Vor- und Nacherbschaft nur bzgl. Grundstück

  • Hallo ins Forumland,
    ich habe hier einen Antrag auf nachträgliche Eintragung eines Nacherbenvermerks, nachdem bereits in 2013 die Grundbuchberichtigung erfolgt ist.
    Grundlage war ein notarielles Testament, in dem der Erblasser seine Lebensgefährtin als Alleinerbin einsetzt. Dann trifft er folgende Anordnung:
    " Im Hinblick auf die Grundstücke (es folgt genaue Bezeichnung von insgesamt 4 Grundstücken) wird Frau X (Lebensgefährtin) nur Vorerbin, Nacherben werde meine Kinder A und B...
    Meiner Erbin mache ich keinerlei Auflagen. "
    Ich habe seinerzeit nachgelesen, u. a. Beck-Online Kommentar zu § 2100 BGB, dass die Nacherbeneinsetzung auf einzelne oder mehrere Nachlassgegenstände unzulässig ist. Regelmäßig sei eine solche Anordnung jedoch als Vermächtnis bzw. Nachvermächtnis umzudeuten. Ich fand dazu auch eine Entscheidung des BayOBLG aus 2002 (Beschl. v. 9.8.2002 – 1Z BR 23/02, BeckRS 2002, 15683).
    Ein Notar legt mir jetzt eine Urkunde vor, in dem alle drei, also Erbin und die beiden Kinder, die Eintragung des Nacherbenvermerks für die entsprechenden Grundstücke beantragen. Er verweist auf eine Entscheidung des BGH aus 1960! (NJW 1960, 959) In dieser Entscheidung ging es um Haftungsfragen für ein Handelsgeschäft durch Vor- und Nacherbe.
    Ich bin weiterhin der Ansicht, dass ich keinen Nacherbenvermerk eintragen muss. Was meint ihr dazu?

    Grüße aus dem Rheinischen
     Bee
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    Jedes Wort ist falsch und wahr, das ist das Wesen des Wortes.
    Max Frisch

  • Die Lösung bietet §2110 II BGB.

    Das Testament dürfte m.E. so auszulegen sein, dass der Vorerbin das sämtliche Vermögen mit Ausnahme der benannten Grundstücke als Vorausvermächtnis zugewandt wurde. Dies hat über §2110 II BGB zur Folge, dass das Nacherbenrecht nur die Grundstücke betrifft.

  • Da es sowohl ein Nachvermächtnis als auch eine Vor- und Nacherbfolge mit Vorausvermächtnis für alles außer den erwähnten Grundstücken sein kann, hätte ich damals schon einen Erbschein verlangt und das würde ich heute auch für die beantragte Eintragung verlangen.

  • Vielen Dank! Vor allem die Entscheidung des OLG Düsseldorf hilft mir weiter. Komisch, dass ich die nicht gefunden hatte..... Ist immerhin "mein" OLG!

    Grüße aus dem Rheinischen
     Bee
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    Jedes Wort ist falsch und wahr, das ist das Wesen des Wortes.
    Max Frisch

  • Ich frage mich manchmal, wozu ich mir zu diesem Thema bereits seit Jahren ständig die Finger wund schreibe.

    Ständig werden die gleichen Fragen gestellt und teilweise unrichtige Antworten gegeben, obwohl die zutreffenden Antworten bereits lang und breit auf dem Tisch des Forum-Hauses liegen.

    Vielen Nachlassgerichten ist die Norm des § 2110 Abs. 2 BGB augenscheinlich völlig unbekannt und für den Fall, dass man sie kennt, wird sie regelmäßig falsch interpretiert.

    Vgl. zuletzt hier:

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1198332

    Dort ist auch eingehend erläutert, wie man den Vorerbenerbschein und nach dem Eintritt des Nacherbfalls den Nacherbenerbschein formuliert.

    Im vorliegenden Fall kann man nach meiner Ansicht zudem keinen Erbschein verlangen. Wenn ein Notar expressis verbis von einer Nacherbfolge spricht, dann kann nur die Lösung des § 2110 Abs. 2 BGB gemeint sein, weil es bei abweichender Auslegung nämlich keine Nacherbfolge ist.

    Alles zuletzt auch in Rpfleger 2020, 626, 632 f.

    Fachzeitschriften werden aber offenbar auch nicht gelesen.

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