Beschaffung einer Sterbeurkunde

  • Es soll auf dem Grundstück des Erblassers hier in Deutschland eine Dienstbarkeit bestellt werden. Es wurde beantragt, einen Nachlasspfleger zur Abgabe der Eintragungsbewilligung zu bestellen, weil die Erben unbekannt sind. Der Erblasser ist vor vielen Jahren nach Kanada ausgewandert. Eine Sterbeurkunde liegt nicht vor, allerdings ergibt sich aus Briefen von Verwandten, dass der Erblasser vor 5 Jahren in Kanada verstorben ist.

    Frage: wer muss die Sterbeurkunde beschaffen, der Antragsteller oder das Nachlassgericht ?
    Ich gehe davon aus, dass das Nachlassgericht selbst die Sterbeurkunde beschaffen muss, da die Anordnung einer Nachlasspflegschaft ein Amtsverfahren ist und aufgrund der Briefe eine große Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Erblasser verstorben ist.

    Örtlich zuständig halte ich in diesem Fall nach § 343 Abs. 3 FamFG das Amtsgericht Schöneberg.

  • Es soll auf dem Grundstück des Erblassers hier in Deutschland eine Dienstbarkeit bestellt werden. Es wurde beantragt, einen Nachlasspfleger zur Abgabe der Eintragungsbewilligung zu bestellen, weil die Erben unbekannt sind. Der Erblasser ist vor vielen Jahren nach Kanada ausgewandert. Eine Sterbeurkunde liegt nicht vor, allerdings ergibt sich aus Briefen von Verwandten, dass der Erblasser vor 5 Jahren in Kanada verstorben ist.

    Frage: wer muss die Sterbeurkunde beschaffen, der Antragsteller oder das Nachlassgericht ?
    Ich gehe davon aus, dass das Nachlassgericht selbst die Sterbeurkunde beschaffen muss, da die Anordnung einer Nachlasspflegschaft ein Amtsverfahren ist und aufgrund der Briefe eine große Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Erblasser verstorben ist.

    Örtlich zuständig halte ich in diesem Fall nach § 343 Abs. 3 FamFG das Amtsgericht Schöneberg.

    Die Erben sind unbekannt, es gibt aber Briefe von Verwandten. Vielleicht sind die Erben doch nicht so unbekannt. :)
    Wer hat die Nachlasspflegschaft denn beantragt und welche Dienstbarkeit soll denn bestellt werden?

  • Die richtige Reihenfolge der Fragestellungen wäre wohl
    1. ist der Eigentümer wirklich tot?
    2. sind die Erben wirklich unbekannt?
    3. braucht es einen NP?
    4. warum sollte der das Grundstück belasten?

  • Der Erblasser ist vor vielen Jahren nach Kanada ausgewandert.


    Da er vermutlich aus Deutschland auswanderte, schlussfolgere ich, dass er einen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte.


    Damit bin ich entgegen

    Örtlich zuständig halte ich in diesem Fall nach § 343 Abs. 3 FamFG das Amtsgericht Schöneberg.


    bei § 343 Abs. 2 FamFG - und damit eben nicht beim AG Schöneberg.

  • Richtig - eigentlich. Aber ohne Todesnachweis bleibt nur eine Abwesenheitspflegschaft.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Aber: zur Anordnung einer Nachlasspflegschaft bedarf es keiner Sterbeurkunde. Das Nachlassgericht muss nur überzeugt sein, dass der Erblasser tot ist.

    Und: nein, das Nachlassgericht beschafft keine Sterbeurkunde. Und im übrigen auch nicht zwingend der Nachlasspfleger. Er wird es u.U. versuchen. aber müssen muss er nicht. Wenn er zum Ergebnis kommt, dass sie Geschwister Erben sind, wird er die Verwandtschaft zum Erblasser versuchen mit Urkunden nachzuweisen. Wenn es aber keine gibt, wird er auch keine beschaffen können.

    Für was braucht er eine Sterbeurkunde überhaupt? Für das Grundbuchamt? Muss der Nachlasspfleger zu seiner Bestallung eine Sterbeurkunde vorlegen?

  • Richtig. Aber: Keine Nachlasspflegschaft bzw. Nachlassverfahren ohne Todesnachweis in irgendeiner Form. Natürlich kann der Nachweis auch durch andere Form (und nicht nur durch Sterbeurkunde) für die Einleitung des Verfahrens erfolgen. Zum Beispiel durch einen amerikanischen Obituary aus einer Zeitung, Foto vom Grabstein, EV eines Verwandten, kirchlichen Unterlagen usw.

    Das ist natürlich eine Grauzone. Aber zumindest den genauen Todestag sollte man als NLG schon haben und eben die Überzeugung, dass der Betreffende wirklich tot ist.

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  • Ich bin der Meinung, Carlson hat eigentlich alles gesagt:

    Die richtige Reihenfolge der Fragestellungen wäre wohl
    1. ist der Eigentümer wirklich tot?
    2. sind die Erben wirklich unbekannt?
    3. braucht es einen NP?
    4. warum sollte der das Grundstück belasten?

