Verzicht auf Sicherheit an Grundstück

  • Hallo,

    der Inso-Verwalter hat ein Grundstück aus der Masse freigegeben und der Schuldner hat das Grundstück verkauft. Wir machen im Rahmen der Duldung gegenüber dem Käufer die Grundsteuerforderungen geltend. Die Anhörung läuft.

    Jetzt meldet sich der Verwalter. Er möchte das Verfahren abschließen und fragt an, ob und in welcher Höhe wir ausgefallen sind und ob wir auf unser Sicherungsrecht aus dem Grundstück verzichten.

    Meine Frage: Wenn ich auf das Sicherungsrecht am Grundstück gegenüber dem Verwalter verzichte, dann erhalten ich ja eine Quote. Gleichzeitig würde ich den Differenzbetrag dann natürlich beim Käufer im Rahmen der Duldung geltend machen. Geht das oder bewirkt die Verzichtserklärung gegenüber dem Verwalter, dass auch der Käufer als Duldungsschuldner nicht zahlen muss?

    Danke.

    Liane

  • Der Verzicht führt zum Freiwerden des Gegenstandes vom Sicherungsrecht und ist absolut, vergl nur OLG Hamm vom 01.06.1994, 15 W 123/93 sowie BGH vom 09.03.2017 IX ZR 177/15.

    Ein nur für das Insolvenzverfahren erklärte Verzicht zur Teilnahme an einer Quotenzahlung und anschließender Verwertung des Sicherungsrechts ist nicht möglich, was ja auch einleuchtend ist, weil dies ja u.U. zu einer Überzahlung führen würde....

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Besteht denn überhaupt (noch) ein Absonderungsrecht? Die Frage rührt meines Erachtens an offenen Rechtsfragen: Nach überwiegender Literaturmeinung wird angenommen, dass ein Insolvenzverwalter auch bei einer freihändigen Grundstücksveräußerung offene Grundsteuern vorrangig begleichen muss, weil diese vorrangig nach § 10 ZVG sind.

    Zunächst einmal meine ich, dass da auch eine Gegenmeinung möglich ist, weil die vorrangige Befriedigung der Grundsteuer ja kein Automatismus ist, auch nicht im ZV-Verfahren, sondern von der Kommune geltend gemacht werden muss. Kann man dann im Rahmen der Annahme des hypothetischen Kausalverlaufs, dass man versteigern würde und die Gemeinde ihre Ansprüche geltend machen würde, tatsächlich ein Sicherungsrecht annehmen? (An anderer Stelle zeigt sich der IX. Senat mit hyp. Kausalverläufen ja zurückhaltend)

    Gänzlich ungeklärt ist meines Wissens aber die weitergehende und hier wesentliche Frage, nämlich ob ein Sicherungsrecht an einem Gegenstand, der einmal Teil der Insolvenzmasse war und es jetzt (infolge Freigabe) nicht mehr ist, im Rahmen des Insolvenz-/Tabellenverfahrens als Absonderungsrecht zu behandeln ist und eine Aufnahme der persönlichen Forderung in Verteilungsverzeichnisse damit ausschließt.

  • Besteht denn überhaupt (noch) ein Absonderungsrecht? Die Frage rührt meines Erachtens an offenen Rechtsfragen: Nach überwiegender Literaturmeinung wird angenommen, dass ein Insolvenzverwalter auch bei einer freihändigen Grundstücksveräußerung offene Grundsteuern vorrangig begleichen muss, weil diese vorrangig nach § 10 ZVG sind.

    Die Literaturmeinung kenne ich nicht. Jedoch bleibt bei einer freihändigen Veräußerung die Belastungen bestehen. Entsprechend kann der Gläubiger vom IV auch kein Recht aus dem Erlös aufgrund Absonderungsrecht geltend machen. Das betrifft auch rückständige Grundsteuern, vergl. BGH vom 11.03.2010, IX ZR 34/09, Rn. 8 (OLG BS; LG BS); BGH vom 18.02.2010, IX ZR 101/09, Rn 11.

