollen Angaben in der Bewerbung auch eine Tatsachengrundlage haben, zeigt sich in der Verfahrensabwicklung. Die Verfahrensabwicklung läuft aber beim Rechtspfleger. Also wie soll der Richter eine Rückmeldung bekommen? Soll er sich jede Akte eines Verwalters ziehen und diese selbst durcharbeiten (was immer sich bei der typischen Filterung durch Papier daraus noch rauslesen lässt)? Und wirf auch mal einen Blick auf § 58 InsO und die daraus abgeleitete Aufsichtspflicht des Gerichts. Dass nicht jede Missstimmung gleich zum Delisting führt und führen darf, ist klar. Und tut es ja auch nicht.


    Und Haftung des Insolvenzverwalters? Ehrlich, die gibt es faktisch fast nicht. Denn wer als Gläubiger bemerkt schon, dass der Insolvenzverwalter etwas falsch gemacht hat? Tatsächlich stehen Insolvenzverwalter, obwohl sie mit fremdem Geld arbeiten, wesentlich weniger unter Kontrolle als fast alle anderen Berufsgruppen (z.B. Rechtsanwälte), die eine ähnliche Funktion und Verantwortung haben. Die Insolvenzgerichte führen nur eine Rechtmäßigkeitskontrolle durch, durch überlastete Rechtspfleger, die sich ihre Zeit daher sorgfältig einteilen müssen. Die Zweckmäßigkeitskontrolle würde den Gläubigern obliegen - und wie oft gibt es denn schon einen Gläubigerausschuss und wie häufig werden Beschlüsse der Gläubigerversammlung wegen Nichterscheinen auch nur eines Gläubigers kraft gesetzlicher Fiktion durchgewunken?

    Nur damit kein falscher Eindruck entsteht: Natürlich gibt es, gerade in Großverfahren mit kritisch aufgestellten Gläubigerausschüssen, eine auch engmaschige Kontrolle des Verwalters. Aber angesichts der Bedeutung, die solche Verfahren haben, ist das auch nur angemessen.

    Eine echte Haftung des Insolvenzverwalters ist dagegen kaum festzustellen. In den mehr als 11 Jahren, die ich das jetzt als Spezialgebiet in einem Gericht mit hohem Aufkommen mache, kann ich die Haftungsverfahren immer noch mit etwa zwei Händen und einem Fuß abzählen. Und "dran" war nur im einstelligen Bereich etwas, davon in der Mehrzahl bei kriminell gewordenen (Ex-)Verwaltern, die schlicht Geld veruntreut haben. Echte Haftung wegen fehlerhaften Ermessensgebrauchs oder "einfacher" Verletzung insolvenzrechtlicher Pflichten ist die ganz große Ausnahme. Das liegt zum sogar überwiegenden Teil daran, dass viele Verwalter gut und sorgfältig sind - und dann gibt es den anderen Teil, in dem der Fehler nur nicht aufkommt. Denn als Streitrichter in Insolvenzanfechtungssachen sehe ich in den Akten mehr Fehler und kaum vertretbare Masseentnahmen als ich als Haftungsfälle zu bearbeiten habe.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Keine Haftungsprozesse:
    Könnte es vielleicht auch daran liegen, dass die übergroße Mehrheit der Insolvenzverwalter ihre Arbeit im Allgemeininteresse (wozu natürlich auch! - nicht vorrangig - die eigene Vergütung gehört) abwickelt. Nach dem von Dir hier gezeichneten Bild sind alle Insolvenzverwalter - zugegeben zugespitzt gesagt - korrupt, nur auf das eigene Interesse bedacht und im Übrigen maximal gerade so befähigt, das Amt auszuüben.

