Scheinbestandteil - beschränkte persönliche Dienstbarkeit - Änderung Eigenschaft

  • Folgender Fall:
    Ein Gebäude soll auf Grundstück 1 gebaut werden. Es soll aber Scheinbestandteil bleiben. Hierfür beschränkte persönliche Dienstbarkeit zu Gunsten des Erbauers B.
    Rechtsfolge: § 95 I 2 - bewegliche Sache.
    Wenn B stirbt, nach Kommentierung: bpDienstbarkeit erlischt, Gebäude bleibt beweglich, geht auf Erben.

    Wunsch: Gebäude soll mit Tod von B dann nicht mehr dem Eigentümer des Grundstücks gehören, auf dem es steht (das wäre durch eine Art Aufhebung Scheinbestandteilseigenschaft nach BeckOGK möglich), oder jemand anderem übereignet werden. Es soll dann dem jeweiligen Eigentümer eines anderen Grundstücks gehören, der eine Grunddienstbarkeit hat (nachgeschaltet).
    Problem: Ein einmal vorhandenes Gebäude verliert nachträgliche Scheinbestandteilseigenschaft nicht durch Wegfall des Rechts iSv 95 I 2.
    Ich kann es zwar
    beweglich übereignen oder
    dem belasteten Grundstück wieder gemäß der GRundregel der §§ 93, 94 "zuordnen" (mit den in den Kommentaren beschriebenen Akten) aber wohl nicht
    einer Grunddienstbarkeit "zuordnen" in der Weise, dass dann der jeweilige Grunddienstbarkeitseigentümer hier berechtigt ist.

    Frage: Wenn das Recht iSv 95 I 2 BGB Grunddienstbarkeit ist: Ist dann das Gebäude als Scheinbestandteil "bewegliche Sache" oder über § 96 BGB dann "Teil der Grunddienstbarkeit", also gehört automatisch dem Grunddienstbarkeitsberechtigten? § 96 BGB spricht ja nur davon, dass "Rechte" Bestandteile des Grundstücks sind, ändert per se aber nicht 95 I 2 BGB.

    Für Einschätzungen wäre ich dankbar.

  • Wie Du zutreffend schreibst, ist das Gebäude Scheinbestandteil und damit bewegliche Sache, solange die Scheinbestandseigenschaft nicht entsprechend rechtsgeschäftlich aufgehoben wird. Wenn das Gebäude bewegliche Sache ist, kann eine bestellte Grunddienstbarkeit aber schon begrifflich nicht (auch) am Gebäude lasten, weil eine Grunddienstbarkeit im Rechtssinne nur an unbeweglichem Vermögen lasten kann. Die Frage, ob das Gebäude in das Eigentum des Grunddienstbarkeitberechtigten und damit eigentumsrechtlich dem jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstücks zuzuordnen ist, kann sich unter dieser Prämisse also gar nicht stellen.

    Damit gibt es allenfalls die Möglichkeit, die Scheinbestandteilseigenschaft rechtsgeschäftlich aufzuheben (womit das Gebäude zum wesentlichen Bestandteil des Grundstücks wird) und Zug um Zug mit dieser Aufhebung eine Grunddienstbarkeit zu bestellen, welche das "Halten" dieses bereits bestehenden Gebäudes zum Gegenstand hat. Es ist aber umstritten, ob das Gebäude in das Eigentum des dinglich Berechtigten fällt, wenn dieses Recht erst nach der Errichtung des Gebäudes begründet wird (vgl. Palandt/Ellenberger § 95 Rn. 5 mit Nachweisen zu den divergierenden obergerichtlichen Entscheidungen).

    Eine rechtssichere Lösung kann damit also nicht erzielt werden.

    Mittels eines Erbbaurechts wäre es - nach Aufhebung der Scheinbestandteilseigentschaft - aber möglich, weil das Erbbaurechtsgebäude bei Begründung des Erbbaurechts bereits errichtet sein kann. Damit kommt es zur Rechtsfolge des § 12 Abs. 1 S. 2 ErbbauRG (bereits errichtetes Gebäude wird wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts) und somit haben wir das gewünschte Ergebnis: Eigentümer des Gebäudes ist immer der jeweilige Erbbauberechtigte.

  • Ok, danke.
    Die andere Frage:
    Wenn man schon ursprünglich über eine Grunddienstbarkeit vorginge statt über eine bpDienstbarkeit, ist das Gebäude aus Sicht des dienenden Grundstücks eindeutig Scheinbestandteil.

    Ist das Gebäude aber dann, obwohl es "zur Grunddienstbarkeit" gehört, nicht Bestandteil der Grunddienstbarkeit?

    Wenn die Prämisse ist: "Wenn Scheinbestandteil für Grundstück, dann immer bewegliche Sache, es sei denn Erbbaurecht, weil dort ausdrücklich angeordnet", dann wäre das Gebäude auch bewegliche Sache, wenn es in Ausübung einer Grunddienstbarkeit errichtet worden ist.

    Das wäre aber total misslich: Denn "alle" denken, dass das Gebäude dem Dienstbarkeitsberechtigten, also dem "jeweiligen" Eigentümer gehört. In Wirklichkeit gehört es aber dem ersten, der es in Ausübung halt errichtet hat - der kann es dann auch übereignen, vererben etc.

    Boruttau/Viskorf, freilich keine Grundbuchrechtler, sehen das Problem und schreiben:

    Die in Ausübung einer Grunddienstbarkeit auf dem dienenden Grundstück errichtete bauliche Anlage (vgl § 1020 Satz 2 BGB) – ebenso wie anerkanntermaßen der Überbau (Rn 77) – ist als Bestandteil des herrschenden Grundstücks und nicht als bewegliche Sache anzusehen. Die Qualifizierung der baulichen Anlage als bewegliche Sache (§ 95 Abs 2 BGB) würde zu untragbaren Ergebnissen führen. Denn im Falle der Zwangsversteigerung des herrschenden Grundstücks würde die Beschlagnahme nicht auch die auf Grund der Dienstbarkeit errichtete bauliche Anlage erfassen.
    (Boruttau/Viskorf, 19. Aufl. 2018, GrEStG § 2 Rn. 76)

    Dem kann man entgegen setzen, dass es bei der Grunddienstbarkeit eben keinen § 12 ErbbauRG gibt.
    Und in der Tat wird der Überbau, wenn ich es richtig verstehe (natürlich der rechtmäßige oder entschuldigte nur) auch als unbewegliches Eigentum des Überbauenden angesehen. Wenn ich also ein "Loch" zwischen meinem Gebäude und dem anderen, eigentlich "mir" gehörenden Gebäude habe, ist es dann auf einmal beweglich?

    Soweit ich es sehe, entscheiden das die KOmmentierungen zu § 95 BGB nicht ganz eindeutig.
    Die Frage ist insoweit eine Abwandlung meiner Ausgangsfrage, weil ich die Problematik bei der bpDienstbarkeit dann lieber um gehen würde - bei der bpDienstbarkeit dürfte sie sich auf jeden Fall stellen.

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