    Das macht die Sache ja so kitzlig, weil der Käufer sich ja idR zusichert, das Objekt lastenfrei zu erwerben. Da hat man ansonsten die Haftung am Backen, wenn der Duldungsbescheid reinschneit.


    Gänzlich ungeklärt ist meines Wissens aber die weitergehende und hier wesentliche Frage, nämlich ob ein Sicherungsrecht an einem Gegenstand, der einmal Teil der Insolvenzmasse war und es jetzt (infolge Freigabe) nicht mehr ist, im Rahmen des Insolvenz-/Tabellenverfahrens als Absonderungsrecht zu behandeln ist und eine Aufnahme der persönlichen Forderung in Verteilungsverzeichnisse damit ausschließt.

    Warum willst Du es davon abhängig machen, ob der Gegenstand unter Insolvenzbeschlag steht oder wieder unter Verwaltung des Schuldners?

    S hat nur die X-Bank als Gläubiger, gesichert am Grundstück Y.

    IV gibt Y aus der Masse frei, X-Bank verwertet Grundstück und erleidet einen Ausfall in Höhe von 1.000,00 EUR.

    Die würden nach nach obigen Statement nicht in das Verteilungsverzeichnis kommen.

    Verwalter zahlt die Kosten nach § 54 InsO, der Rest ist § 199 InsO.

    Das passt nicht.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Danke für IX ZR 34/09, das hilft mir zufälligerweise in einer neuen Sache weiter! :daumenrau

    Für die Kommune ergibt sich der Weg über § 12 GrStG zu § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG zu § 49 InsO. Wird vom Verwalter freihändig veräußert, so spielt das ZVG keine Rolle, und die Kommune hat kein Absonderungsrecht nach Maßgabe des ZVG i.S.d. § 49 Inso, sondern für die bis IE entstandene Grundsteuer eine 38er Forderung, die über den von dir beschriebenen Weg der Verkäuferhaftung einen Hebel hat (BTW: Was ist eigentlich mit § 11 Abs. 2 GrStG?) und für den Zeitraum zwischen IE und Freigabe eine 55er Forderung.

    Im Übrigen stellt sich umso mehr die Frage, welche Auswirkung sich im beschriebenen Fall auf die Forderung ergibt. Hat der Verwalter das Grundstück freigegeben und wurde dies vom Schuldner veräußert, stellt sich bereits die Haftungsfrage für die Insolvenzmasse beim Duldungsbescheid nicht. Zwar gibt der Wortlaut des § 49 InsO nicht her, dass es sich um Rechte an Gegenständen des Schuldners oder der Insolvenzmasse handeln muss, aber dieser Zusammenhang darf wohl unterstellt werden und wird auch in der Kommentierung nicht infrage gestellt.

    Warum willst Du es davon abhängig machen, ob der Gegenstand unter Insolvenzbeschlag steht oder wieder unter Verwaltung des Schuldners?

    Weil ich es für möglich halte, die Forderung in das Schlussverzeichnis aufzunehmen, wenn ein Dritter (und das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners sehe ich hier genauso als Dritter an wie bspw. das Vermögen des Ehepartners) eine Sicherheit gestellt hat. Anders als von dir verstanden, würde ich in Erwägung ziehen, die Forderung somit ohne "Ausfall" uneingeschränkt feststellen bzw. in das Schlussverzeichnis aufnehmen. Die dabei entstehende Möglichkeit einer Überzahlung des Gläubigers, der sowohl am Verkaufserlös des Dritten profitiert als auch an einer Quotenzahlung, besteht bei § 43 InsO genauso und ist daher auch keineswegs sytemfremd.

    Auch die Systematik der Teilnahme eines absonderungsberechtigten Gläubigers ohne persönliche Forderung am Insolvenzverfahren, § 76 InsO, führt mich zu der Überlegung, dass es einen Unterschied machen muss, ob der mit dem Absonderungsrecht belastete Gegenstand vom Verwalter freigegeben wird. Würde man nach der Freigabe dem nicht persönlichen Gläubiger nach § 76 InsO noch ein Stimmrecht gewähren? Wohl nicht.