    Verfehlungen sollen nicht zur Entlistung führen:
    Sorry, aber da kann ich nur lachen. Natürlich sind manche Kollegen eher weniger geeignet, insbesondere wenn sie Fristen permanent nicht einhalten, für Rückfragen des Gerichts nicht zur Verfügung stehen etc. Man kann bei einigen Kollegen schon den Kopf schütteln, was sie so verzapfen. Aber es sind wie gesagt nicht alle. Und wer bestimmt denn, was eine Verfehlung ist. Der Insolvenzverwalter bekommt dazu - in der Regel - kein rechtliches Gehör, sondern stellt irgendwann fest, dass von einem bestimmten Gericht keine Aufträge mehr eingehen. Hinzu kommt, dass man gerade am Anfang des Verfahrens in einer Krise des Unternehmens (der wohlüberlegte Insolvenzantrag kommt selten vor) Prognoseentscheidungen, die sich später auch als ungüstig herausstellen können, trifft und auch treffen muss. Manager sind in derartigen Fällen weitestgehend haftungsfrei; Insolvenzverwalter sind es (sei es über dem Umweg des internen Ranking des Insolvenzgerichts) nicht. Im Nachhinein ist man dann immer klug.

    Wie gesagt, es gibt bei der Verwalterbestellung und beim Delisting nach wie vor keine Transperez, was in Zeiten wie heutigen bei allen Beteiligten auf Verwalterseite zu immensen Druck führt. Aber gut, ich sehe nur Probleme, wo keine bestehen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Hast Du eigentlich gelesen, was ich geschrieben habe oder regst Du Dich nur so auf? Ich habe ausdrücklich geschrieben, dass die fehlenden Haftungsprozesse zum überwiegenden Teil daran liegen, dass viele Verwalter gut und sorgfältig sind.
    Deine "Zuspitzung" alle Verwalter seien nach meiner Darstellung korrupt, ist daher keine Zuspitzung, sondern eine bewusste Verdrehung meiner Aussage.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Wir stehen auch im Austausch mit den Richtern, mal mehr, mal weniger. Und natürlich haben wir auch eine Meinung dazu, welche Verwalter besser keinen laufenden Geschäftsbetrieb bearbeiten sollten....
    Ich sehe da kein "Petzen" drin. Bevor hier ein Verwalter von der Liste geschmissen würde, gäbe es aber vorher noch mal ein Gespräch mit ihm/ihr. Mag sein, dass andere Gerichte das anders handhaben, aber einfach so delisten halte ich für keinen fairen Umgang.
    Grundsätzlich haben Insolvenzverwalter einen großen Vertrauensvorschuss und demgegenüber wenig Kontrolle wie AndreasH schon schrieb. Und die große Mehrheit rechtfertigt dieses Vertrauen. Ich denke, daran muss man sich erst mal festhalten. Fakt ist aber auch: Ein einziger Verwalter, der es mit dem Gesetz nicht so genau nimmt, reißt alle anderen ein Stück weit mit. Wir hatten hier den letzten schlimmen Fall vor 10 Jahren (wobei wir nur indirekt betroffen waren), man lernt daraus und optimiert seine Aktenbearbeitung nach den gesetzlichen Möglichkeiten. Mehr geht nicht.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Das sog. "kalte Delisting" halte ich für einen Verstoß gegen die Zusage auf mögliche Berücksichtigung bei der Auswahl, die im Listing liegt. Ich halte das im Kern für justitiabel nach § 23 EGGVG, kenne aber noch keine Entscheidung dazu.

    Im Übrigen meine ich schon aus den oben dargelegten Gründen, dass ein Erfahrungsaustausch zwischen Richtern und Rechtspflegern zwingend erforderlich ist. Mich hatte es nur interessiert, ob das tatsächlich auch durchgeführt wird und ich bin erfreut zu lesen, dass das wohl so ist. Manchmal gibt es ja - wie man hier im Forum vor allem in anderen Bereichen auch gelegentlich feststellen kann -"Gräben" zwischen den Richtern und Rechtspflegern der gleichen Abteilung.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ja, diese Gräben kenne ich von anderen Gerichten. Da bestellen Richter einmal quer durch den Gemüsegarten jeden Verwalter der irgendwann mal hier geschrien hat und die Rechtspfleger müssen dann mit den Konsequenzen leben.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

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