    Ich als NL-Gericht würde mir den Schuh eher nicht anziehen...

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Ich als NL-Gericht würde mir den Schuh eher nicht anziehen...

    Es ist doch so:
    Wird dem Nachlassgericht in überzeugender Weise mitgeteilt, dass der Erblasser tot ist (hier immer wieder durch Schreiben eines Polizisten auf einem amtlich aussenden Schriftstück -es wird nie nachgeprüft, ob der Unterzeichner (=Polizist) wirklich Polizeibeamter ist-), geht es vom Tod des Erblassers aus.

    Nur wenn dem Nachlassgericht in überzeugender Weise mitgeteilt wird bzw. durch das Nachlassgericht aufgrund eigener Ermittlungen festgestellt wird, wer die Erben des Verstorbenen sind und das Nachlassgericht die Gewissheit hat, dass die Erben die Erbschaft auch angenommen haben, wird man vom Bekanntsein der Erben ausgehen müssen. Ansonsten dürften die Erben unbekannt bzw. ungewiss sein.

    Dann hängt bei einer Pflegschaft i.S. des § 1960 BGB alles am seidenen Faden des Sicherungsbedürfnisses bzw.
    bei einer Pflegschaft i.S. des § 1961 BGB am seidenen Faden des Gläubigerantrags.

    Letztendlich hat der Schuster nur zwei Schuhe, die er zur Verfügung stellen kann:
    a) Sicherungsbedürfnis bzw.
    b) Gläubigerantrag.

    Wenn das Nachlassgericht vom Tod des Erblassers überzeugt ist und das Nachlassgericht keine Gewissheit von der Annahme der Erbschaft durch alle Erben hat, wird anzuordnen sein. Ich sehe bei Pflegschaften i.S. von § 1960 BGB hier wenig -weiteres- Ermessen und bei Pflegschaften i.S. des § 1961 BGB kein Ermessen des Nachlassgerichts mehr.

    Die Fragen, "braucht es einen NP" bzw. "warum sollte der das Grundstück belasten?" sind hier m.E. Fehl am Platz.

  • Die Fragen, "braucht es einen NP" bzw. "warum sollte der das Grundstück belasten?" sind hier m.E. Fehl am Platz.

    Wieso soll die Frage "braucht es einen NP?" fehl am Platz sein? Du hast doch gerade selbst erläutert, wie Du sie anhand §§ 1960, 1961 BGB prüfen willst.

    Mit der Frage "warum sollte der das Grundstück belasten?" darf sich dann der zunächst der NP beschäftigen. Das Gericht halt dann, wenn es die Belastung genehmigen soll.

  • Für die Anordnung der Nachlasspflegschaft halte ich nach § 343 Abs. 3 FamFG das Amtsgericht Schöneberg für die Anordnung der Nachlasspflegschaft für zuständig:

    § 343 FamFG Örtliche Zuständigkeit
    (1) Örtlich zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
    (2) Hatte der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte.
    (3) Ist eine Zuständigkeit nach den Absätzen 1 und 2 nicht gegeben, ist das Amtsgericht Schöneberg in Berlin zuständig, wenn der Erblasser Deutscher ist oder sich Nachlassgegenstände im Inland befinden. Das Amtsgericht Schöneberg in Berlin kann die Sache aus wichtigem Grund an ein anderes Nachlassgericht verweisen

  • Für die Anordnung der Nachlasspflegschaft halte ich nach § 343 Abs. 3 FamFG das Amtsgericht Schöneberg für die Anordnung der Nachlasspflegschaft für zuständig:

    § 343 FamFG Örtliche Zuständigkeit
    (1) Örtlich zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
    (2) Hatte der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte.
    (3) Ist eine Zuständigkeit nach den Absätzen 1 und 2 nicht gegeben, ist das Amtsgericht Schöneberg in Berlin zuständig, wenn der Erblasser Deutscher ist oder sich Nachlassgegenstände im Inland befinden. Das Amtsgericht Schöneberg in Berlin kann die Sache aus wichtigem Grund an ein anderes Nachlassgericht verweisen

    Wie die Kleene schon sagte: "Da er vermutlich aus Deutschland auswanderte, schlussfolgere ich, dass er einen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte."

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Es landet viel mehr erst einmal in Schöneberg, als dort tatsächlich hingehört.

    Die Kommentierung ist eindeutig:
    War der Erblasser Deutscher und hatte er weder zur Zeit des Erbfalls noch früher im Inland seinen gewöhnlichen Aufenthalt iSd Abs. 1 oder 2, ist das Amtsgericht Schöneberg in Berlin örtlich zuständig.
    (MüKoFamFG/Grziwotz, 3. Aufl. 2019, FamFG § 343 Rn. 26)

  • Es landet viel mehr erst einmal in Schöneberg, als dort tatsächlich hingehört.

    Wobei diese Einschätzung wahrscheinlich daran festzumachen ist, ob man in Schöneberg sitzt oder woanders...


    Es kommt auch einiges aus Schöneberg an andere Gerichte, was eigentlich in Schöneberg bleiben müsste.