    Muss jetzt erstmal weiterarbeiten, würde diese Überlegungen aber gerne weiterführen, weil ich, wie gesagt, diese Rechtsfrage für ungeklärt halte.


  • Weil ich es für möglich halte, die Forderung in das Schlussverzeichnis aufzunehmen, wenn ein Dritter (und das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners sehe ich hier genauso als Dritter an wie bspw. das Vermögen des Ehepartners) eine Sicherheit gestellt hat.

    Da hebst Du auf den Ist-Zustand ab. Maßgeblich ist aber der Zustand zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens:

    ...
    b) Die Systematik der §§ 35 bis 37 InsO rechtfertigt keine andere Beurteilung.Diese Bestimmungen regeln, was zur Insolvenzmasse gehört. Sie beschreibennicht abschließend, was - da nicht zur Insolvenzmasse gehörend -das sonstige Vermögen des Schuldners bildet. Als auf den Zeitpunkt der Eröffnungdes Insolvenzverfahrens bezogene Regelung sagen sie nichts über dieZuordnung von Gegenständen aus, die wie im Falle der Freigabe zu einem späterenZeitpunkt aus der Insolvenzmasse ausscheiden....

    BGH vom 12.02.2009, IX ZB 112/06, Rn. 10

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ja, Ist-Zustand. Beispiel: Es ist durchaus denkbar, dass einem Gläubiger aufgrund einer Reallast, die gegen Nachweis des Todes löschbar ist, ein Absonderungsrecht zusteht und der Gläubiger im laufenden Verfahren verstirbt; soweit keine weiteren Belastungen verzeichnet sind, könnte der Verwalter sodann das Grundstück lastenfrei veräußern. Stellte man auf den Zustand bei Insolvenzeröffnung ab, müsste man demnach das Absonderungsrecht berücksichtigen. Gleiches gälte für besicherte Vermögenswerte, die nach Insolvenzeröffnung eine Wertänderung erfahren, beispielsweise zerstört werden. Wären die Sicherungsrechte nicht dynamisch, brauchte man nicht die Verwertung abwarten, um den Ausfall festzustellen.

    IX ZB 112/06 steht dem nicht entgegan, die Entscheidung befasst sich ausdrücklich mit der Frage, inwieweit § 89 Abs. 1 InsO eine Zwangsvollstreckung in das sonstige Vermögen des Schuldners ausschließen soll, und argumentiert, dass freigegebenes Vermögen "sonstiges Vermögen" i.S. dieser Norm darstellt (Rz. 9). Bei IX ZB 175/10 hat der Senat die sich daraus ergebende Problemtik (wie lässt sich trotz § 89 Abs. 1 InsO die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das freigegebene Vermögen begründen?) erkannt und in Rz. 10 dahingehend erklärt, dass die Eröffnung eines weiteren Insolvenzverfahrens keine Zwangsvollstreckung zugunsten einzelner Insolvenzgläubiger darstellt, weil daran nur Neugläubiger beteiligt sind.

  • Ja, Ist-Zustand. Beispiel: Es ist durchaus denkbar, dass einem Gläubiger aufgrund einer Reallast, die gegen Nachweis des Todes löschbar ist, ein Absonderungsrecht zusteht und der Gläubiger im laufenden Verfahren verstirbt; soweit keine weiteren Belastungen verzeichnet sind, könnte der Verwalter sodann das Grundstück lastenfrei veräußern. Stellte man auf den Zustand bei Insolvenzeröffnung ab, müsste man demnach das Absonderungsrecht berücksichtigen. Gleiches gälte für besicherte Vermögenswerte, die nach Insolvenzeröffnung eine Wertänderung erfahren, beispielsweise zerstört werden. Wären die Sicherungsrechte nicht dynamisch, brauchte man nicht die Verwertung abwarten, um den Ausfall festzustellen.

    Da sehe ich kein Problem, wenn man die Forderung f.d.A. und unter einer auflösenden Bedingung feststellt.

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