    Sehr gut. Kann ich voll zustimmen

  • Dann hängt bei einer Pflegschaft i.S. des § 1960 BGB alles am seidenen Faden des Sicherungsbedürfnisses

    Die Fragen, "braucht es einen NP" bzw. "warum sollte der das Grundstück belasten?" sind hier m.E. Fehl am Platz.

    Der seidene Faden des Sicherungsbedüfnisses erscheint doch sehr robust: Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung ist ein „solches Bedürfnis (...) aber auch ohne eine konkrete Gefährdung des Nachlasses anzunehmen, wenn der Erbe unbekannt ist und dieser ohne Ermittlung durch das Nachlassgericht bzw. durch einen Nachlasspfleger niemals Kenntnis vom Anfall der Erbschaft erhalten würde“ (OLG München, Beschluss v. 16.08.2018 – 31 Wx 145/18; so auch OLG Hamm FamRZ 2015, 2196, 2197; KG, Beschluß vom 13. 11. 1970 - 1 W 7814/70, OLGZ 1971, 210).

    Vorliegend dürfte der unbekannte Erbe ohne Ermittlung durch einen Nachlasspfleger kaum Kenntnis davon erhalten, dass er Grundbesitz in Deutschland geerbt hat. Dass Verwandte bekannt sind, ändert daran nichts, denn es ist unbekannt, ob der Erblasser eine letztwillige Verfügung hinterlassen hat und ggf. einen Nichtverwandten als Erbe eingesetzt hatte.

    Die Frage, "warum sollte der das Grundstück belasten?" sollte sich der Nachlasspfleger mit Blick auf die Rechtsprechung des OLG Brandenburg (https://openjur.de/u/749096.html) schon stellen. Das Gericht hatte einen Abwesenheitspfleger zu Schadensersatz verurteilt, weil er bei der Veräußerung von Grundbesitz nur die Interessen eines Dritten vertreten hat und der Verkauf nicht im Interesse des Abwesenden war. Der Nachlasspfleger sollte schon prüfen, inwieweit die Bestellung einer Dienstbarkeit auf dem Grundstück im Interesse des Erben liegt.

  • Ich möchte nochmals auf die Vorlage/Beschaffung der Sterbeurkunde eingehen.
    Der Gläubiger stellt einen Antrag nach § 1961 BGB. Es befindet sich sonst nichts weiter in der Akte. Angehörige sind nicht bekannt.
    Muss der Gläubiger dann den Tod des Schuldners nachweisen durch Vorlage einer Sterbeurkunde oder wie handhabt Ihr das?
    Ich habe schon Akten gesehen, wo das NLG die Anordnung der NLP davon abhängig gemacht hat, dass der Gläubiger eine Sterbeurkunde vorlegt.
    Was aber, wenn der Gläubiger (hier der Vermieter) keine Sterbeurkunde bekommt?

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Was aber, wenn der Gläubiger (hier der Vermieter) keine Sterbeurkunde bekommt?

    Wenn der Vermieter den Antrag stellt, war der letzte gewöhnliche Aufenthalt vermutlich in Deutschland, bzw. im eigenen Gerichtsbezirk? Dann kann ich den Sterbefall ja durch einen schnellen Blick ins Melderegister prüfen. Dort sehe ich dann auch Sterbeort/Sterbestandesamt und fordere eine Sterbeurkunde an mit der Bitte um Mitteilung, ob dort Hinweise zu nahen Angehörigen bekannt sind bzw. wer dort als Auskunftgeber aufgetreten ist.
    Wenn der Sterbefall im Melderegister nicht ersichtlich ist, fordere ich den Gläubiger auf, Nachweise über den Sterbefall vorzulegen oder zumindest die Sterbedaten (Sterbedatum und -ort) mitzuteilen, damit die Sterbeurkunde ggf. von hier beschafft werden kann.

  • Was aber, wenn der Gläubiger (hier der Vermieter) keine Sterbeurkunde bekommt?

    Wenn der Vermieter den Antrag stellt, war der letzte gewöhnliche Aufenthalt vermutlich in Deutschland, bzw. im eigenen Gerichtsbezirk? Dann kann ich den Sterbefall ja durch einen schnellen Blick ins Melderegister prüfen. Dort sehe ich dann auch Sterbeort/Sterbestandesamt und fordere eine Sterbeurkunde an mit der Bitte um Mitteilung, ob dort Hinweise zu nahen Angehörigen bekannt sind bzw. wer dort als Auskunftgeber aufgetreten ist.
    Wenn der Sterbefall im Melderegister nicht ersichtlich ist, fordere ich den Gläubiger auf, Nachweise über den Sterbefall vorzulegen oder zumindest die Sterbedaten (Sterbedatum und -ort) mitzuteilen, damit die Sterbeurkunde ggf. von hier beschafft werden kann.

    Lieben Dank. Das Prozedere ist mir schon klar.
    Aber es ging ja gerade um die Frage, ob das NLG die Sterbeurkunde beschaffen muss oder der Gläubiger.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

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